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Im Affentheater

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Im Affentheater
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 67–68
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[60]

Im Affentheater.
Originalzeichnung von C. W. Allers.

[67] Im Affentheater. (Mit Illustration S. 60.) Ein so glänzendes Los wie die in den heiligen Pagoden Indiens gepflegten Affen haben ihre Brüderchen nicht, die sich bis zu uns in den rauhen Norden verirren: hier müssen sie sich fleißig ihr Brot verdienen. Dafür haben sie den Anspruch, wie Familienmitglieder behandelt zu werden. Bei den großen Affentheatern freilich müssen sie den Ruhm, einer berühmten Truppe anzugehören, mit ihrer Freiheit bezahlen: sie müssen all ihre Lebensfreude für den kurzen Glanz der Vorstellung aufbewahren – dann wandern sie wieder in ihren Holzkäfig. In dem kleinen Cirkus, dessen Inneres uns der Maler enthüllt, bilden der Herr, sein Töchterchen, sein jüngerer Bruder, zwei Eselchen, eine Ziege mit 5 Beinen, einige dressirte Pudel und Pinscher so wie eine Zahl junger und jüngster Aeffchen eine große Familie, die einen mit Requisiten und zwerghaften Kostümen gefüllten Bretterverschlag hinter der Bühne theilen. Daß es bei dieser Theilung nicht immer so ruhig zugeht, wie bei der Theilung der Erde, wo selbst der zu kurz gekommene Dichter sich mit resignirter Verbeugung bescheidet, ist selbstverständlich. Das zischt, bellt, faucht, meckert und brrrt in allen Tonarten. In dem Toilettenzimmer zweier Pudel, von denen der eine zum Kavalier, der andere zur Marquise herausgeputzt wird, zerrt der mit der Laterne versehene Affenpage ungeduldig an der Herrin Schleppe, die er zu tragen berufen ist. Ein hübsches zwölfjähriges Theaterprinzeßchen, auf dem umgestürzten Wäschkorbe, läßt ihr angekettetes Lieblingsäffchen mit Federhut und Halskrause an ihrem Abendbrot [68] theilnehmen und wird von einem kartenlegenden Pinscherchen erinnert, daß es Lust habe, der Dritte im Bunde zu sein.

Dort malt der findige Budenbesitzer inmitten seiner Getreuen einen neuen Anschlagzettel, und zwar unter recht erschwerenden Umständen: denn zwei Aeffchen im Halbnégligé unterwerfen seine Haare und seine Taschen einer sorgfältigen Untersuchung, während ein dritter die dünnen Arme durch die Käfigsstäbe zwängt, um mit dem ein gutes Maß von Neckerei vertragenden Wachhund zu spielen. Wüßte er, daß ein vierter inzwischen in seinem auf den Sims geworfenen Hut Quartier genommen und ein fünfter ihn aus diesem Logis zu vertreiben sucht; er würde wahrscheinlich unter sie treten und strenge Musterung halten. Das vierte Bildchen endlich zeigt uns den verhängnißvollen Moment – avant la bataille – einige Sekunden vor Eintritt der etwas gemischten Künstlergesellschaft auf die Bühne. Aber während Schauspielern in solchen Momenten, wo sie hinter der Koulisse ihres Stichwortes harren, das Herz höher pocht, sehen wir zwischen dem hinter den beiden Herren hockenden Bedienten und dem zur Seite galoppirenden Jockey einen Konflikt ausgebrochen, der in Thätlichkeiten auszuarten droht. Das Klavier im Zuschauerraum hat noch nicht ausgespielt – der Dresseur hält die vor Thatenlust bellenden Kutschpferde, einen Pinscher und zwei Pudel, mit der Hand zurück – jetzt ist’s zu Ende – die Klingel tönt – einmal – zweimal – dreimal – der Vorhang fährt zurück, und auf das Kommandowort „nu aber raus“ betreten die vierbeinigen Künstler die Bretter, die für das aus hundert Kindern bestehende Publikum die Welt bedeuten.