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In Reih und Glied

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Rudolf Lavant
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Titel: In Reih und Glied
Untertitel:
aus: In Reih und Glied
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: J. H. W. Dietz
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Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons,
S. 80–83
Kurzbeschreibung:
Erstdruck in Der Wahre Jacob, Nr. 109, 1890
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
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[80]
In Reih und Glied.

(1890.)

Als ihr in eurem finstern Hasse
Das drohende Gesetz erdacht,
Das uns zu Deutschen zweiter Klasse
Mit einem Federstrich gemacht,

5
[81]
Da ward gefühlt und eingesehen

Von allen ohne Unterschied;
„Wir können hier nur widerstehen
In Reih und Glied.“

Wir ließen schweigend uns verdammen,

10
Verstoßen uns vom Vaterland,

Und schweigend rückten wir zusammen,
Bis Schulter man an Schulter stand.
An Spree und Belt, am Rhein, in Sachsen
Erklang der Gegner Unkenlied;

15
Wir fühlten Allem uns gewachsen

In Reih und Glied.

Und als nach bangen, schwülen Wochen,
In denen keiner feig gebebt,
Das finstre Wetter losgebrochen,

20
Das drohend über uns geschwebt,

Als laue Freunde ab sich wandten
Und die Geächteten man mied,
Da haben mannhaft wir gestanden
In Reih und Glied.

25
Es ist kein Kinderspiel gewesen,

Ja oftmals seelische Tortur,
Und staunend wird der Enkel lesen,
Was seinen Ahnen widerfuhr;
Doch sagen ihm vergilbte Blätter:

30
Sie wußten nichts mehr, was sie schied;

Sie standen fest in Sturm und Wetter
In Reih und Glied.

[82]
Wie weit wir spähten in der Runde –

Es waren Feinde, was wir sahn;

35
Gewalt hat, mit der List im Bunde,

An uns ihr Aeußerstes gethan.
So mancher sank zu unserm Trauern,
Der nie den Tag des Sieges sieht,
Wir aber standen wie die Mauern

40
In Reih und Glied.


Nie hat ein augenblicklich Schwanken
Die feste Ordnung übermannt;
Wir haben einen Gluthgedanken
Und eine Hoffnung nur gekannt.

45
Der Thränen viele sind geflossen,

Doch nun das Wetter sich verzieht,
Sieht staunend uns die Welt geschlossen
In Reih und Glied.

So unser Haß, wie unser Lieben,

50
Das an den höchsten Zielen hing,

Sie sind, ein Fels im Meer, geblieben,
Und nur der Kanzler war’s, der ging.
Sein Fürstenmantel ward den Motten
Zum unbestrittenen Gebiet,

55
Nur wir, wir stehn in starren Rotten,

In Reih und Glied.

Nach solchen unerhörten Siegen,
Errungen über Macht und List,
Mag sich ein Thor im Wahne wiegen,

60
Es komme nun der innre Zwist.
[83]
Wann ward zum ausgemachten Narren

Der Mann, der auf dem Gegner kniet?
Wir werden, was nun kommt, erharren
In Reih und Glied!

Anmerkungen (Wikisource)

Das Titelgedicht des gleichnamigen Bandes bezieht sich auf das Sozialistengesetz (1878-1890) und den Sturz Bismarcks im Zusammenhang mit dem Scheitern eines geplanten verschärften Sozialistengesetzes.

Drucke (Angaben nach Uhlig):

  • Der Wahre Jacob 1890 Nr. 109 Seite 865 (Erstdruck)
  • In Reih und Glied, 1893 (hiernach wiedergegeben)
  • Max Kegel, Sozialdemokratisches Liederbuch, 3. Aufl., J. H. W. Dietz, Stuttgart 1891, S. 117
  • Am 17. Dezember 1915 wurde das Gedicht in der Leipziger Volkszeitung mit einem Hinweis auf den kurz vorher erschienenen Nekrolog für Richard Cramer erneut veröffentlicht. Die Redaktion schrieb dazu: „Wir geben es hier wieder als ein historisches Dokument aus jener großen Zeit, das die stolze gehobene Stimmung der Überwinder des Ausnahmegesetzes packend widerspiegelt, und als eine letzte Ehrung für den dahingegangenen Dichter, der in diesem Gedicht, wie in vielen anderen, den Empfindungen der Arbeiterklasse an einer bedeutsamen Zeitwende ergreifenden Ausdruck verliehen hat."
  • Im neuen Reich (DLE 1871-1914), Philipp Reclam jun., Leipzig 1932
  • Gedichte. Hrsg. v. Hans Uhlig. Berlin, Akademie Verlag 1965