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Journal über die Anwesenheit des Königs von Preußen zu Dresden im Jahre 1728

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Ludwig Richters Geburtshaus Journal über die Anwesenheit des Königs von Preußen zu Dresden im Jahre 1728 (1899) von Friedrich Aster
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900)
Peter Georg Mohrenthal, ein Dresdner Buchhändler im 18. Jahrhundert
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Journal über die Anwesenheit des Königs
von Preußen zu Dresden im J. 1728.
(Aus den Papieren des Grafen Flemming.)
Mitgetheilt von Oberlehrer Dr. Friedr. Aster.

Unter dem obigen Titel finden sich im Königl. Hauptstaatsarchive (Loc. 356) von der Hand des Staatsministers und Feldmarschalls Jakob Heinrich Grafen von Flemming Aufzeichnungen in französischer Sprache, die sich auf den vom 14. Januar bis 11. Februar 1728 währenden Besuch Friedrich Wilhelms I. von Preußen und seines Sohnes, des späteren Königs Friedrich II., beziehen. Einer Anregung des Herausgebers dieser Blätter folgend, hat der Unterzeichnete es unternommen, dieses Tagebuch, das bisher nur bruckstückweise, soweit es nämlich den Brand des Wackerbarth’schen Palais schildert (bei K. v. Weber, Zur Chronik Dresdens, 135 ff.), gedruckt ist, in vollständiger Uebersetzung mitzutheilen. Die Handschrift des Grafen Flemming ist bekanntlich sehr schwer zu lesen. Glücklicherweise ist dieses Tagebuch noch in einer gleichzeitigen Abschrift vorhanden, auf welche sich die folgende Uebersetzung stützt. Es sei jedoch bemerkt, daß der Abschreiber selber die stark abgekürzten Worte und Sätze des Originals nicht immer hat entziffern können und deshalb Lücken ließ, und daß er an anderen Stellen offenbar falsch gelesen hat, wodurch der Sinn unklar wird. Ferner ist die zeitliche Reihenfolge der Ereignisse von dem Grafen Flemming nicht immer richtig innegehalten, was sich daraus erklärt, daß er sein „Protokoll“ bisweilen erst mehrere Tage nach den Ereignissen niederschrieb. Uebrigens ist auch das Original vielfach in unzusammenhängenden Sätzen geschrieben und bringt oft nur kurze Notizen, die wahrscheinlich später ausgearbeitet werden sollten. Wo es möglich war und angezeigt schien, sind diese Stellen vervollständigt worden. – Die Sprache des Tagebuches ist jenes gewandte, aber von Barbarismen nicht freie Französisch, wie es an den deutschen Höfen des vorigen Jahrhunderts geschrieben und gesprochen wurde. Orthographie, Interpunktion und Satzbau sind höchst unvollkommen, und besonders die letzteren erschwerten häufig die Uebersetzung. Unter solchen Umständen konnte diese, um lesbar zu werden, an vielen Stellen nur den Charakter einer Uebertragung bekommen, wobei aber darauf geachtet wurde, daß der Sinn keinerlei Entstellung erfuhr. – Zur Berichtigung und gelegentlichen Vervollständigung des Inhaltes konnten folgende Quellen herangezogen werden:

  1. Königl. poln. u. churf. sächs. Hof- u. Staatskalender von 1729, worin auch eine ausführliche Schilderung der betreffenden Festlichkeiten zu finden ist,
  2. Ihr. Königl. Majt. in Preußen Friedrich Wilhelms und dero Cron-Printzen Friedrichs Anwesenheit in Dresden 1728 (H. St. A. Loc. 356),
  3. Journal de Dresde contenant tout ce qui s’y est passé de remarquable pendant le sejour de Sa M le Roi et de S. A. R. monsgr. le Prince Royal de Prusse, etc. (H. St. A. Loc. 356),
  4. Des Gen. Feld-Marschalls H. Gr. von Flemming mit dem Reichs-Gen. Feld-Zeug-Meister H. Gr. von Seckendorff gehabte Correspondenz 1716 bis 28 (H. St. A. Loc. 705).

Davon war Nr. 3 als Bericht für die Gesandten an den auswärtigen Höfen bestimmt und ist zweifellos auf Anlaß und unter der Kontrolle des Grafen Flemming entstanden, behandelt aber die Ereignisse [138] kürzer als das Tagebuch. Dagegen erstreckt sich dieser Bericht über die ganze Zeit des Besuches, während in dem Tagebuche nur etwa die erste Woche behandelt wird.

Graf Flemming schreibt wie folgt[1]:

Den 13. Jan.[2] 1728. Ich bin mit dem Grafen von Lottum[3] nach Elsterwerda gereist, wo der König von Preußen angekommen ist. Er war sehr schnell gereist und in der denkbar besten Laune.

Man[4] hat gewünscht, daß der Kronprinz von Preußen auch hierher käme.

Wie ich es anfing, das zu erreichen.

Plan, den wir uns entworfen hatten, wie wir den König v. Pr. immer bei guter Laune erhalten könnten.

Zuviel Förmlichkeiten.

Man hat zu Abend gegessen, geraucht und gespielt.

Den Eilboten abgeschickt.

Der Brief des Grafen von Wackerbarth[5] und die Antwort.

Die Begleitung zurückgeschickt.

Den 14. Den Eilboten an den Grafen Wackerbarth abgefertigt.

In Großenhain zu Mittag gegessen.

Einen Eilbrief erhalten.

Versicherung, daß Er sich ein Vergnügen daraus macht, unsern König und den Kronprinzen zu sehen.

Eilbote mit der Antwort des Grafen Wackerbarth.

Sehr gelacht.

Verabredet, incognito in Dresden anzukommen, was uns gelungen ist.

Graf von Wackerbarth war nicht zu Hause.

NB. Aus Laune [nicht][6] erlaubt, die Kanonen abzufeuern.

Der König hat maskirt den König v. Pr. aufgesucht.

Die Gesellschaft bei mir.

Der König v. Pr. hat Wackerbarths Haus wundervoll gefunden und das meinige noch schöner.

Es hat ihm alles gefallen.

Beschreibung des Festes[7].

Die ...... der Könige und der Prinzen auch ........ im Anfang gezwungen [?], nachher ging alles gut.

Beim Abendessen etwas angeheitert. Darauf vor dem Kamine, wo alle Welt dabei war.

Den 15. Die polnischen und sächsischen Minister vorgestellt.

Das Zeughaus besichtigt[8].

Der König und der Kronprinz haben den König v. Pr. überrascht, der sie gerade besuchen wollte, und haben ihn ins Schloß geführt, wo die Zimmer für seine Aufnahme zurechtgemacht und alle Wachen und die Bedienung für ihn bereit waren. Er hat die Prunkzimmer gesehen; er ist über alles erstaunt gewesen und hat sich der verbindlichsten Ausdrücke bedient. Er sagte mir: „Ich glaubte im Schlosse zu sein, als ich [beim] Grafen Wackerbarth war, und als ich bei Ihnen war, glaubte ich im Himmel zu sein, aber das hier übertriffft noch alles“. Ich antwortete, daß wir, Graf Wackerbarth und ich, keine Könige wären.

Er bezeugte seine außerordentliche Zufriedenheit.

Das Gewehr präsentiren, die Trommel rühren, gefiele ihm nicht[9], aber er gab gleich zu, daß das fürs erste Mal nöthig wäre.

Er speiste an großer Tafel[10]. Er wollte nicht trinken[11], worauf wir bis zu dem Augenblicke Rücksicht nahmen, wo die Herren Preußen anfingen, große Gläser zu verlangen; dann haben wir auch daraus getrunken, [139] haben sie aber nicht bis zu den Königen herumgehen lassen.

Gespräch bei Tische [?] über Grumbkow[12], die Uniform der Armee und seinen hochseligen Vater.

Keine große Tafel mehr.

In der Wohnung keine 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.

Ins Vertrautenzimmer[13] gegangen, das ihm gefallen hat, von da zum Nachtschießen[14]. Man hat es so eingerichtet, daß er getroffen hat.

Das hat ihm zu lange gedauert. Mir ist die Bemerkung des Herrn von Seyffertitz[15] entfallen, ebenso meine Antwort.

Ich sagte ihm, am folgenden Tage würde es nicht so viele Förmlichkeiten geben; er hat mir dafür gedankt.

Zur Kurprinzessin gegangen. [Von] Liebe [gesprochen][16]. Unterhaltung, die ich mit der Prinzessin hatte.

Den 16. 0Der König v. Pr. hat einen Eilboten an den Kronprinzen geschickt, er sollte erst am Morgen des folgenden Tages kommen.

Viel Leute vorgestellt. Der König v. Pr. hatte lange geschlafen und die Post nach Wien abgefertigt. Er sagte mir, er hätte eine Beschreibung unseres Hofes und des Empfanges gegeben, worüber der Wiener Hof sich wundern würde.

Er versicherte mir wiederholt, wie große Hochachtung er für den Prinzen empfände, und schlug mir vor, den Prinzen zu besuchen und der Prinzessin seine Aufwartung zu machen.

Er lobte sie außerordentlich und sagte, daß er im stande wäre, sie zu lieben[16].

Er wollte die Ställe und das Kadettenhaus sehen, ebenso das Holländische Palais[17]. Er hat sich aber zu lange in den Ställen aufgehalten, erstaunt über die gute Ordnung und die prächtige Einrichtung.

Er ist zum Prinzen gegangen, der ihm mit seinem ganzen Hofstaate [einige Stufen] entgegenging und ihn selber in seine Zimmer führte, die offen blieben.

Dann sind wir zur vertraulichen Tafel[18] gegangen, wozu man [nur] Leute von gutem Humor zuzog.

Ich speiste mit meiner Quadrille[19] bei mir zu Haus. Am Nachmittag machten wir eine Schlittenfahrt. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.

Meine Frau [vorgestellt?].

Er sagte mir noch viel Gutes über den König und den Prinzen.

Die Religion betreffend, sagte er mir, es wäre am besten, die Sachen in statu quo zu lassen, aber er fürchte die Regierung des Prinzen.

Ich antwortete ihm, dazu wäre kein Anlaß, da der Prinz Verstand besäße und nichts verlieren wollte.

Er sagte, es wäre richtig, der Prinz wäre verständig 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.

Er hat mir gegenüber auch über die polnischen Angelegenheiten gesprochen; ich theilte ihm meine Ansichten mit.

Ich führte ihn wieder in seine Wohnung, er zog sich zurück.

Ich ging nach Hause, um das Protokoll für drei Tage niederzuschreiben.

In Maske an den Hof gegangen. Falsche Nachricht über die Ankunft des Prinzen.

Ich bin in die Wohnunng gegangen, um Befehle für den Fall seiner Ankunft zu geben.

Ich traf die Prinzessin und sagte ihr, es wäre abgemacht, der König v. Pr. wäre ihr Galan[20].

[140] „Recht so, recht so“, antwortete mir die Prinzessin, „ich bin nicht böse darüber“.

Ich sagte es auch dem Prinzen und fügte hinzu, der König v. Pr. gestände, daß ihm die Prinzessin gefiele und er sie geheirathet haben würde.

Ich kehrte in meine Wohnung zurück, um mich auszuruhen, zu spielen und zu Abend zu essen.

Mein Adjutant kam und meldete, daß der Kronprinz v. Pr. eben ankäme.

Kalckstein[21] kam [zuerst] an; ich habe ihn einladen lassen, zu mir zu kommen, er kam [auch] her 0. 0. 0.

Der Prinz sagte mir bei seiner Ankunft eine Artigkeit, weil ich ihm die Erlaubniß, hierherzukommen, verschafft hätte.

Wir speisten zu Abend. Ich fragte, ob er zum Maskenball gehen wollte. „Gewiß!“ antwortete er mir; und da ich ihn fragte, ob er auch tanzen wollte, sagte er noch einmal: „Gewiß!“

Daraufhin schickte ich zum König v. Pr. und ließ um die Erlaubniß bitten, den Prinzen auf den Maskenball zu führen. Ich erhielt sie.

Aber plötzlich kam der Befehl, zum König in sein Quartier zu kommen.

Wir gingen hin.

Ich führte den Prinzen in das Zimmer des Königs v. Pr.

Der König und der Prinz umarmten und küßten sich vielmals. Der König sprach sich sehr lobend über seine Aufnahme hier aus.

Der König sagte dem Prinzen, er möchte in allen Stücken meinem Rathe folgen, und entließ uns damit. Wir entfernten uns. Der Prinz führte meine Frau zum Ball.

Gleich getanzt.

Der Prinz hatte Befehl, sich nur vor dem Kronprinzen zu demaskiren.

Den 17. Jan. Der Kronprinz von Polen machte dem Kronprinzen v. Pr. einen Besuch, und da dieser Befehl hatte, zu seinem königlichen Vater zu kommen, sagte ich das unserem Prinzen, damit er sich nicht lange aufhielte.

Ich unterrichtete auch den Grafen von Finckenstein[21] und den preußischen Kronprinzen von der Art, wie der König v. Pr. unseren Kronprinzen behandelte, und sagte ihnen, daß ich dem Kronprinzen v. Pr. nichts vorschreiben wollte, daß er aber in der gleichen Weise, wie er unseren Prinzen empfangen würde, von diesem selbst aufgenommen werden würde[22].

Der Kronprinz v. Pr. empfing also unseren Prinzen an der Thür des ersten Vorzimmers und begleitete ihn auch bis dahin zurück.

Darauf gingen wir zum König v. Pr., der sich sehr freute, seinen Sohn, den Prinzen, zu sehen und ihn ausfragte, wie er sich am Abend vorher auf dem Balle benommen hätte.

Der König zeigte mir den Brief, den er an den Grafen Seckendorff geschrieben [und mit] der letzten gewöhnlichen [Post abgeschickt hatte].

Ich stellte dem König v. Pr. mehrere unserer Offiziere und Zivilbeamten vor.

Darauf ging der König v. Pr. zum Grafen Lützelburg[23] zum Diner und um von dort am Nachmittag das Schlittenfest[24] zu sehen.

Der Kronprinz v. Pr. blieb mit seinem Gefolge bei mir zu Mittag, da ich auch meine Quadrille[19] eingeladen hatte.

Unser königlicher Herr kam im Schlitten zu uns, um uns und gleichzeitig dem Kronprinzen v. Pr. einen Besuch zu machen, welcher den König bis zu seinem Schlitten begleitete und dann seinen königlichen Vater beim Grafen Lützelburg aufsuchte, während wir, ich und meine Quadrille, uns mit den anderen versammelten; meine Quadrille kam beinahe zu spät.

Das Schlittenfest war nach dem beigefügten Plane[25] angeordnet; nach dem Schlusse begaben wir uns alle in das Haus des Königs in der Pirnaischen Gasse[26].

Der König v. Pr. fand es nach seinem Geschmacke ausgestattet und bewunderte alles; ich mußte den König und den Kronprinzen v. Pr. überallhin führen.

[141] Die Kronprinzessin war in den zurückspringenden Theil[27] [?] gegangen; ich führte sie auch dahin, und dort stellte ich der Kronprinzessin den preußischen Kronprinzen vor.

Jede Quadrille hatte ihre eigene Tafel, und die beiden Könige und der preußische Kronprinz saßen an der Vertrautentafel[13]; nach dem Souper machten die Quadrillen zweimal die Runde um den Königstisch, nur die Quadrille unseres Kronprinzen[28] machte sie nur einmal.

Bevor man zu Tische ging, waren die Preise an die Damen vertheilt worden, die sich beim Rennen am meisten hervorgethan hatten; darauf tanzte man: jede Quadrille zusammen, eine nach der anderen.

Der preußische Kronprinz tanzte dann ein Menuett mit der Kronprinzessin von Polen und wählte darauf die Prinzessin von Weißenfels[29], welche ihrerseits sich den Kronprinzen von Polen holte.

Unsere Kronprinzessin gab mir ein Zeichen, ob sie den König v. Pr. holen könnte, und da ich mir nicht vorstellen konnte, daß der König als ihr Geliebter nicht mit Vergnügen mit ihr tanzen würde, antwortete ich ganz laut: ja; als sie sich aber dem Könige näherte, vergaß dieser die Liebe und sagte, er tanze nicht in Gegenwart seines Sohnes. Die Prinzessin fühlte sich einigermaßen beleidigt und hatte nach Amors Gesetzen ein Recht dazu.

Nach Aufhebung der Tafel hatten die Quadrillen begonnen. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.0.

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0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.0. 0. 0.

Meine Frau und ich hatten verabredet, zeitig aufzubrechen, was wir auch thaten; so waren wir [noch] vor Mitternacht im Bett.

Den 18. Nachts um halb ein Uhr kam mein Page und sagte mir im Auftrage des Grafen Wackerbarth, daß es in seinem Hause brenne. Da aber infolge der trefflichen Einrichtungen, die es hier für den Fall einer Feuersbrunst giebt, nicht viel zu fürchten war, so zankte ich meinen Pagen aus, daß er mich geweckt hätte. Als ich indessen den Lärm der Glocken und der Trommel hörte, stand ich eiligst auf und ließ mich nach der Brandstätte tragen[30]. Ich begegnete dem König v. Pr., der zu mir kommen wollte, mit einem Diener in einer Kutsche. Man rief mir zu, ob ich es wäre. Ich antwortete: ja. Darauf stieg der Mann, der bei dem Könige war, aus und überließ mir seinen Platz, indem er sich an den Wagenschlag stellte und berichtete, was er zur Rettung des Königs gethan hätte. Der König v. Pr. hatte, wie ich sah, Maske und Domino in der Hand, ohne etwas anderes bei sich zu haben. Er machte mich darauf aufmerksam, daß er nichts weiter auf dem Leibe hatte, als seinen Mantel. Er sprach dann von dem Feuer und sagte, daß alles in Brand stände. Er beklagte den Grafen Wackerbarth, sein Haus und seine Möbel und versicherte, daß das Feuer nicht bei ihm herausgekommen wäre; er hätte fest geschlafen, so daß man ihn nur mit Mühe hätte wecken können. Er sagte mir [auch], daß der junge Wackerbarth[31] ohne Zweifel schon in den Flammen seinen Tod gefunden hätte[32]. Ich hielt ihm daraufhin eine lobende Nachrede und sagte, daß der König an ihm einen Verlust erlitte, während der Gouverneur sein Haus verlöre.

Da unser königlicher Herr von dem Unglück benachrichtigt worden war und [erfahren hatte], daß der König v. Pr. sich bei mir einquartiert hätte, schickte er dreimal Boten und ließ ihn einladen, im Schlosse zu wohnen, oder in dem Palais, wo am Abend vorher die Gesellschaft gewesen war. Aber der König v. Pr. schlug es ab. Ich bot ihm also meine Prunkzimmer an, aber er nahm nur das Schlafzimmer davon an und ließ dort sein Bett aufschlagen. Ich stellte ihm noch als Ankleidezimmer die beiden Räume zur Verfügung, welche daran stoßen. Es ist ein Vorzimmer da, welches er mit meiner Frau gemeinsam hat, deren Schlafzimmer auf der anderen Seite liegt. Man gelangt von dort noch in ein anderes Vorzimmer, welches auch dem Kronprinzen v. Pr. als erstes Vorzimmer dient.

Der König suchte den Prinzen, seinen Sohn, auf, der in tiefem Schlafe lag, da ich verboten hatte, ihm etwas zu sagen.

Ich führte dann den König in seine Zimmer, mit denen er sehr zufrieden war.

Der Prinz blieb liegen, und als der König ihn verlassen hatte, fragte man ihn, ob er nicht aufstehen wollte. Er antwortete: „Warum? – Ich kann das Feuer nicht löschen,“ und schlief weiter.

Nachdem ich den König in seine Zimmer geführt hatte, begab ich mich nach der Brandstätte, besonders um die Leute zum Löschen anzufeuern, weil man sagte, [142] sie machten Schwierigkeiten, sich dem Zeughause zu nähern, in der Meinung, daß es [auch] Feuer gefangen hätte; denn man hatte einige Raketen aus Wackerbarth’s Hause in die Luft gehen sehen.

0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.

Der Kronprinz und einige unserer Generäle kamen auch zum Zeughause und jeder hatte zu befehlen. Ich sagte [also] zum Prinzen, er thäte besser fortzugehen, da man die Leute, die zu diesem Dienste bestimmt wären, nur hinderte.

Schließlich bat ich den Prinzen, welcher derselben Ansicht war, keine Gefahr zu fürchten und den anderen ein gutes Beispiel zu geben: „Nun also, gnädiger Herr, gehen Sie fort; ich werde auch gehen“.

Ich ließ den Generälen sagen, ebenfalls fortzugehen, weil jedermann bei der Arbeit wäre.

Zu Hause angekommen, fand ich den König v. Pr. noch wach und 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.

Ich fragte ihn, ob er zur Kirche gehen wollte. „Ja“, antwortete er mir, „und zwar in die lutherische Schloßkapelle“. Dahin begaben wir uns zur gewöhnlichen Zeit, und der König war mit D. Marperger[33] sehr zufrieden. –

Ich dachte immer daran, wie man dem armen Wackerbarth helfen möchte, konnte mich aber gar nicht entschließen, ihn aufzusuchen.

Ich dachte immer, ob ihm nicht der König v. Pr. etwas geben würde, sah es aber als ein schlechtes Zeichen an, daß er gesagt hatte, das Feuer wäre nicht bei ihm herausgekommen. Doch ich verließ mich ganz auf meinen königlichen Herrn, dessen [Güte] ich kannte, so daß ich bei mir überlegte, wie ich es anfangen wollte, um den anderen ein gutes Beispiel zu geben, und war entschlossen, dem Grafen Wackerbarth das Haus zu schenken, welches ich noch in der Stadt besitze und das recht schön ist. Indessen wollte ich [erst] den Tag zu Ende gehen lassen.

Ich ließ den König v. Pr. wählen, ob er bei sich in seinen Zimmern, wo sich ein Tisch für 16 bis 18 Gedecke befand, oder bei unserem Kronprinzen speisen wollte. Er zog es vor, beim Prinzen zu speisen, der darüber sehr erfreut war und mich fragte, ob die Prinzessin auch an der Tafel theilnehmen sollte. Ich antwortete: „Aus Liebe zur Prinzessin will [ja] der König bei Ihnen, gnädiger Herr, speisen.“ Der Prinz mußte sehr darüber lachen[20].

Dann ging ich [wieder] zum König v. Pr. und erzählte ihm, man hätte mich gefragt, ob die Prinzessin mit ihm speisen sollte, und ich hätte mir die Bemerkung erlaubt, es geschähe [ja] aus Liebe zur Prinzessin, daß Er beim Prinzen speisen wollte. Er lachte darüber und sagte mir, das wäre richtig. Um also in demselben Tone fortzufahren, fragte ich ihn, ob er getrennt von dem Prinzen, seinem Sohne, zu speisen wünschte; ich würde [dann] den Prinzen mit zu mir nehmen. Er billigte diesen Vorschlag und empfahl seinen Sohn meiner Obhut. Beim Abschied theilte ich dem König mit, daß wir nachmittags das Grüne Gewölbe besuchen würden, womit er ganz einverstanden war.

Unser Kronprinz war dagewesen[34].

Der Prinz und sein Gefolge waren zufrieden mit dem Diner, das ich ihnen gab und das [doch] nichts Besonderes war.

Der Prinz lobte außerordentlich meine Musik[35]; denn er versteht sich darauf. Er hat Klavierspielen gelernt, ohne daß sein königlicher Vater etwas davon weiß, und hat für mehr als 2000 Thaler Noten gekauft.

0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.

Während man den Nachtisch auftrug, ließ ich ihn mit meiner Frau[36] und einem polnischen Fräulein tanzen. Er sagte, es wäre 0. 0. 0. 0. 0. 0.0 Ich antwortete, ich wollte ihm einen Lehrer verschaffen, ohne daß jemand etwas erführe, was er gern annahm.

Nach Aufhebung der Tafel besuchten wir das Grüne Gewölbe, und kaum hatten wir es genauer zu betrachten angefangen, als der König v. Pr. [auch] hinkam, sehr erfreut, den Prinzen, seinen Sohn, schon dort zu finden. Sie waren erstaunt über das, was sie dort sahen, und behielten sich vor, es noch einmal anzusehen, weil es schon spät war. Sie konnten nicht genug alles loben[37]. Der Prinz betrachtete jedes Ding sorgfältig, und Graf Finckenstein, der es bemerkte, sagte mir, es wäre 0. 0. 0. 0. 0. 0.0 der Großvater, und als der Prinz ihn fragte, was er gesagt hätte, antwortete er, er spräche von seinem königlichen Großvater. Der Prinz lächelte dazu.

Der König soll zum Prinzen gesagt haben: „Fritz, ich fürchte nur, daß es Dir hier zu sehr gefällt“. „Ich glaube es [wohl]“, antwortete er, „aber warum haben Sie mich kommen lassen, wenn Sie nicht wünschten, [143] daß ich hier Vergnügen finden sollte?“ Der König soll darüber gelacht haben.

Vom Grünen Gewölbe kehrten wir in meine Wohnung zurück.

Ich muß hier einschieben, daß ich dem Grafen Wackerbarth hatte sagen lassen, er thäte gut, sich zu Bett zu legen und sich um nichts zu bekümmern. Auch ließ ich den Offizieren sagen, sie sollten ihn nicht belästigen und die Dienstangelegenheiten erledigen, so gut sie es verständen, in außerordentlichen Fällen aber sollten sie sich an mich wenden. –

Der König v. Pr. legte sich auf sein Bett; denn er hatte, wie die ganze Gesellschaft, die beim Prinzen gespeist hatte, etwas [zu viel] getrunken. –

Ich war bei meinem königlichen Herrn, um ihm zu sagen, daß der Kronprinz v. Pr. wünschte, Herr von Suhm[38] möchte ihn überallhin begleiten, was der König genehmigte, doch in einer Weise, als wenn ich es am meisten wünschte. Die [Herren] vom Hofe hatten ihn nämlich voreingenommen. Doch ich nahm es immerhin an und sagte es den anderen [Herren] vom Hofe.

Ich bin immer der Fragen der Hofleute überdrüssig, und besonders derer, die den Dienst haben. Die Fragen sind in den meisten Fällen überflüssig und werden bisweilen gestellt, um mich in Verlegenheit zu bringen; aber ich habe ihnen geantwortet, ohne sie zu beleidigen noch .0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.

Ich fragte den König v. Pr., ob er in [seinen] Räumen zu Abend speisen und dem Prinzen, seinem Sohne, erlauben wollte, mit mir zu speisen. „Sehr gern“, sagte der König, „und wo wird mein Sohn speisen?“ „Bei mir“, antwortete ich, „und wenn wir nicht bei mir speisen können, so habe ich schon eine andere Gelegenheit, um ihn mit mir allein speisen zu lassen.“ „Wo denn?“ fragte der König. „Bei der Großschatzmeisterin“, sagte ich, „der Frau des Großschatzmeisters Prebendow[39].“ „Da werde ich auch mit Ihnen gehen“, antwortete der König, „sie ist in Berlin gewesen, es ist eine gute Freundin von mir“,.0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.0. 0.0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.0. 0.

Am Abend wurde ein Lustspiel gegeben, das dem Könige und dem Prinzen sehr gefiel, welcher [letztere] noch keines gesehen hatte; am meisten aber war er von den Damen entzückt.

Die [Bauten?] des Zwingers wurden vom Prinzen bewundert, ebenso die Orangenbäume. Beim Verlassen des Theaters sagte der König v. Pr. zum Prinzen, seinem Sohne: „Sieh da! Diese Bäume!“ Der Prinz antwortete: „Ich habe sie schon bemerkt; die von Charlottenburg sind nichts im Vergleiche [mit diesen]“. –

Ich hatte meine Frau gebeten, zur Großschatzmeisterin zu gehen, sie hatte aber nicht gewollt. Ich war böse darüber in der Meinung, es läge vielleicht ein Zerwürfniß zwischen ihnen vor aus Anlaß der Krankheit einer gewissen Dame. Doch versicherte sie mir das Gegentheil und sagte mit Thränen in den Augen, unser kleiner Sohn wäre krank. Dabei fühlte sie sich ihrerseits gekränkt, weil ich sie gedrängt hatte, zur Schatzmeisterin zu gehen. Im Theater aber ließ sie mir sagen, sie würde zur Schatzmeisterin gehen, und ich ließ ihr antworten, daß sie gut thun würde, bei dem Kleinen zu bleiben, 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.

Mein königlicher Herr ließ mich fragen, was wir in Bezug auf das Nachtmahl bestimmt hätten. Ich berichtete ihm [wie oben]. Er war damit zufrieden.

Er sagte mir, es sollten zwei Galatage sein: der eine am 20. Januar, dem Krönungstage des preußischen Königs, und der andere am 24. Januar, dem Geburtstage des Kronprinzen v. Pr.

Ich bezweifelte die Richtigkeit des Krönungstages. Er beauftragte mich, bei Herrn von Grumbkow Erkundigung darüber einzuholen.

Wir sprachen lange über das Unglück des Grafen Wackerbarth; ich schilderte ihm den Verlust[40], den er besonders in [Bezug auf seine Sammlung von Rissen für] bürgerliche und Militärbauten erlitt, ein Verlust, der unersetzlich für ihn wäre.

Eine Stunde später ließ mich der König wieder kommen und sagte mir, er hätte an Graf Wackerbarth gedacht; es wäre wahr, der Verlust seiner Sammlungen wäre für ihn unersetzlich; und [dann] fügte er hinzu: „Ich kann ihm nicht wiedergeben, was unersetzlich ist, und was Geld anlangt, so wissen Sie, daß ich keines habe, das ich ihm geben könnte; aber ich will ihm das Haus[41] schenken, das ich Ihnen abgekauft habe, mit allen Möbeln, die darin sind.“

[144] Mir kamen vor Freude die Thränen in die Augen, und ich drückte und küßte dem Könige Hände und Kniee, um ihm dafür zu danken.

Graf Wackerbarth hatte mich bitten lassen, doch für ihn am folgenden Tage die Gäste in der Akademie zu empfangen, was ich gern übernahm, um ihm Erleichterung zu verschaffen, und der König, dem ich davon berichtete, war damit einverstanden.

Graf Wackerbarth hatte mich auch beauftragt, den König zu bitten, den Kammerherrn Neitschütz[42] auszuquartieren, damit er dessen Wohnung in der Nähe des Zeughauses beziehen könnte. Der König fragte mich zunächst: „Aber wo soll man den unterbringen?“ und dann sagte er mir, was ich soeben von dem Hause in der Pirnaischen Gasse erzählt habe.

Ich fragte den König, ob ich es verbreiten könnte. Er sagte: ja, und ich möchte vorher den Trauerschmuck[43] aus den Zimmern jenes Hauses entfernen lassen.

Ich ging zu unserem Kronprinzen und berichtete ihm, daß ich am nächsten Tage das Amt des Grafen Wackerbarth in der Akademie übernehmen würde, daß aber der König wünschte, er, der Prinz, möchte den König v. Pr. dahin begleiten, was er zusagte. Dann erzählte ich ihm von dem Geschenke, das der König dem Grafen Wackerbarth gemacht hatte. Der Prinz umhalste und küßte mich aus Freude über diese angenehme Nachricht.

Der König v. Pr., welcher wußte, daß ich zum Grafen Wackerbarth ging, weil ich nicht 0. 0. 0. 0. 0.0 war 0. 0. 0. 0. 0., hatte mich mit einem Gruß an ihn beauftragt.

Nachdem ich mich also zum Grafen Wackerbarth begeben hatte, den ich in Gesellschaft von Herrn und Frau Stark antraf, 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. richtete ich ihm die Grüße seitens des Königs v. Pr. und unseres königlichen Herrn aus. Die Gäste wollten aufbrechen, aber ich bat sie, zu bleiben. Dann sagte ich dem Grafen Wackerbarth, daß ich den ganzen Tag über nicht zu ihm gekommen wäre, weil es mir beklommen ums Herz gewesen, daß ich aber jetzt so glücklich wäre, ihm Trost bringen zu können, da ihm unser königlicher Herr das Haus in der Pirnaischen Gasse zum Geschenke machte.

Graf Wackerbarth war außer sich [vor Freude] und sagte mir, daß er keine Ausdrücke zu finden wüßte, um dem König für diese Gnade zu danken. –

Ich berichtete diesem darüber und sagte ihm, wie sehr Graf Wackerbarth die Gnade zu schätzen wüßte, die Seine Majestät ihm soeben erwiesen hätte, und daß er bereit wäre, seine Person für Seine Majestät zu opfern. „Aber“, fügte ich hinzu, „ich habe ihm im Auftrage Ew. Majestät befohlen, morgen den ganzen Tag das Haus nicht zu verlassen.“

Von da begab ich mich zur Schatzmeisterin und fand alles in0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.

Ich sagte dem König v. Pr., daß Graf Wackerbarth über sein Unglück getröstet wäre, weil Seine Majestät[44] seiner gedächte. „Aber“, sagte ich ganz laut, „er hat eine andre Kränkung erfahren, die ihn sehr betrübt.“ „Und welche?“ fragte der König v. Pr. „Er hatte den König bitten lassen“, antwortete ich, „Herrn von Neitschütz auszuquartieren, damit er in der Nähe des Zeughauses bleiben könnte; aber der König hat es abgeschlagen.“ „Wie“, sagte der König v. Pr., „und wer ist dieser Mann?“ „Es ist ein Kammerherr“, antwortete ich. „Und warum verweigert ihm der König diese Wohnung?“ erwiderte der König v. Pr. Die ganze Gesellschaft war ebenso wie der König darüber erstaunt. „Aber“, sagte ich, „der König hat doch daran gedacht, dem Grafen Wackerbarth auf andere Weise zu helfen, indem er ihm [nämlich] das Haus, welches Ew. Majestät gestern Abend so sehr bewundert hat, mit allen Möbeln zum Geschenk machte.“ Da sprang der König v. Pr. vor Freude auf, umarmte mich und sagte: „Mein Freund, mein Freund, welche angenehme Nachricht bringen Sie mir!“ Die ganze Gesellschaft war ebenso erstaunt und erfreut zugleich über die Gnade des Königs. General Grumbkow stand vom Tische auf und sagte mir, der König v. Pr. hätte, als er von dem Unglück des Grafen Wackerbarth sprach, geäußert, daß, wenn der König von Polen ihm nichts schenkte, woran er jedoch nicht zweifelte, er selbst ihm etwas geben würde. „Sehr gut, mein Freund“, sagte ich, „möchte der König v. Pr. diesen guten Gedanken nicht aufgeben, und Ihre Sache ist es, ihn darin zu bestärken.“ „Von ganzem Herzen,“ antwortete er.

Da der junge Graf Wackerbarth[31] anwesend war, sagte ich zu ihm: „Sehen Sie, was ich für meine Freunde thue; wenn es mich betroffen hätte, würde ich ihn gebeten haben, seinem Herrn gegenüber nicht davon zu sprechen.“ Dabei sagte ich dem jungen Grafen Wackerbarth eine kleine Artigkeit.

Den 19. Der König und der Kronprinz v. Pr. besichtigten die Akademie[45] in Altendresden, und ich hatte den Auftrag, an Stelle des Grafen Wackerbarth dort den Wirth zu machen.

[145] Ich ging also mit dem Kronprinzen v. Pr. voraus, während der König v. Pr. in Begleitung unseres Kronprinzen mir auf dem Fuße folgte. Unser Kronprinz hatte ihn abgeholt, wobei der König v. Pr. ihm einige Stufen [auf] der Treppe entgegengegangen war.

Es war befohlen worden, daß die Kadetten die militärischen Uebungen in einem gartenartigen Grundstücke, gleich dem Akademiegebäude gegenüber, ausführen sollten; doch wurden sie daran durch einen starken Regen gehindert und hatten sich in das Akademiegebäude zurückgezogen, und um ihnen Zeit zur Aufstellung zu geben, vergnügte man sich damit, das ganze Gebäude von einem Ende zum andern zu durchwandern.

Der König v. Pr. konnte gar nicht verstehen, daß dieses Gebäude nur 150 000 Thaler kostete, und war erstaunt, als ich ihm sagte, daß in dieser Summe auch inbegriffen wäre 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.0 für den Tisch und die Betten der ganzen Kompagnie u. s. w.

Man ging dann in die Ställe hinunter, die sehr schön und mit prächtigen Schulpferden gefüllt sind.

Da ich wußte, daß der König v. Pr. es liebte, wenn man sich mit ihm de naturalibus unterhielt, so sagte ich zu ihm: „Majestät, das ist der Ort, wo die Kadetten reiten lernen.“ „Ja, ja“, sagte er, „aber sie werden dafür noch andere, besondere Plätze haben.“

Nach Durchwanderung der beiden Ställe besichtigte man die in Parade aufgestellte Kompagnie in ihrer neuen Uniform, die dem König v. Pr. sehr gefiel. Bei dieser Gelegenheit sagte ich zum Könige, daß diese Kompagnie sich nicht nur durch ihr 16 Ahnen vor dem ganzen Heere auszeichnete, sondern noch auf andere Weise. „Wie“, sagte der König, „ohne Zweifel ist sie flinker?“ „Ja, Majestät“, antwortete ich, „aber sie spannt[46] auch besser als die ganze Armee.“ Der König lachte sehr darüber und sagte: „Wahrhaftig, nichts zutreffender [als das].“ „Ja, Majestät“, antwortete ich, „und diese Kompagnie hat noch ein Vorrecht vor den anderen.“ „Und das wäre?“ sagte der König. „Der Gebrauch der Pike ist im ganzen Heere abgeschafft“, antwortete ich, „aber diese Kompagnie besitzt noch das Recht, sich ihrer zu bedienen“. Der König wußte sich nicht zu halten vor Lachen. – Endlich führten sie ihre Uebungen mit äußerster Genauigkeit aus, und der König bemerkte sofort die Veränderungen, die sich darin seit den Belagerungen von Stettin und Stralsund[47] vollzogen hatten.

Dann führten Major Knauth[48], erster Stallmeister des Königs, sein Sohn und vier oder fünf seiner Schüler die Schulpferde mit aller erdenklichen Geschicklichkeit vor. Der König bewunderte, mit welcher Haltung der Sohn ritt.

Darauf gingen wir nach dem Tanzsaal, wo die Kadetten ihre Sache sehr gut machten.

Dann waren wir in dem Hörsaale, wo man Philosophie im Allgemeinen, Moral im Besonderen, Sprachen, Geographie, Schreiben, Fechten und Turnen [am Pferde] lehrt.

Der König und alle Zuschauer waren entzückt über die Gewandtheit der jungen Leute.

Darauf kamen wir in das Lehrzimmer für militärische und bürgerliche Architektur, und man war voll Bewunderung über die Kenntnisse der Kadetten. Der König wurde nicht müde, ihre Arbeiten zu bewundern, und behielt sich vor, am Nachmittag noch einmal dahin zu gehen. Aber die Tafel[49] dauerte lange, weil ich Gesundheiten ausbrachte und die anderen veranlaßte, meinem Beispiele zu folgen, was die Ursache war, daß wir bis fünf Uhr bei Tische blieben.

Es waren fünf große Tafeln für 180 Personen[50], da alle Welt dazu eingeladen war bis auf die Kadetten herab. Ich ging an alle Tische.

Als der König v. Pr. sich erhoben hatte, kehrte er doch noch einmal zu den Kadetten zurück und besah noch einmal ihre Risse von Militär- und Zivilbauten mit größter Aufmerksamkeit.

Als er dann vom Kronprinzen von Polen Abschied genommen hatte, fuhr er mit dem Prinzen, seinem Sohne, und mir zu den kleinen Prinzen und der kleinen Prinzessin[51], um ihnen einen Besuch zu machen.


Das Tagebuch bricht hier plötzlich ab. Es scheint, als ob Graf Flemming, der durch seine Stellung mehr als sonst jemand während des hohen Besuches dienstlich in Anspruch genommen war, nicht mehr die nöthige Zeit fand, selbst Aufzeichnungen zu machen. Wie schon erwähnt, ist wohl auf seinen Anlaß der vollständige Bericht entstanden, der den Gesandten an den auswärtigen Höfen zugehen sollte. Es scheint, daß man in Wien, Petersburg und anderwärts mit Mißgunst das gute Verhältniß zwischen den Höfen von Berlin und Dresden betrachtete, welches sich bei Gelegenheit dieser Zusammenkünfte offenbarte. Selbst Seckendorff, der in Berlin die österreichischen Interessen vertrat und von Flemming über alle Ereignisse auf dem Laufenden [146] erhalten wurde, schien Mißtrauen zu hegen. Von Regensburg aus berichtete Johann Friedrich von Schönberg an den Grafen Flemming über ähnliche Stimmungen. Daß man in Dresden auf politische Verhandlungen gefaßt war, beweist der Bericht Suhm’s an Flemming, worin das rathsamste Verhalten in den verschiedenen Fragen besprochen wird. Es scheint aber kaum zu ernsten Erörterungen gekommen zu sein. Was sonst verhandelt wurde, das blieb wohl Geheimniß zwischen den nächsten Betheiligten. Der bald erfolgte Tod Flemmings (30. April 1728), den Friedrich Wilhelm für ein folgenschweres Ereigniß hielt (man vergleiche den oben zitirten Brief an Leopold von Dessau), hat vielleicht auch manche Hoffnungen und Pläne, die sich an den Besuch knüpften, nicht zur Ausführung kommen lassen. Was aber die Markgräfin von Baireuth, Friedrichs des Großen Schwester, von dem eigentlichen Zwecke der Reise sagt, nämlich das Projekt einer Heirath zwischen ihr und dem König von Polen zu besprechen, scheint aus vielen Gründen nur eine Ausgeburt ihrer Phantasie oder ein Wunsch ihres Herzens gewesen zu sein.


  1. Die wenigen Ergänzungen im Texte sind durch [] angedeutet.
  2. Ein Dienstag.
  3. Der preußische Generalmajor Graf Lottum war vorausgeschickt worden, um dem König von Polen einen Gruß auszurichten. (Brief des sächsischen Gesandten Suhm in Berlin an Graf Flemming vom 30. Dezember 1727.)
  4. Graf Flemming hatte durch Suhm erfahren, daß der Kronprinz von Preußen den sehnlichsten Wunsch hatte, mit nach Dresden zu gehen, und hatte seinen Herrn davon unterrichtet, der dann seinem Gaste gegenüber einen dahingehenden Wunsch aussprach. (Memoiren der Markgräfin von Baireuth, I. Bd.)
  5. Der damalige Gouverneur von Dresden, in dessen im Zeughofe (an Stelle des späteren Kurländer Palais) stehendem Hause der König v. Pr. absteigen sollte, da ihm die Rücksichten auf die Etiquette den angebotenen Aufenthalt im Schlosse zu unbequem erscheinen ließen. Der Kronprinz wohnte beim Grafen Flemming.
  6. Der König v. Pr. hatte sich das Salutschießen bei seiner Ankunft verbeten, welchen Wunsch man auch zunächst berücksichtigte. Als er sich aber einige Stunden später in das Palais des Grafen Flemming in der Kreuzgasse (jetzt an der Kreuzkirche Nr. 3) begab, wo der sächsische Hof zu einem Feste versammelt war, ließ der Gouverneur doch die Kanonen der Festung abfeuern, um die Ehrenbezeugung nicht zu unterlassen. (Bericht im Hof- und Staatskalender von 1729. – Etwas anders ist dagegen die Darstellung in Hilscher’s „Sammler“, 1. Bd. S. 58 ff.)
  7. Diese Beschreibung sollte wahrscheinlich später noch hinzugefügt werden.
  8. Hierüber schreibt Friedrich Wilhelm in einem höchst interessanten Briefe an den Fürsten Leopold von Dessau (abgedr. in der Zeitschr. f. preuß. Gesch. 9. Jahrg. S. 473 f.): „Das Zeughaus ist gut fourniret, aber das ist bei mir 1.000 Mal besser“.
  9. Diese bei der bekannten Vorliebe Friedrich Wilhelms für alles Soldatenwesen befremdende Aeußerung ist wohl so zu verstehen, daß ihm das Zeremoniell nicht behagte.
  10. Dieses Prunkessen fand im Schlosse statt, und zwar in den Zimmern der nicht lange vorher verstorbenen Königin.
  11. Friedrich Wilhelm hatte sich damals nach dem Zeugniß der Schwester Friedrichs des Großen dem pietistischen Einflusse G. A. Franckes (des Sohnes Aug. Herm. Franckes) ergeben, daher diese bei ihm sonst nicht zu findende große Enthaltsamkeit. Seine neuen strengen Grundsätze hielten freilich in dem „Dresdner Karneval und Weltgetümmel“ nicht lange stand. In dieser Hoffnung hatte ja auch seine Umgebung bei ihm den Entschluß zur Reise nach Dresden angeregt und zur Reife gebracht. (Vgl. auch Koser, Friedrich der Große als Kronprinz, S. 9.)
  12. Der bekannte, bei Friedrich Wilhelm sehr einflußreiche preußische Generallieutenant von Grumbkow, der sich im Gefolge des Königs befand.
  13. a b Chambre de Confidence“ ist der entsprechende, heute ungebräuchliche Ausdruck im Texte. Gemeint ist damit ein Zimmer, worin sich eine „table de confidence“ befand (vgl. unten), eine „Maschinentafel“, wie es in dem Staatskalender von 1729 heißt. Was darunter zu verstehen ist, erfahren wir aus den Mémoires de la margrave de Bareith (ed. Brunswick 1810) I, 119, wo es gelegentlich des Gegenbesuches des Königs von Polen in Berlin im Mai und Juni 1728 heißt: „Le jour du départ du roi de Pologne les deux rois tinrent ce qu’on appeloit table de confiance [sic!]. On la nomme ainsi parce qu’on n’y admet qu’une compagnie choisie d’amis.“ Nun wird erklärt, daß es sich dabei um eine Einrichtung handelt, welche die Diener unnöthig macht. Der ganze (runde) Tisch ist versenkbar und kommt gedeckt wieder in die Höhe. Die (schriftlichen) Bestellungen der Gäste werden durch ebenso bewegliche Trommeln ausgerichtet. (Aehnlich die Beschreibung in Hilscher’s „Sammler“, 1. Bd. S. 319.) Diese Einrichtung hatte Friedrich Wilhelm in Dresden kennen gelernt, und auf seinen Wunsch war der Kapitain Karl Friedrich Pöppelmann (Sohn des berühmten Matth. Daniel Pöppelmann) im März 1728 mit allem Nöthigen versehen nach Berlin geschickt worden, um dort eine Maschinentafel (auch table ronde genannt) zu konstruiren, „so wie sie in Dresden auf dem Schlosse befindlich“. Es muß aber auch eine gleiche Einrichtung in dem königlichen Palais in der Pirnaischen Gasse gegeben haben (vgl. unten).
  14. Damit ist ein auf der Stallbahn bei Lampenbeleuchtung abgehaltenes nächtliches Scheibenschießen gemeint, bei dem jeder Treffer ins Zentrum mehrere Raketen in die Luft steigen ließ.
  15. Wahrscheinlich der Oberküchenmeister Adolf Freiherr von Seyffertitz, der dem König v. Pr. zum persönlichen Dienst beigegeben war.
  16. a b Vgl. dazu Anmerkung 20.
  17. Das spätere Japanische Palais.
  18. Siehe oben Anmerkung 13.
  19. a b Für das am folgenden Tage bevorstehende Schlittenfest hatte sich der Hof in Quadrillen eingetheilt, deren eine Graf Flemming zu führen hatte.
  20. a b Es handelt sich hier um eine durch die häufigen Maskeraden veranlaßte, scherzhafte Liebeständelei, die wohl eingefädelt war, um den König v. Pr. am galantesten aller Höfe keine zu steife Rolle spielen zu lassen.
  21. a b Oberst von Kalckstein und der unten erwähnte Graf von Finckenstein waren die beiden Gouverneure des preußischen Kronprinzen.
  22. Man muß sich hier daran erinnern, daß beide Regentenhäuser noch nicht lange im Besitze der Königskrone waren, so daß es noch keine Tradition für das Zeremoniell gab. Dazu war die Würde des sächsischen Kurprinzen als „Kronprinz“ von Polen höchst zweifelhaft. Auch bei anderen Gelegenheiten (z. B. im Briefwechsel der beiden Höfe) gab es deshalb einige Schwierigkeiten. Anderwärts (in Paris, Mainz, Regensburg) betrachtete man diese Titulatur als eine Anmaßung.
  23. Der Kabinetsminister Anton Graf von Lützelburg wohnte am Altmarkte im 2. Stock des Calenbergischen Hauses an der Schreibergasse (jetzt Nr. 1, Ecke am Altmarkt). Vgl. Staatskalender von 1729.
  24. Ein Ringrennen der Damen auf Schlitten.
  25. Der Plan fehlt hier, die ausführliche Beschreibung des Festes ist aber im Staatskalender von 1729 zu finden.
  26. Der König hatte dieses Haus, welches mit einem in der Moritzstraße gelegenen (la retraite?) verbunden war, kurz vorher vom Grafen Flemming gekauft. Es brannte bei der Beschießung 1760 nieder, die Baustelle wurde mit für das Landhaus verwendet.
  27. Im Texte „la retraite“ genannt, vgl. die vorige Anmerkung.
  28. Dieser und seine Gemahlin mußten bei ihren Quadrillen bleiben und saßen deshalb nicht mit an der „table de confidence“.
  29. Gemahlin des Erbherzogs Johann Adolf von Weißenfels, welcher im kurf. sächs. Heere die Würde eines General-Kommandanten der Garde du corps bekleidete.
  30. Nämlich in der Chaise.
  31. a b Graf von Wackerbarth-Salmour, ein Adoptivsohn. (Vgl. Allg. Deutsche Biographie.)
  32. Diese Befürchtung war unbegründet, obgleich bei dem Brande vier Menschenleben (ein im 3. Stock wohnender Artillerie-Premier-Lieutenant Eschenbach nebst Frau, Enkelin und Dienstmagd) zu beklagen waren. (Vgl. Staatskalender von 1729.)
  33. Der bekannte Oberhofprediger D. Bernhard Walther Marperger.
  34. Eine nachträgliche Bemerkung. Der Kronprinz von Polen war früh gekommen, um den König v. Pr. einzuladen, im Schlosse zu wohnen. Dieser aber schlief noch und schlug später das Anerbieten aus.
  35. Offenbar ist damit das Klavierspiel des Grafen Flemming gemeint.
  36. Graf Flemmings zweite Frau, eine Tochter des litthauischen Großkanzlers Radziwill, später verheirathet mit dem Fürsten Wisniowiczky (Allg. Deutsche Biographie).
  37. Cela éblonit; meinen Vater seine Juwelen ist nichts dagegen“, schreibt Friedrich Wilhelm in dem oben (Anmerkung 8) erwähnten Briefe an den Fürsten Leopold von Dessau.
  38. Dieser, der sächsische Gesandte am Berliner Hofe, war auch nach Dresden gekommen.
  39. Der polnische Krongroßschatzmeister Joh. Georg Prebendowo Prebendowski war Flemmings Schwager und hatte mit diesem die Wahl Friedrich Angust’s zum König von Polen besonders betrieben.
  40. Der Verlust war in der That bedeutend; denn es ging nicht nur das ganze Haus mit dem kostbaren Mobiliar, sondern auch eine im Laufe von 40 Jahren zusammengebrachte unbezahlbare Sammlung von Plänen, Modellen, Manuskripten u. dergl. vollständig zu Grunde. Graf Wackerbarth hatte sein und seiner Leute Augenmerk ganz auf die Rettung der Person und der Effecten des preußischen Königs und in zweiter Linie auf den Schutz des Zeughauses gerichtet, dessen Werth mit allen Vorräthen auf mehrere Millionen geschätzt wurde. So kam es, daß von seinem Eigenthum gar nichts gerettet wurde. Doch griff das Feuer nicht weiter um sich.
  41. Der Werth dieses königlichen Geschenkes belief sich auf 150 000 Thaler.
  42. Im Texte abgekürzt Neitsch; gemeint ist wohl der Kammerherr Christoph Adolf von Neitschütz.
  43. Der Trauerschmuck galt der verstorbenen Königin. Während der Anwesenheit des Königs v. Pr. war, nebenbei bemerkt, die Hoftrauer aufgehoben.
  44. Nämlich der König v. Pr.
  45. Die Ritterakademie, das spätere Kadettenhaus.
  46. Bander“ im Texte.
  47. Im letzten Kriege gegen Schweden.
  48. Der Oberbereiter Major Anton Knauth.
  49. Das Diner fand in der Ritterakademie selbst statt.
  50. Das Gefolge der beiden hohen Gäste betrug allein an die 100 Personen.
  51. Das sind die Kinder des Kurprinzen, von denen der älteste, Prinz Joseph August, noch im März desselben Jahres starb. Die erst ein halbes Jahr alte Prinzessin Maria Margaretha ist hier nicht mit erwähnt.