Kriegsgefangen

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Autor: Kurt Tucholsky
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Titel: Kriegsgefangen
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aus: Fromme Gesänge, S. 58-59
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1919
Verlag: Felix Lehmann
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Erscheinungsort: Charlottenburg
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Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Scans auf commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck in: Weltbühne, 3. April 1919
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[58]
Kriegsgefangen


Wer hat in Belgiens Etappen regiert?
     Offiziere! Offiziere!
Wer hat da im preußischen Ton kommandiert?
     Offiziere! Offiziere!

5
Sollen die Belgier die Schuhe putzen:

wir haben den Spaß, wir haben den Nutzen!
     Aktiver Leutnant – Rechnungsrat –
     einmal: Caesar! Wie wohl das tat!
     „Wer nicht pariert, den stellt an die Wand!

10
     (gez.) Lehmann, Ortskommandant.“

Und die Belgier waren Menschen wie wir,
warteten ruhig der Jahre vier,
bis sich der fremde Spuk entfernt.
     Wen haben sie gründlich kennen gelernt?

15
 Offiziere! Offiziere!


Kein Stroh auf dem Boden, kein Wasser, kein Bett,
es schlottern die dünnen Jacken.
„Mutter!“ Wer jetzt einen Heimatgruß hätt!
Will der Tod uns noch nicht packen?

20
„Travaillez! En avant, les boches! Vite! vite!“

Ein Kolbenstoß in den Rücken.
Ein Mann, der vorbeifährt und das sieht,
muß die Tränen unterdrücken.
     Wer frißt es aus, was für uns vergangen? –

25
 Kriegsgefangen. Kriegsgefangen.


Wer frißt es aus, was scheinbar vorbei?
Die eigenen, unschuldigen Leute!

[59]
Deutschland, hörst du den Marterschrei?

Deutschland, tu dies noch heute:

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     Stell die Burschen von damals vor ein Gericht!

     Sie sind noch frei. Sie büßen ja nicht!
Sieh, wie sie wohlgeborgen sitzen!
Mit ersparten Gehältern, mit Brüssler Spitzen –
Auge um Auge! Zahn um Zahn!

35
In die Hölle mit ihrem Caesarenwahn!

     Deutschland, wo ist der Tag des Gerichts?
     Deutschland, was tust du?
 Nichts. Nichts. Nichts.