Kringelkranz de Wide

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Textdaten
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Autor: Ernst Moritz Arndt
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Titel: Kringelkranz de Wide
Untertitel:
aus: Mährchen und Jugenderinnerungen. Zweiter Theil. S. 53–62
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: G. Reimer
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Kringelkranz de Wide.


Un nu was Johann Geese god in Tog un nam wieder dat Wurt un sede: Na all dissen Geschichten, wo de Minschen so gern den Düwel un de olden Hexen mitspelen laten, will ick ju ook een Loischen ton Besten gewen, wo de leewe Gott un de Engel recht de Mitspelers sünt! De leewe Gott is äwerst woll jümmer de Mitspeler in allen Geschichten, wenn de Minschen dat man weten un bedenken wullen. Äwerst de swarte Satan schient mehr dicken Liw un kennbåre Farm to hebben, äwerst de himmlischen Geister un de sinsten un lifesten Mitspeler kann man nich so mit irdischen 0ogen sehn; dåto hürt ook een siner Gesicht un dat up himmlische Dinge to marken wet. De Minsch schall ook nich so vörmeten sin un veel ümherkiken, as künn he se nah sinem Gefallen un up Komando hüren un sehn; äwerst selig is de Mann, de ehren lisen Gang un sanften Athem still vörnehmen kann un sick nicks dårup inbildt. Dårüm schält ji nu nah all dissem wilden Wirrwarr van dullen Geschichten een Loischen hüren, dat nüd1ich is un eenem keenen Upruhr van trurigen Gedanken makt. Mine selige Moder hett’t mi veel dusendmal vörtelld. Ji kennt jo dat Kinderspill, wo de lütten Dinger [54] sick im Ring herümküseln un Kringelkranz de Wide singen; äwerst ji wet’t nich, wo’t toerst herkamen is; un dåvan schält ji de Geschicht nu hüren. Et is eene Wewergeschicht, de sick woll vör veelen hundert Jåhren begewen hebben mag, un van eener Wewersche, de Fru Klinkenbarg het, hett mine Moder de Geschicht leert.

In eenem Dörp in dem Land, wo the Sidenwörmer de Side üm de Böm wewen un wo alle Frauen Sid spinnen un wewen as hier Flass und wo alles sidene Kleder dreggt, lewde een Sidenwewer, een rechtschaffen flitig Mann, de eene stille frame Frau un woll een halwes Dutz Kinder hedd. Nu begaff et sick eenes goden Dags, datt de Frau fröhmorgens in de Stadt gahn was un to ehre öldste Dochter, de Marieken het un twelf Jåhr old was, seggt hedd: Marieken giff Acht, wenn de Klock acht sleit, denn müßt du dinen Swestriken un Brödigen een Botterbrödken smeren, un vörgett ook nich, den negen lütten Hemplings in dem groten Burken Water int Glaß to geten. Un Marieken hedd de Botterbröde nich vörgeten, denn de annern Kinder vörgeten nich, ehr Fröhstück to begehren; äwerst de armen lütten hemplings künnen nich spreken. Un Marieken stund in der Dör, un eene Schow Dörpkinder leepen vörbi un repen: Kumm mit, Marieken, in den Busch Erdbeeren plücken! Un se un ehr öldstes Bröderken leepen mit en un vergeten sick, un gingen erst gegen Middag to Hus. Un då begegnede en ehre Modet, de ut der Stadt kam un sick vörwunnerde, datt ehre Kinder der den Weg ut dem Busch herunner kemen. Un se gingen nu mit eenanner int Hus, un de Moder frog un [55] sach nah, um reep: o mine armen negen Vägelkens! Marieken, du wilde Hummel, wat hest du dhan un wo büst du herüm lopen? Denn all de Negen legen dood un vördüstet då. Un de Frau, een fram un klok Minsch, besprack sick mit ehrem Mann, un den Namiddag nam se Marieken vör un sede ehr mit warnender Stimm: du armes Kind! du wildes fluttriges Kind! wo mennige swåre Gedanken hest du mi un dinem Vader all makt! un nu müßt du lang beden un büßen för de armen Vägelkens un för dine sündliche Vörgetsamheit, un wi willen sehn, ob wi di betern känen. Un ick arme Frau hew’t mit Gebet un mit dusend Thranen to Gott lawt un em üm sinen Segen dåto anfleht - und dat is’t, wat ick un din Vader Gott lawt hebben:

Wiel et negen Vögel weren, de dör dine Schuld so jämmerlich verdösten müßten, so schast du negen Jåhr jeden Dag negen Stunden sitten un Side spinnen un lesen un beden, ob de leewe Gott di dine Sünd üm de Vägelkens vörgewen un di up sinen rechten stillen Weg setten wull. Un as se disse Würd spraken hedde, nam se dat Kind un drückte se an ehr Hart, un weende sehr; äwerst dat arme Marieken weende noch veel mehr. Un don ging de Frau hen un makte up dem Bänen een lütt Stüwken torecht, un fettede Mariekens Spinnrad dåhen un lede Side tom Vörspinnen dåbi, un dann nam se dat Kind, führde se de Trepp herup un spunde se in. Äwerst se hedd ehr ook eene Bibel un een Gesangbook up dat Dischken leggt un seggt: Jede twee Stunden, wo du de Klock van dem Thorm slan hürst, les een paar Vers ut dissen heiligen [56] Bökern, un denn giff di wedder an din Spinnrad; nu gewe de leewe gnädige Gott, datt di de stille Arbiet tor Lust ward! Ook gaff se ehr een Klöckchen, un sede däbi: Wenn du mal eenen Oogenblick herunner müßt ut dinem Burken, denn klingel man, un wi willen di upsluten.

Uu dat arme Marieken weende bltterlich, as se sick inspunnt sach un de Dör achter ehr toslaten wurd, un kam ehr de Eensamkeit un dat lange Spinnen toerst sehr hart vör, un weende de ersten drei Mand wohl dusentmal mehr Thranen, as se Sid fardig spunn. Äwerst Gott gaff dem Kinde bald de Gnad, datt se sick darin ergaff un dubbelt froh was, wenn de Moder des Namiddags Klock Sös achter ehr upslot un se herunner gahn un mit ehren Bröderken un Swesterken spelen dürft. Un jümmer jeden Abend, ehr dat Kind to Bedd ging, nam de Moder se un let se upseggen, ob se wat in den schönen Bökern lesen un ook behollen hedd. So vörgingen woll vier J[å]hr, un de negen Stunden wurden jümmer richtig hollen un alleen an Sündagen un Festdagen wurd nich spunnen. Un de Öldern hedden to ehrer groten Froide markt un markten jümmer mehr, datt dat sünst so wilde un hummelige Kind still un ämsig wurd un in der Bibel finden un upslan künn, as keen Kind im ganzen Dörp, un dåbi eene Finspinnersche so flitig un so geschickt, datt ehr Vader sick dåräwer verstaunde un to der Moder sede: Trin, et is nog, un wi willen nich to veel dhon un Gott nich mit dem Kinde vörsöken; lat se bi uns sitten un mit uns in unsrer Stuw spinnen un unsen annern Kindern in Feld un Gården arbeiden. Äwerst de Frau antwurte [57] em: Ne, Mann, ick hew Gott dat Wurt gewen, un wi mütten em dat Wurt holden. Dat Kind is jo gottlow frisch un gesund, un de fief äwrigen Jåhr wo swinde gahn de ook hen! un wenn wi uns sör eene wilde Dern een flitiges frames Kind schafft hebben, is dat nich eene Gnad un Froid van Gott dem Herrn?

Un de Frau behelt Recht, un de Wewer gaff sick drinn, un Marieken spunn furt. Un as se nu gröter wurd, söstein säwentein Jåhr old, un all insegend was un in Gotts Wurt sehr belesen, fung se an äwer sick un äwer de Welt un Gotts Werke to denken, un mennige fine Gedanken snurrden mit dem Spinnrade un lepen mit dem Faden so furt, un se sung sick tüschen dem Stundenslag tom Tidvördrif mennigen hübschen Vers vör, un ehre Finger flögen man desto flinker äwer de Side hen. Äwerst nu vörging ook keen Dagg, wenn dat gegen de negde Stund ging, datt se nich am ehre Hemplings dachte un bedede, un ook woll weende. Ook hedd se sick eenen Sang utdacht, den unse Kinder nu noch jümmer singen, un wenn se den Sang utsungen hedd, nam se ehr Klöckchen un klung em as den Segen går lisign nah. Un dat tröstede ehr dat Hart. Un ditt was dat Kinderleedken:

Kringelkranz de Wide,
Ick spünn so’ne schöne Side
As em Håar
Negen Jåhr.
Mine Moder gaff mi’n Klöckchen,
Dat bund ick an min Röckchen;
Dat sed’ Klingdal!

[58] Un so vergingen Marieken de negen Jåhr an ehrem Spinnrade un se was een går fründliches un frames Kind worden un ook hübsch un fin, un hölt sick so nüdlich un manierlich, datt, wenn se in de Kark edder ook to den Nawers äwer de Strat ging, disse se ehren Döchtern wesen un seden: Seht då Wewers Marieken, dat is doch dat netteste un hübscheste Dernken im ganzen Dörp. Äwerst in dissen lesten Jåhren hedd sick noch wat mit Marieken begewen, worüm keen Minsch wüßt un wat se ook ehren Öldern vörswegen un still bi sick beholden hedd. Dat was een wittes Düweken, un mit dem Düweken was’t so togahn:

Eenes Winterdags, as Snei un Regen gegen Mariekens Finster flog, kam een wittes Düweken angeflagen, ganz natt un jämmerlich un fludderde gegen dat Finster. Un Matieken makte dat Finfter up un let dat Düwken in de Stuw, wo et sick warmde un drögde, un denn wedder ut dem Finster flog. Äwerst dårbi blef et nich. Dat Düweken wurd nu Mariekens Kamrat, un kam alle Namiddag wedder an dat Finster flegen, un Marieken makte up, un dat Düweken sette sick up ehr Spinntad un up ehren Schot, un hedd sick, as wenn’t mit dem Mäten spelde. Un dat Kind hedd eenee grote Froid an dem Vagel un in siner Gesellschaft ging’t mit dem Spinnen man desto flinker. Un de beiden befründigden sick sehr, un dat Spill ging jümmer wieder. Denn bald kam dat Düweken nich anners as mit vullem Snawel un schüddede Aprikosen un Kirschen un annere schöne Saken vör Marieken ut, de se sick woll smecken let. Un Marieken was ehrem witten Düweken dankbar un se köfde sick een nettes Körfken [59] un dheed jümmer Arten un Brodskromen dårin un settede dat Körfken up dat Finster, un froide sick, wenn se dat Döweken dårut bicken sach. Un so verflöten ehr de lesten Jåhre as een lustiger Droom, un se grämde sick fast, as ehre Moder sede: Morgen Awend, Marieken, sünt dine negen Jåhr üm, un denn büst du erlöst. Un Marieken söll bi dissen Wurden ehrer Moder üm den Hals un weende hartinniglich, un de Moder weende ook, un sede; O du min leewes leewstes Kind! o du, min Allerlewstes in disser Welt! wenn du wüßtest, wo veele Millionen Thranen ick weent hew üm dat Wurt van de negen Stunden un de negen Jåhr, dat ick Gott gewen hedd! wo mennige Nacht ick to Gott üm dine Seligkeit bed’t hew, du leewes leewes Kind! Äwerst Gott Ehr un Pris un Dank! he hett et woll mit uns makt.

Un den annern Dag wurd upslaten un nich mehr toslaten, un Mäten un Spinnrad un Bibel un Gesangbook un Klöckchen un alles alles ging de Trepp herunner in de grote Stuwe; un dårnah gingen de Öldern mit ehrer Dochter in de Karke un dankten un bededen då. Un’t was binah Awend worden, as se to Hus kemen, un Marieken was so vull un beklemmt, un se slek sick går still un heemlich in den Gården un sach mit weenenden Oogen un deepen Gedanken to dem Finster henup, wo se de lesten schönen Jåhre mit dem witten Düweken spelt hedd; un se künn sick nich holden vör Wehmod un Froid, un weende noch mehr, un reep: O du min Düweken! min Düweken! un süh! in dem Oogenblick sach se dat Düweken van dem Finster wegflegen ut dem Körfken, as wenn’t [60] noch dårut geten hedd, un so fludderde et går sacht äwer Mariekens Kopp weg. Un as dat Düweken sick in der Awendschummering äwer den Gården henut vörflagen hedd, ging Marieken äwen so lisign de Trepp herup in ehr Stüweken, un nam dat Körfken van dem Finster un küßte et unner dusend Thranen. Un as se sick wedder een beten vörsunnen hedd, kam ehr dat Körfken in der Hand so swår för, as wenn’t ganz hüpnig vull Arten west were. Se hedd äwerst keen Arg dårut; un settede et swind wedder vör’t Finster un leep de Trepp herunner, as ehr Moder se tom Eten reep.

Un den annern Morgen wat begaff sick? wat för eene nüe grote Froid un wat för grote un hoge Gedanken för de Soden Wewerslüde! De Moder was in dat Dachstüwken herup gahn noch wat torecht to stellen, un hedd dat Körfken van dem Finster nahmen un sick ook vörwunnert, datt et so swår was. Un se schüddede et ut und Arten un Brodkromen föllen herut, äwerst ook blanke Dukaten, een ganzer Hupen blanker nüer Dukaten wohl 500 Stück. Un de gode Frau vörschrack un vörfierde sick, un scharpe Gedanken steken ehr vörch’t Hart. Wat is mi dat? wat bedüdet dat? woher? woto? Is dine Dochter, de du een fram christlich Kind glöwst, een Deef edder wat Slimmers? Un se reep Marieken herup, sach se scharp an, un wes ehr de Dukaten; un Marieken vörwunnerde un vörschrack sick äwen so sehr, man van dem Deef edder van wat Slimmern wull un kunn se nicks weten. Un se smeet sick vör ehre Moder up de Knee un reep: Düweken! min Düweken! [61] dat büst du – un don hedd ehr Mund Luft un Mod gewunnen, un se apenbårde um vörtellde ehrer Moder alles, wat sick de lesten Jåhre mit dem witten Düweken begewen hedd. Un de Moder wurd wedder froh nah ehren Schrecken, nam ehr Marieken in de Arm un segnede sen un sprack: O Gotts Froid, datt du unschuldig un rein büst! Un se gingen un vörtellden dat dem Vader, un he sede un glöwde mit en, datt een Engel Gottes mitspelt hedd.

Un so hedd Marieken eenen Brutschatz von 500 Dukaten. Un de Olden buwden ehr een prächtiges Hus dåvan, un sund sick to dem hübschen Mäten een hübscher Brüdegam, un wurd bald eene lustige Hochtid. Äwerst Marieken kunn ehr wittes Düweken nümmer vörgeten, un so lang se lewde, helt se sick de schönsten witten Duwen in ehrem Hoff; un mag dat witte Düweken van dem Korf woll ook mit darunner flagen sin. Marieken hedd sick’t woll inbildt, datt et sick unner ehre Duwen makte un mit Lust un Wollgefallen up se un up ehre Kindekens sach. Se meende ook, se hedd et mennige mal äwer den Karkthorm wegflegen sehn. Un van Mariekens Tiden her sungen se un singen bet up den hütigen Dag Krinkelkranz de Wide.

Un Smidt Mierk, de nipp tohürt hedd, stimmde mit allen in, dat ditt eene smucke Geschicht was; darup koppschüddelde he wedder un sede: Wat ick seggt hew, då bliw ick bi. Et is een gefährlich Ding üm de Deerde un de Minsch schall sick nich to deep mit en inlaten. Gott bett en to Sinsgliken henwist un he schall sick tom Minschen holden un nich tor unvernünftigen Kreatur. Denn wenn [62] he ook grad nich behext ward un so in de Wildniß der Gedanken gerött edder går tor Höllen fahren mütt, so is’t doch eene grote Sünd, un is woll nich to beschriwen, wo swår de Minschen sick vörsündigen, de Hunde un Katten ut ehren Schötteln eten laten un de Armen mit Stöcken ut ehrem Huse driwen; un warden dårüm van veelen doch noch nich vör Heiden holden.