Landgraf Philips und die Bauersfrau
Landgraf Philips und die Bauersfrau.
Kirchhofs Wendunmuth. Winkelmann S. 586. 587. |
Landgraf Philips pflegte gern unbekannter Weise in seinem Lande umher zu ziehen, und seiner Unterthanen Zustand zu forschen. Ein Mal ritt er auf die Jagd, und begegnete einer Bäuerin, die trug ein Gebund Leinengarn auf dem Kopfe. Was tragt ihr, und wohin wollt ihr? frug der Landgraf, den sie nicht erkannte, weil er in schlechten Kleidern einher ging. Die Frau antwortete: „ein Gebund Garn, damit will ich zur Stadt, daß ich es verkaufe, und die Schatzung und Steuer bezahlen kann, die der Landgraf hat lassen ausschreiben; des Garns muß ich selber wohl an zehn Enden entrathen,“ klagte erbärmlich über die böse Zeit. Wie viel Steuer trägt es euch? sprach der Fürst. „Einen Ortsgulden,“ sagte sie; da nahm er sein Seckel, zog so viel heraus, und gab ihr das Geld, damit sie ihr Garn behalten könnte. „Ach nun lohns euch Gott, lieber [356] Junker - rief das Weib - ich wollte, der Landgraf hätte das Geld glühend auf seinem Herzen!“ Der leutselige Fürst ließ die Bäuerin ihres Weges ziehn, kehrte sich gegen sein Gesinde um, und sprach mit lachendem Munde: „schauet den wunderlichen Handel! den bösen Wunsch hab ich mit einem eigenen Geld gekauft.“