Leben, Literatur und Kunst (Wünschelruthe Nro. 47)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: -t.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Leben, Literatur und Kunst
Untertitel:
aus: Wünschelruthe - Ein Zeitblatt. Nr. 47, S. 188.
Herausgeber: Heinrich Straube und Johann Peter von Hornthal
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1818
Verlag: Vandenhoeck und Ruprecht
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Göttingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[155]
Leben, Literatur und Kunst.




Die Antwort auf unsere in Nr. 25 gemachte Bemerkung über die zeitige Lage der Kirche (Nr. 39) Nr. betreffend, so wollen wir unsern Lesern überlassen zu urtheilen, ob dadurch Mißverständnisse gehoben oder nur noch gehäuft seyn mögen. Uns für jetzt einer vollständigen Erwiderung darauf enthaltend, die doch für den Raum des Blattes zu weitläuftig ausfallen und vielleicht die Verwickelung noch vermehren würde, bemerken wir nur beiläufig, daß unser Gegner ganz gegen unsere Meinung alle unsere Worte als Widerlegung der seinigen betrachtet, da sie ganz allgemein für sich bestehend und nur der Anlaß von diesen hergenommen war, und so uns manche Deutung derselben zugeschoben an die wir nie gedacht, – und dann noch weniges in Rücksicht der allgemeinsten Punkte. – Es wird ja wohl niemanden einfallen, die Idee einer Vereinigung in christlicher Liebe zwischen Partheien, die ja alle in ihrem Dogma der ursprünglichen Gestalt des Christenthums nachzustreben glauben und sich bemühen, nicht als die reinste und wahrhaft christlichste anerkennen zu wollen. Da nun jede hohe Idee eine ihrer würdige Umgebung verlangt, in der sie sich in ihrer eigenthümlichen Klarheit offenbaren könne, wenn sie nicht durch eine niedrige Erscheinung entheiligt werden soll, so kommt hier Alles auf die Weise an, wie man das Zeitalter, seine Bildung und Richtung ansieht, worin wir uns denn schon genugsam als geschieden von unserm Gegner ausgesprochen haben. Nun aber sind wir fest überzeugt, daß zu einer ernstlichen und wohlgemeinten Scheidung in Glaubenslehren immer ein nicht ausgestorbenes und gegen das Höhere gleichgültiges, aber auf dem Scheidepunkt zwischen religiöser Hingebung und selbstischer Ueberbildung stehendes, zu einer ächtchristlichen Vereinigung hingegen ein unendlich religiös begeistertes, in der reinsten Liebe und Sehnsucht nach dem Himmlischen sich von selbst zusammenfindendes Volk erfordert wird, ein Volk im ersten Aufquellen eines kindlich liebenden Herzens. Da nun unser ganzer Welttheil nach unserer Ueberzeugung leider schon über jenen Scheidepunkt hinaus und so zu nichts weniger fähig ist als zu diesem heiligen Gemeindesinn, so halten wir es für jetzt als das einzige Mittel gegen eine unselige Vereinigung aus Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit, daß die Scheidung ernstlich und wohlgemeint erhalten werde; denn wir gestehen daß wir auch eine allgemeine Vereinigung in Rücksicht des Dogma’s, die einzige ächte, im höchsten Sinne nie für in dieser Zeit möglich gehalten haben. Wir wissen daß man sie nur zu häufig überhaupt als allein in Zeiten denkbar annimmt, wo sie auf blinden Aberglauben gebaut sey; wir hingegen nehmen sie hier gar nicht an, denn hier kann kaum von Dogma die Rede seyn; aber es giebt eine Erleuchtung des Geistes, wo die Verschiedenheiten im Glauben, die schon im Gemüthe des Einzelnen begründet sind, nicht mehr, wie ganz falsch bei uns, als gering, – sondern als gar keine mehr erscheinen, oder als das verschiedne Bild im verschieden geformten Auge der Einzelnen, das das einmal in der Offenbarung erkannte Wesen ewig rein über Allen erhoben stehen läßt, und über das keiner mit dem andern eifert, wenn er ihm ins Auge blickt und da sein eignes leuchten sieht. – Ist die Rückkehr in einen solchen Zustand, den Zustand der ersten Christen, jemals möglich? – Eine Frage, die wir nicht analogisch aus der Geschichte beantworten können, wenn gleich zu allen Zeiten einzelne Fromme von einem innern Drange dahin gezogen wurden; und gehören dahin nicht auch die, welchen jenes wesentliche Wissen vorschwebte, das doch nie einer für sich erreicht? Am wenigsten wäre dieser Geist wohl zu erwarten nach einer nothwendigen, aber überlegten und auf ein festes Prinzip gebauten Trennung, die schon vorbereitet wurde als Schrift und Tradition sich zuerst innerlich schieden, und mit der, so wie sie hervortrat, diese weiteren Spaltungen über einzelne Punkte wesentlich verknüpft waren. Hier aber muß uns freilich das Vertrauen auf die ewige unüberwindliche belebende Kraft des Christenthums wieder stärken, das uns so im Hinblick auf eine glänzende, aber ferne Zukunft vielleicht wenigstens thätiger für die Wahrheit machen wird, als wenn wir uns mit unserm Gegner dabei beruhigen, daß sie es wohl jetzt nicht so schlimm seyn lassen werde; – wir sind ja nicht berufen übermüthig zu urtheilen, so weit und nicht weiter geht des Bösen Gewalt; genug daß wir wissen, der Herr überwindet es in uns, wenn wir an ihn glauben. – Unser Gegner mag urtheilen ob er uns recht thut, wenn er uns recht wohl von uns erwogene Unterschiede im Sprachgebrauch und dgl. zur Beherzigung vorhält, oder uns eines blinden lutherischen Eifers beschuldigen zu wollen scheint: indem wir wissen daß wir hier nichts gesagt haben was nicht mit unsern früheren Worten streng zusammenstimmt; wenn er uns aber an das Gebot der Liebe erinnert, als wenn aus der der Vereinigung widerstrebenden Meinung ein unchristlicher Haß spräche, so wissen wir hierauf nichts zu antworten, als daß die Liebe nicht in den Thaten besteht, sondern in dem Geiste der die Thaten erweckt.

– t.