MKL1888:Lymphdrüsen

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Lymphdrüsen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 7
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Lymphdrüsen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 7. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Lymphdr%C3%BCsen (Version vom 21.11.2023)

[7] Lymphdrüsen (Glandeln, Glandulae lymphaticae), diejenigen Erweiterungen der Lymphgefäße, in denen die Erzeugung von Lymphkörperchen (Lymphzellen, weißen Blutkörperchen) vor sich geht. Solche L. finden sich in einfacher Form in der Schleimhaut des gesamten Darms (sogen. geschlossene Drüsenfollikel, Peyersche Drüsen, s. d.), ferner bei niedern Wirbeltieren im ganzen Körper verbreitet. Zu größern Gebilden von kompliziertem Bau vereinigt treten sie bei Säugetieren auf; beim Menschen finden sie sich namentlich in Form von Knötchen und Knoten bis zu 2,5 cm Länge vorn an beiden Seiten des Halses, im obern Teil des Nackens, in der Ellnbeuge und Achselhöhle, an den Lungenwurzeln, vor den Wirbelkörpern des Rückgrats, in dem Darmgekröse (sogen. Mesenterialdrüsen, s. d.), an Leber, Milz etc., in der Leistengegend (Leistendrüsen, s. d.) und in der Kniehöhle. Dem feinern Bau nach bestehen die L. aus einem Netzwerk von Bindegewebe, in dessen Maschen sich die Zellmassen, von denen sich die Lymphkörperchen ablösen, befinden, und das von der Lymphe umspült wird. Letztere tritt durch ein sogen. zuführendes Gefäß in die Drüse ein und verläßt sie wieder durch ein abführendes Gefäß. In letzterm finden sich stets weit mehr Lymphkörperchen vor als in ersterm; dies kann seinen Grund ebensowohl in der Erzeugung derselben innerhalb der Drüse wie auch in einer Verminderung der Lymphflüssigkeit haben, von der ein Teil durch die Drüsenzellen hindurch in die Venen filtrieren würde, welche im Innern der L. stets vorhanden sind. Wahrscheinlich hat beides (Produzierung neuer Körperchen und Filtration) statt. Blutgefäße sind stets reichlich in den L. verbreitet und bilden dichte Netze von Kapillaren. – Zu denjenigen Organen, welche Lymphzellen bereiten, gehören auch noch Milz (s. d.), Thymusdrüse (s. d.) und Mandeln (s. d.). Die L. erkranken äußerst selten selbständig, sondern immer nur, wenn mit der Lymphe schädliche Stoffe in sie hineingelangen. Alsdann reagieren sie zunächst immer durch eine Schwellung, welche auf erhöhter Blutzufuhr und vorwiegend auf Zellenvermehrung (Hyperplasie) beruht. So geschwollene L. bezeichnete man früher durchweg als Bubonen. Als Entzündungsreize wirken schon reichliche Verbrauchsstoffe der Gewebe, d. h. schon nach längerm Marschieren können die Leistendrüsen und nach zu kräftigem Rudern die Achseldrüsen anschwellen. Meistens sind es Bakterien, welche diesen Effekt auslösen. So sieht man bei Wundinfektion nach Verletzungen der Finger die Achseldrüsen schwellen und häufig in Eiterung übergehen; so gehen beim Tripper die Leistendrüsen in Eiterung über, beim Typhus sind die Gekrösdrüsen ebenso geschwollen wie die Peyerschen Drüsen des Darms selbst, und in allen Fällen lassen sich die spezifischen Bakterien des ersten Krankheitsherdes auch in den L. nachweisen. Bei der Skrofulose schwellen die L. und verkäsen, wenn in ihrem Saftbezirk tuberkulöse Prozesse verlaufen, und der Käse der L. enthält die Tuberkelbacillen wie jene. Daher darf man mit Wahrscheinlichkeit schließen, daß auch bei den syphilitischen Bubonen und denen der Bubonenpest ganz bestimmte, wahrscheinlich parasitäre Schädlichkeiten als Ursache anzusehen sind. Wenn im Lymphbezirk bösartige Geschwülste, namentlich Krebse, wuchern, so vermehren sich die eingeschleppten Geschwulstzellen sehr oft in den L. zu neuen Gewächsen (regionäre Infektion). Käsige Eindickung und Absterben der Drüsensubstanz kommt bei chronischen Schwellungen der Drüsen schwächlicher Kinder und tuberkulöser Personen vor. Vgl. Skrofulose und Tuberkulose.