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MKL1888:Mühlen

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mühlen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 848852
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Mühlen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 848–852. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:M%C3%BChlen (Version vom 04.12.2024)

[848] Mühlen (hierzu Tafel „Mühlen“), Vorrichtungen zum Zerkleinern (Mahlen) der Getreidekörner behufs der Gewinnung von Mehl; im weitern Sinn Maschinen oder Anlagen zum Mahlen von Gips, Zement, Steinen, Farben, Glassätzen etc., zum Pochen von Erzen, zum Zerkleinern von Knochen, Schnupftabak, zum Schneiden von Holz, zur Ölgewinnung, zum Tuchwalken, zur Papierfabrikation, zum Spinnen, Zwirnen, Weben etc. Nach der motorischen Kraft unterscheidet man Wasser-, Wind-, Hand-, Roß- und Dampfmühlen.

Das Verfahren der Mehlgewinnung aus Getreidekörnern, die Müllerei, zerfällt in die Reinigung und Vorbereitung der Getreidekörner, in die Vermahlung derselben und in die Sortierung der Mahlprodukte. Am Getreidekorn unterscheidet man nämlich den innern Mehlkörper, die Haut oder Schale, welche den Mehlkörper umgibt, den in letzterm eingebetteten fetthaltigen Keim und das Bärtchen. Die Schale besteht aus der Frucht- und Samenhaut, welche in der tief in das Korn eindringenden Furche eine Einstülpung bildet, keine nahrhaften Bestandteile enthält und unverdaulich ist wie Stroh. Unter derselben liegt zunächst eine Schicht dickwandiger Zellen, welche reich an Kleber ist, während das von der Kleberschicht eingehüllte Mehlkorn aus mit Stärkemehl gefüllten Zellen besteht, die um so zartwandiger und ärmer an Kleber sind, je weiter sie nach innen liegen. Dieser Struktur des Getreidekorns entsprechend, kann es nicht Aufgabe des Mahlprozesses sein, das ganze Korn gleichmäßig in feines Mehl zu verwandeln; vielmehr ist eine Trennung der Schale vom Korn vorzunehmen und, wenn das Mehl sehr weiß ausfallen soll, auch die Kleberschicht zu entfernen, weil diese innig mit der dunkeln Samenhaut verbunden ist.

Die Reinigungs- und Vorbereitungsarbeiten

bezwecken die Beseitigung aller fremden Körper (Steine, Sand, Stroh, Gesäme etc.) und die Trennung des Mehlkörpers von der Schale (Schälen), dem Bärtchen sowie dem Keim (Spitzen) und dem Staube (Putzen). Man bezeichnet sie mit dem Ausdruck Koppen (Kopperei). Das Reinigen erfolgt auf den sogen. Schrollensieben mit weiten Maschen zum Durchlassen der Körner und Zurückhalten der gröbern Teile und dann auf solchen mit engen Maschen zum Absieben der feinern Teile. Die Siebe selbst bilden entweder ebene, in Rahmen gespannte Flächen, welche eine schnell hin- und hergehende Rüttelung erhalten, oder sie sind cylindrisch oder prismatisch und werden durch Drehbewegung zur Wirkung gebracht. (Häufig im Korn vorkommende Eisenteile entfernt man durch magnetische Eisenausleser.) Zur Entfernung solcher Substanzen, welche durch Siebe nicht abgeschieden werden, benutzt man einen kräftigen Luftstrom, der dem frei fallenden Getreide entgegengetrieben wird und dadurch die einzelnen Substanzen nach dem spezifischen Gewicht abscheidet. Die hierzu verwendete Vorrichtung (Aspirator oder Tarar) besteht in ihrer einfachsten Ausführung (Fig. 1) aus dem Saugventilator C, der einen Luftstrom in der Richtung des Pfeils hervorbringt, welcher dem von einem Rüttelsieb bei a einlaufenden, über die schrägen Bretter m fallenden Getreide entgegentritt. Dadurch werden die leichten Verunreinigungen durch s weggeblasen, während die schwereren sich in d absetzen und die vollen Getreidekörner durch b, die leichten durch o auslaufen. Zum Herausnehmen aus d

[Beilage]

[Ξ]

Mühlen.
Fig. 1. Aspirator oder Tarar.
Fig. 2. Schälmaschine von Walworth u. Harrowby.
Fig. 3. Alte deutsche Mühle.
Fig. 4. Neuer Mahlgang.
Fig. 5. Walzenstuhl, Vertikalschnitt.
Fig. 6. Walzenstuhl mit 4 Walzen.
Fig. 7. Mehlcylinder, Längsschnitt.
Fig. 8. Mehlcylinder, Querschnitt.
Fig. 9. Grießputzmaschine von Haggenmacher.

[849] dient die Klappe e und zur Regulierung des Zugs und des Vorganges das Luftventil v und ein Schieber vor a. Die Tarare erhalten oft mehrere Auslaufkanäle hintereinander und sortieren dann zugleich die Körner nach ihrem spezifischen Gewicht und ihrer Größe. Zur Entfernung des Gesämes (Erbsen, Wicken, Raden etc.) benutzt man dessen kugelige Gestalt, indem man das Getreide über schräge Flächen laufen läßt, wobei die runden Körner über den Rand springen, während die länglichen liegen bleiben, oder indem man das Gesäme in kugeligen Grübchen auffängt, die sich auf der innern Seite eines drehenden Blechcylinders eingedrückt befinden (Trieur). Das Schälen und Putzen erfolgt mittels der sogen. Schälmaschinen, bei welchen die Körner mit großer Gewalt an Reibeisen, Sägen, Schlagleisten u. dgl. vorbeischleudern oder mittels Bürsten vorbeireiben. Die Schälmaschine von Walworth u. Harrowby (Fig. 2) besitzt einen Mantel, der aus innen kannelierten Kegelflächen ab und cylindrischen Siebflächen c gebildet ist. An der Achse der Maschine, welch in einer Minute 450 bis 500 Umdrehungen macht, sitzen Kegelflächen de, die außen kanneliert sind und mit den am Mantel befindlichen Flächen ab zusammenarbeiten. An d und e sind Flügel f‌f′ angegossen, welche bei der raschen Drehung der Achse als Ventilatoren wirken und Staub und Hülsenstückchen großenteils durch das Sieb c treiben. Auch die an der Achse befestigten Kegel d und e sind durch ein cylindrisches Sieb verbunden, so daß die Körner zuerst einen von zwei kannelierten Flächen begrenzten Raum passieren, in welchem sie gegeneinander und gegen diese Flächen stark gerieben werden, dann zwischen die beiden cylindrischen Siebflächen, abermals zwischen zwei kannelierte Flächen gelangen etc. Schließlich wird das Getreide der Wirkung eines kräftigen Saugventilators v ausgesetzt und verläßt sehr gut geputzt die Maschine. Die Oberhaut oder Schale löst sich von den Getreidekörnern leichter und außerdem in größern Fetzen ab, wenn man die Körner netzt, und man macht hiervon Gebrauch, weil man damit das Abscheiden der Schale vollkommener bewirken kann. Da die Wirkung der Schälmaschine sich auch auf das Spitzen erstreckt, so werden besondere Spitzmaschinen oft gar nicht angewendet oder umgekehrt alle Vorbereitungsarbeiten auf das Spitzen beschränkt, das in der Regel in sogen. Spitzgängen vollzogen wird, die den gewöhnlichen Mahlgängen nachgebildet sind (Koppmühle) und aus einem festliegenden Bodenstein sowie einem rotierenden Läufer bestehen, zwischen welchen die Körner abgerieben werden. Bei dem Spitzen unterwirft man das Getreide ebenfalls einem Siebprozeß, entweder indem man dasselbe durch rotierende Cylindersiebe laufen läßt, durch deren Maschen der Abfall (Spitzmehl) hindurchfällt, oder indem man mit der Spitzmaschine einen Aspirator nach Art des Tarars oder nach Art der Schälmaschine verbindet.

Die Zerkleinerung des Korns

erfolgt durch Zerreiben, Zerdrücken oder Zerschlagen. Nach der verbreitetsten Methode zerreibt man das Korn zwischen den Flächen zweier scheibenartiger Steine (Mühlsteine, s. d.), welche gemeinschaftlich einen Mahlgang bilden und bei den alten deutschen M. stets so in Verbindung mit einer Siebvorrichtung stehen, daß das Mahlgut sofort in Mehl und Abfall (Kleie) getrennt wird. Ein solcher Mahlgang älterer Anordnung ist in Fig. 3 dargestellt. Er besteht aus einem festliegenden runden Stein D (Bodenstein) und einem sich drehenden Stein C (Läufer), der durch die vertikale Welle EE (Mühleisen, Mühlspindel) in Rotation versetzt wird und zwar von der Wasserradwelle F aus vermittelst der Triebstockräder G und H. Das Mühleisen geht mitten durch eine Öffnung (Auge) des Bodensteins, abgedichtet mittels einer Büchse, und trägt den Läufer schwebend, indem es mit einem viereckigen Zapfen in die sogen. Haue bb eintritt, welche in das Auge des Läufers eingesetzt und bei bessern Ausführungen so konstruiert ist, daß der Oberstein wie ein Kompaß ausbalanciert hängt, weil derselbe dadurch eine Nachgiebigkeit erhält. Das Getreide wird in den Rumpf A geschüttet, der in einem verstellbaren Rahmen (Rumpfleiter) sitzt. Unter dem Rumpf hängt an vier Schnüren aa der Schuh B, der den Ausfluß des Getreides dadurch herbeiführt, daß er in eine zitternde Bewegung gebracht wird, indem ein abwärts gehender Stift an Vorsprüngen vorbeistreift, die im Läuferauge sitzen. Die Schnüre aa lassen durch eine Höher- und Tieferstellung des Schuhs die Ausflußregulierung zu. Durch das Läuferauge, bez. die Haue fällt das Getreide auf den Bodenstein, wird dann von dem Läufer gefaßt, zwischen C und D zerrieben und, gehörig zermalmt aus den Steinen herausgeschoben, zwischen den Stein und den umgebenden Mantel (Zarge) geworfen, um zum Zweck des Absiebens durch das Mehlloch in das Sieb J (Beutelgeschirr, Beutelwerk) zu gelangen. Dieser Beutel bildet einen Schlauch aus Müllergaze (Beuteltuch), der durch eine schwingende Gabel d heftig gerüttelt wird, das feine Mehl durch die Maschen in den Mehlkasten K und die gröbern Teile in ein flaches Sieb L (Sauberer) wirft, das diese Teile noch in grobes Mehl (Grieß) und Kleie trennt und zu diesem Zweck von der Stange e kräftig geschüttelt wird. Die Bewegung der Gabel d und der Schüttelstange e erfolgt durch drei Zähne (Dreischlag) an der Mühlspindel E. Da die Feinheit des Mahlprodukts insbesondere von der Entfernung der Mühlsteine abhängt, so ist es notwendig, den Läufer einzustellen, was mittels eines Hebels c (Lichtwerk, Steinstellung) geschieht, der das Mühleisen trägt und gelichtet werden kann.

Während bei der alten Mahlmethode das Mahlgut direkt aus dem Mahlgang in die Beutelsiebe fällt und sofort nach feinem und grobem Mehl abgeschieden wird, verfolgt die moderne Müllerei den Zweck, das Mahlprodukt nach der Größe seiner Teile viel sorgfältiger zu sondern, und erreicht dies durch vollständiger wirkende Sortierungsapparate, die von dem Mahlgang getrennt aufgestellt sind. Infolgedessen, und weil neuerdings viel mehr Eisen als Konstruktionsmaterial Anwendung findet, gewinnen die Mahlgänge (Fig. 4) leichtere Zugänglichkeit, Bedienung und bessere Einstellung. Der Läufer A ruht auf der Spindel i, welche nicht nur in der Steinbüchse, sondern auch in dem Halslager q und dem Fußlager Z eine Lagerung erhält, die jedes Schwanken ausschließt. Das Fußlager Z ruht auf der Schraube y, die ihre Mutter in dem Rad x besitzt, so daß eine Drehung dieses Rades eine äußerst genaue Einstellung des Läufers gestattet. Diese Drehung ist sowohl durch das Handrad s als das Handrad s′, also von zwei Stellen aus, zu bewerkstelligen, indem von s′ aus direkt, von s aus durch die Stange tt und die Kegelräder uv die Welle w gedreht wird, an der eine Schnecke sitzt, die in die Verzahnung des Rades x eingreift. Das Getreide fällt aus dem Rumpf a durch den Regulierschieber b, den Lederschlauch c und das Metallrohr e auf einen von der Haue getragenen, also mitrotierenden Teller fg, um, vermöge der Zentrifugalwirkung (Zentrifugalaufschütter) gleichmäßig verteilt, zwischen [850] die Mahlflächen zu gelangen, wobei die höhere oder tiefere Einstellung des Rohrs e vermittelst des Handrades d mit Schraubenmutter eine weitere Regulierung des Zuflusses gestattet. Das Mahlprodukt gelangt aus den Steinen in den Raum zwischen diesen und der Zarge r sowie von hier durch einen Abfallkanal zu einem Elevator, der es den Siebapparaten zuführt. Zur genauen horizontalen und zentrischen Einstellung dienen drei vertikale Schrauben, welche eine gußeiserne Lagerplatte tragen, und drei horizontale Schrauben p, welche durch die Wand dieser tellerförmigen Platte gehen. Die Umdrehung des Läufers erfolgt durch die Riemscheibe C und die Nachstellung der etwa ausgenutzten Büchse durch die bei m sichtbaren Schrauben. Den beschriebenen Mahlgängen mit beweglichen Obersteinen, welche oberläufige genannt werden, stehen die viel seltener angewendeten mit drehenden Bodensteinen, die sogen. unterläufigen, gegenüber; noch weniger benutzt wird die Konstruktion, bei welcher beide Steine sich entgegengesetzt drehen.

Das gewaltsame Zerreiben der Zellen erzeugt zwischen den Mahlflächen um so mehr Wärme, je schneller die letztern sich bewegen; da nun die Wärme sich dem Mahlgut mitteilt und aus diesem Wasser austreibt welches das Mehl leicht verkleistert oder dunstig macht, infolgedessen die Siebmaschen verstopft und den Siebprozeß stört, so ist entweder die Steingeschwindigkeit so zu bemessen, daß sich keine erhebliche Wärme bildet, oder es ist das Mehl zu kühlen, bevor es in die Siebe kommt. Neuerdings wird gewöhnlich der letztere Weg eingeschlagen, weil infolge einer genügenden Kühlung die Drehgeschwindigkeit der Steine und somit die Leistung des Mahlganges bedeutend gesteigert werden kann. Statt der früher vielfach geübten Art der Abkühlung, bei welcher man das Mehl vermittelst eines drehenden Rechens (Hopperboy) auf einer Tenne fortwährend durchrührt, treibt oder saugt man jetzt vermittelst Flügelgebläse kalte Luft zwischen den Steinen durch. In der Regel saugt man nach Abschluß des Läuferauges aus dem Raum zwischen der Zarge und den Steinen die Luft aus, so daß durch das Steinauge kalte Luft eindringt und mit Feuchtigkeit gesättigt abzieht. Zur Verhinderung der Mitnahme von Mehlstaub ist über dem Läufer ein faltenreiches Filter aus Barchent angebracht, welches die Luft durchläßt, aber den Staub zurückhält, der von Zeit zu Zeit durch besondere Abklopfer entfernt wird. Seit Einführung solcher Ventilation ist die Leistung eines Mahlganges auf mehr als das Doppelte gesteigert.

Beim Vermahlen des Getreides stellt man von Anfang an die Steine sehr nahe zusammen und verwandelt das Korn sofort in Mehl, oder man stellt anfangs die Steine weit auseinander, rückt dieselben nach jedem Durchgang enger zusammen und veranlaßt dadurch die Mehlbildung stufen- oder absatzweise mit entsprechenden Zwischenprodukten. Die erste Mahlmethode (Flachmüllerei) liefert ein Mahlprodukt, in dem sich, auch nach dem Absieben der groben Schalenteile, feine Schalenteilchen befinden, welche dem Mehl eine dunkle Farbe geben (Pollmehl). Nach der zweiten Mahlmethode (Hochmüllerei) wird beim ersten Durchgang (Schroten) die äußere Schicht abgerieben, ein geringer Teil in Mehl verwandelt, das übrige aber in zwei Größen abgeschieden, welche den Namen Schrot und Grieß führen und ebenfalls durch Sieben getrennt werden. Durch Wiederholung desselben Prozesses, getrennt mit Schroten und Grießen, bei engerer Steinstellung entstehen immer feinere Schrote, Grieße und Mehle, bis endlich mit dem Fortschreiten der Verfeinerung der Grieße (Kerngrieße) allein die innern Körnerpartien ins Mehl (Auszugsmehl, Kaisermehl) kommen. Dabei treten auch Produkte auf, die gröber als Grieße sind und feiner als Schrot; diese nennt man Auflösungen, während die Produkte zwischen Grieß und Mehl Dunst heißen. Wegen der stufenweise erfolgenden Verfeinerung der Grieße führt die Hochmüllerei auch wohl den Namen Grießmüllerei. Sie liefert verschiedene Mehle und zwar gewöhnlich:

Nr. 00 Kaiserauszugsmehl
0 Auszugsmehl
1 u. 2 Bäckerauszug
3 Mundmehl
4 Semmelmehl
5 weißes Pollmehl
6 schwarzes Pollmehl.

In neuerer Zeit bewirkt man die Zerkleinerung des Getreides häufig durch Quetschen zwischen drehenden Walzen. Bei diesen Walzenmühlen kommen paarweise Walzen aus hartem Material, besonders Porzellan und Harteisenguß, zur Verwendung, die so gestellt und so groß (etwa 200 mm im Durchmesser) sind, daß sie das durch einen Rumpf zugeführte Getreide fassen und zerdrücken, wobei zur Vermeidung von Kuchenbildung die eine Walze eine größere Geschwindigkeit als die zweite erhält (Differenzialgeschwindigkeit im Verhältnis von 19 : 22), weil dadurch neben dem Zerdrücken ein Zerreiben der Masse zu Pulver einhergeht. Die Walzenoberflächen sind je nach ihrer Bestimmung von verschiedener Beschaffenheit, gewöhnlich grob mit dreieckigen Furchen geriffelt zum Schroten (Schrotstuhl), sehr fein geriffelt zum Auflösen (Auflösestuhl) und glatt zum Ausmahlen (Ausmahlstuhl). So verschieden die Konstruktionen der Walzenmühlen (Walzenstuhlungen) auch erscheinen, so haben sie doch stets gemeinschaftlich eine regulierbare Getreidezuführung, eine Einrichtung zur genauen und parallelen Einstellung der Walzen und einen nachgiebigen Andruck durch Gewichte oder Federn, der ohne Beschädigung der Walzen etwa in das Getreide gelangte harte Gegenstände (Steine, Nägel u. dgl.) durchläßt, indem wenigstens eine der Walzen ausweicht. Besondere Unterschiede finden sich in der Zahl (2, 3, 4, 6) und in der Lage der Walzen, die entweder paarweise nebeneinander, oder paarweise übereinander, oder einzeln übereinander in gerader oder Zickzacklinie angeordnet werden. Einen durch Einfachheit ausgezeichneten Walzenstuhl zeigt Fig. 5 im Vertikalschnitt. Das in den Rumpf a geschüttete Getreide wird durch eine drehende Zellenwalze c aus einem durch den Schieber i abgemessenen Schlitz dem Walzenpaar A und B zugeführt, um gemahlen auf der schrägen Fläche F aus der Mühle zu gelangen. Die obere Walze A ist fest, die untere B dahingegen mit jedem Zapfen in einem Hebel h gelagert, der seinen Drehpunkt in n hat und durch die Schraube m eingestellt wird, die mittels einer Scheibe auf eine in dem Federhaus f sitzende Feder und durch diese so auf den Hebel h einwirkt, daß derselbe nachgibt, wenn harte Teile zwischen die Walzen geraten, die außerdem durch Schaber s stets rein gehalten werden. Die Vorteile der Walzenmühlen liegen in einer bis 50 Proz. gesteigerten Ersparnis an Betriebskraft, in leichter Handhabung und großer Dauerhaftigkeit sowie einer Maximalausbeutung und vorzüglicher Beschaffenheit der Mahlprodukte, da letztere nicht warm werden. Erfunden wurden sie bereits 1821 von Helfenberger zu Rorschach in der Schweiz, ausgebildet 1834 von Sulzberger und eingeführt [851] erst seit 1874 von Wegmann, beide in Zürich. Jetzt beginnen sie über die ältern Einrichtungen immer mehr die Oberhand zu gewinnen, weil man sie nicht nur zum Flach- und Hochmahlen gebrauchen, sondern durch Anordnung mehrerer Walzen über- oder nebeneinander noch weiter in der Leistung erhöhen kann. Fig. 6 zeigt einen solchen Walzenstuhl mit vier Walzen, der sowohl zum Schroten als Grießmahlen dient. Das Mahlgut fällt aus dem Rumpf r durch die Zellenwalze v und den Trichter f sowie die Wand f1 zwischen die erste und zweite Walze, dann über das Fallbrett f2 zwischen die zweite und dritte, über f3 zwischen die dritte und vierte Walze und endlich über f4 gegen die Zerteilungswalze, welche etwanige Fladen oder Kuchen zerteilt, in den Mehltrichter. Sämtliche Walzen sind senkrecht gegeneinander verstellbar und zum Reinhalten mit Schabern a ausgestattet.

Seit dem J. 1871, wo Carr die Schleudermühle (Desintegrator) als Zerkleinerungsmaschine anzuwenden anfing, sucht man diese auch in der Mehlfabrikation einzuführen, um die Körner durch Zerschlagen in Mehl zu verwandeln (s. Desintegrator).

Sortieren des Mahlguts.

Die nächste Arbeit, welche mit dem Mahlgut vorgenommen werden muß, besteht entweder nur in einer Trennung des feinen Mehls von dem Grieß und der Kleie, wie bei der Flachmüllerei, oder in einer weitgehenden Sortierung der Mehle und Grieße in Verbindung mit einer solchen Trennung. Man benutzt zu dieser Arbeit Sichtmaschinen und Putzmaschinen. Die Sichtmaschinen wirken durch Siebe aus Müllergaze von steigender Feinheit, seltener aus Drahtgewebe, sind gewöhnlich um 5° geneigte, achteckige Prismen (Fig. 7 und 8) CC, deren Seiten bespannt sind (Cylindersiebe, Mehlcylinder). Das Mahlgut fällt durch das Rohr a am höchsten Ende in den Cylinder und verteilt sich bald über die ganze Siebfläche, teils infolge der Neigung, teils infolge der Drehbewegung des Siebcylinders, der durchschnittlich 25–30 Umdrehungen in der Minute ausführt. Das Mehl geht durch das Sieb in den Raum b und wird vermittelst der Transportschnecke c durch die Trichter d und d direkt in die untergebundenen Säcke geleitet. Die zurückbleibenden Teile gelangen aus dem andern Ende des Siebes durch den Raum e in das Abfallrohr d1. Bespannt man den Cylinder nicht der ganzen Länge nach mit Müllergaze von einer, sondern von drei oder vier verschiedenen Maschengrößen, so erfolgt auch eine dem entsprechende Sortierung des Mehls nach der Feinheit. – Zur Steigerung der Leistung bringt man vielfach in dem Siebcylinder Flügel an, die sich dem letztern entgegengesetzt schnell drehen und durch die Zentrifugalwirkung das Mehl auf der ganzen Siebfläche gleichzeitig durchjagen (Zentrifugalsichtmaschine). Die Putzmaschinen (Schrot-, Grieß-, Dunstputzmaschine) beruhen auf der Erscheinung,

Durchschnitt einer Kunstmühle.

daß die Teilchen des Mahlguts, wenn sie, frei herabfallend, von einem Windstrom getroffen werden, um so mehr aus der Falllinie kommen, je leichter sie sind. Sie wirken also, wie der Tarar, durch einen Luftstrom, der entweder blasend oder saugend über Kammern hinwegstreicht, welche die Grieße je nach ihrer Schwere auffangen. Die in Fig. 9 gezeichnete Grießputzmaschine von Haggenmacher zeigt eine vielgebrauchte Einrichtung. Der nach der Größe der Körner sortierte Grieß gelangt aus der Gosse r durch die Öffnung a in den Sortierraum. Ein Ventilator saugt durch die Räume v Luft aus, welche unten an Regulierschiebern ss vorbei eintritt, in der Pfeilrichtung sich weiter bewegt, den die vier Stockwerke e1 bis e4 herabfallenden Grieß trifft und diesen in Grieß erster und zweiter Sorte sowie in sogen. Überschlag (Produkt zwischen Grieß und Kleie) sortiert, welche getrennt bei d, e und f aus der Maschine treten, während die leichte Kleie von dem Ventilator durch v abgeführt wird. Besondere stellbare Schieber g lassen die Übersprunghöhe der einzelnen Abteilungen passend einstellen, während die Klappen h sich durch die dahinter sich ansammelnden Grieße etc. öffnen.

[852] Die M. der Neuzeit zeichnen sich besonders noch dadurch aus, daß der Transport des Getreides zu den Reinigungsmaschinen, den Schälmaschinen und Spitzgängen, von diesen zu den Mahlgängen, Sortiermaschinen etc. durch mechanische Vorrichtungen, die sogen. Elevatoren oder Eimerwerke, in vertikaler und Transportschrauben in horizontaler Richtung verrichtet wird, so daß nach Ingangsetzung der Mühle mit den entsprechenden Geschwindigkeiten an den einzelnen Maschinen die sämtlichen Arbeiten automatisch vor sich gehen. Die umstehende Durchschnittsskizze einer solchen sogen. Kunstmühle zum Vermahlen von Dinkel zeigt den zum automatischen Betrieb erforderlichen Zusammenhang. Auch zum Einstampfen des Mehls in die Säcke und Fässer benutzt man dann Mehlpackmaschinen.

Häufig kommen in M. Brände ohne direkt wahrnehmbare Veranlassung vor. Eine Erklärung gibt die Untersuchung von Weber, nach welcher in der Luft suspendierter Mehlstaub unter gewissen Umständen durch eine Flamme oder glühende Körper explosionsartig zur Entzündung gebracht werden kann.

Geschichtliches.

Die Erfindung der Mehlbereitung und der M. wird von Plinius nach der attischen und sizilischen Sage der Demeter (Ceres), nach der dorischen dem Leleger Myles in Alesiä (Mahlstadt) zugeschrieben. Nach andern Sagen war ein Telchine, Mylas, der Erfinder, der in Kamiros ein Heiligtum der Mahlgötter errichtete und selbst als Erfinder des Mühlsteins verehrt wurde. Von dem hohen Alter der Erfindung zeugt der Umstand, daß Zeus auch den Beinamen der „Müller“ (myleus) hatte. Alte ägyptische Wandgemälde zeigen Mörser und Siebe und die Bereitung des Mehls mit Hilfe derselben. Die Indianer zu Monterey und die Nubier zerreiben die Getreidekörner zwischen zwei kleinen, mit der Hand geführten Steinen, und auf ähnliche Weise dürfte man zur Anwendung der Mühlsteine geführt worden sein. Im Norden sind die ältesten, der Steinzeit angehörigen Handmühlen größere, trogförmig ausgehöhlte Granitblöcke, sogen. Riesenhacken, in denen die Körner mit einem kleinern kugeligen Stein zerrieben oder zerquetscht wurden. Alsdann finden sich, in Ungarn z. B., auch in der Steinzeit flache Steine, zwischen denen die Körner zerrieben wurden. Solche wurden in der frühern Metallzeit auch im Norden gefunden, in der Mark Brandenburg und Sachsen z. B., mit einem der Form nach an einen Kommißbrotlaib erinnernden Oberstein. Mahlmühlen mit zwei Steinen erwähnen Moses und Homer, doch sind die Steine solcher alter M. sehr klein gewesen; bei Abbeville ausgegrabene hatten nur einen Durchmesser von 30 cm. Derartige M. haben sich im Orient und in China bis heute erhalten.

Mahlmühle aus Pompeji (a Durchschnitt).

In Pompeji hat man anders gestaltete M. ausgegraben (s. Abbildung). Der untere Stein von 1,5 m Durchmesser trägt auf einem emporragenden Kegel, dessen Spitze mit einem eisernen Zapfen gekrönt ist, den obern Stein, welcher einer Sanduhr gleicht, indem er zwei glockenförmige Höhlungen besitzt, welche mit ihren Spitzen in der Mitte des Steins zusammenstoßen. An der offenen Verbindungsstelle der Glockenscheitel ist ein stegartiges Eisen befestigt mit einer Öffnung in der Mitte zur Aufnahme des Zapfens des Untersteins. Das Getreide wurde in die obere Glocke geschüttet und der Oberstein durch Hebel gedreht. Bei Anwendung schwererer Mühlsteine benutzte man zum Betrieb Pferde, Esel oder Rinder. Vitruv beschreibt zuerst durch unterschlächtige Wasserräder betriebene M., die unsern altdeutschen ähnlich gewesen zu sein scheinen. Diese M. haben sich jedenfalls bald über ganz Europa verbreitet. In Holland erbaute man die erste Windmühle 1439. Jahrhundertelang ist dann das Mühlwesen auf der alten Stufe stehen geblieben, bis von Amerika her ein mächtiger Anstoß erfolgte. Dort bestanden bereits im Anfang dieses Jahrhunderts in Pennsylvanien und am Mississippi Hunderte von M., die alles weit übertrafen, was bis dahin die deutsche Müllerei geleistet hatte. In England wurde 1784 die erste mit entschiedenem Erfolg arbeitende Dampfmahlmühle in London errichtet. 1826 kam die erste verbesserte Dampfmühle nach Frankreich, und 1825 arbeiteten bereits in Magdeburg, Eupen und Berlin nach amerikanischem Prinzip gebaute M. mit Dampfbetrieb. Mit dem Ende der 40er Jahre waren die verbesserten amerikanisch-englischen M. vollständig über Deutschland verbreitet. 1834 wandte Sulzberger nach dem versuchsweisen Vorgang andrer eiserne Walzen statt der Mühlsteine an. Vgl. Wiebe, Die Mahlmühlen, eine Darstellung des Baues und Betriebs der gebräuchlichsten M. (Stuttg. 1861); Benoît, Guide du meunier et du constructeur de moulins (Par. 1863); Fairbairn, Treatise on mills and mill-work (4. Aufl., Lond. 1878); Haase, Die praktische Müllerei (5. Aufl., Bresl. 1885); Neumann, Der Mahlmühlenbetrieb (2. Aufl., Weim. 1885); Derselbe, Die Windmühlen (das. 1863); Lohmann-Krüdener, Wassermahlmühlenbau (3. Aufl., das. 1883); Meißner, Die Walzenmüllerei (Jena 1881); Kunis, Die Praxis des Mühlenbetriebs (Lpz. 1884–85, 2 Bde.); Rühlmann, Allgemeine Maschinenlehre, Bd. 2, 1. Hälfte (2. Aufl., Braunschw. 1876); Anton, Illustrierte Encyklopädie für Müller, Mühlen- und Maschinenbauer (2. Aufl., Leipz. 1871); Kick, Mehlfabrikation (2. Aufl., das. 1878); Derselbe, Neueste Fortschritte in der Mehlfabrikation (das. 1883). Zeitschrift: „Die Mühle“ (redigiert von Kunis, Leipz., seit 1864).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 588589
korrigiert
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[588]

Fig. 1. Mahlscheibe.

Mühlen. Unter den zum Schroten von Getreide und zum Zerkleinern einer Menge andrer Substanzen konstruierten Mühlen hat besonders die von dem Grusonwerk in Magdeburg-Buckau gebaute Excelsiormühle große Verbreitung und Anerkennung gefunden. Die arbeitenden Teile derselben bestehen aus zwei ringförmigen Scheiben (Fig. 1) von zähem Hartguß,

Fig. 2. Excelsiormühle.

aus deren Seitenflächen sich in konzentrischen Kreislinien Zähne von dreieckigem Querschnitt und zwar in der Weise erheben, daß je zwei Zahnkreise zwischen sich eine gleichfalls dreieckige Kreisfurche lassen. In den so entstehenden Furchen einer Scheibe können die Zähne der andern Scheibe um den Scheibenmittelpunkt rotieren. Die Zahnlücken bilden ferner in radialer Richtung Gassen, durch welche das im [589] Zentrum eingeführte Mahlgut der Peripherie zugeschleudert und infolgedessen einer stetig zunehmenden Abscherung unterworfen wird. Zum Zweck des leichten Einstreifens und einer Vorzerkleinerung erstreckt sich nur ein Teil der Zahnreihen bis an den innern Rand, nach welchem hin außerdem die Furchen vertieft sind, so daß die innern Zähne bedeutend höher stehen als die äußern. Die Konstruktion dieser Mühle selbst geht aus Fig. 2 hervor. Die eine Mahlscheibe b ist an die innere Fläche des gußeisernen Gehäuses G geschraubt, während die zweite a an einer Scheibe s sitzt, welche sich mit der Welle nm dreht. Das Mahlgut fällt aus dem Rumpf e durch den Regulierschieber f in den Mahlgang und verläßt den letztern durch den Trichter g. Die Regulierung des Scheibenabstandes zur Erzielung verschiedener Feinheitsgrade des Mahlgutes erfolgt durch Verschiebung der Welle nm. Hierzu dient ein schwingender Sattel o, der über ein Kammlager d greift und mittels einer Schraube mit Handrad c bewegt wird, wodurch d und somit nm nach links zu verschieben ist, während eine Spiralfeder h eine Verschiebung nach rechts hervorruft. Die Stellung der Scheiben kann demnach ohne Unterbrechung des Ganges bewirkt werden. Da die Mahlscheiben an beiden Flächen gleich gezahnt sind und in beiden Drehrichtungen gleich arbeiten, so ist die möglichst weitgehende Ausnutzung derselben gegeben. Außerdem ist durch Lösung einer einzigen Schraube am Wellenende n das Auswechseln der Scheiben möglich, also sehr schnell und leicht ausführbar. Die Excelsiormühle wird mit Mahlscheiben von 80–600 mm Durchmesser gebaut, sowohl für Hand- als für Elementarkraft eingerichtet und hat sich nicht nur zum Schroten von Getreide, Hülsenfrüchten, Mais, Reis etc., sondern auch zum Mahlen von Kaffee, Gewürzen, Farbhölzern, Kork, Lohe, Rohmaterialien in chemischen Fabriken etc. bewährt. Ähnliche Scheibenmühlen kommen unter dem Namen Diamantmühle und Fortschrittsmühle vor.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 639641
korrigiert
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[639] Mühlen. In der Mehlfabrikation macht sich immer mehr und mehr das Bestreben geltend, möglichst reine und feine Fabrikate zu erzielen und daher zunächst die Getreidereinigungs- und Schälmaschinen zu vervollkommnen. So wurde von Wegmann in Zürich ein neues Schälmaschinensystem eingeführt, dessen Wesen aus Fig. 1 hervorgeht. Zwei Trommeln A und B werden von Achsen getragen, welche in zwei Traversen

Fig. 1. Schäl­maschine.

c gelagert und mit Zahnrädern d und e versehen sind, in welche das Rad a eingreift, so daß die Trommeln entgegengesetzte Bewegungen ausführen. Außerdem rotieren sie gemeinschaftlich mit den Traversen c um die Achse x. Das in A und B befindliche Getreide wird infolge einer raschen Drehung um diese Achse den äußersten Teilen nn der Trommeln zustreben und sich durch die gleichzeitige Drehung der letztern um ihre eignen Achsen an den Trommelwänden und unter sich abreiben, und zwar unter einem Druck, welcher der Zentrifugalwirkung entspricht. Da ferner die innern Flächen der Trommeln teils mit Durchbrechungen, teils mit geriffelten Platten, Drahtgeflecht oder Reibeisenblech und die Trommeln selbst mit Mänteln versehen sind, so erfolgt gleichzeitig ein Schälen und Reinigen des Getreides durch Abreiben und Absieben. Die Cyklone oder der Staubsammler (s. d., Bd. 18) hat Veranlassung zu einer andern Art Schälmaschine gegeben, in welcher das Getreide gegen ringförmige Schirme geschleudert wird, zwischen welchen die Staubteile von Luftströmen gefaßt und durch den Trichter entfernt werden, während das gereinigte Getreide durch ein Seitenrohr austritt.

Ein großes Gewicht wird in den M. auf die Beseitigung großer Staubkammern und Einführung von Staubfängern gelegt, von welchen nunmehr drei Systeme in Betracht kommen, je nachdem der Staub durch Filtrieren, durch Ausschleudern oder Wasserspülung ausgeschieden wird. Bei dem ersten System tritt die mit Staub beladene Luft durch Filtertücher, auf welchen der Staub zurückbleibt. Die Verschiedenheit der Ausführungen liegt besonders in dem Bestreben, sehr große Filterflächen zu gewinnen, und zwar entweder durch eine Schirmanlage mit Falten oder durch Faltengehänge, oder durch Schläuche und Cylinder. Außerdem sind die Einrichtungen zur Reinigung der Filter mittels Klopfer, Bürsten u. dgl. zahlreich. Das zweite System sammelt den Staub dadurch, daß es die Luft in einem Gefäß in kreisende Bewegung bringt und den schwerern Staubteilchen Gelegenheit gibt, an den Wandungen des Gefäßes sich abzusondern. Der Typus dieses Systems ist in der sogen. Cyklone (s. Bd. 18, S. 881) vergegenwärtigt. Eine abweichende Anordnung von Kiefer ist in Fig. 2 skizziert. Die zu reinigende Luft tritt, angesaugt von einem Ventilator, durch das Rohr a in den obern Teil b eines nach unten verjüngten Kastens, welcher durch radial gestellte Rippen in Zellen geteilt ist. Diese Zwischenwände schließen sich an den hohlen Blechkegel d an, der unten offen und oben mit dem Abzugsrohr e verbunden ist. Infolge der Querschnittsverminderung

Fig. 2. Staubfänger.

wird die Luft eine stetige Geschwindigkeitszunahme erfahren und demgemäß der mitgerissene Staub mit der in c angenommenen Geschwindigkeit weiterfliegen und in einen untergebundenen Sack fallen, während die Luft durch das Rohr e abzieht. Bei dem dritten System wird der Staub zurückgehalten, indem die Staubluft Wasser passiert, und zwar womöglich in einer kreisenden Bewegung. Zu dem Zwecke hat sich die in Fig. 3 skizzierte Einrichtung von Reinhardt bewährt, bei welcher ein in das Wasser tretendes Rohr a einen schraubenförmigen Einsatz erhält, durch den die Luft wirbelnd in das Wasser gelangt.

Aus dem Bestreben, feine Mehle zu erzeugen, sind zahlreiche Verbesserungen und auch einige neue Gesichtspunkte für die Grießputz- und

Fig. 3. Staubfänger.

Sichtmaschinen hervorgegangen, von denen hier nur die wichtigsten angeführt werden können. Hierzu gehört zunächst die vielfach eingeführte neue Grießputzmaschine von Haggenmacher, deren Wesen Fig. 4 vor Augen führt. Der zu putzende Grieß geht in der Einlaufgosse a über eine Speisewalze und gelangt durch die zum Luftabschluß mit einer Drehklappe versehene Öffnung in den untern Teil der ersten Windleitung 1, wo die erste Windströmung die leichtern Teile hebt und über die Schubrahmen n verteilt.

Fig. 4. Grießputzmaschine.

Dieser und die folgenden Schubrahmen mop bestehen aus einer Anzahl dreieckig prismatischer Stäbe, welche stufenartig übereinander angeordnete schmale Durchlaßöffnungen zwischen sich lassen. Diese leicht auszunehmenden Schubrahmen sind in bestimmten Abständen so festgelegt, daß ihre untersten Durchlaßöffnungen stufenartig untereinander liegen, und daß [640] zwischen den Schubrahmen mehr oder weniger ansteigende Windleitungen 1, 2, 3, 4, 5 entstehen, die sich nach oben erweitern. Die untere Wandung bc der Maschine enthält ähnliche, ebenfalls stufenartig ansteigende Durchgangsöffnungen q, an welche sich die durch Kautschukschläuche damit verbundenen beweglichen Grießausläufe i anschließen. Die Grieße gelangen

Fig. 5. Sichtmaschine.

nun der Reihe nach durch die einzelnen Schubrahmen und somit in die fünf Windleitungen, so daß sie im letzten Fachwerk in allmählich abgestuften Größen und Stärken in den Grießausläufen i gesammelt und abgeführt werden, während nur die leichtesten Teile, die sogen. Flugkleie, dem Windstrom folgen

Fig. 6. Plansiebmaschine.

und in eine Schnecke s fallen, welche sie abführt. Die Windströmung wird durch einen Saugventilator hervorgebracht, der sich seitwärts an den Kanal k des obern geschlossenen Teiles W der Maschine anschließt. Die Beweglichkeit der Gossen i gestattet ein Zusammenleiten gleichwertiger Größen.

Fig. 7. Plansieb.

Ein neues von Winkler eingeführtes Prinzip des Sichtens besteht in der Anwendung von Luftwellen als Beförderungsmittel, die dadurch hervorgebracht werden, daß man eine aus elastischem Stoff bestehende Decke in eine auf- und abgerichtete Bewegung setzt. Dadurch erfolgt über dem Sieb in schneller Abwechselung eine Luftverdünnung und eine Luftverdichtung. Letztere treibt das Material durch das Sieb, die erstere dahingegen bringt die leichtern Teile nach oben und legt sie auf die Oberfläche des Materials, von der sie leicht abgeschieden werden können. Fig. 5 zeigt die Einrichtung einer auf diesem Prinzip beruhenden Sichtmaschine. In einem von Drähten dd getragenen Rahmen aa, der von der Stange b hin und her geschüttelt wird, befinden sich übereinander zwei Siebe s und über dem obern Siebe, genügend nachgiebig ausgespannt, ein elastisches Tuch tt, welches durch zwei nebeneinander sitzende Exzenterstangen e in Schwingungen versetzt wird und dadurch vertikale Luftwellen erzeugt. Das durch die Gosse c auf das obere Sieb gelangende Material verbreitet sich auf diesem Siebe sehr schnell infolge des Rüttelns, während die Luftwellen die oben erklärte Wirkung üben und die leichten, blättchenförmigen Kleienteile auf dem Sichtgut gleichsam schwimmend allmählich in den Auslauf I befördern. In ähnlicher Weise wird das durchgesiebte Gut auf dem untern Siebe von Kleie, Dunst und Überschlag getrennt, indem diese Teile in den Auslauf II gelangen und der gereinigte Dunst in den Raum III fällt. Bei 300 Schüttelungen der Siebe und 100 Spielen des Tuches in der Minute sichtet diese Maschine (pulsierende Sichtmaschine) von 3,5 m Länge und 1,5 m Breite täglich in vorzüglicher Weise etwa 6000 kg.

In einer vollständig umgeänderten Form hat Haggenmacher das ebene Rahmensieb wieder als Plansichter in sehr wirkungsvoller Weise zum Sieben und Sichten eingeführt, indem er die viereckigen Siebe in eine wagerechte Bewegung versetzt, nach welcher jeder Punkt der Siebfläche eine Kreisbahn beschreibt, und indem er die Weiterbeförderung des Sichtgutes sowie das Offenhalten der Siebmaschen durch eine eigentümliche Einwirkung von Leisten hervorruft, die mit dem Siebrahmen fest verbunden sind. Fig. 6 zeigt schematisch die Bewegung. Der Rahmen S ruht mit dem Mittelpunkt m auf einer Drehkurbel u und mit den vier Ecken e auf Stützen s mit Kugelgelenken oder Kurbeln. Wird die Kurbel u von der Riemenscheibe r in Umdrehung versetzt, so bewegen sich die vier Eckpunkte und damit jeder Punkt des Siebes in Kreisbahnen vom Halbmesser der Kurbel, indem die Stützen s Kegelflächen beschreiben. In dem Rahmen hängen 2–4 Siebe übereinander, so daß das Sichtgut von oben nach unten diese Siebe zu passieren hat und nach der Feinheit der Maschen getrennt wird. Um dabei zugleich die notwendige, aber durch die Kreisbewegung nicht mögliche Weiterbeförderung des Sichtgutes nebst einem genügenden Offenhalten der Siebmaschen zu erzielen, sind sogen. Wurf- und Verteilungsleisten angebracht, welche eine völlig neue Einrichtung darstellen. Man versteht hierunter Leisten w und v (Fig. 7), welche so angeordnet sind, daß sie das Sichtgut durch Anstoßen in eine hüpfende Bewegung versetzen und denselben zugleich einen bestimmten Weg anweisen. Der Unterschied zwischen Wurf- und Verteilungsleisten w und v besteht darin, daß die letztern v niedriger als w und mit einer abgerundeten obern Kante versehen sind, über welche das Sichtgut hinwegspringen kann. Die Anordnung der Leisten kann verschieden getroffen werden. Aus dem Beispiel Fig. 7 ist zu erkennen, daß das bei a auf das mit Drahtsieb, z. B. Nr. 14, bezogene Sieb gelangende Sichtgut abwechselnd gegen die Wurfleisten w und Verteilungsleisten v gestoßen und dadurch gezwungen wird, den Weg in den Pfeilrichtungen einzuschlagen und zuletzt auf das Endfeld e zu kommen, welches mit Drahtsieb, z. B. Nr. 4, ausgestattet ist. Durch das Sieb Nr. 14 fallen die Grieße, Dünste und Mehl auf das darunter liegende [641] Sieb, durch das Sieb 4 das Schrot unter Zurücklassung gröberer Teile. In gleicher Weise erfolgt eine weitere Scheidung auf den untern Sieben, so daß eine weitgehende Trennung um so mehr zu erreichen ist, als sich einzelne Siebe abteilungsweise mit Gaze von verschiedener Feinheit beziehen lassen. Selbstverständlich ist für jede Siebgröße ein besonderer Auslauf anzubringen. Eine Verschiedenheit in der Anordnung ist noch insofern vorhanden, als in manchen Fällen unter jedem Siebe noch ein Blindboden mit Wurfleisten vorhanden ist, welche ein Aufhüpfen des Materials unter dem Siebe und dadurch ein kräftigeres Reinhalten der Siebmaschen an der Unterseite bewirken. Nach vielfachen Versuchen sichtet ein Plansichter von 3,5 m Länge und 1,6 m Breite, also von 5,6 qm Rahmenfläche, stündlich 2000–2500 kg Schrot oder 1500 kg Grieß oder 1100 kg Dunst oder 650 kg Mehl.