Mathematische Principien der Naturlehre/Weltsystem
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Bemerkungen und Erläuterungen → |
§. 1. Die Himmelsräume sind flüssig.
Dass die Fixsterne in den höchsten Theilen des Weltraumes unbeweglich verharren[1], und die Planeten tiefer als sie sich um die Sonne drehen; dass auf gleiche Weise die Erde in ihrem jährlichen Umlaufe und ihrer täglichen Umdrehung um die eigene Axe sich bewege; dass ferner die Sonne, wie ein Brennpunkt der Welt, im Mittelpunkte aller ruhe; dies war eine sehr alte Meinung der Philosophen.
So hatten einst Philolaus, Aristarch von Samos, Plato in früherer Zeit, die Schaar der Pythagoräer[NEW 1], und früher als diese Anaximander, so wie endlich jener weise König der Römer Numa Pompilius geurtheilt. Der Letztere errichtete, als ein Symbol des runden Weltgebäudes und des Sonnenfeuers im Centrum, den Tempel der Vesta von runder Form und stiftete den heiligen Gebrauch, dass in dessen Mitte ein beständiges Feuer erhalten werden sollte. Es ist aber wahrscheinlich, dass sich diese Meinung von den Aegyptern, den ältesten Beobachtern der Gestirne, fortgepflanzt habe. Von ihnen und den benachbarten Völkern scheint nämlich alle ältere und vernünftigere Philosophie zu den Griechen, einem mehr philosophischen Volke, übergegangen zu sein. Auch verrathen die heiligen Mysterien der Vesta, welche auf den Verstand des Volkes einwirkten, den Geist der Egypter, welche heilige und hieroglyphische Gebräuche bildlich darzustellen pflegten. Hierauf lehrten Anaxagoras, Demokrit und mehrere Andere, dass die Erde sich unbeweglich im Mittelpunkte des Weltraumes befinde, und alle Gestirne sich gegen Westen, einige schneller, andere langsamer und in freien Räumen bewegen. Die festen Bahnen worden nämlich später von Endoxus, Calippus und Aristoteles eingeführt, indem man von Tage zu Tage mehr von der ursprünglich eingeführten Lehre abwich und die neueren Dichtungen der Griechen allmählig überwiegende Geltung bekamen.
Mit diesen festen Bahnen vertragen sich schlecht die Erscheinungen der Kometen. Diese rechnete man einst unter die Himmelskörper und die Chaldäer, die sehr kundigen Astronomen, hielten sie für irrende Sterne, welche sich einmal während ihrer einzelnen Umläufe, indem sie in die unteren Theile ihrer sehr exentrischen Bahnen herabsteigen, uns sichtbar darstellen. Obige Hypothese der festen Bahnen stiess die Kometen später mit Nothwendigkeit in die, unterhalb des Mondes gelegenen, Gegenden hinab. Da nun umgekehrt, nach den neueren Beobachtungen der Astronomen, die Kometen in die oberhalb des Mondes gelegenen Gegenden zurückversetzt sind; so brachen jene Bahnen zusammen, und wurden aus dem Aether entfernt.
§. 2. Das Princip der Kreisbewegung in freien Räumen.
Es ist nicht bekannt, durch welche Bande, nach den Lehren der Alten, die Planeten in den freien Räumen gehalten und, indem sie beständig vom geradlinigen Wege abgezogen, in eine reguläre Bahn getrieben werden. Ich glaube, dass man zur Erklärung dieses Umstandes die festen Bahnen erdacht hat. Die neueren Gelehrten nehmen entweder Wirbel an, wie Kepler und Cartesius, oder irgend ein anderes Princip des Stosses oder der Anziehung, wie Borelli, Hook und andere unserer Landsleute.
Aus dem ersten Gesetze der Bewegung geht mit Bestimmtheit hervor, dass irgend eine Kraft erforderlich sei; unsere Aufgabe ist es, ihre Grösse und Eigenschaft herzuleiten und auf mathemathische Weise ihre Wirkung in Körpern, welche sich bewegen sollen, zu erforschen. Damit wir ferner ihre Art nicht hypothetisch bestimmen, haben wir sie, da sie nach einem Centrum gerichtet ist, Centripetalkraft genannt und indem man die Benennung vom Mittelpunkt annimmt, haben wir eine solare Centripetalkraft, die nach der Sonne, eine terrestritische, die nach der Erde und eine joviale, die nach dem Jupiter gerichtet ist; und eben so bei den übrigen Planeten.
§. 3. Wirkungen der Centripetalkräfte.
Dass durch die Centripetalkräfte die Planeten in ihren Bahnen erhalten werden können, ersieht man aus den Bewegungen der Projectile. Ein geworfener Stein wird, indem ihn seine Schwere antreibt, vom geradelinigen Wege abgebogen und fällt, indem er in der Luft eine krumme Linie beschreibt, zuletzt auf die Erde. Wird er mit grösserer Geschwindigkeit geworfen, so geht er weiter fort und durch weitere Vergrösserung derselben könnte es geschehen, dass er einen Bogen von 1, 2, 5, 10, 100, 1000 Meilen beschriebe, oder dass er endlich über die Grenzen der Erde hinausginge und nicht mehr zurückfiele. Es bezeichne AFB die Oberfläche der Erde, C ihren Mittelpunkt und VD, VE, VF krumme Linien, welche ein, von der Spitze V eines sehr hohen Berges, längs einer horizontalen Linie und mit nach und nach vergrösserter Geschwindigkeit geworfener, Körper beschreibt.
Damit der Widerstand der Luft, durch welche die Bewegung der Himmelskörper kaum verzögert wird, nicht in Rechnung komme, wollen wir uns dieselbe ganz fortgenommen oder wenigstens ihren Widerstand als nicht vorhanden denken. Auf dieselbe Weise, wie der mit der kleinsten Geschwindigkeit geworfene Körper den kleinsten Bogen VD, mit der grösseren den grösseren Bogen VE beschreibt, mit der noch grösseren Geschwindigkeit bis F und weiter bis G gelangt; wird derselbe endlich, wenn die Geschwindigkeit stets vergrössert wird, über den ganzen Umfang der Erde fortgehen und zu dem Berge, von welchem er geworfen worden ist, zurückkehren. Da nun die Fläche, welche der Körper mit dem nach dem Mittelpunkte gezogenen Radiusvector beschreibt (nach Principien, Buch I., §. 13.), der Zeit proportional ist; so wird die Geschwindigkeit, bei der Rückkehr zum Berge, nicht kleiner, als beim Ausgange sein. Ist aber die Geschwindigkeit unverändert geblieben, so kann er sich öfters nach demselben Gesetze herumbewegen. Denken wir uns nun Körper, welche aus höheren Punkten längs horizontaler Linien fortgeworfen werden, und zwar aus Punkten, welche 5, 10, 100, 1000 oder mehr Meilen und eben so viel Erdhalbmesser hoch liegen; so werden sie nach ihrer verschiedenen Geschwindigkeit und nach der, in den einzelnen Punkten stattfindenden, Kraft der Schwere Erdbogen beschreiben, die entweder con- oder excentrisch sind, und in diesen Bahnen werden die Körper fortfahren, nach der Weise der Planeten die Himmel zu durchwandern.
§. 4. Gewissheit des Beweises.
Wie man aus dem Falle eines geworfenen Steines schliesst, dass er schwer sei, und wie die beständige Abweichung geworfener Körper gegen die Erde nicht minder ein Zeichen der Schwere ist; so ist jede Abweichung vom geraden Wege aller, in freien Räumen sich bewegender Körper und ihre beständige Hinneigung gegen irgend einen Ort ein sehr sicheres Zeichen, dass eine gewisse Kraft existire, durch welche die Körper überall nach jenem Orte hingetrieben werden. Wie aus dem Vorhandensein der Schwere nothwendig folgt, dass alle Körper auf Erden nach unten hin streben und daher entweder geradlinig herabfallen, wenn sie ruhend losgelassen werden, oder von der geradlinigen Bahn stets nach der Erde zu abliegen, wenn sie geradlinig geworfen werden, so folgt aus einer nach irgend einem Mittelpunkte gerichteten Kraft mit derselben Nothwendigkeit, dass alle Körper, auf welche jene Kraft ihre Wirkung ausübt, entweder in gerader Linie nach jenem Mittelpunkt herabsteigen, oder, wenn sie in schiefer Richtung geworfen worden sind, stets von der geradlinigen Bahn nach jenem Mittelpunkte hin abweichen. Auf welche Weise man aus den Bewegungen auf die Kräfte und aus diesen auf jene schliessen könne, dies ist ausführlich in den Büchern von der Bewegung dargestellt worden.
§. 5. Die Centripetalkräfte sind nach den einzelnen Mittelpunkten der Planeten gerichtet.
Dass die Centripetalkräfte nach der Sonne, der Erde und den Planeten gerichtet seien, schliesse ich folgendermaassen. Es wandert der Mond um unsere Erde und beschreibt mit den, nach dem Mittelpunkt der letzteren gezogenen Radien Flächenräume, welche sehr nahe den Zeiten proportional sind. Dies ergiebt sich ganz bestimmt aus der Vergleichung der Geschwindigkeit des Mondes mit seinem scheinbaren Durchmesser. Bei einem kleinen scheinbaren Durchmesser, welcher eine grössere Entfernung andeutet, ist die Bewegung langsamer, bei einem grösseren geschwinder. Mit einer regelmässigen Bewegung wandern die Jupitertrabanten um ihren Planeten, indem sie, so weit man es mit den Sinnen wahrnimmt, concentrische Kreise mit gleichförmiger Bewegung beschreiben. So läuft auch der Begleiter des Saturns mit ziemlich gleichförmiger und gleichmässiger Bewegung, indem man die Excentricität kaum wahrnimmt.
Dass die Venus und der Merkur sich um die Sonne bewegen, ersieht man aus ihren mondförmigen Phasen. Bei voller Beleuchtung liegen sie jenseits der Sonne, bei halber in der Gegend der Sonne, bei sichelförmigem Ansehen diesseits der Sonne, wobei sie bisweilen vor der Sonnenscheibe vorübergehen. Die Venus beschreibt nun eine kreisförmige um die Sonne concentrische Bahn, und sehr nahe mit gleichförmiger Bewegung. Der Merkur hingegen, bei seiner mehr excentrischen Bahn, nähert sich bald der Sonne merklich, entfernt sich bald von ihr. Er hat aber immer eine grössere Geschwindigkeit, wenn er sich näher bei der Sonne befindet, woraus folgt, dass er mit dem nach der Sonne gezogenen Radius der Zeit proportionale Flächen beschreibt. Dass endlich die Erde um die Sonne, oder diese um jene, mit dem sie verbindenden Radius Flächen beschreibe, welche genau den Zeiten proportional sind, wird durch die Vergleichung des scheinbaren Durchmessers der Sonne mit ihrer scheinbaren Bewegung bewiesen. Dies sind astronomische Experimente, aus denen (nach den §§. 13., 14. und 16. des ersten Buches nebst ihren Zusätzen) folgt, dass die Centripetalkräfte gegeben sind, welche entweder genau, oder ohne merklichen Fehler nach den Mittelpunkten der Erde, des Jupiters, des Saturns und der Sonne gerichtet sind. Bei dem Merkur, der Venus, dem Mars und den Trabanten fehlen die Experimente, und es gilt hier der Beweis durch Analogie.
§. 6. Die Centripetalkräfte nehmen im doppelten Verhältniss der Abstände von den Mittelpunkten der Planeten ab.
Aus §. 18., Zusatz 6. des ersten Buches folgt aber, dass diese Kräfte im doppelten Verhältniss der Abstände vom Mittelpunkte eines jeden Planeten abnehmen. Die Umlaufszeiten der Jupitertrabanten stehen zu einander im 3/2ten Verhältniss ihrer Abstände vom Mittelpunkte des Planeten. Bei ihnen war dieses Verhältniss schon lange bekannt. Flamsteed aber zeigte mir zuerst, wie man es so genau erhalten könne, als man mit den Sinnen zu unterscheiden vermag, indem er die Abstände öfters mit dem Mikrometer und mittelst der Verfinsterungen der Trabanten bestimmte. Dieselben hatte, vor der Erfindung des Mikrometers, Galilei bestimmt und zwar gab er sie zu respective
6, | 10, | 16, | 28 | Jupiterhalbmessern | |
an. Nach Simon Marius waren sie | 6, | 10, | 16, | 26 | |
nach Cassini waren sie | 5, | 8, | 13, | 23 | |
nach Borelli genauer waren sie | 5⅔, | 8⅔ | 14, | 24⅔ | |
Nach der Erfindung des Mikrometers bestimmte sie | |||||
Taunley zu | 5,51; | 8,78; | 13,47; | 24,72 | |
Flamsteed aber | 5,31; | 8,85; | 13,98; | 24,23 | |
und genauer mittelst der Verfinsterungen | 5,578; | 8,876; | 14,159; | 24,903 |
Die Umlaufszeiten der Trabanten sind nach Flamsteed’s Beobachtungen: 1d 18h 28m 36s; 3d 13h 17m 54s; 7d 3h 59m 36s; 16d 18h 5m 13s und die hieraus abgeleiteten Abstände verhalten sich wie die Zahlen 5,578; 8,878; 14,168; 24,968.
Diese stimmen ziemlich nahe mit den, aus der Beobachtung geschlossenen Werthen überein. Bei den der Sonne nahe stehenden Planeten, dem Merkur und der Venus, gilt jene Proportion sehr genau, so weit bis jetzt die Astronomen die Durchmesser dieser Bahnen, mittelst der besten Beobachtungen, bestimmt haben.
§. 7. Die oberen Planeten schliessen die Sonne ein, und beschreiben mit den nach ihr gezogenen Radien Flächen, welche den Zeiten proportional sind.
Dass auch der Mars sich um die Sonne bewege, wird durch seine Phasen und das Verhältniss seiner scheinbaren Durchmesser erwiesen. Aus dem vollen Lichte bei der Conjunction der Sonne und dem höckerigen Ansehen in den Quadraturen ergiebt sich mit Gewissheit, dass er die Sonne umgiebt. Da ferner sein Durchmesser etwa 5 mal grösser in der Opposition der Sonne erscheint, als in der Conjunction, und da sein Abstand von der Erde dem scheinbaren Durchmesser umgekehrt proportional ist; so wird jener Abstand in der Opposition etwa 5mal grösser als in der Conjunction sein. Die Entfernung des Mars von der Sonne ist aber in beiden Fällen ungefähr dieselbe, welche man in den Quadraturen aus dem höckerigen Ansehen ableitet. Wie er die Sonne in fast gleichen, die Erde in sehr ungleichen Abständen einschliesst, so beschreibt er auch mit den nach der Sonne gezogenen Radien die Flächenräume ziemlich gleichförmig, an dem nach der Erde gesogenen Radius bewegt er sich bald schnell, bald ist er stillstehend, bald rückgängig. Dass der Jupiter sich oberhalb des Mars befinde und, was Abstand und beschriebene Fläche betrifft, ebenfalls mit ziemlich gleichförmiger Bewegung um die Sonne laufe, schliesse ich folgendermaassen. In einem Briefe, welchen Flamsteed an mich geschrieben hat, bemerkt derselbe, dass alle Verfinsterungen des innersten Trabanten, deren genaue Beobachtung er bis jetzt erfahren hat, mit seiner Theorie innerhalb eines Fehlers von 2 Zeitminuten übereinstimmen. Beim vierten Trabanten sei der Fehler nicht viel grösser, beim dritten kaum 3 mal so gross, hingegen beim zweiten viel grösser; jedoch weiche er weniger von seiner Rechnung ab, als der Mond von den gewöhnlichen Tafeln abzuweichen pflegt. Er berechne aber die Verfinsterungen nur vermittelst der mittleren Bewegungen der Trabanten und der von Römer gefundenen Lichtgleichung. Setzen wir nun, dass die Theorie von der bis jetzt beobachteten Bewegung des vierten Trabanten um weniger als 2m abweiche, so wird sich seine ganze Umlaufszeit von 16d 18h 5m 13s zu 2m verhalten, wie 360° : 1' 48".
Der Fehler der Flamsteed’schen Rechnung, auf die Bahn der Trabanten reducirt, ist also kleiner als 1' 48"; d. h. die jovicentrische Länge des Trabanten wird bis auf einen Fehler, welcher kleiner als 1' 48" ist, bestimmt. Jene Länge ist aber, wenn der Trabant sich in der Mitte des Schattens befindet, der heliocentrischen Länge des Jupiters gleich; demnach stellt die Hypothese, welcher Flamsteed folgt, d. h. die Kepler-Kopernikanische, welche er in Bezug auf die Bewegung des Jupiters corrigirt hat, jene Länge bis auf einen Fehler kleiner, als 1' 48" dar. Durch diese Länge und die immer genau bekannte geocentrische Länge wird der Abstand des Jupiters von der Sonne bestimmt und dieser ist immer derselbe, welcher aus jener Hypothese hervorgeht. Jener grösste Fehler von 1' 48" in der heliocentrischen Länge ist nämlich fast unmerklich und ganz zu vernachlässigen; er kann aber auch aus der unbekannten Excentricität des Trabanten entspringen. Nachdem der Abstand und die Länge richtig bestimmt sind, muss der Jupiter nothwendig mit dem nach der Sonne gezogenen Radiusvector nach dem Gesetze, welches die Hypothese vorschreibt, Flächenräume beschreiben, die der Zeit proportional sind. Auf dasselbe kann man in Bezug auf den Saturn, aus dessen Trabanten, nach Huygens’s und Halley’s Beobachtungen schliessen, obgleich eine längere Reihe von Beobachtungen zur Bestätigung der Sache und einer hinreichend genauen Richtung erforderlich ist.
§. 8. Die Kraft, durch welche die oberen Planeten regiert werden, ist nicht nach der Erde, sondern nach der Sonne gerichtet.
Der Jupiter würde, wenn Jemand ihn von der Sonne aus betrachtete, niemals rückläufig oder stillstehend erscheinen, wie man ihn von der Erde aus sieht, sondern er würde stets mit einer ziemlich gleichförmigen Bewegung vorwärts schreiten. Aus der grössten Ungleichheit der scheinbaren geocentrischen Bewegung schliesst man, nach §. 16, Zusatz 4. des ersten Buches, dass die Kraft, durch welche der Jupiter von der geradlinigen Bewegung abgebracht und in seine Bahn getrieben wird, nicht nach der Erde gerichtet sei. Man muss nun nach §§. 14., 16. und den Zusätzen des letzteren einen anderen Mittelpunkt dieser Kräfte suchen, um welchen die Beschreibung der Flächen durch die verbindenden Radien Vectoren gleichförmig werde. Dass dieser die Sonne sei, ist schon beiläufig für den Mars und Saturn, für den Jupiter aber überflüssig genau erwiesen. Man kann sich ferner vorstellen, dass die Sonne und die Planeten durch irgend eine andere Kraft gleichförmig und längs paraleller Linien angetrieben werden. Durch eine solche Kraft aber wird, nach Gesetze, Zusatz 6., die Lage der Planeten unter sich nicht geändert und keine bemerkbare Wirkung hervorgebracht; wir handeln aber nur von den Ursachen bemerkbarer Wirkungen. Man verwerfe daher jede derartige Kraft als eine precäre und gar nicht auf die Erscheinungen der Himmelskörper einwirkende; die ganze übrige Kraft, durch welche der Jupiter angetrieben wird, ist nach §. 16., Zusatz 1. des ersten Buches, nach dem Mittelpunkte der Sonne gerichtet.
§. 9. Die nach der Sonne gerichtete Kraft nimmt, durch alle Gegenden der Planeten, im doppelten Verhältniss der Abstände von der Sonne ab.
Die Abstände der Planeten von der Sonne ergeben sich übereinstimmend, mögen wir mit Tycho die Erde, oder mit Kopernikus die Sonne in den Mittelpunkt des Systems setzen; und dass diese Abstände die wahren seien, haben wir schon beim Jupiter bewiesen. Auf die Bestimmung derselben haben Kepler und Bullialdus vorzüglich viel Mühe verwendet, weshalb auch ihre Tafeln besser mit den Erscheinungen am Himmel übereinstimmen.
Es verhalten sich aber die Cuben der Abstände bei allen Planeten, beim Jupiter und Mars, dem Saturn und der Erde, wie auch bei der Venus und dem Merkur, wie die Quadrate der Umlaufszeiten, daher nimmt, nach §. 18., Zusatz 6. des ersten Buches, die gegen die Sonne gerichtete Centripetalkraft, durch alle Himmelsgegenden der Planeten, im doppelten Verhältniss der Abstände von der Sonne ab. Bei der Prüfung dieser Proportion muss man immer die mittleren Abstände oder die halben grossen Axen (nach §. 35. des ersten Buches) nehmen und die Kleinigkeiten vernachlässigen, welche bei der Bestimmung der Bahnen aus unmerklichen Beobachtungsfehlern haben entspringen können und welche man den später, anzugebenden Ursachen zuschreiben muss.
So wird man immer genau zu der vorhergehenden Proportion gelangen. Da nämlich die Abstände der Planeten Saturn, Jupiter, Mars, Erde, Venus, Merkur von der Sonne sich, nach astronomischen Beobachtungen und Kepler’s Rechnung verhalten, wie die Zahlen: 951000, 519650, 152350, 100000, 72400, 38806, nach Bullialdus’s Rechnung aber wie 954198, 522520, 152350, 100000, 72398, 38585; so verhaken sich dieselben hingegen, nach dem Schlusse aus den Umlaufszeiten, wie die Zahlen 953806, 520116, 152399, 100000, 72333, 38710.
Die Abstände Kepler’s und Bullialdu’s weichen kaum merklich von einander ab, und wo die Abweichung am grössten ist, schliessen sie die aus den Umlaufszeiten geschlossenen Werthe zwischen sich ein.
§. 10. Die nach der Erde gerichtete Kraft nimmt im doppelten Verhältniss der Abstände von der Erde ab. Dies wird unter der Hypothese, dass die Erde ruhe, bewiesen.
Dass die gegen die Erde gerichtete Kraft ebenfalls im doppelten Verhältniss der Abstände abnehme, schliesse ich folgendermassen. Der mittlere Abstand des Mondes vom Mittelpunkt der Erde beträgt nach
Ptolemäus, Kepler, Bullialdus, Hevel und Riccioli | 59 |
- Flamsteed | 59⅓ |
- Vendelinus | 60 |
- Kopernikus | 60⅓ |
- Kircher | 62½ |
- Tycho | 56½ |
Erdhalbmesser.
Tycho aber und alle diejenigen, welche seine Refractionstafeln benutzen, setzen ganz der Natur des Lichtes zuwider die Refraction der Sonne und des Mondes grösser, als die der Fixsterne und zwar um 4 oder 5 Minuten, und um eben so viel nehmen sie die Parallaxe des Mondes grösser an, nämlich um 1/12 oder 1/15 ihres Werthes. Verbessert man diesen Fehler, so ergiebt sich der Abstand ungefähr = 61 Erdhalbmessern, fast wie die Anderen ihn angeben. Nehmen wir ihn nun im Mittel = 60 Halhmessern und die siederische Umlaufszeit des Mondes = 27d 7h 43m an, wie die Astronomen sie bestimmt haben; so würde nach §. 18., Zusatz 6. des ersten Buches ein Körper, welcher nahe bei der Oberfläche der Erde in unserer Luft herumliefe, bei einer Centripetalkraft, welche sich zu der im Abstande des Mondes stattfindenden umgekehrt wie die Quadrate der Abstände, d. h. wie 3600 : 1 verhielte, seinen Umlauf, nach Aufhebung des Widerstandes der Luft, in 1h 24m 27s ausführen. Setzt man nun den Umfang der Erde, wie die Franzosen ihn neuerdings bestimmt haben, = 123249600 Pariser Fuss; so würde derselbe Körper, wenn seine Kreisbewegung aufgehoben wäre und die Centrifugalkraft wie vorhin wirkte, beim freien Falle 151/12 Pariser Fuss in 1 Sekunde zurücklegen. Man schliesst dies aus einer, nach §. 76. des ersten Buches angestellten, Rechnung und es stimmt mit der Erfahrung überein. Durch Pendel- und andere darauf angestellte Versuche hat nämlich Huygens bewiesen, dass Körper, welche, durch die ganze Centripetalkraft jeder Art an der Oberfläche der Erde angetrieben, herabfallen, in der Zeit von 1 Sekunde 151/12 Pariser Fuss zurücklegen.
§. 11. Beweis unter der Hypothese, dass die Erde sich bewege.
Giebt man die Bewegung der Erde an, so mögen diese und der Mond sich, nach Gesetze, Zusatz 4. und §. 98. des ersten Buches, um ihren gemeinschaftlichen Schwerpunkt bewegen. Der Mond wird sich alsdann (nach §. 101. des ersten Buches) in derselben Zeit von 27d 7h 43m, wenn die gegen die Erde gerichtete Kraft im doppelten Verhältniss des Abstandes vermindert wäre, in einer Bahn herumbewegen, deren Halbmesser sich zum früheren, d. h. zu 60 Erdhalbmessern verhielte, wie die Summe der Erde und des Mondes zur ersten der zwei mittleren Proportionalen dieser Summe und der Erde.[2] Setzen wir also den Mond wegen seines scheinbaren Durchmessers von 31',5 = 1/42 der Erde, so wird jenes Verhältniss = 43 : = 128 : 127.
Daher wird der Halbmesser dieser Bahn, d. h. der Abstand zwischen dem Mittelpunkte der Erde und dem des Mondes = 60½ Erdhalbmessern, fast wie Kopernikus ihn angegeben hat, indem Tycho’s Beobachtungen nicht passen. In dieser Entfernung gilt also jene doppelte Proportion der Abnahme der Kräfte. Den Zuwachs der Bahn, welcher aus der Wirkung der Sonne entspringen muss, habe ich ganz unbedeutend vernachlässigt; zieht man ihn ab, so bleibt der wahre Abstand etwa gleich 604/9 Erdhalbmessern.
§. 12. Die Abnahme im doppelten Verhältniss der Abstände der Erde und Planeten wird auch durch die Excentricität und die sehr langsame Excentricität der Apsiden bewiesen.
Das Verhältniss der Abnahme der Kräfte wird ausserdem durch die Excentricität der Planetenbahnen und die sehr langsame Bewegung der Apsiden bewiesen. Nämlich (nach §. 85. und Zusätzen des erstes Buches) ist es klar, dass bei keinem anderen Verhältniss die um die Sonne sich bewegenden Planeten, in ihren einzelnen Umläufen, einmal zum kleinsten Abstände von der Sonne herab- und einmal zum grössten Abstände hinaufsteigen und die Lage dieser Abstände unverändert bleiben kann. Eine kleine Abweichung vom doppelten Verhältniss würde eine, in einem einzelnen Umlaufe merkliche und in mehreren Umläufen sehr bedeutende Bewegung der Apsiden hervorbringen. Jene Bewegung zeigt sich aber bei den Bahnen der, um die Sonne sich bewegenden, Planeten nach unzähligen Umläufen kaum bemerkbar. Einige Astronomen leugnen diese Bewegung ganz, andere nehmen sie so klein an, dato sie aus den später anzuführenden Ursachen leicht entspringen kann und in der vorliegenden Untersuchung von keiner Bedeutung ist. Aber auch die weit grössere Bewegung des Mond-Aphels, welche bei einem einzelnen Umlauf 3° beträgt, braucht nicht beachtet zu werden. Durch diese Bewegung wird bewiesen, dass die gegen die Erde gerichtete Kraft in einem Verhältnisse abnimmt, welche nicht kleiner als das doppelte und weit kleiner als das dreifache ist. Ginge dieses doppelte Verhältniss allmählig in das dreifache über, so würde die Bewegung des Aphels ins Unendliche zunehmen und so durch eine sehr kleine Veränderung die Bewegung des Apogeums des Mondes übertreffen. Jene sehr langsame Bewegung entspringt aus der Wirkung der anziehenden Kraft der Sonne, wie später gezeigt werden wird. Wenn man diese Ursache aufhöbe, würde das Apogeum des Mondes ruhen und das doppelte Verhältniss eintreten.
§. 13. Von der Grösse der, nach den einzelnen Planeten gerichteten Kraft. Die sehr grosse Kraft der Sonne.
Nachdem dieses Verhältniss festgestellt ist, kann man nun die Kräfte der Planeten unter sich vergleichen. In der mittleren Entfernung des Jupiters von der Sonne ist die grösste Elongation des 4. Trabanten vom Mittelpunkte des Jupiters, nach Flamsteed’s Beobachtungen = 8' 13", und daher verhält sich die Entfernung dieses Trabanten von jenem Mittelpunkte zur mittleren Entfernung des Jupiters von der Sonne, wie 124 : 52012, und zur mittleren Entfernung der Venus von der Sonne, wie 124 : 7234.[3]
Die mittleren Umlaufszeiten der Trabanten und der Venus betragen aber 16d, 18h und 224d, 16h.
Hieraus findet man (nach §. 18., Zusatz 2. des ersten Buches), indem man die Entfernungen durch die Quadrate der Zeiten dividirt, dass die Kraft, durch welche der Trabant gegen den Jupiter getrieben wird, sich zu der Kraft, welche die Venus gegen die Sonne hinzieht, sich verhält, wie 442 : 143.[4]
Vermindert man nun die Kraft, welche den Trabanten antreibt, im doppelten Verhältniss von 124 : 7234, so ergiebt sich, dass die Kraft des Jupiters im Abstände der Venus von der Sonne sich zur Kraft der Sonne, welche die Venus antreibt, wie 0,13 : 143 = 1 : 1100 verhält. Mithin ist in gleichen Abständen die Kraft der Sonne 1100mal so gross, als die des Jupiters.
Durch eine ähnliche Rechnung finde ich aus der Umlaufszeit des (6.) Saturnstrabanten von 15d 22⅔h und seiner grössten Elongation vom Saturn, die im mittleren Abstände des letzteren von uns 3' 20" beträgt, dass der Abstand dieses Trabanten vom Mittelpunkte des Saturns sich zum Abstande der Venus von der Sonne verhält, wie 922/5 : 7234.
Hieraus ferner, dass die absolute Kraft der Sonne 2360 mal so gross, als die absolute Kraft des Saturns ist.
§. 14. Geringe anziehende Kraft der Erde.
Aus der regelmässigen heliocentrischen und unregelmässigen geocentrischen Bewegung der Venus, des Jupiters und der anderen Planeten folgt offenbar (nach §. 16., Zusatz 4. des ersten Baches), dass die gegen die Erde gerichtete Kraft sehr klein sei, im Vergleich mit derjenigen, welche gegen die Sonne gerichtet ist. Die Parallaxe der Sonne haben aus der im Fernrohre beobachteten Halbirung des Mondes Riccioli und Vendelinus, jeder für sich, zu bestimmen versucht und sie nicht grösser ab 30" angesetzt. Kepler fand die Parallaxe des aufgehenden Mars, welche viel grösser ist, sowohl durch Tycho's, als seine eigenen Beobachtungen, unmerklich. Flamsteed untersuchte sie mittelst des Mikrometers und fand sie im Perigeum des Mondes nie grösser als 25"; hieraus schloss er, dass die Parallaxe der Sonne höchstens 10" betrage. Alsdann verhält sich der Abstand des Mondes von der Erde zum Abstand der letzteren von der Sonne nur wie 29 : 10000 und zum Abstand der Venus von der Sonne, wie 29 : 7234.
Hieraus und aus den Umlaufszeiten leitet man, nach der bereits (§. 13.) dargestellten Methode, ab, dass die absolute Kraft der Sonne wenigstens 229400 mal so gross ist, als die absolute Kraft der Erde. Wenn man nur auf die Bestimmungen von Riccioli und Vendelinus, dass die Parallaxe kleiner als 30" sei, fusste, so würde sich doch ergeben, dass die absolute Kraft der Sonne 8500 mal so gross, als die der Erde sei
§. 15. Scheinbare Durchmesser der Planeten.
Durch ähnliche Rechnung bin ich auf das Verhältniss zwischen den Kräften und den Körpern der Planeten gekommen; bevor ich jedoch dieses auseinandersetze, sind die scheinbaren Durchmesser der Planeten in ihren mittleren Abständen von der Erde zu bestimmen. Den Durchmesser des Jupiters hat Flamsteed mit dem Mikrometer zu 40" bis 41", den Durchmesser des Saturnringes zu 50", den der Sonne zu 32' 13" bestimmt. Der Durchmesser des Saturns verhält sich zu dem seines Ringes nach Huygens und Halley wie 4 : 9, nach Galletius wie 4 : 10, nach Hook, welcher sich eines 60füssigen Teleskopes bediente, wie 5 : 12.
Aus dem mittleren Verhältniss 5 : 12 findet man den Durchmesser des Saturnkörpers = 21".
§. 16. Verbesserung der scheinbaren Durchmesser.
Dies sind die scheinbaren Werthe. Alle leuchtenden Punkte aber werden, durch die ungleiche Brechbarkeit des Lichtes, in den Fernröhren ausgedehnt und nehmen im Brennpunkte des Objectivglases einen kreisförmigen Raum ein, dessen Breite etwa 1/50 von der Oeffnung des Glases beträgt. Dies geschieht jedoch so, dass das Licht in der sehr dünnen Umgebung kaum oder nicht einmal kaum empfunden wird, in der Mitte aber, wo es dicht genug zusammengedrängt ist, stark genug auf den Sinn wirkt und einen kleinen leuchtenden Kreis bildet, dessen Breite nach dem Glanze des leuchtenden Punktes verschieden ist und meistens ⅓, ¼ oder 1/5 der ganzen Breite gleichkommt. Es bezeichne ABD den Kreis des ganzen Lichtes, PQ den mit hinreichend sichtbarem Lichte strahlenden kleinen Kreis, C den gemeinschaftlichen Mittelpunkt beider; CA und CB seien zwei auf einander perpendikuläre Halbmesser des grösseren Kreises, ACBE ein auf diesen Halbmessern errichtetes Quadrat, AB die Diagonale desselben; EGH eine Hyperbel, zum Mittelpunkte C und den Asymptoten CA und CB beschrieben; PG sei ein im beliebigen Punkte P der Linie CB errichtetes Perpendikel, welches die Hyperbel in G und die geraden Linien AB und AE in K und F schneidet.
Alsdann wird nach meiner Rechnung die Dichtigkeit des Lichtes in dem beliebigen Punkte P der Linie TG proportional und daher im Mittelpunkte C unendlich gross, in der Nähe der Peripherie hingegen einem Minimum gleich sein. Das ganze, innerhalb des kleinen Kreises PQ enthaltene, Licht verhält sich zu dem ganzen ausserhalb desselben befindlichen, wie CAKP : PKB.
Man denke sich den kleinen Kreis PQ da aufhörend, wo die Dichtigkeit TG des Lichtes zu klein wird, um hinreichend auf den Sinn einzuwirken.
Hieraus erklärt sich, warum Picard ein 3 Fuss breites Feuer in einer Entfernung von 191382 Fuss mittelst eines dreifüssigen Ferrnohres 8 Secunden breit sah, während es nur 3,14 Secunden breit hätte erscheinen sollen.[5] Daher erscheinen die helleren Fixsterne in Fernrohren 5 bis 6 Secunden breit und zwar mit vollem Lichte, wobei sie sich mit schwächerem Lichte noch weiter ausdehnen. Aus diesen Grunde schaffte Hevel, indem er die Oeffnung des Fernrohres verminderte, einen grossen Theil des umgebenden Lichtes fort und bewirkte so, dass die Scheibe des Sternes entschieden kreisrund und kleiner erschien, obgleich sie auch jetzt 5 bis 6 Secunden im Durchmesser hatte. Huygens aber schaffte, indem er die Oculargläser leicht mit Russ überzog, alles falsche Licht dermaassen fort, dass die Sterne wie Punkte frei von jeder merklichen Breite erschienen. Daher bestimmte Huygens wegen der Breite des Hindernisses, welches alles Licht auffing, die Durchmesser der Planeten grösser, als andere sie mit dem Mikrometer bestimmt haben. Das falsche Licht erscheint nämlich, wenn der Planet bedeckt ist, breiter und durch die stärkeren Strahlen nicht mehr verdunkelt. Hierher röhrt es endlich, dass die Planeten auf der Sonnenscheibe so schmal erscheinen, indem sie durch das ausgedehnte Licht verengert werden.
Nach Hevel, Galletius und Halley schien der Merkur nicht aber 12 bis 15 Secunden, nach Crabtrius die Venus nur 1 Minute 2 Secunden und dieselbe nach Horrox 1 Minute 12 Secunden einzunehmen, während die letztere doch, nach den von Hevel und Huygens ausserhalb der Sonnenscheibe angestellten Messungen, wenigstens 1 Minute 24 Secunden im Durchmesser haben sollte. So erschien auch der scheinbare Durchmesser des Mondes, welchen man im Jahre 1684, wenige Tage vor und nach der Sonnenfinsterniss, auf der Pariser Sternwarte zu 31' 30" bestimmt hatte, während der Finsterniss nicht grösser als 30' oder 30' 5". Daher sind die Durchmesser der Planeten ausserhalb der Sonnenscheibe zu verkleinern, innerhalb zu vergrössern und zwar um einige Secunden. Bei den mit dem Mikrometer angestellten Messungen scheinen aber die Fehler kleiner als gewöhnlich auszufallen. Den Halbmesser des Jupiter, wie man ihn aus dem Durchmesser des Schattens bei den Verfinsterungen seiner Trabanten gefunden hat, bestimmte Flamsteed zur grössten Elongation des 4. Trabanten im Verhältniss 1 : 24,903.
Da nun diese Elongation 8' 13" beträgt, so wird hiernach der Durchmesser des Jupiters = 39",5.[6]
Der mit dem Mikrometer zu 40" oder 41" bestimmte Durchmesser wird daher, indem man das falsche Licht verwirft, auf 39",5 reducirt.
Durch eine ähnliche Correction hat man den Durchmesser des Saturns von 21" zu vermindern, und ihn = 20" oder noch etwas kleiner anzusetzen. Der Durchmesser der Sonne muss aber, wenn ich nicht irre, wegen des stärkeren Lichtes etwas mehr verkleinert und = 32' oder 32' 6" gesetzt werden.
§. 17. Warum einige Planeten mehr, andere weniger dicht sind, und ihre Kräfte den in den einzelnen enthaltenen Mengen der Materie proportional sind.
Dass Körper von so verschiedener Grösse der Proportionalität mit ihren Kräften so nahe kommen, ist wenigtens etwas geheimnissvoll. Es ist möglich, dass die entfernteren Planeten wegen der geringen Wärme von jenen metallischen und weniger schweren Substanzen, mit denen die Erde bedeckt ist, frei und dass die Körper der Venus und des Merkurs, durch die grössere Sonnenwärme mehr zusammengekocht und zusammengelaufen sind. Durch den Versuch mit dem Brennspiegel ist es bekannt, dass die Wärme mit der Dichtigkeit des Lichtes zunimmt; dieses wächst aber im doppelten Verhältniss der Annäherung zur Sonne. Hieraus schliesst man, dass die Sonnenwärme auf dem Merkur 7mal so gross sei, als bei uns im Sommer; bei einer so hohen Temperatur kocht aber das Wasser und verdampft allmählig der Vitriol- und Quecksilber-Spiritus, wie ich mittelst des Thermometers erfahren habe. Es kann daher auf dem Merkur nur schwere Flüssigkeiten geben, welche eine grosse Wärme ertragen und aus denen die dichtesten Substanzen entstehen. Wie wenn Gott die einzelnen Körper, welche durch eine angemessene zeitige Wärme erhalten werden müssen, in so verschiedene Abstände von der Sonne gesetzt hat, und so diejenigen immer dichter sind, welche sich ihr näher befinden. Durch diese Einrichtung wird es am besten klar, dass die Gewichte aller Planeten sich zu einander wie ihre Kräfte verhalten.
Ich wünsche aber, die scheinbaren Durchmesser der Planeten genauer zu erklären. Dies geschieht, wenn eine Lampe in grosser Entfernung durch eine kreisförmige Oeffnung leuchtet und man bald die Oeffnung, bald das Lampenlicht verkleinert, bis das Bild im Telescop wie ein Planet erscheint und durch dieselben Messungen bestimmt wird. Alsdann wird die Breite der Oeffnung sich zu ihrem Abstände vom Objecte verhalten, wie der wahre Durchmesser des Planeten zu seinem Abstande von uns. Das Lampenlicht kann hierbei entweder durch vorgehängtes Zeug, oder indem man das Glas mit Russ belegt, geschwächt werden.
§. 18. Eine andere Analogie der Kräfte und der Körper zeigt sich bei den Himmelskörpern.
Der bereits beschriebenen Analogie ist eine andere verwandt, welche zwischen den Kräften und den angezogenen Körpern stattfindet. Da die Wirksamkeit der Centripetalkräfte auf die Planeten im doppelten Verhältniss der Entfernung abnimmt, die Umlaufszeit aber im 3/2ten Verhältniss derselben zunimmt; so wird offenbar in gleichen Abständen gleicher Planeten von der Sonne die Wirksamkeit der Umlaufszeit gleich sein. Ferner wird in gleichen Abständen ungleicher Planeten die gesammte Wirksamkeit den Körpern der Planeten proportional sein. Eine Wirksamkeit, welche nämlich nicht den zu bewegenden Körpern proportional wäre, könnte diese nicht gleichmässig von den Tangenten der Bahnen abzielen und bewirken, dass die Umläufe in gleichen Zeiten und in gleichen Bahnen ausgeführt werden. Ferner könnte die Bewegung der Jupitertrabanten nicht so regelmässig sein, wenn die solare Kraft nicht gleichmässig auf den Jupiter und alle Trabanten, nach Verhältniss ihrer Gewichte wirkte. Dasselbe findet beim Saturn und seinen Trabanten, wie auch bei der Erde und unserem Monde statt, was aus §. 106., Zusatz 2. und 3. des ersten Buches erhellt. In gleichen Abständen ist daher die Wirksamkeit der Centripetalkraft auf alle Planeten gleich, nach Verhältniss der Körper oder der Menge der in ihnen enthaltenen Materie; sie ist es daher auch auf alle gleich grossen Theilchen, aus denen die Planeten zusammengesetzt sind. Wirkte sie nämlich stärker auf Theilchen einer Art, schwächer auf Theilchen einer anderen Art, als nach Verhältniss der Menge der Materie; so wurde auch ihre Wirkung auf die Planeten grösser oder kleiner sein, nicht nur nach Verhältniss der Grösse, sondern auch nach der Art der Materie, welche sich in dem einen reichlicher, in dem andern sparsamer vorfinde.
§. 19. Sie wird auch bei den irdischen Körpern gefunden.
Ich habe das Dasein dieser Analogie bei Körpern verschiedener Art, welche auf unserer Erde existiren, durch sehr genaue Versuche gefunden. Die Wirksamkeit der terrestrischen Kraft, welche den zu bewegenden Körpern proportional ist, wird dieselben in gleichen Zeiten mit gleichen Geschwindigkeiten bewegen (nach 2. Gesetze der Bewegung) und sie wird bewirken, dass alle losgelassenen Körper sowohl durch gebildete Räume in gleichen Zeiten herabfallen, als auch, wenn sie an gleichen Fäden aufgehängt werden, in gleichen Zeiten oscilliren. Bei grösserer Wirksamkeit würden die Zeiten kleiner, bei kleinerer grösser sein. Dass aber alle Körper (wenn man den geringen Widerstand der Luft aufgehoben denkt) in gleichen Zeiten herabfallen, hatten andere schon langst beobachtet und am genauesten kann man die Gleichheit der Zeiten an den Pendeln wahrnehmen. Ich habe den Versuch mit Gold, Silber, Blei, Glas, Sand, gemeinen Salz, Holz, Wasser und Waizen angestellt. Ich verglich zwei gleiche hölzerne Buchsen mit einander; die eine füllte ich mit Holz an, und hängte dasselbe Gewicht Goldes (so genau ich konnte) im Schwingungspunkte des ersteren auf. An gleichen, 11 Fuss langen Fäden hängend, bildeten die Büchsen Pendel, welche in Bezug auf Gewicht, Gestalt und Widerstand der Luft durchaus gleich waren und mit gleichen Schwingungen neben einander aufgehängt, schwangen sie sehr lange zugleich hin und her. Ferner verhielt sich die Menge der Materie im Golde zur Menge der Materie im Holze, wie die Wirksamkeit der bewegenden Kraft auf das ganze Gold, zu ihrer Wirksamkeit auf das ganze Holz, d. h. wie das Gewicht zum Gewicht und eben so bei den übrigen. Bei Körpern von demselben Gewicht würde ein Unterschied der Materie, welcher selbst kleiner als 1/1000 der letzteren wäre, durch diese Versuche haben wahrgenommen werden müssen.[7]
§. 20. Die Uebereinstimmung der Analogie.
Da nun die Wirksamkeit der Centripetalkraft nach den angezogenen Körper, in gleichen Abständen, der Materie in diesem Körper proportional ist; so stimmt es mit der Vernunft überein, dass sie auch der Materie im anziehenden Körper proportional sei. Die Wirksamkeit ist nämlich gegenseitig und macht (nach 3. Gesetz der Bewegung), dass die Körper wechselseitig sich bestreben, einander näher zu kommen, und sie muss daher in beiden Körpern sich selbst gleich sein. Es kann der eine Körper als der anziehende, der andere als der angezogene betrachtet werden; allein diese Unterscheidung ist mehr mathematisch als natürlich. Die Anziehung findet in der That in jedem Körper gegen den andern statt und ist daher in beiden von derselben Art.
§. 21. Ihre Coïncidenz.
Die anziehende Kraft findet demnach in beiden Körpern statt. Die Sonne zieht den Jupiter und die übrigen Planeten, der Jupiter seine Trabanten an, und gleichermassen wirken die letzteren, wie auch der Jupiter und alle Planeten wechselseitig auf einander. Obgleich die wechselseitige Anziehung je zweier Planeten von einander unterschieden und als zwei Wirkungen betrachtet werden können, vermöge deren die eine den andern anzieht; so sind sie doch, insofern sie zwischen beiden thätig sind, nicht zweifach, sondern machen nur eine einfache Operation zwischen zwei Gliedern aus. Durch die Zusammenziehung eines, zwei Körper verbindenden, Seiles können diese zu einander hingezogen werden. Die Ursache der Wirksamkeit ist zweifach, insofern nämlich jeder der beiden Körper hierzu eingerichtet ist; ebenso ist die Wirksamkeit selbst zweifach, insofern sie in beiden Körpern stattfindet; so weit sie aber als zwischen beiden thätig betrachtet wird, ist sie einfach und eine und dieselbe. Es ist nicht Eine Operation, durch welche die Sonne den Jupiter, und eine zweite Operation, durch welche der letztere die erstere anzieht, sondern es findet nur eine einzige Operation, durch welche die Sonne und der Jupiter einander näher zu kommen suchen. Durch die Wirksamkeit, mit welcher die Sonne den Jupiter anzieht, suchen beide (nach dem 3. Gesetz der Bewegung) sich gegenseitig zu nähern und durch die Wirksamkeit, mit welcher der Jupiter die Sonne anzieht, suchen beide ebenfalls einander näher zu kommen. Die Sonne wird aber nicht durch eine doppelte Wirksamkeit gegen den Jupiter, noch dieser gegen jene hingezogen; sondern es findet nur Eine Wirksamkeit zwischen beiden statt, vermöge welcher beide einander näher kommen. Das Eisen zieht den Magneten eben so an, wie es durch ihn angezogen wird; denn alles Eisen in der Nähe eines Magneten zieht auch anderes Eisen an. Die Wirksamkeit zwischen dem Magneten und dem Eisen ist aber einfach und wird auch als solche von den Naturforschern angesehen. Die Operation des Eisens gegen den Magneten ist dieselbe, welche der Magnet zwischen sich und dem Eisen ausführt und durch welche beide einander näher zu kommen suchen. Dies erhellt daraus, dass die ganze Kraft des Eisens beinahe aufhört, so wie der Magnet fortgenommen wird. Auf diese Weise denke man sich, dass die einfache Operation zwischen zwei Planeten aus den vereinigten wirkenden Kräften beider entspringe und es wird sich dies bei beiden auf dieselbe Weise verhalten. Wenn sie daher der Menge der, in dem einen enthaltenen, Materie proportional ist, so wird sie es auch der im anderen enthaltenen Materie sein.
§. 22. Die Kräfte kleiner Körper sind unmerklich.
Es wird jemand vielleicht sagen, nach diesem Gesetze müssten alle Körper sich wechselseitig anziehen, was gegen die Erfahrung bei den irdischen Körpern ist. Ich erwidere hierauf, dass die Erfahrung bei den irdischen Körpern keine ist. Die Anziehungen gleichartiger Kugeln, in der Nähe ihrer Oberflächen, sind (nach §. 114. des ersten Buches) ihren Durchmessern proportional. Daher wird eine Kugel von 1 Fuss im Durchmesser, welche mit der Erde gleichartig ist, an ihrer Oberfläche ein Körperchen etwa 20000000 mal schwächer, als die Erde an ihrer Oberfläche anziehen und eine so geringe Kraft wird keine bemerkbaren Wirkungen hervorbringen. Zwei derartige Kugeln, welche nur um ¼ Zoll von einander abständen, würden im freien Raume erst nach der Zwischenzeit eines Monats, vermöge ihrer gegenseitigen Anziehung, zusammenkommen. Die Annäherung noch kleinerer Kugeln würde, im Verhältniss ihrer Durchmesser, langsamer erfolgen. Aber auch ganze Berge würden nicht hinreichen, bemerkbare Wirkungen hervorzubringen; denn ein Pendel würde am Fusse eines 3 Meilen hohen und 6 Meilen breiten halbkugelförmigen Berges durch die anziehende Kraft des letzteren nicht um 2 Linien vom Perpendikel abweichen.[8] Diese Kräfte kann man nur bei den sehr grossen Körpern der Planeten wahrnehmen, wenn man nicht in Bezug auf kleinere Körper folgendermaassen schliesst.
§. 23. Die gegen alle irdischen Körper gerichteten Kräfte sind der Menge der Materie proportional.
Es bezeichne EFGJ die Erdkugel, welche durch die beliebige Ebene EG in zwei Theile EFG und EJG zerlegt ist. Der erste Theil liegt auf dem zweiten, und drückt gegen diesen mit seinem ganzen Gewichte. Der Theil EJG kann diesen Druck nicht aushalten, noch unbewegt bleiben, wenn nicht ein gleiches entgegengesetztes Streben stattfindet.
Die Theile drücken daher mit ihren Gewichten gleich gegen einander, d. h. sie werden gleich stark zu einander hingezogen, wie das dritte Gesetz es verlangt. Wären sie daher von einander getrennt und losgelassen, so würden sie gegen einander wechselseitig mit Geschwindigkeiten fallen, welche den Körpern umgekehrt proportional wären. Dies kann man alles an einem Magneten versuchen und anschaulich machen. Es bezeichne nun EFG irgend einen kleinen Körper an der Oberfläche der Erde. Die Anziehungen dieses Theilchens und der übrigen Erde EJG werden einander gleich sein, die. Anziehung des erstem gegen die Erde, d. h. sein Gewicht, ist aber seiner Materie proportional, wie Pendelversuche gezeigt haben; daher wird auch die Anziehung der Erde gegen das Theilchen der Materie des letzteren proportional sein. Demnach sind die Anziehungen aller irdischen Körper der Menge der, in jedem enthaltenen Materie proportional.
§. 24. Dieselben Kräfte sind gegen die Himmelskörper gerichtet.
Die Kräfte, welche der Materie in den irdischen Körpern von beliebiger Form proportional sind und sich daher mit der Gestalt der letzteren nicht ändern, müssen auch in allen Körpern, den himmlischen wie den irdischen, vorhanden und in allen der Menge der Materie proportional sein. Diese alle sind nämlich nicht durch die Art der Substanz, sondern nur durch die Gestalt und Modification von einander verschieden. Dies wird bei den Himmelskörpern auf folgende Weise bewiesen. Es ist bekannt, dass die solare Kraft gegen alle Planeten, auf gleiche Abstände reducirt, der in den einzelnen Planeten enthaltenen Materie proportional ist. Dasselbe steht auf gleiche Weise in Betreff der Wirksamkeit des Jupiters gegen seine Trabanten fest, und dieselbe Bewandtniss hat es mit der Anziehung aller Planeten gegen einen einzelnen derselben. Hieraus folgt aber (nach §. 110. des ersten Buches), dass ihre Anziehung der in den einzelnen Körpern enthaltenen Materie proportional ist.
§. 25. Die Kräfte nehmen von der Oberfläche der Planeten auswärts im doppelten, einwärts im einfachen Verhältniss der Entfernungen vom Mittelpunkte ab.
Wie Theile der Erde sich gegenseitig anziehen, so ist dasselbe bei Theilen der Planeten der Fall. Wenn der Jupiter und seine Trabanten sich vereinigten und Eine Kugel bildeten, so würden sie einzeln ohne Zweifel fortfahren, sich wie vorhin wechselseitig anzuziehen. Umgekehrt, wenn der Körper des Jupiters in mehrere Kugeln zerlegt wurde, so ist anzunehmen, dass diese nicht minder sich gegenseitig anziehen würden, als dies von Seiten der Trabanten geschieht. Diese Anziehungen bewirken, dass die Körper der Erde und aller Planeten eine Kugelgestalt annehmen, dass ihre Theile an ihnen haften und nicht in den Aether zerstreut werden. Es steht nun aber fest, dass diese Kräfte aus der allgemeinen Natur der Materie entspringen, und dass daher die Kraft der ganzen Kugel aus den Kräften ihrer Theilchen zusammengesetzt ist. Hieraus folgt aber (nach §. 117., Zusatz 3. des ersten Buches), dass die Kraft jedes Theilchens im doppelten Verhältniss der Entfernung von demselben abnimmt und (nach §§. 115. und 118.), dass die Kraft der ganzen Kugel von ihrer Oberfläche auswärts im doppelten, einwärts im einfachen Verhältniss der Entfernungen vom Mittelpunkte abnehmen muss, wenn nur die Kugel aus gleichförmiger Materie besteht. Wenn aber auch die Kugeln in der Richtung vom Mittelpunkte zur Oberfläche nicht gleichförmig sind, so wird doch (nach §. 119.) die Abnahme auswärts im doppelten Verhältniss der Entfernung noch gelten, wenn nur die Ungleichförmigkeit überall, in der Richtung gegen die Oberfläche, ähnlich ist. Zwei Kugeln dieser Art werden (nach §. 119.) sich gegenseitig mit einer Kraft anziehen, welche im doppelten Verhältniss des Abstandes ihrer Mittelpunkte von einander abnimmt.
§. 26. Die Grösse der Kräfte und der in den einzelnen Fällen aus ihnen entspringenden Bewegungen.
Die absolute Kraft einer Kugel ist daher der Menge der in ihr enthaltenen Materie proportional. Die bewegende Kraft, durch welche jede beliebige Kugel gegen eine andere hingezogen wird und welche man bei Körpern auf der Erde gewöhnlich das Gewicht nennt, verhält sich wie das Produkt der in jeder der beiden Kugeln enthaltenen Materie, dividirt durch das Quadrat des Abstandes zwischen beiden Mittelpunkten (nach §. 119., Zusatz 4.), und dieser Kraft ist die Grösse der Bewegung proportional, mit welcher beide Kugeln in einer gegebenen Zeit einander näher kommen. Die beschleunigende Kraft, durch welche jede Kugel nach Verhältniss ihrer Materie gegen die andere hingezogen wird, verhält sich wie die Menge der Materie in dieser anderen Kugel, dividirt durch das Quadrat des Abstandes beider Mittelpunkte (nach §. 119., Zusatz 2.), und dieser Kraft ist die Geschwindigkeit proportional, mit welcher die angezogene Kugel sich in einer gegebenen Zeit gegen die anziehende Kugel bewegt. Hat man dies gehörig eingesehen, so wird man leicht die Bewegungen der Himmelskörper unter sich bestimmen können.
§. 27. Alle Planeten laufen um die Sonne.
Vergleichen wir die Kräfte der Planeten mit einander, so finden wir, dass die Kraft der Sonne 1000 und noch mehrmal grösser ist, als die Kräfte aller übrigen zusammengenommen. In Folge des Dranges einer so grossen Kraft ist es aber nothwendig, dass alle Körper, innerhalb des Planetensystems und noch weit darüber hinaus, geradlinig zur Sonne herabsteigen, wenn sie sich nicht anderweitig bewegen. Die Erde ist ebenfalls unter diese Körper zu zählen.
Der Mond gehört gewiss zum Geschlecht der Planeten und unterliegt denselben Anziehungen wie diese, da er nur durch die anziehende Kraft der Erde in seiner Bahn gehalten wird. Dass die Erde und der Mond auf gleiche Weise gegen die Sonne gezogen werden, und dass eben so alle Körper den Gesetzen der Anziehung unterworfen sind, haben wir schon oben bewiesen. In welcher Zeit aber ein beliebiger Körper, welcher einer Bewegung um die Sonne beraubt wäre, herabsteigen und bei diesem Falle bis zur Sonne gelangen würde, ergiebt sich (nach §. 76. des ersten Buches) aus einem Abstande von ihr; nämlich in der Hälfte der Umlaufszeit, in welcher er bei einem halb so grossen Abstande um die Sonne laufen wurde oder in einer Zeit, welche sich zum Umlaufszeit des Planeten verhält, wie 1 : 4.
So würde die Venus in Zeit von 40 Tagen, der Jupiter in 2 Jahren und 1 Monat, die Erde und der Mond in 66 Tagen und 19 Stunden zur Sonne gelangen.[9] Da dies nicht geschieht, müssen die Körper sich nothwendig nach einer anderen Richtung bewegen, und nicht jede Bewegung ist hierzu hinreichend; zur Verhinderung des Herabfallens wird vielmehr eine hinreichend grosse Geschwindigkeit erfordert.
Hieraus ergiebt sich auch ein Grund für die langsamer werdenden Planeten. Wenn die Kraft der Sonne nicht im doppelten Verhältniss der Verzögerung abnähme, so würde ihr Ueberschuss bewirken, dass die Körper zu ihr herabstiegen. Wenn z. B. die Bewegung, unter übrigens gleichen Umständen, doppelt so langsam würde, so würde der Planet durch den vierten Theil der früheren solaren Kraft in seiner Bahn festgehalten werden und vermöge des Ueberschusses der anderen ¾ zur Sonne herabsteigen. Ferner werden die Planeten Saturn, Jupiter, Mars, Venus und Merkur nicht wirklich in ihrer Erdnähe verzögert, eben so wenig werden sie wirklich stillstehend oder mit langsamer Bewegung rückgängig. Alles dieses ist nur scheinbar und die absoluten Bewegungen, bei denen die Planeten in ihren Bahnen verharren, sind immer rechtläufig und sehr nahe gleichförmig. Dass solche Bewegungen um die Sonne erfolgen, haben wir bewiesen, und daher ruhet die letztere als Mittelpunkt der absoluten Bewegungen; denn die Ruhe der Erde mass man durchaus bestreiten, damit die Planeten in ihrer Erdnähe nicht wirklich verzögert, stillstehend und langsam rückgängig werden, und so aus Mangel an Bewegung in die Sonne fallen.
Da ferner die Planeten Venus, Mars, Jupiter u. s. w. mit den nach der Sonne gezogenen Radien regelmässige Bahnen und Flächenräume beschreiben, welche letztere, wie gezeigt worden ist, den Zeiten so weit proportinal sind, als man es mit den Sinnen wahrnehmen kann; so folgt (nach §. 16. und §. 106., Zusatz 3. des ersten Buches), dass die Sonne durch keine merkliche Kraft angetrieben wird, ausser durch eine solche, welche auf alle Planeten gleichmässig nach Verhältniss der Grösse ihrer Körper und längs paralleler Linien wirkt, auf welche Weise das ganze System sich geradlinig fortbewegen würde. Diese Bewegung des ganzen Systems ist zu verwerfen, und die Sonne als nahe in seinem Mittelpunkte ruhend anzunehmen[10]. Bewegte sich die Sonne um die Erde, und führte sie die übrigen Planeten mit sich fort, so müsste die Erde die Sonne mit einer grossen, die um diese befindlichen Planeten mit einer wirkungslosen Kraft anziehen (ganz §. 106., Zusatz 3. zuwider). Hierzu kommt, dass, wenn manche die Erde wegen der Schwere ihrer Theile in die unterste Gegend des Weltalls gesetzt haben, nun die Sonne mit grösserem Rechte wegen ihrer Centripetalkraft, die 1000 und mehrmal grösser als die Schwere der Erde ist, an den untersten Ort gesetzt und als Mittelpunkt des Systems aufgestellt werden müsste. Die wahre Einrichtung des Systems wird so vollständiger und genauer eingesehen.
§. 28. Der gemeinschaftliche Mittelpunkt aller Planeten ruhet, und die Sonne bewegt sich sehr langsam. Erklärung der Bewegung der letzteren.
Da die Fixsterne unter sich ruhen, so denken wir uns die Sonne die Erde und die Planeten wie ein System von Körpern, welche sich beliebig unter einander bewegen und deren gemeinschaftlicher Schwerpunkt (nach Gesetze, Zusatz 4.) entweder ruhen oder sich gleichförmig in gerader Linie bewegen wird. Die letzte Hypothese ist schwierig; verwirft man sie, so wird jener gemeinschaftliche Schwerpunkt ruhen. Von demselben entfernt sich die Sonne nie weit. Der gemeinschaftliche Schwerpunkt der Sonne und des Jupiters fällt auf die Oberfläche der ersteren. Wären alle Planeten auf derselben Seite der Sonne, wie der Jupiter angenommen, so würde der gemeinschaftliche Schwerpunkt kaum doppelt so weit, als vorhin, vom Mittelpunkt der Sonne entfernt sein.[11] Diese wird daher, indem sie nach der verschiedenen Stellung der Planeten verschieden angetrieben wird, und mit einer gewissen Schwankung sich selbst langsam bewegt, sich niemals um die Länge ihres Durchmessers vom ruhenden Schwerpunkte des ganzen Systems entfernen. Aus den oben gefundenen Gewichten der Sonne und der Planeten, und ihrer gegenseitigen Lage erhält man ihren gemeinschaftlichen Schwerpunkt, und wenn dieser bekannt ist, auch den Ort der Sonne zu einer gegebenen Zeit.
§. 29. Die Planeten laufen nichts desto weniger in Ellipsen, deren Brennpunkte in der Sonne liegen, und beschreiben mit den nach der letzteren gezogenen Radien Vectoren Flächenräume, welche den Zeiten proportional sind.
Um die auf diese Weise schwankende Sonne bewegen sich die Planeten in elliptischen Bahnen und beschreiben mit den nach jener gesogenen Radien Vectoren Flächenräume, welche sehr nahe den Zeiten proportional sind, wie (§. 106.) gezeigt worden ist. Wenn die Sonne ruhete und die Planeten nicht wechselweise auf einander wirkten, so würden die elliptisch Bahnen und die den Zeiten proportionalen Flächenräume genau stattfinden (nach §. 29. und §. 33., Zusatz 1. des ersten Buches). Die gegenseitigen Einwirkungen der Planeten auf einander sind, im Vergleich mit den Wirkungen der Sonne auf dieselben, unbedeutend und bringen daher keine bemerkbaren Fehler hervor. Diese Fehler sind bei den Umläufen, welche um die auf beschriebene Weise bewegte Sonne erfolgen, kleiner, als wenn die letztere sich in Ruhe befände (nach §. 107. und 109., Zusatz des ersten Buches; besonders wenn man den Brennpunkt einer jeden Bahn in den gemeinschaftlichen Schwerpunkt aller inneren Planeten setzt, d. h. den Brennpunkt der Merkurbahn in den Mittelpunkt der Sonne, den Brennpunkt der Venusbahn in den gemeinschaftlichen Schwerpunkt der Sonne und des Merkurs, den Brennpunkt der Erdbahn in den gemeinschaftlichen Schwerpunkt der Sonne, des Merkurs und der Venus, u. s. w. Auf diese Weise werden die Brennpunkte aller Planetenbahnen, die des Saturns ausgenommen, nicht merklich vom Mittelpunkte der Sonne entfernt sein, und es wird der Brennpunkt dieser letzten Bahn nicht merklich vom gemeinschaftlichen Schwerpunkte des Jupiters und der Sonne abweichen. Ferner wird der Mittelpunkt der letzteren von den Astronomen nicht unpassend, als der gemeinschaftliche Brennpunkt aller Bahnen angenommen. Selbst beim Saturn beträgt der hieraus entspringende Fehler nicht mehr als 1' 45".
Wenn diese Bahn dadurch, dass man ihren Brennpunkt in den gemeinschaftlichen Schwerpunkt des Jupiters und der Sonne setzt, besser mit den Erscheinungen übereinstimmt, so wird man dadurch eine Bestätigung alles bisher Gesagten erhalten.
§. 30. Von den Dimensionen der Bahnen und der Bewegung der Aphelien und Knoten.
Wenn die Sonne ruhete und die Planeten nicht gegenseitig auf einander wirkten, so würden auch ihre Aphelien und Knoten (nach §. 39. und §. 33., Zusatz) ruhen, und die grossen Axen ihrer elliptischen Bahnen (nach §. 35) sich wie die Cubikwurzeln aus den Quadraten der Umlaufszeiten verhalten; also, wenn diese gegeben wären, selbst bekannt sein. Diese Zeiten muss man nicht in Bezug auf die beweglichen Aequinoctialpunkte, sondern auf den ersten Stern im Widder rechnen. Durch die Bewegung der Sonne wird aber jede halbe grosse Axe am etwa ⅓ des Abstandes, zwischen dem Mittelpunkt der Sonne und dem gemeinschaftlichen Schwerpunkt dieser und des betreffenden Planeten (nach §. 101.) vergrössert, und durch die Wirkung der äusseren Planeten auf die inneren werden die Umlaufszeiten der letzteren wenig und kaum merklich vergrössert; endlich werden die Aphelien sehr langsam rechtläufig bewegt (nach §. 107., Zusatz 6. und 7.) So werden auch durch die Einwirkung der Kometen, wenn sich deren jenseits des Saturns befinden, die Umlaufszeiten aller Planeten und am stärksten die der äusseren vergrössert und die Aphelien aller rechtläufig bewegt. Bewegen sich aber die Aphelien vorwärts, so schreiten die Knoten (nach §. 107., Zusatz 11. und 13.) zurück, und diese rückgängige Bewegung würde, wenn etwa die Ebene der Ekliptik ruhete, sich (nach §. 107., Zusatz 16.) zur rechtläufigen Bewegung des Aphels in jeder Bahn sehr nahe verhalten, wie die rückgängige Bewegung der Mondsknoten zur rechtläufigen seines Aphels, d. h. wie 10 : 21.
Die astronomischen Beobachtungen scheinen aber anzudeuten, dass die Aphelien sich sehr langsam rechtläufig, die Knoten aber rückgängig in Bezug auf die Fixsterne bewegen. Hiernach wird es wahrscheinlich, dass sich in den jenseits der Planeten befindlichen Gegenden Kometen befinden.[12] Diese werden ihren Umlauf in sehr excentrischen Bahnen machen, sehr geschwind durch ihre Perihelien gehen und bei ihrer sehr langsamen Bewegung im Aphel fast die ganze Zeit hindurch in den, oberhalb der Planeten befindlichen, Gegenden verweilen; wie wir später ausführlich zeigen werden.
§. 31. Aus den angeführten Principien leitet man alle, bis jetzt von den Astronomen bemerkten, Mondbewegungen ab.
Die auf diese Weise umlaufenden Planeten können andere als Trabanten oder Monde mit sich führen, wie (§. 106.) gezeigt worden ist. Die Sonne bewirkt aber, dass unser Mond sich schneller bewegt, mit den nach der Erde gezogenen Radienvectoren grössere, als der Zeit proportionale Flächen beschreibt, eine weniger gekrümmte Bahn hat und daher näher zur Erde gelangt in den Syzygien, als in den Quadraturent, so weit die Bewegung der Excentricität dies nicht verhindert. Die letztere ist nämlich am grössten, wenn das Apogeum des Mondes sich in den Syzygien, und am kleinsten, wenn es sich in den Quadraturen befindet; daher ist der Mond im Perigeum geschwinder und näher, im Apogeum aber langsamer und entfernter in den Syzygien, als in den Quadraturen. Ausserdem bewegt sich das Apogeum recht-, die Knoten aber rückgängig, jedoch mit ungleicher Geschwindigkeit. Das erstere geht nämlich schneller in den Syzygien vorwärts und langsamer in den Quadraturen rückwärts, und vermöge des Ueberschusses der rechtgängigen Bewegung über die rückgängige geht es jährlich nach der Ordnung der Zeichen fort. Die Knoten aber ruhen in den Syzygien und gehen in den Quadraturen sehr schnell rückwärts. Die grösste Breite des Mondes ist auch grösser in seinen Quadraturen, als in seinen Syzygien, und die mittlere Bewegung langsamer im Perihel der Erde, als in ihrem Aphel. Mehr Ungleichheiten werden bis jetzt in der Bewegung des Mondes von den Astronomen nicht wahrgenommen, diese aber folgen alle aus unseren Principien (§. 107., Zusatz 2. bis 13. des ersten Buches), und zeigen sich als wirklich am Himmel existirend. Dies kann man in jener genialen und, wenn ich nicht irre, genauesten Hypothese von Horrox sehen, welche Flamsteed dem Himmel angepasst hat; die astronomischen Hypothesen müssen jedoch bei der Bewegung der Knoten verbessert werden. Diese lassen die grösste oder Mittelpunktsgleichung in ihren Octanten zu, und diese Ungleichheit ist am meisten zu bemerken, wenn der Mond sich in den Knoten, also in den Octanten befindet. Daher haben Tycho und andere nach ihm diese Ungleichheit in die Octanten des Mondes verlegt, und sie als eine monatliche angesehen. Die von uns angeführten Umstände zeigen aber, dass man sie auf die Octanten der Knoten beziehen und als eine jährliche ansehen müsse.
§. 32. Es folgen daraus ferner mehrere noch nicht beobachtete, ungleichförmige Bewegungen.
Ausser den von den Astronomen wahrgenommenen Ungleichheiten existiren einige andere, durch welche die Mondbewegungen so sehr gestört werden, dass man sie bis jetzt durch kein Gesetz auf eine bestimmte Regel hat zurückführen können. Nämlich die Geschwindigkeiten der stündlichen Bewegungen des Apogeums und der Mondsknoten, und die Gleichungen derselben, wie auch der Unterschied der grössten Excentricität in den Syzygien und der kleinsten in den Quadraturen und die, Variation genannte, Ungleichheit nehmen jährlich (nach §. 107., Zusatz 14.) zu und ab im dreifachen Verhältniss des scheinbaren Durchmessers der Sonne. Die Variation steht ausserdem sehr nahe im doppelten Verhältniss der Zeit zwischen den Quadraturen (nach §. 10., Zusatz 1. und §. 107., Zusatz 16.).
Alle Ungleichheiten sind aber in dem gegen die Sonne hin liegenden Theile der Bahn etwas grösser, als im entgegengesetzten Theile, aber um einen kaum bemerkbaren Unterschied.
§. 38. Der Abstand des Mondes von der Erde zu einer gegebenen Zeit.
Durch eine Rechnung, welche ich der Kürze wegen nicht beschreibe, finde ich ferner, dass die, vom Monde mit dem nach der Erde gezogenen Radius in einzelnen gleichen Zeittheilchen beschriebene, Fläche sehr nahe der Summe aus der Zahl 237,3 und dem Sinus versus des doppelten Winkelabstandes des Mondes von der nächsten Quadratur, für den Radius = 1, proportional ist, und daher das Quadrat des Abstandes des Mondes von der Erde sich verhält, wie jene Summe, dividirt durch die stündliche Bewegung der ersteren.[13]
Dies verhält sich so, wenn die Variation in den Octanten ihren mittleren Werth hat; ist sie grösser oder kleiner, so muss jener Sinus versus in demselben Verhältniss vergrössert oder verkleinert werden. Es mögen die Astronomen untersuchen, wie weit die so gefundenen Abstände mit den scheinbaren Durchmessern des Mondes übereinstimmen worden.
§. 34. Aus den Bewegungen des Mondes werden diejenigen der Jupiter- und Saturnstrabanten abgeleitet
Aus den Bewegungen unseres Mondes kann man die Bewegungen der Monde oder Trabanten des Jupiters und des Saturns ableiten.
Die mittlere Bewegung der Knoten des 4. Jupiterstrabanten steht nämlich zu derjenigen unserer Mondsknoten in einem Verhältniss, welches aus dem doppelten gegenseitigen Verhältniss der Umlaufszeiten der Erde und des Jupiters um die Sonne und dem einfachen gegenseitigen Verhältniss der Umlaufszeit jenes Trabanten um den Jupiter und unseres Mondes um die Erde zusammengesetzt ist (nach §. 107., Zusatz 16.) und der Knoten des Trabanten legt daher in Zeit von 100 Jahren 8° 24' rückläufig zurück.[14]
Die mittleren Bewegungen, der Knoten der inneren Jupiterstrabanten verhalten sich zu der des vierten, wie ihre Umlaufszeiten zu der des letzteren (nach demselben Zusatz); sie sind daher gegeben. Die rechtläufige Bewegung der Planetenferne eines jeden Trabanten verhält sich zur rückgängigen Bewegung seiner Knoten, wie die Bewegung des Apogeums unseres Mondes zu der Bewegung seiner Knoten (nach demselben Zusatz), und ist daher gegeben. Die grössten Gleichungen der Knoten und Planetenferne eines jeden Trabanten verhalten sich zu den grössten Gleichungen der Knoten und des Apogeums unseres Mondes, wie respective die Bewegung der Knoten und Planetenferne der Trabanten, während der Zeit Eines Umlaufes der früheren Gleichungen zur Bewegung der Knoten und des Apogeums unseres Mondes, während der Zeit Eines Umlaufes der letzteren Gleichungen. Die jovicentrische Variation eines Trabanten verhält sich zur geocentrischen des Mondes, wie die ganzen Bewegungen der Knoten, während der Umlaufszeit des Trabanten zu der des Mondes (nach demselben Zusatz) und sie überschreitet daher beim 4. Trabanten nicht 5" 12'".
Wegen der geringen Grösse dieser Ungleichheit und ihrer langsamen Bewegung findet man die Bewegung der Trabanten so regelmässig, dass die neueren Astronomen entweder jede Bewegung der Knoten leugnen, oder sie für eine sehr langsame, rückgängige halten.
§. 35. Die Planeten drehen sich in Bezug auf die Fixsterne mit gleichförmiger Bewegung um ihre Axen, und diese Bewegung stimmt ganz mit der Zeitgleichung überein.
Während die Planeten auf diese Weise um entfernte Mittelpunkte laufen, drehen sie sich zugleich um ihre eigenen Axen und zwar:
die Sonne in 26d, der Jupiter in 9h 56m, der Mars - 24 40, die Venus - 23 |
und in Ebenen, welche nicht sehr gegen die Ebene der Ekliptik geneigt und, wie auch nach der Ordnung der Zeichen. Die Astronomen bestimmen dies mittelst der Flecken, welche wechselnd auf den Himmelskörpern sichtbar werden. Auf ähnliche Weise erfolgt die Umdrehung unserer Erde in 24h.
Es ist bekannt, dass diese Bewegungen durch Einwirkung der Centripetalkräfte weder beschleunigt noch verzögert werden (nach §. 107., Zusatz 22.}. Sie werden daher vor allen übrigen gleichförmig, und zur Messung der Zeit geeignet; aber nicht die durch die Rückkehr zur Sonne, sondern zu irgend einem Fixsterne bestimmten Umdrehungen sind gleichförmig. Durch die ungleichförmig veränderte Lage der Planeten gegen die Sonne werden nämlich die ersteren Umdrehungen selbst ungleichförmig.
§. 36. Der Mond dreht sich auf gleiche Weise mit einer täglichen Bewegung um seine Axe, und hieraus entspringt die Libration.
So dreht sich auch der Mond um seine eigene Axe mit einer, in Bezug auf die Fixsterne höchst regelmässigen Bewegung. Seine Drehung erfolgt in 27d, 7h, 43m, d. h. in einem siderischen Monate, so dass die tägliche Umdrehung der mittleren Bewegung des Mondes in seiner Bahn gleich wird.
Ferner wird immer dieselbe Seite des letzteren dem Centrum, um welches jene mittlere Bewegung geschieht, zugewendet sein, d. h. sehr nahe dem äusseren Brennpunkte der Mondbahn. Hieraus folgt, dass er der Erde nicht stets dieselbe Seite zukehrt, sondern dieselbe bald gegen Osten, bald gegen Westen abwendet, je nach der Lage des Brennpunktes, wohin er gerichtet ist. Diese Abwendung ist der Mittelpunktsgleichung der Mondbahn, oder dem Unterschiede zwischen der mittleren und wahren Bewegung gleich. Dies ist die Libration des Mondes in der Länge. Es findet aber auch eine in der Breite statt, welche aus der Neigung der Axe des Mondes gegen die Ebene, in welcher er seinen Umlauf um die Erde macht, entspringt.
Jene Axe behält nämlich sehr nahe ihre Lage gegen die Fixsterne bei, und daher bekommen wir wechselweise bald den einen, bald den anderen Pol zu sehen. Dasselbe kann man bei der Erde sehen, deren Pole, wegen der Neigung ihrer Axe gegen die Ebene der Ekliptik, wechselweise von der Sonne beschienen werden. Die Lage der Axe gegen die Fixsterne und die Aenderung dieser Lage genau zu bestimmen, ist eine des Astronomen würdige Aufgabe.
§. 37. Von der Präcession der Aequinoctien und der schwankenden Bewegung der Axe der Erde und der Planeten.
Durch die tägliche Umdrehung der Planeten erhält ihre Materie das Bestreben, sich von der Axe dieser Bewegung zu entfernen; daher steigen die flüssigen Theile etwas höher in der Nähe des Aequators, als nahe bei den Polen empor, und würden die festen Theile überschwemmen, wenn diese sich nicht gleichmässig erhöben. Daher sind die Planeten nahe bei ihrem Aequator etwas dicker, als an den Polen, und deshalb weichen ihre Aequinoctialpunkte zurück. Eben so senkt sich ihre Axe zweimal in den einzelnen Umläufen mit einer schwingenden Bewegung, und kehrt zweimal zu ihrer früheren Neigung zurück, wie im §. 107., Zusatz 18. des ersten Buches, auseinandergesetzt worden ist. Der Jupiter zeigt sich auch, wenn man ihn durch sehr lange Fernrohre sieht, nicht ganz kreisrund, sondern sein der Ekliptik paralleler Durchmesser ist etwas grösser, als der von Norden nach Süden gezogene.
§. 38. Das Meer muss zweimal an den einzelnen Tagen Fluth und zweimal Ebbe haben, und die erste trifft auf die dritte Stande nach dem Eintritte des Himmelskörpers in den Meridian des Ortes.
In Folge der täglichen Bewegung der Erde und der Anziehungen der Sonne und des Mondes muss unser Meer in den einzelnen Sonnen- und Mondtagen zweimal anschwellen und zweimal sinken (nach §. 107., Zusatz 19. und 20.), die grösseste Höhe des Wassers der 6. Stunde beider Tage vorangehen und der vorhergehenden 12. Stunde folgen. Durch die Langsamkeit der täglichen Bewegung wird die Fluth auf die 12. Stunde zurückgezogen und vermöge der reciproken Bewegung vorwärts gezogen und auf die 6. Stunde geschoben. Warum sollten wir nicht, bis die Zeit durch die Beobachtungen genauer bestimmt sein wird, und an die Mitte halten und die grösste Fluth auf die 3. Stunde setzen? Auf diese Weise wird das Wasser während der ganzen Zeit, wo die Kraft der Himmelskörper zu seiner Erhebung grösser ist, sinken. Jene Kraft ist nämlich grösser von 9h bis 3h und kleiner von 3h bis 9h. Ich zähle die Stunden sowohl von der obern, als von der untern Culmination beider Gestirne und verstehe unter einer Stunde des Mondtages 1/24 desjenigen Zeitraumes, welchen der Mond gebraucht, um bei der täglichen scheinbaren Bewegung einen Umlauf vom Meridian des Ortes an zu machen.
§. 39. Die grössten Fluthen treten in den Syzygien, die kleinsten in den Quadraturen beider Gestirne und der Erde ein, und zwar in der 3. Stunde nach der Culmination des Mondes. Ausserhalb der Syzygien und der Quadraturen weicht sie etwas von jener 3. Stande nach der 3. Sonnenstunde hin ab.
Beide Bewegungen des Wassers, welche durch diese zwei Himmelskörper hervorgebracht werden, zeigen sich aber nicht gesondert, sondern bringen eine gewisse vermischte Bewegung hervor. In der Conjunction und Opposition beider vereinigen sich ihre Wirkungen und bilden die grösste Ebbe und Fluth. In den Quadraturen hebt die Sonne das Wasser, wenn der Mond es herabdrückt und drückt es herab, wenn dieser es hebt und aus dem Unterschiede dieser Wirkungen entspringt die kleinste Fluth. Da nun, wie die Erfahrung es bestätigt, die Wirkung des Mondes grösser als die der Sonne ist; so fällt die grösste Wasserhöhe auf die dritte Mondstunde. Ausserhalb der Syzygien und Quadraturen trifft die grösste Fluth, welche bei alleiniger Wirksamkeit der Sonne auf die dritte Sonnenstande fallen würde, durch Zusammensetzung beider Kräfte, auf eine zwischenliegende Zeit, welche der dritten Mondstunde näher liegt. Beim Uebergange des Mondes von den Syzygien zu den Quadraturen, wo die dritte Sonnenstunde der dritten Mondstande vorausgeht, wird die grösste Wasserhöhe auch vor der letzten eintreten, und zwar am weitesten bald nach den Octanten des Mondes, und um gleiche Intervalle wird die Fluth, beim Uebergange des Mondes von den Quadraturen zu den Syzygien, der dritten Mondstunde nachfolgen.
§. 40. Die Fluthen sind grösser, wenn die Himmelskörper sich in der Erdnähe befinden.
Die Wirkungen der Himmelskörper hängen von ihren Abständen von der Erde ab. In kleineren Abständen sind die ersteren grösser, in grösseren kleiner, und zwar im dreifachen Verhältniss der scheinbaren Durchmesser. Daher bringt die Sonne im Winter, wo sie sich in der Erdnähe befindet, grössere Wirkungen hervor, in Folge deren die Fluthen in den Syzygien grösser und in den Quadraturen kleiner (unter übrigens gleichen Umständen), als im Sommer sind. Der Mond wird ferner in jedem einzelnen Monate in der Erdnähe grössere Fluthen erregen, als 15 Tage vor- oder nachher, wo er sich in der Erdferne befindet. Hieraus folgt, dass zwei allergrösste Fluthen nicht in zwei zusammenhängenden Syzygien auf einander folgen können.
§. 41. Die Fluthen sind grösser zu den Zeiten der Aequinoctien.
Die Wirkung beider Gestirne hängt auch von ihrer Abweichung, oder ihrem Abstande vom Aequator ab. Befände sich nämlich ein Gestirn am Pole, so würde es die einzelnen Wassertheile beständig anziehen, ohne Zu- oder Abnahme der Wirksamkeit und würde daher keine wechselnde Bewegung hervorbringen. Wenn daher beide Gestirne sich von dem Aequator nach dem Pole zu entfernen, so nimmt allmählig ihre Wirksamkeit ab, und sie erregen daher geringere Fluthen in den Solstitial-, als in den Aequinoctial-Syzygien. Umgekehrt bewirken sie grössere Fluthen in den Solstitial-, als in den Aequinoctial-Quadraturen; weil nämlich nun die Wirkung des im Aequator befindlichen Mondes am stärksten die Wirkung der Sonne übertrifft. Es treffen daher die grössten Fluthen in die Syzygien und die kleinsten in die Quadraturen der Aequinoctien, und die grösste Fluth in den Syzygien ist immer von der kleinsten in den Quadraturen begleitet, wie die Erfahrung es bestätigt. Dadurch, dass der Abstand der Sonne von der Erde im Winter kleiner als im Sommer ist, wird aber bewirkt, dass die grössten und kleinsten Fluthen öfters dem Frühlings-Aequinoctium vorangehen, als nachfolgen und öfters dem Herbst-Aequinoctium nachfolgen als vorangehen.
§. 42. Die Fluthen ausserhalb des Erd-Aequators werden wechselweise grösser und kleiner.
Die Wirkungen beider Gestirne hängen auch von der Breite des Ortes ab. Es bezeichne ApEP die überall mit tiefem Wasser bedeckte Erde, C ihren Mittelpunkt, P und p ihre Pole und AE den Aequator. F sei irgend ein Ort ausserhalb des Aequators, Ff sein Parallelkreis und Dd der auf der andern Seite des Aequators ihm entsprechende. L sei der Ort, welchen der Mond vor 3 Stunden einnahm, H der Ort auf der Erde, welcher perpendikulär unter ihm, so wie h derjenige, welcher ihm gegenüber liegt, K und k zwei um 90° von jenen abstehende Orte auf der Erde. CH und Ch seien die grössten Höhen des Meeres, vom Mittelpunkte der Erde aus gemessen, CK und Ck die kleinsten. Beschreibt man zu den beiden Axen Hh und Kk eine Ellipse, hierauf durch Umdrehung der letzteren um die grosse Axe Hh das Sphäroïd HPK hpk; so wird dieses sehr nahe die Figur des Meeres darstellen und CF, Cf, CD, Cd werden die Höhen des Meeres in den Orten F, f, D und d sein. Beschreibt ferner bei der vorbeigehenden Umdrehung der Ellipse ein beliebiger Punkt N den Kreis NM, welcher die Parallelen Ff und Dd in den beliebigen Orten R und T, wie auch den Aequator AE in S schneidet; so wird CN die Hohe des Meeres in allen, auf diesem Kreise liegenden. Orten R, S, T sein. Hierauf wird bei der täglichen Umdrehung des Ortes F die grösste Fluth in F 3 Stunden nach der oberen Culmination, hierauf die grösste Ebbe in Q 3 Stunden nach dem Untergange, die grösste Fluth in f 3 Stunden nach der untern Culmination und zuletzt die grösste Ebbe in Q 3 Stunden nach dem Aufgange des Mondes stattfinden und zwar wird die letzte Fluth in f kleiner sein, als die frühere in F. Man kann sich nämlich das ganze Meer in zwei grosse und halbkugelförmige Fluthen geschieden denken, die eine auf der Halbkugel KHkC nach Norden geneigt, die andere auf der entgegengesetzten Halbkugel KhkC, und man sie daher respective die nördliche und die südliche Fluth nennen. Diese Fluthen, welche einander stets entgegengesetzt sind, kommen wechselweise in die Meridiane der einzelnen Orte und zwar nach Verlauf einer Zwischenzeit von 12 Mondstunden. Da nun die nördlichen Gegenden mehr an dar nördlichen Fluth, und die südlichen mehr an der südlichen Theil nehmen; so entspringen hieraus die wechselweise grösseren und kleineres Fluthen an den einzelnen, ausserhalb des Aequators gelegenen Orten. Die grössere Fluth wird nämlich, wenn der Mond nach dem Zenith zu vom Aequator abweicht, ungefähr auf die 3. Stunde nach der oberen Culmination des Mondes fallen; wenn die Abweichung des Monden wechselt, geht sie in die kleinere Fluth über. Der grösste Unterschied der Fluthen findet um die Zeiten der Solstitien statt, besonders wenn der aufsteigende Knoten des Mondes sich im Anfangspunkte des Widders befindet. So übertreffen die Morgenfluthen im Winter die des Abends, und die Abendfluthen im Sommer die des Morgens in Plymonth um etwa 1 Fuss und in Bristol um 15 Zoll, wie Colopress und Sturm beobachtet haben.
§. 43. Durch die Beibehaltung der eingeflössten Bewegung wird der Unterschied der Fluthen vermindert und ist die dritte Fluth nach den Syzygien die grösste im Monat.
Die bisher beschriebenen Bewegungen werden etwas geändert durch jene wechselseitige Kraft der Gewässer, vermöge welcher die Meeresfluth auch, wenn die Einwirkung der Himmelskörper aufhört, noch einige Zeit anhalten kann. Diese Beibehaltung der eingeflössten Bewegung verändert den Unterschied der wechselnden Fluthen; sie lässt die nächsten Fluthen nach den Syzygien grösser und die nächsten nach den Quadraturen kleiner werden. Daher sind die wechselnden Fluthen in Plymouth und Bristol nicht viel mehr als 1 Fuss oder 15 Zoll von einander verschieden, ferner sind nicht die ersten, sondern die dritten Fluthen nach den Syzygien in diesen Häfen die grössten.
§. 44. Die Bewegung des Meeres wird durch die Hindernisse des Bettes verzögert.
Es kann auch vorkommen, dass die allergrösste Fluth erst die vierte oder fünfte nach den Syzygien ist, oder noch später ankommt, indem nämlich die Bewegung des Meeres in Folge von Untiefen später an die Küsten gelangt. So kommt die Fluth an die Westküste Irlands um die dritte Morgenstunde und 1 oder 2 Stunden später in die Häfen an der Südküste dieser Insel, ferner nach den Blei- oder Sorlingischen Inseln, dann allmählig nach Falmouth, Plymouth, Portland, der Insel Wight, Winchelsea, Dover, der Mündung der Thames und der Londonbrücke, indem sie 12 Stunden zur Zurücklegung dieses Weges gebraucht. Aber auch durch das nicht hinreichend tiefe Bette des Oceans selbst wird die Fortpflanzung der Fluthen verhindert. Es tritt nämlich die Fluth bei den Glücklichen Inseln und an den westlichen, dem Atlantischen Meere ausgesetzten, Küsten Irlands, Frankreichs, Spaniens und des ganzen Afrika bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung um die dritte Mondstunde ein, ausserdem an einigen untiefen Orten, wo die Fluth verhindert langsamer ankommt und im Meerbusen von Cadiz, wo in Folge der fortgepflanzten Bewegung des Mittelländischen Meeres die Fluth beschleunigt wird. Geht man von diesen Küsten weiter, quer über den Ocean nach den Küsten Amerika’s; so tritt die Fluth zuerst an den östlichen Küsten Brasiliens um die vierte oder fünfte Mondstunde ein, hierauf an der Mündung des Amazonenstromes um die sechste, an den anliegenden Inseln um die siebente und im Hafen St. Augustin in Florida um die 7½te Mondstande. Die Fluth pflanzt sich daher über den Ocean langsamer fort, als nach Verhältniss der Bewegung des Mondes. Diese Verzögerung ist aber sehr nothwendig, damit das Meer zu derselben Zeit zwischen Brasilien und Neu-Frankreich sinke, und bei den Glücklichen Inseln und an den Küsten von Europa und Afrika steige; und umgekehrt. Das Meer kann nämlich nicht an dem einen Orte steigen, ohne an dem andern zu sinken. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass sich auch das Stille Meer nach dem oben beschriebenen Gesetze bewege. Die höchsten Fluthen sollen nämlich an den Küsten von Chili und Peru um die dritte Morgenstunde eintreten, mit welcher Geschwindigkeit sie sich aber von hier nach der Ostküste von Japan und den Philippinen, wie auch nach den übrigen bei China liegenden Inseln fortpflanzen, habe ich bis jetzt nicht gefunden.
§. 45. Aus den Hindernissen des Bettes und der Küsten entspringen verschiedene Erscheinungen, wie diejenige, dass das Meer nur einmal an einzelnen Tagen fluthet.
Es kann sich ferner ereignen, dass die Fluth sich vom Meere aus durch verschiedene Meerengen nach demselben Hafen fortpflanzt, und schneller durch die eine als durch die andere gelangt. In diesem Falle kann dieselbe Fluth, welche sich in zwei oder mehrere, nach einander ankommende zertheilt hat, durch Zusammensetzung neue verschiedenartige Bewegungen bilden. Denken wir uns die Fluth in zwei gleich grosse zertheilt, deren erste der zweiten um 6 Stunden vorangeht und auf die 3. oder 27. Stunde nach der Culmination des Mondes im Hafen eintrifft. Wenn der Mond sich bei dieser Culmination im Aequator befand, so treffen alle 6 Standen gleiche Zuflüsse ein, welche auf die wechselseitigen Abflüsse treffen, diese jenen gleich machen und so bewirken, dass das Wasser an diesem Tage ruhig und stillsteht. Wenn der Mond sich vom Aequator entfernt, so werden die Fluthen im Ocean wechselweise grosser und kleiner, wie wir oben angeführt haben und von da pflanzen sich wechselweise zwei grössere und zwei kleinere Fluthen nach diesem Hafen fort. Die beiden grössten Fluthen bilden in ihrer Mitte die grösste Wasserhöhe, die grössere und kleinere Fluth vereint bewirken, dass das Wasser in der Mitte zwischen beiden die mittlere Höhe erreicht, zwischen den beiden kleinsten Fluthen wird das Wasser zur kleinsten Höhe ansteigen. So gelangt das Wasser innerhalb 24 Stunden nicht wie gewöhnlich zweimal, sondern nur einmal zur grössten und einmal zur kleinsten Höhe. Die grösste Höhe trifft, wenn der Mond nach dem über dem Horizont befindlichen Pole hin abweicht, auf die 6. oder 13.[15] Stunde nach der Culmination des Mondes; ändert der Mond seine Abweichung, so geht die Fluth in Ebbe über. Ein Beispiel von allem diesen haben wir in dem Hafen des Königreiches Tunquin bei Batsham in 20° 50' nördlicher Breite. Hier steht das Wasser an dem Tage, nachdem der Mond sich im Aequator befunden hat, still, hierauf fängt es an, wenn jener nördliche Abweichung annimmt, hin- und herzuströmen, nicht zweimal täglich wie in anderen Häfen, sondern nur einmal; und zwar trifft die grösste Fluth auf den Unter- und die grösste Ebbe auf den Aufgang des Mondes. Mit der Abweichung des Mondes nimmt diese Fluth zu bis zum 7, oder 8. Tage, nimmt hierauf während 7 anderer Tage in demselben Masse ab, hört auf, wenn der Mond seine Abweichung ändert und geht dann in Ebbe über. Diese trifft nun auf den Unter- und die Fluth auf den Aufgang des Mondes, bis dieser aufs neue seine Abweichung ändert. Nach diesem Hafen steht nämlich ein doppelter Zugang vom Ocean offen, der eine geradere und kürzere zwischen der Insel Hainan und der Küste von Quantong einer Provinz China's, der andere auf einem Umwege zwischen derselben Insel und der Küste von Cochin. Durch den kürzeren pflanzt sich die Fluth schneller nach Balsham fort
§. 46. Die Fluthzeiten innerhalb der Strombetten sind kürzer, als im Ocean.
In den Strombetten hängt die Fluth und Ebbe vom Laufe des Stromes ab. Dieser Lauf bewirkt nämlich, dass das Wasser langsamer aus dem Meere zu- und schneller in dasselbe abfliesst, es wird daher länger zurück- als herströmen; besonders wenn es weit in den Strom hinaufsteigt, wo die Gewalt des Meeres geringer ist. So soll im Flusse Avon, am dritten Steine unterhalb Bristol, das Wasser nach Sturm’s Bericht 5 Stunden ein und 7 Stunden ausfliessen; oberhalb Bristol, wie bei Canesham und Bath, ist der Unterschied beider Zeiträume ohne Zweifel grösser. Derselbe hängt auch von der Grösse der Ebbe und Fluth ab. In der Nähe der Syzygien beider Gestirne überwindet die heftige Bewegung des Meeres leichter den Widerstand der Ströme und bewirkt, dass das Wasser schneller und länger einströmt, wodurch dieser Unterschied vermindert wird. Während aber der Mond sich den Syzygien nähert, müssen die Ströme nothwendig, da die grosse Fluth ihrem Laufe hinderlich ist, stärker angefüllt werden und so den Rückfluss des Meeres etwas mehr unmittelbar nach, als vor den Syzygien verhindern. Aus dieser Ursache treffen die langsamsten Fluthen nicht auf die Syzygien selbst, sondern gehen ihnen etwas vor aus. Ich habe gezeigt, dass die Fluth vor den Syzygien auch durch die Kraft der Sonne verzögert werde. Beide Ursachen vereinigen sich und die Verzögerung der Fluthen wird sowohl grösser, als auch den Syzygien weiter vorauseilend. Dass alles dieses sich so verhalte, entnehme ich aus den Fluth-Tabellen, welche Flamsteed nach sehr vielen Beobachtungen construirt hat.
§. 47. Aus einem grösseren und tieferen Meere entspringen grössere Fluthen, und diese sind grösser an den Küsten der Continente, als mitten auf dem Meere bei Inseln, und noch grösser in untiefen Meerbusen, welche sich mit breiter Mündung gegen das Meer öffnen.
Durch die bisher beschriebenen Gesetze werden die Zeiten der Fluthen regiert; die Grösse hängt von der Grösse des Meeres ab. Es bezeichne C den Mittelpunkt der Erde, EADB die ovale Gestalt des Meeres, CA die halbe grosse und CB die halbe kleine, auf die vorige perpendikuläre Axe dieses Ovals (dieser Ellipse). D sei ein zwischen A und B liegen, der Punkt, ECF oder eCf der Winkel am Mittelpunkte der Erde, welchen die Breite des, durch die Küsten E und F oder e und f begrenzten, Meeres unterspannt. Es liege A in der Mitte zwischen E und F, D in der Mitte zwischen e und f. Durch den Unterschied CA — CB drücke man die Grösse der Fluth in dem sehr tiefen Meere, welches die ganze Erde umgiebt, aus; alsdann wird der Unterschied CA — CE oder CA — CF die Grösse der Fluth in der Mitte des Meeres, welches durch die Küsten E und F begrenzt ist, ausdrücken. Eben so wird durch den Unterschied Ce — Cf die Grosse der Fluth an den Kästen desselben Meeres bezeichnet werden. Hieraus folgt, dass die Fluthen mitten im Meere viel kleiner sind, als an den Küsten, und dass die letzten Fluthen sich sehr nahe wie die Breite EF, welche nicht > 90° ist, verhalten. Hiernach sind in der Nähe des Aequators, wo das Meer zwischen Afrika und Amerika eng ist, die Fluthen viel kleiner, ab an beiden Seiten in den gemässigten Zonen, wo das Meer weit offen ist, und an den Amerikanischen und Chinesischen Küsten des Stillen Meeres, so wohl zwischen den Wendekreisen, als ausserhalb derselben.
Ferner folgt noch, dass an den mitten im Meere gelegenen Inseln die Fluth kaum über zwei oder 3 Fuss ansteigt, an den Küsten grosser Continente aber 3, 4 oder mehrmals so gross ist; besonders wenn die aus dem offenen Meere kommenden Bewegungen sich allmählig in einen engen Raum zusammenziehen und das Wasser gezwungen wird, zur wechselnden Anfüllung und Ausleerung von Meerbusen, mit grosser Gewalt über untiefe Stellen ein- und auszufliessen. Dies findet statt bei Plymouth und der Brücke von Chepstow in England, bei Mont St. Michel und Auranches in der Normandie, bei Camboja und Pegu in Ostindien. An diesen Orten, wo das Meer mit grosser Geschwindigkeit ankommt und zurückgeht, überschwemmt es bald die Küste, bald lässt es sie viele Meilen weit trocken. Die Gewalt, mit welcher es kommt und geht, kann nicht früher gebrochen werden, als bis das Wasser 40, 50 oder noch mehr Fuss hoch gehoben und herabgedrückt ist. So haben auch lange, untiefe Meerengen, welche sich gegen das Meer mit einer breiteren Mündung, als das übrige Bett, wie die Britische und Magellan-Strasse an ihrem östlichen Eingange, eine grössere Ebbe und Fluth, sie steigern ihren Lauf oder lassen darin nach und werden aus dieser Ursache stärker gehoben und herabgedrückt. An den Küsten von Süd-Amerika soll das Stille Meer bei der Ebbe nicht selten um zwei Meilen zurückweichen und sich dem Anblick eines am Ufer Stehenden entziehen. Daher sind dort auch die Fluthen höher als gewöhnlich. In tiefern Gewässern ist aber die Geschwindigkeit, womit das Wasser vor- und rückwärts strömt, immer kleiner, und es steigt und sinkt daher auch weniger. An solchen Orten soll der Ocean, so viel man weiss, nicht über 6, 8 od. 10 Fuss ansteigen.[16] Die Grösse des Steigens berechnete ich aber folgendermassen.
§. 48. aus den angeführten Principien berechnet man die Kraft der Sonne, welche die Bewegung des Mondes stört.
Es bezeichne S die Sonne, T die Erde, P den Mond und PADB die Bahn des letzteren. Auf SP nehme man SK = ST und SL : SK = SK² : SP², ferner ziehe man LM PT.
Wild nun die mittlere Kraft der Sonne, welche auf die Erde wirkt, durch den Abstand ST oder SK bezeichnet, so wird SL die auf den Mond wirkende Kraft der Sonne sein. Diese ist aus den Seitenkräften SM und LM zusammengesetzt, von denen LM und der Theil TM von SM die Bewegung des Mondes stört (wie im §. 107. und dessen Zusätzen auseinandergesetzt worden ist). So weit die Erde und der Mond sieh um ihren gemeinschaftlichen Schwerpunkt bewegen, wird die erstere durch ähnliche Kräfte angetrieben; allein die Summe so wohl der Kräfte, als auch der Bewegungen darf man auf den Mond beziehen, und die erstere Summe durch die Linie TM und ML, welche ihnen analog sind, bezeichnen. Die Kraft ML, in ihrer mittleren Grösse, steht zu der Kraft, vermöge welcher der Mond sich in seiner Bahn um die ruhende Erde, im Abstande PT bewegen könnte, im doppelten Verhältniss der Umlaufszeit des Mondes um die Erde zur Umlaufszeit der letzteren um die Sonne (nach §. 107., Zusatz 17.), d. h. im doppelten Verhältniss von 27d 7h 43m : 365d 6h 9m oder im Verhältniss
Die Kraft, vermöge welcher der Mond sich in seiner Bahn um die ruhende Erde, in einem Abstande PT von 60½ Erdhalbmessern bewegen könnte, verhält sich zu derjenigen Kraft, vermöge welcher er in derselben Zeit, in einem Abstande von 60 Halbmessern seine Bahn beschreiben würde, wie
und diese Kraft verhält sich zur Schwerkraft bei uns, wie
Daher verhält sich, nach den einzelnen Verhältnissen 1., 2. und 3. die mittlere Kraft ML zur Schwerkraft an der Oberfläche der Erde, wie
Hiernach ergiebt sich auch die Kraft TM aus dem Verhältniss der Linien TM und ML. Dies sind die Kräfte der Sonne, welche die Bewegung des Mondes stören.
§. 49. Berechnung der Kraft der Sonne, wodurch das Meer bewegt wird.
Steigt man von der Mondbahn zur Oberfläche der Erde herab, so werden diese Kräfte im Verhältniss 60,5 : 1 kleiner, und so die Kraft ML 38604600 mal kleiner, als die Schwerkraft. Diese Kraft, welche von allen Seiten gleichmässig auf die Erde wirkt, wird kaum die Bewegung des Mondes verändern und daher in der Auseinandersetzung jener Bewegung vernachlässigt werden können. Die andere Kraft TM ist an den Orten, in deren Zenith oder Nadir sich die Sonne befindet, 3mal so gross, als LM und daher 12868200 mal kleiner, als die Schwerkraft. (§. 32. des dritten Buches).
§. 50. Berechnung der Fluthhöhe unter dem Aequator, welche aus der Kraft der Sonne entspringen muss.
Es bezeichne ADBE die sphärische Oberfläche der Erde; aDbE das auf ihr befindliche Wasser; C den Mittelpunkt beider; A den Ort, über welchem die Sonne perpendikulär steht, B den entgegengesetzten, D, E zwei um 90° von ihnen abstehende Orte. ACEmlk sei ein cylindrischer rechtwinkeliger Kanal, welcher durch den Mittelpunkt der Erde geht. Die Kraft ML ist in jedem Orte dem Abstande des letzteren von der Ebene DE, worauf die gerade Linie AC perpendikulär steht, proportional; sie ist daher im Theile EClm des Kanals = Null; im anderen Theile AClk verhält sie sich wie die Schwere in den einzelnen Höhen. Die Schwere ist nämlich, wenn man zum Mittelpunkte der Erde herabsteigt, überall der Höhe proportional (§. 115. des ersten Buches). Daher wird die Kraft ML, welche das Wasser aufwärts treibt, die Schwere des letzteren im Schenkel AClk des Kanals im gegebenen Verhältniss vermindern. Demnach wird das Wasser in diesem Schenkel emporsteigen, damit die Abnahme der Schwere durch die grössere Höhe ausgeglichen werde, und nicht eher im Gleichgewicht stehen, als bis die Schwere des ganzen derjenigen des Wassers im anderen Schenkel ClmE gleich ist. Weil die Schwere eines jeden Theilchens dem Abstande des letztern vom Mittelpunkte der Erde proportional ist, wird das Gewicht des ganzen Wassers im Schenkel des Kanals im doppelten Verhältniss der Höhe wachsen,[17] und so die Höhe des Wassers im Schenkel AClk sich zu der im Schenkel ClmE verhalten, wie = 25623053 : 25628052, und die Höhe in ClmE zum Unterschiede der Höhen, wie 25623052 : 1.
Jene Höhe beträgt aber in ClmE 19615800 Pariser Fuss, wie die Franzosen vor Kurzem bestimmt haben; daher findet man durch Analogie den Unterschied der Höhen = 9,2 Pariser Zoll.
Durch die Kraft der Sonne wird demnach die Höhe des Wassers bei A um etwa 9 Zoll grösser, als bei E.[18] Wenn auch das Wasser im Kanal ACEmlk gefröre und erstarrte, so würden doch die Höhen des Wassers, welches die Erde umgiebt, in A, E und allen zwischenliegenden Orten unverändert bleiben.
§. 51. Berechnung der Fluthhöhe, welche aus der Kraft der Sonne unter den Parallelkreisen hervorgeht.
Es bezeichne Aa (Fig. des vorigen Paragraphen) jenen Ueberschuss bei a von 9" und hf den Ueberschuss an irgend einem anderen Orte h, und man fälle auf DC das Perpendikel fG, welches die Kugel in F schneidet. Wegen der sehr grossen Entfernung der Sonne, wodurch die nach derselben gezogenen Linien als parallel angesehen werden können, verhält sich die Kraft TM am beliebigen Orte h oder f zu jener Kraft in A, wie der Sinus FG zum Radius AC; folglich werden diese Kräfte, da sie längs paralleler Linien gegen die Sonne gerichtet sind, parallele Höhen Ff und Aa erzeugen, welche in demselben Verhältniss stehen. Daher ist die Figur DfaEb ein Sphäroid, welches durch Umdrehung der Ellipse um die grosse Axe ab entstanden ist. Ausserdem verhält sich die Höhe fh zur schiefen Höhe Ff, wie fG : fC = FG : AC; und es steht so die Höhe fh zur Höhe Aa im doppelten Verhältniss des Sinus versus vom doppelten Winkel DCf zum doppelten Radius, und ist daher gegeben. Hieraus ergiebt sich auch, bei der scheinbaren Umdrehung der Sonne um die Erde, das Verhältniss des Steigens und des Sinkens des Wassers zu den einzelnen Zeiten und an jedem beliebigen Orte unter dem Aequator. Es ergiebt sich ferner die Abnahme der Meeresfluth, welche sowohl aus der Breite des Ortes, als aus der Declination der Sonne entspringt; das Steigen und Sinken des Meeres nimmt nämlich im doppelten Verhältniss des Cosinus der Breite und des Cosinus der Declination ab. Aber auch ausserhalb des Aequators wird die halbe Summe der Morgen- und Abendfluth, d. h. die mittlere Fluth sehr nahe in jenem Verhältniss vermindert.
§. 52. Das Verhältniss der, aus der Sonne und dem Monde vereint entspringenden, Fluthen unter dem Aequator, in den Syzygien und den Quadraturen.
Es mögen S und L die Kräfte der unter dem Aequator befindlichen Sonne und Mond bezeichnen, welche beide letzteren sich im mittleren Abstande von der Erde befinden. R bezeichne den Radius, T und U die Sinns versusse des doppelten Complementes der Declination von Sonne und Mond, zu einer gegebenen Zeit, D und E die mittleren, und F und G die scheinbaren Durchmesser zu jener gegebenen Zeit. Alsdann sind die Kräfte, durch welche die Fluthen in dem Aequator erregt werden,
in den Syzygien: | L + S, |
in den Quadraturen: | L - S |
Wird dasselbe Verhältniss der Fluthen unter den Parallelen beobachtet, so erhalten wir aus den, auf unserer nördlichen Halbkugel genau angestellten, Beobachtungen das Verhältniss der Kräfte L und S. Endlich wird man auch nach dieser Regel die Fluthhöhe für die einzelnen Syzygien und Quadraturen vorhersagen können.
§. 53. Berechnung der Kraft, womit der Mond auf die Erregung der Fluth wirkt und der daraus entspringenden Wasserhöhe.
Vor der Mündung des Avon, am dritten Steine unterhalb Bristol beträgt nach Samuel Sturm’s Beobachtung im Frühling und Herbst die ganze Steigung des Wassers, in der Conjunction und Opposition beider Gestirne etwa 45 Fuss, in den Quadraturen aber 25 Fuss. Die scheinbaren Durchmesser beider, welche hier nicht bestimmt werden, nehmen wir gleich den mittleren, wie auch die Declination des Mondes im Frühlings-Aequinoctium gleich der mittleren, d. h. = 23½° an. Es wird alsdann der Sinus versus des doppelten Complementes = 1682, wenn der Radius = 1000 gesetzt ist, die Declination der Sonne in den Aequinoctien und die des Mondes in den Syzygien ist = 0 und der Sinus versus das doppelten Complementes = 2000. Es wird daher die vereinigte Kraft in den Syzygien = L + S, in den Quadraturen = L — S, und so L + S : L — S = 45 · 25 = 9 : 5, oder auch 5L + 5S = L — 9S, L = S = 55/11S.[19]
Ferner erinnere ich mich, gehört zu haben, dass im Sommer die Fluthhöhe des Meeres sich zu der in den Quadraturen verhalte, wie ungefähr 5:4, in den Solstitien selbst aber wahrscheinlich das Verhältniss etwas kleiner, nämlich 6 : 5 sei. Hieraus folgt aber L = 51/6S.[20] Bis etwas Genaueres aus den Beobachtungen gefolgert sein wird, nehmen wir L = 5⅓S.
Da nun die Fluthen den Kräften proportional sind, die Kraft der Sonne aber eine etwa 9 Zoll hohe Fluth hervorbringt; so wird durch die vom Monde ausgeübte Kraft eine 4 Fuss hohe Fluth erregt werden. Geben wir nun zu, dass vermöge der Kraft der Wechselwirkung, wodurch eine dem Wasser einmal beigebrachte Bewegung eine Zeit lang beibehalten wird, jene Höhe sich verdoppele, oder vielleicht verdreifache; so entsteht die ganze Höhe der Fluthen, welche man in der That auf dem Ocean wahrnimmt.
§. 54. Diese Kräfte der Sonne und des Mondes können kaum auf andere Weise, als durch die Meeresfluth, erkannt werden.
Diese Kräfte sind demnach ausreichend, um das Meer zu bewegen, allein andere bemerkbare Wirkungen werden sie, soviel ich erfahren habe, nicht auf der Erde hervorbringen. Da nämlich 1 Gran, bei einem Gewicht von 4000 Gran, auch mittelst der genauesten Wage kaum erkannt werden kann; da ferner die Kraft der Sonne zur Erregung der Fluth 12868200mal, und die Summe der Kräfte der Sonne und des Mondes im Verhältniss 6⅓ : 1 grösser, als die Kraft der ersteren, mithin 2032820mal[21] kleiner, als die Kraft der Schwere ist: so sieht man ein, dass jene vereinigten Kräfte 500mal zu klein sind, um das Gewicht eines an einer Wage aufgehängten Körpers merklich vermehren oder vermindern zu können. Sie werden daher keine aufgehängten Körper merklich bewegen, sie bringen demnach weder bei den Pendelversuchen, noch beim Barometer, den auf ruhendem Wasser befindlichen Körpern und bei ähnlichen statischen Versuchen bemerkbare Wirkungen hervor. Die Atmosphäre hat zwar, in Folge dieser Kräfte, nach Art des Meeres eine Ebbe und Fluth, allein mit so geringer Bewegung, dass daraus kein bemerkbarer Wind entspringen kann.[NEW 2]
§. 55. Der Körper des Mondes ist ungefähr 6 mal so dicht, als derjenige der Sonne.
Wenn sowohl die Wirkungen des Mondes und der Sonne auf die Erregung der Fluth, als auch ihre scheinbaren Durchmesser einander gleich wären, so würden (§. 107., Zusatz 14. des ersten Buches) ihre absoluten Kräfte ihren Grössen proportional sein. Es verhält sich aber die Wirkung des Mondes zu derjenigen der Sonne, wie etwa 5⅓ : 1 (§. 53.), und sein scheinbarer Durchmesser ist kleiner im Verhältniss 31⅓ : 321/5 = 45 : 46.
Die Kraft des Mondes ist aber direct der Wirkung und umgekehrt dem Cubus des scheinbaren Durchmesser proportional. Auf diese Weise wird die Kraft des Mondes, verglichen mit seiner Grösse, sich zur Kraft der Sonne, ebenfalls mit ihrer Grösse verglichen, verhalten, wie 5⅓ : 1 und 45³ : 46³, d. h. wie 5,7 : 1.
Der Mond hat daher eine absolute Kraft, welche nach der Grösse seines Körpers, 5,7 mal so gross ist, als die absolute Kraft der Sonne nach ihrer Grösse; er ist daher in demselben Verhältniss dichter.
§. 56. Der Mond ist ungefähr im Verhältniss 3:2 dichter, als unsere Erde.
In der Zeit von 27d 7h 43m, in welcher der Mond seinen Umlauf um die Erde ausführt, würde diese um die Sonne in einer Entfernung von 18,954 Sonnendurchmessern vom Mittelpunkte der Sonne sich herumdrehen können, vorausgesetzt , dass der mittlere scheinbare Durchmesser der Sonne = 32',2 sei. In dieser Zeit könnte der Mond um die ruhende Erde, in einer Entfernung von 30 Erddurchmessern herumlaufen. Wäre die Zahl der Durchmesser in beiden Fällen dieselbe, so würde sich die absolute Kraft der Erde zu derjenigen der Sonne verhalten, wie die Grösse der ersteren zur Grösse der letzteren (§. 114., Zusatz 2. des ersten Buches). Da die Zahl der Erddurchmesser im Verhältniss 30 : 18,954 grösser ist, so wird der Erdkörper im Verhältniss 30³ : 18,954³, d. h. 328/29 : 1 kleiner sein. Es verhält sich daher die Kraft der Erde nach ihrer Grösse, zur Kraft der Sonne nach ihrer Grösse, wie 328/29 : 1 und in demselben Verhältniss stehen die Dichtigkeiten der Erde und der Sonne. Da nun die Dichtigkeiten des Mondes und der Sonne sich zu einander verhalten, wie 5,7 : 1; so wird die Dichtigkeit des Mondes sich zu derjenigen der Erde verhalten, wie 5,7 : 328/29 = 23 : 16.
Da nun die Grösse des Mondes sich zu der der Erde verhält, wie ungefähr 1 :41½, so verhalten sich die absoluten Centripetalkräfte des Mondes und der Erde zu einander, wie ungefähr 1 : 29, und in demselben Verhältniss stehen die Massen beider Himmelskörper zu einander. Hieraus ergiebt sich ihr gemeinschaftlicher Schwerpunkt genauer als früher, und ist dieser bekannt so kann man auch ihre gegenseitige Entfernung genauer bestimmen. Ich will aber hiermit warten, bis das gegenseitige Verhältniss des Mond- und Erdkörpers durch die Erscheinung der Meeresfluth genauer bestimmt sein wird; indem ich zugleich hoffe, dass alsdann auch der Umfang der Erde, mittelst grösserer Zwischenräume der Stationen als bisher, bestimmt sein wird.
§. 57. Von der Entfernung der Fixsterne.
Bis jetzt habe ich das Planeten-System auseinandergesetzt. Dass die Fixsterne aber sich in ungeheuere Entfernungen von diesem System befinden, schliesst man aus dem Mangel einer jährlichen Parallaxe. Es ist ganz gewiss, dass diese kleiner als 1 Minute sei und dass daher die Entfernung der Fixsterne den Abstand des Saturns von der Sonne mehr als 360mal übertreffe.[22] Diejenigen, welche die Erde den Planeten und die Sonne den Fixsternen zuzählen, setzen die letzteren aus folgenden Gründen, in viel grössere Entfernungen. Aus der jährlichen Bewegung der Erde muss eine gegenseitige Verschiebung der Fixsterne hervorgehen, welche ungefähr der doppelten Parallaxe gleich ist. An den grösseren und in Bezug auf die entfernten, welche man kaum durch die Fernröhre wahrnehmen kann, näheren Sternen hat man noch keine Bewegung bemerkt. Geben wir nun zu, dass diese Bewegung kleiner ab 20 Secunden sei, so wird der Abstand des nächsten Fixsternes 2000mal so gross, als die mittlere Entfernung des Saturns sein. Ferner empfängt der letztere auf seiner, 17" bis 18" grossen Scheibe etwa des Sonnenlichtes. Um so viel ist nämlich jene Seheibe kleiner, als die ganze sphärische Oberfläche, deren Radius dem der Saturnsbahn gleich ist. Setzt man voraus, dass der Saturn etwa ¼ dieses Lichtes zurückwerfe, so wird das ganze, von der leuchtenden Halbkugel zurückgeworfene Licht etwa des ganzen, von der Sonnenhalbkugel ausströmenden, Lichtes sein.
Da nun das Licht im doppelten Verhältniss der Entfernung des leuchtenden Körpers schwächer wird, so würde, wenn die Sonne 10000 mal weiter als der Saturn entfernt wäre, jene eben so hell erscheinen, ab dieser sich jetzt ohne seinen Ring zeigt; sie würde also etwas leuchtender sein, als ein Fixstern erster Grösse. Gesetzt also, dass der Abstand, in welchem die Sonne wie ein Fixstern leuchten würde, 100000 mal so gross als die Entfernung des Saturns sei; so wird ihr scheinbarer Durchmesser 7V 16VI und ihre aus der jährlichen Bewegung der Erde entspringenden Parallaxe 13IV gleich sein. So gross wird die Entfernung, der scheinbare Durchmesser und die Parallaxe der Fixsterne erster Grösse sein, welche unserer Sonne, in Bezug auf Grösse und Licht, gleich sind.
Man kann sich zwar vorstellen, dass ein ziemlich grosser Theil des Lichtes der Fixsterne, beim Durchgange durch so weite Räume, aufgehalten werde und verloren gehe, und wir so die Fixsterne näher setzen müssen; allein in diesem Falle würde man die weiter entfernten kaum sehen können. Geben wir jedoch zu, dass ¾ des Lichtes beim Uebergange von dem nächsten Fixsterne zu uns verloren gehe, so werden ebenfalls zweimal ¾ Theile desselben beim Durchgänge desselben durch den doppelten Raum verloren gehen, dreimal ¾ beim Durchgange durch den dreifachen Raum, u. s. w. Demnach sind die doppelt so weit entfernten Fixsterne 16mal dunkeler, nämlich 4mal dunkeler, wegen des verminderten scheinbaren Durchmessers und nochmals 4 mal, wegen des Verlustes an Licht. Aus demselben Grunde werden die dreimal so weit entfernten Fixsterne 9 · 4 · 4 = 144 mal, die viermal so weit entfernten 16 · 4 · 4 · 4 = 1024mal dunkeler sein. Eine solche Verminderung des Lichtes kann aber keineswegs mit den Erscheinungen und der Hypothese, dass die Fixsterne verschiedene Entfernungen haben, bestehen.[23]
§. 58. Dass die Kometen, so oft sie sichtbar werden, sich uns näher als der Jupiter befinden, wird durch ihre Längenparallaxe bewiesen.
Die in so grossen Entfernungen von einander befindlichen Sterne ziehen sich weder wechselseitig merklich an, noch werden sie von unserer Sonne angezogen. Die Kometen sind aber nothwendig der Sonnenkraft unterworfen; wie man nämlich aus der fehlenden täglichen Parallaxe folgert, dass sie sich oberhalb des Mondes befinden müssen, so schliesst man aus ihrer jährlichen Parallaxe, dass sie in die Gegenden der Planeten herabsteigen. Kometen nämlich, welche nach der Ordnung der Zeichen fortrücken, werden alle gegen das Ende ihrer Sichtbarkeit entweder langsamer als vorher, oder rückgängig, wenn die Erde sich zwischen ihnen und der Sonne befindet, hingegen geschwinder als vorher, wenn die Erde sich der Opposition nähert. Umgekehrt werden solche Kometen, welche gegen die Ordnung der Zeichen fortgehen, am Ende ihrer Sichtbarkeit geschwinder, wenn die Erde sich zwischen ihnen und der Sonne befindet, hingegen langsamer als vorher oder selbst rechtläufig, wenn die Erde auf der entgegengesetzten Seite befindlich ist. Diess rührt grösstentheils von der Bewegung der Erde in ihren verschiedenen Lagen her. Geht diese nach derselben Seite und geschwinder als der Komet fort, so wird derselbe rückläufig; geht jene langsamer, so wird dieser auch wenigstens langsamer und geht jene endlich nach der entgegengesetzten Seite, so wird dieser geschwinder. Durch die Bestimmung der Unterschiede zwischen den geschwinderen und langsameren, und die Summen der geschwinderen und rückläufigen Bewegungen und ihre Vergleichung mit der Lage der Erde, woraus dieselben entspringen, erhielt ich aus dieser Parallaxe den Abstand der Kometen zu der Zeit, wo sie aufhören, mit blossem Auge gesehen zu werden, und zwar ergab sich derselbe stets kleiner, als der Abstand des Saturns und meistentheils kleiner als der Abstand des Jupiters.
§. 59. Dasselbe wird durch die Breitenparallaxe erwiesen.
Man schliesst auf dasselbe aus der Krümmung des Weges der Kometen. Diese gehen nämlich nahebei in grössten Kreisen fort, so lange sie sich schneller bewegen; aber gegen das Ende ihres Laufes, wo die scheinbare, aus der Parallaxe entspringende, Bewegung ein grösseres Verhältniss zu ihrer ganzen scheinbaren Bewegung hat, pflegen sie von diesen Kreisen abzuweichen und, so oft die Erde sich nach der einen Seite hinbewegt, nach der entgegengesetzten Seite fortzugehen. Diese Abweichung entspringt grösstentheils aus der Parallaxe , weil sie der Bewegung der Erde entspricht und ihre bedeutendste Grösse setzte, nach meiner Rechnung, die verschiedenen Kometen ziemlich weit unterhalb des Jupiters. Hieraus folgt, dass sie in der Erd- und Sonnennähe, wo sie noch weniger entfernt sind, öfters unterhalb der Bahnen des Mais und der untern Planeten herabsteigen.
§. 60. Dies wird auf andere Weise durch die Parallaxe erwiesen.
Eine so bedeutende Annäherung wird auch noch durch die Parallaxe der jährlichen Bahn bestätigt, so weit dieselbe sich beiläufig durch die Hypothese, dass die Kometen sich gleichförmig auf einer geraden Linie bewegen, ergiebt. Bekannt ist jetzt die Methode (welche Kepler versucht, und Wallis und Wren vervollkommnet haben), wonach man den Abstand des Kometen, vermöge dieser Hypothese, aus 4 Beobachtungen bestimmt; die auf diese geradlinige Bewegung reducirten Kometen pflegen aber mitten durch die Gegend der Planeten zu gehen. So die Kometen von 1607 und 1618 zwischen der Sonne und der Erde, nach Kepler’s Bestimmung; der vom Jahre 1664 unterhalb der Marsbahn; der vom Jahre 1680 unterhalb der Merkursbahn, nach Wren’s und Anderer Bestimmung. Durch eine ähnliche Hypothese der geradlinigen Bewegung setzte Hevel alle Kometen, von denen man Beobachtungen hat, unterhalb der Jupitersbahn. Diejenigen irren daher und reden ohne astronomische Rechnung, welche aus der regelmässigen Bewegung der Kometen entweder schliessen, dass diese sich in der Gegend der Fixsterne befinden, oder die Bewegung der Erde leugnen; da sie nur dann die Bewegung der Kometen auf irgend eine Regelmässigkeit zurückführen können, wenn sie zugeben, dass dieselben durch die der Erde nahe liegenden Gegenden hindurchgehen. Dies sind die aus der Parallaxe abgeleiteten Gründe, so weit man dieselben ohne eine genaue Kenntniss der Bahnen und Bewegungen der Kometen bestimmen kann.
§. 61. Aus dem Licht der Kometenköpfe folgt, dass dieselben bis zur Saturnsbahn herabsteigen.
Die Nähe der Kometen wird auch durch das Licht ihrer Kopfe bestätigt. Der Glanz eines, von der Sonne beschienenen und in entfernte Gegenden sich begebenden, Körpers nimmt nämlich im 4fachen Verhältniss der Entfernung ab; im doppelten wegen der grösseren Entfernung von der Sonne, und im zweiten doppelten Verhältniss wegen des verkleinerten scheinbaren Durchmessers. Hieraus ersieht man, dass der Saturn, wegen seiner doppelten Entfernung und seines etwa halb so grossen scheinbaren Durchmessers, 16mal dunkeler als der Jupiter erscheinen muss und dass, wenn seine Entfernung 4mal grösser wäre, sein Licht 256mal schwächer sein müsste und er mit blossem Auge kaum würde gesehen werden können. Die Kometen kommen aber nicht selten dem Saturn an Licht gleich, übertreffen ihn jedoch nicht im scheinbaren Durchmesser. Der Komet von 1678 war, nach Hook’s Beobachtungen, in seinem Lichte den Sternen 1. Grösse gleich, und sein Kopf oder der in der Mitte der strahlenden Hülle gesehene Stern erschien, durch ein funfzehnfüssiges Fernrohr gesehen, eben so hell, als der Saturn nahe am Horizont. Der Durchmesser dieses Kopfes betrug aber nur 25 Secunden, d. h. fast eben so viel, als der Durchmesser des Saturns mit seinem Ringe. Die um den Kopf sich verbreitende strahlende Hülle war etwa 10mal so gross oder 41/6 Minuten breit. Ferner war der kleinste Durchmesser des Schweifes an dem Kometen von 1682, wie er durch ein sechszehnfüssiges Fernrohr gesehen und gemessen wurde, 2 Minuten gleich. Der Kern oder Stern in der Mitte war aber kaum 1/10 hiervon, d. h. 11 bis 12 Secunden breit. An Licht und Helligkeit übertraf er den Kometen von 1680 und kam den Sternen 1. oder 2. Grösse gleich.
Der Komet von 1665 übertraf, nach Hevel’s Bericht, im April fast alle Fixsterne in seiner Helligkeit, ja selbst den Saturn, indem er nämlich eine lebhaftere Farbe hatte. Dieser Komet war glänzender als jener andere, welcher am Ende des vorhergehenden Jahres erschienen war und wurde den Sternen erster Grösse gleich gestellt. Die Breite seines Schweifes betrug etwa 6 Minuten; aber sein mit den Planeten, mittelst eines Fernrohres verglichener, Kern war bestimmt kleiner, als der Jupiter, und bald kleiner, als der Körper des Saturns, bald ihm gleich. Fügt man den Ring hinzu, so war der Saturn doppelt so gross, das Licht aber nicht stärker, als dasjenige des Kometen; folglich dieser der Sonne näher, als jener. Aus dem Verhältniss des Kernes zum Schweife, welches sich aus diesen Beobachtungen ergeben hat und aus der Breite, welche selten über 8 oder 12 Minuten ging, ergiebt sich klar, dass die Sterne des Kometen meistentheils von derselben scheinbaren Grösse, wie die Planeten, dass ihr Licht nicht selten dem des Saturns gleich sei und es bisweilen übertreffe. Hieraus folgt, dass ihre Abstände im Perihel kaum grösser, als der des Saturns sein werden. In der doppelten Entfernung würde das Licht viermal schwächer sein, und durch seine dunkele blasse Farbe um eben so viel dem Lichte des Saturns nachstehen, als dieses demjenigen des Jupiters, welcher letztere Unterschied leicht bemerkt werden kann. In einer 10fachen Entfernung aber würden ihre Körper den der Sonne übertreffen, ihr Licht hingegen dem des Saturns 100mal nachstehen. In grösseren Entfernungen würden ihre Körper den Körper der Sonne weit übertreffen, sie aber, da sie sich im tiefen Dunkel befänden, nicht mehr gesehen werden. So viel fehlt daran, dass, wenn wir unsere Sonne zu den Fixsternen zählen, die Kometen sich bis zur Mitte zwischen diesen und jener entfernen. Dort würden sie sicher nicht mehr von der Sonne, als wir von den grössten Fixsternen erleuchtet werden.
§. 62. Sie kommen weit unterhalb des Jupiters und bisweilen unterhalb der Erdbahn.
Wir haben dieses Raisonnement angestellt, ohne die Verdunkelung der Kometen durch jenen reichlichen und dicken Rauch, der ihren Kopf umgiebt und durch welchen dieser wie durch eine dichte Wolke hindurchscheint, in Betracht zu ziehen. Je mehr der Körper durch diesen Rauch verdunkelt wird, desto näher muss er nothwendig der Sonne kommen, damit er durch die Menge des von dieser ausstrahlenden Lichtes den Planeten gleich werde. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Kometen weit unterhalb des Saturns herabsteigen, wie wir mittelst der Parallaxe erwiesen haben. Dasselbe wird aber auch im höchsten Maasse durch die Schweife bestätigt. Diese entstehen entweder durch Zurückwerfung von dem im Aether verbreiteten Rauche, oder aus dem Lichte des Kopfes. Im ersten Falle muss die Entfernung des Kometen vermindert werden, damit nicht der beständig vom Kopfe ausgehende Rauch sich durch zu weite Bäume mit unglaublicher Geschwindigkeit und Expansion verbreite. Im zweiten Falle muss man alles Licht, sowohl des Schweifes, als der Nebelhülle auf den Kern des Kopfes beziehen. Denkt man sich all dieses Licht gesammelt und innerhalb der Scheibe des Kernes vereinigt, so wird der letztere bestimmt, wenn er den grössten und glänzendsten Schweif verbreitet, den Jupiter weit an Glanz übertreffen. Da er nun bei einem kleinen scheinbaren Durchmesser mehr Licht ausschickt, so wird er weit stärker von der Sonne beleuchtet und muss ihr daher weit näher sein.
So war der Komet von 1679 am 12. und 15. December alten Styls wo er den glänzendsten Schweif verbreitete, dem Lichte nach vielen, durch einen so grossen Raum verbreiteten und ausgedehnten, Jupiterskörpern nicht ungleich; in der Grösse des Kernes stand er hingegen (nach Flamsteed’s Beobachtung) dem Jupiter nach, und war daher der Sonne weit näher. Er war selbst kleiner als der Merkur, denn am 17. December, wo er der Erde näher war, erschien er Cassini, welcher ihn durch ein 35füssiges Fernrohr beobachtete, kleiner als die Saturnskugel. Am 8. December Morgens sah Halley einen sehr kurzen breiten Schweif, welcher gleichsam von dem dem Aufgange nahen Sonnenkörper ausging, nach Art einer auf ungewöhnliche Weise glänzenden Wolke, und er verschwand nicht früher, ab bis die Sonne über dem Horizont sichtbar wurde. Dieser Glanz übertraf also das Licht der Wolken gegen Sonnenaufgang, und indem er nur dem unmittelbaren Glanze der Sonne nachgab, übertraf er bei Weitem das Licht aller Fixsterne zusammengenommen. Weder der Merkur, noch die Venus, noch selbst der Mond pflegten in solcher Nähe bei der aufgehenden Sonne sichtbar zu sein. Nun stelle man sich vor, dass dieses ausgedehnte Licht gesammelt und in dem Kreis des Kometenkernes, welcher kleiner als der Merkur ist, vereinigt werde. Durch den weit stärkeren Glanz wird er alsdann noch ansehnlicher werden, den Merkur bei Weitem übertreffen und daher der Sonne näher sein. Am 12. und 15. December erschien dieser Schweif, welcher über einen grösseren Raum verbreitet war, lockerer, jedoch mit so starkem Lichte, dass er bereits gesehen wurde, als die Fixsterne kaum sichtbar waren. Hierauf zeigte er sich wie ein Balken, der auf wunderbare Weise glänzte. Aus der Länge von 40 bis 50° und der Breite von 2° kann man die Menge des ganzen Lichtes berechnen.
§. 63. Dasselbe wird durch den ausgezeichneten Glanz der Schweife in der Nähe der Sonne bestätigt
Eine so grosse Annäherung der Kometen zur Sonne wird durch ihre Lage zu der Zeit, wo sie am meisten glänzen, bestätigt. Wenn nämlich der Kopf durch die Sonne ging und noch in ihren Strahlen verborgen war, sollen die allerglänzendsten Schweife, nach der Art feuriger Balken, vom Horizont ausgegangen sein. Wenn hierauf der Kopf sichtbar wurde und weiter von der Sonne zurückwich, nahm der Glanz beständig ab und ging in eine, der Milchstrasse ähnliche Blässe über, welche jedoch anfänglich weit glänzender war, später aber matter wurde. Von dieser Art war der sehr feuerige Komet, den Aristoteles Buch 1., Meteor. 6. beschreibt. Der Kopf desselben wurde am ersten Tage nicht gesehen, weil er vor der Sonne oder wenigstens in ihren Strahlen untergegangen war; am folgenden Tage konnte er so eben gesehen werden. Er befand sich nämlich in der möglich kleinsten Entfernung von der Sonne und ging bald unter. Wegen der zu grossen Hitze des Schweifes wurde noch nicht das sieh verbreitende Feuer des Kopfes sichtbar, aber mit dem Vorrücken der Zeit (sagt Aristoteles) ward der Schweif weniger brennend und der Kopf des Kometen sichtbar. Er verbreitete seinen Glanz bis zum dritten Theile des Himmels, d. h. bis 60°, Er erschien aber im Winter, stieg bis zum Gürtel des Orion empor und verschwand daselbst.
Zwei Kometen derselben Art beschreibt Justinus im 37. Buch, welche, sagt er, so leuchteten, dass der ganze Himmel zu brennen schien, sie nahmen, ihrem Umfange nach, fast den vierten Theil des Himmels ein und übertrafen die Sonne an Glanz. Diese letzten Worte deuten an, dass die leuchtenden Kometen und die auf- oder untergehende Sonne nahe beisammen waren. Hierzu kommt der Komet von 1101 oder 1106, dessen Stern klein und dunkel war, wie bei dem Kometen von 1680; allein der von ihm ausgehende Glanz war sehr hell und dehnte sich, wie ein grosser Balken, nach Osten und dem Adler hin aus. So erzählt Hevel dem Berichte des Mönches Simeon in Dülmen. Er erschien im Anfange des Februars um die Abendzeit und an der Stelle, wo die Sonne am kürzesten Tage untergeht. Hieraus und aus der Lage des Schweifes ersieht man, dass der Kopf der Sonne nahe lag. Von der Sonne, sagt Matthäus in Paris, war er eine Elle weit entfernt, indem er von der 3. oder richtiger 6. Stunde bis zur 9. einen langen Strahl verbreitete. Der Komet von 1264 im Juli oder um das Solstitium ging der aufgehenden Sonne voraus, indem er seine Strahlen mit hellem Lichte bis zur Mitte des Himmels gegen Westen ausbreitete. Anfangs erhob er sich wenig über den Horizont; allein mit dem Fortrücken der Sonne entfernte er sich täglich mehr von ihm, bis es zuletzt vor der Mitte des Himmels vorüberging. Er soll im Anfange gross und hell gewesen sein und eine breite Nebelhülle gehabt haben, welche von Tag zu Tag abzunehmen anfing. Er wird (Append. Matth. Paris, Hist. Angl.) folgendermaassen beschrieben: Im Jahre 1264 erschien ein so merkwürdiger Komet, wie kein damals Lebender früher einen gesehen hatte. Von Osten stieg er mit grossem Glanze empor, und durchzog die ganze Strecke bis zur Mitte des Himmels gegen Westen sehr glanzvoll. Im Jahre 1401 oder 1402, als die Sonne unter den Horizont gesunken war, erschien in Westen ein leuchtender und heller Komet, welcher sein erhobenes Haar nach Art eines flammenden Feuers entfaltete, nicht anders als ein Spiess, der von Westen gegen Osten Strahlen wirft. Von der unter den Horizont gesunkenen Sonne an beleuchtete er mit eigenen, sich ausbreitenden Strahlen den ganzen Erdkreis; er gestattete den anderen Sternen nicht, ihr Licht zu zeigen, noch der Luft, durch den Schatten der Nacht dunkel zu werden. Sein Licht überstieg nämlich den Glanz der anderen Sterne und schickte zum Scheitel des Himmels Flammen empor, so lange er über dem Horizonte war u. s. w. (Hist. Byzant. Ducae Michelis Nepotis Cap. 16.). Aus der Länge des Schweifes und der Zeit des ersten Erscheinens schliesst man, dass sein Kopf damals nahe bei der Sonne gewesen und täglich von ihr zurückgewichen sei; der Komet blieb nämlich 3 Monate hindurch sichtbar. Im Jahre 1527, am 11, August um 4 Uhr Morgens, zeigte sich in ganz Europa ein Schrecken erregender Komet im Löwen, und blieb jeden Tag während 1¼ Stunde leuchtend sichtbar. In der Gegend der unter dem Horizont befindlichen Sonne ging er auf, und verbreitete sich ungeheuer weit gegen Süden und Westen. Gegen Norden war er am hellsten, und soll durch seine Wolke (d. h. seinen Schweif) Schrecken erregt haben; im Sinne des Wortes hatte derselbe nämlich die Form eines gekrümmten Armes mit einem ungeheuer grossen Schwerte.
Im Jahre 1618, in den letzten Tagen des Novembers, verbreitete sich die Nachricht, es zeige sich gegen Aufgang der Sonne ein brennender Balken, welcher natürlich ein Kometenschweif war, dessen Kopf durch die hellen Strahlen verborgen wurde. Am 24. November und später zeigte sich der Komet mit hellem Lichte und sehr glänzendem Kopf und Schweif. Der letztere, welcher anfänglich 20 oder 30 Grad lang war, wuchs bis zum 9. December, wo er 75 Grad überschritt; sein Licht war aber nun mehr verdünnt und ausgebreitet, als im Anfange.
Im Jahre 1680, am 5. März neuen Styls um 7 Uhr Abends, sah der Pater Valentinus Estancius in Brasilien einen dem Horizont sehr nahen Kometen an der Stelle, wo die Sonne zur Zeit des Wintersolstitiums untergeht. Derselbe hatte einen kleinen und kaum sichtbaren Kopf, hingegen einen übermässig glänzenden Schweif; so dass Leute, welche am Ufer standen, leicht die vom Meere reflectirte Form desselben sehen konnten. So gross währte sein Glanz aber nur 3 Tage hindurch, wo er plötzlich merklich abnahm. Der Anfangs von Westen gegen Süden gerichtete und dem Horizont parallele Schweif hatte das Ansehen eines glänzenden und 23 Grad langen Balkens. Nachher, als das Licht schwächer wurde, nahm die Grösse zu, bis der Komet aufhörte, sichtbar zu sein. Daher sah auch Cassini ihn, am 10., 11. und 12. März zu Bologna 32 Grad vom Horizont aufsteigend. In Portugal soll er aber ¼ des Himmels, d. h. 45 Grad eingenommen haben, indem er sich von Westen gegen Osten mit ausgezeichnetem Glanze ausdehnte, jedoch nie ganz sichtbar wurde, indem der Kopf stets unterhalb des Horizontes verborgen blieb. Aus der Zunahme des Schweifes geht hervor, dass der Kopf sich von der Sonne entfernte und ihr anfangs, wo der Schweif am glänzendsten war, ganz nahe stand. Zu allen diesen Kometen füge man den von 1680, dessen ausgezeichneten Glanz, in der Conjunction seines Kopfes mit der Sonne, ich oben beschrieben habe. Ein so grosser Glanz deutet darauf hin, dass Kometen dieser Art wirklich durch die Quelle des Lichtes hindurchgehen, indem die Schweife nie in der Opposition mit der Sonne leuchten und dort nie feuerige Balken sich gezeigt haben.
§. 64. Aus dem Licht der Köpfe ersieht man, wieviel dasselbe, unter übrigens gleichen Umständen, in der Nähe der Sonne grösser ist.
Dasselbe wird endlich daraus geschlossen, dass das Licht der Köpfe der Kometen zunimmt, wenn diese sich von der Erde gegen die Sonne hin bewegen, dagegen schwächer wird, wenn sie umgekehrt von der Sonne her sich der Erde nähern. So nahm bei dem letzten Kometen von 1665, nach Hevel’s Beobachtung, die Bewegung vom Anfang seiner Sichtbarkeit an beständig ab, und er war also bereits bei der Erdnähe vorüber. Der Glanz seines Kopfes hingegen nahm täglich zu, bis der Komet in den Sonnenstrahlen verschwand und so aufhörte, sichtbar zu sein. Der Komet von 1683 bewegte sich ebenfalls, nach Hevel’s Beobachtung, Ende Juli, wo man ihn zuerst zu sehen bekam, sehr langsam indem er täglich nur 40 bis 45 Minuten in seiner Bahn zurücklegte. Von der Zeit an nahm seine tägliche Bewegung beständig zu, bis zum 4. September, wo sie 5 Grad überschritt. Während dieses ganzen Zeitraumes näherte sich also der Komet beständig der Erde, was sich auch aus dem mit dem Mikrometer gemessenen Durchmesser seines Kopfes ergab. Hevel fand nämlich diesen, mit Einschluss der Nebelhülle, am 6. August = 6 Minuten 5 Secunden und am 2. September = 9 Minuten 7 Secunden. Der Kopf war also im Anfange der Bewegung weit kleiner, als am Ende derselben; allein er war im ersteren Falle nahe bei der Sonne viel glänzender, als im letzteren, wie Hevel berichtet. Ferner nahm während dieser ganzen Zeit, wo er sich von der Sonne entfernte, das Licht beständig ab, ohne dass die Annäherung zur Erde diesem entgegenwirkte. Der Komet von 1618, um die Mitte des Decembers, und der von 1680, gegen das Ende des Decembers, bewegten sich sehr schnell, und waren also in der Erdnähe. Der grösste Glanz der Köpfe fand aber ungefähr 2 Wochen früher statt, wo sie kaum aus den Sonnen strahlen hervorgetreten waren, und der grösste Glanz der Schweifs noch etwas früher in grösserer Nähe zur Sonne. Am 12. December wurde der Kopf des letzten Kometen von Flamsteed gesehen und beobachtet in 9° Entfernung von der Sonne, was bei einem Sterne dritter Grösse kaum angegangen sein würde. Am 15. und 17. d. M. erschien er wie ein Stern 3. Grösse, indem er durch den Glanz der Wolken neben der untergehenden Sonne geschwächt wurde. Am 26. December bewegte er sich am schnellsten, und befand sich daher ungefähr in der Erdnähe; er stand aber dem Munde des Pegasus, einem Sterne dritter Grösse, nach. Am 3. Januar glich er einem Sterne 4., am 9. Januar einem 5. Grösse, am 13. Januar verschwand er wegen des Glanzes des zunehmenden Mondes und am 25. Jan. war er kaum einem Sterne 7. Grösse gleich. Der Kopf des ersteren Kometen erschien aber, nach den Beobachtungen von Cysatus, am 1. December grösser, als ein Stern erster Grösse und am 16. d. M. (wo er sich in der Erdnähe befand) hatte er wenig an Grösse, aber sehr viel an Glanz und Helligkeit verloren.
Am 7. Januar war Kepler in Betreff des Kopfes in Ungewissheit, und hörte auf, ihn zu beobachten. Nimmt man gleiche Zeiten auf beiden Seiten der Erdnähe an, so würden die Köpfe, wenn sie sich in entfernten Gegenden befänden, vor- und nachher gleich stark leuchtend gewesen sein, weil sie sich in gleichen Abständen von der Erde befanden. Dass sie in dem einen Falle sehr stark leuchteten, in dem anderen aber verschwanden, muss man im ersten Falle der Nähe, im letzteren der Entfernung der Sonne zuschreiben. Aus dem grossen Unterschiede des Lichtes in beiden Fällen schliesst man auf eine bedeutende Nähe der Sonne. Das Licht der Kometen pflegt nämlich regelmässig zu sein und sich am stärksten zu zeigen, wenn die Kopfe sich sehr schnell bewegen und daher in der Erdnähe sind; in so weit dasselbe nicht nahe bei der Sonne grösser ist
§. 65. Dasselbe wird durch die grosse Menge der Kometen, welche man nahe bei der Sonne gesehen hat, bestätigt.
Hieraus wurde es mir endlich auch klar, warum die Knoten sich so häufig in der Gegend der Sonne befinden. Sähe man sie nämlich weit jenseits des Saturns, so müssten sie sich öfters in den der Sonne entgegengesetzten Theilen des Himmels zeigen, weil sie hier der Erde näher sein und die übrigen durch die dazwischen stehende Sonne verdunkelt werden würden.
Indem ich aber die Geschichte der Kometen durchging, fand ich, dass 4 bis 5 mal so viele in derjenigen Halbkugel, in welcher die Sonne sich befindet, entdeckt wurden, als in der entgegengesetzten; diejenigen ohne Zweifel nicht wenigen ausgeschlossen, welche das Sonnenlicht bedeckt hat. Beim Herabsteigen in unsere Gegenden geben sie weder Schweife von sich, noch werden sie hinreichend von der Sonne beleuchtet, um früher mit blossen Augen gesehen zu werden, als bis sie näher als der Jupiter selbst gekommen sind. Ein weit grösserer Theil des, in diesem so kleinen Zwischenraume um die Sonne beschriebenen, Weges liegt aber an der Seite der Erde, welche der Sonne zugewendet ist und in jenem grösseren Theile sind sie der Sonne näher und pflegen stärker erleuchtet zu werden. In Folge der bedeutenden Excentricität ihrer Bahnen sind auch die unteren Apsiden der Sonne weit näher, als wenn sie sich in concentrischen Kreisen um die letztere bewegten.
§. 66. Ferner wird es dadurch bestätigt, dass die Schweife grösser und glänzender nach der Conjunction der Köpfe mit der Sonne sind, als vor derselben.
Hieraus ersehen wir ferner, warum die Schweife der Kometen stets dünn und kurz erscheinen und kaum je 15 bis 20° überschritten haben, wenn ihre Köpfe sich der Sonne nähern, hingegen oft wie feurige Balken glänzen und sich 40, 50, 60, 70° oder noch weiter der Länge nach erstrecken, wenn die Köpfe von der Sonne zurückkehren. Ein so grosser Glanz und Länge entspringt nämlich aus der Wärme der Sonne, welche die vorübergehenden Kometen erhitzt. Hieraus glaube ich schliessen zu dürfen, dass alle diejenigen Kometen, deren Schweife sehr gross sind, durch die Nachbarschaft der Sonne gegangen seien.
§. 67. Der Schweif entspringt aus der Atmosphäre der Kometen.
Man kann hieraus auch schliessen, dass die Schweife aus den Atmosphären der Kometen entspringen. Man hat aber über die ersteren eine dreifache Meinung aufgestellt. Nach der ersten sollen sie Sonnenstrahlen sein, welche sich durch den durchsichtigen Kopf des Kometen fortpflanzen; nach der zweiten sollen sie durch die Refraction des, vom Kopfe der Kometen zur Erde fortgehenden, Lichtes entstehen; endlich sollen sie nach der dritten Meinung eine Wolke oder ein Dampf sein, welcher beständig aus dem Kopfe des Kometen aufsteigt und sich in die, der Sonne abgewandten, Theile verbreitet.
Die erste Meinung gehört denjenigen an, welche noch nicht in die Wissenschaft der Optik eingeweiht sind. Denn die Sonnenstrahlen werden in einem dunkelen Zimmer nur in so fern gesehen, als sie von den Staub- und Rauchtheilchen, welche sich immer in der Luft befinden, reflectirt werden. Sie sind daher glänzender in dornigen Luft, welche mit dickerem Rauche angefüllt ist und wirken stärker auf den Sinn, schwächer in heller Luft und kaum merklich; im Himmelsraume endlich, welcher von reflectirender Materie frei ist, kann gar keine Wirkung stattfinden. Man sieht das Licht nicht, in so weit es sich im Sonnenstrahle befindet, sondern nur in so weit, als es in unsere Augen reflectirt wird. Das Sehen erfolgt nämlich nur durch die Strahlen, welche in unser Auge dringen. Es ist daher irgend eine reflectirende Materie in der Gegend des Schweifes erforderlich, und aus diesem Grunde fällt diese Meinung mit der dritten zusammen. Jene reflectirende Materie darf sich nämlich nirgend anders, als in der Gegend des Schweifes befinden, damit nicht, der durch das Sonnenlicht beleuchtete ganze Himmel gleichförmig glänze. Der zweiten Meinung stehen viele Schwierigkeiten entgegen. Die Schweife zeigen nie verschiedene Farben, welche doch die unzertrennbaren Begleiter der Brechungen zu sein pflegen. Das Licht der Fixsterne und der Planeten, welches deutlich zu uns kommt, zeigt, dass das im Himmelskörper befindliche Mittel keine brechende Kraft besitzt. Was man nämlich von den Aegyptern erzählt, dass sie bisweilen die Fixsterne mit einer glänzenden Hülle (coma) gesehen haben muss man, da es sehr selten vorkommt, einer zufälligen Brechung durch Wolken zuschreiben. Auch die Strahlung und das Funkeln der Fixsterne muss man auf die Refraction der Augen und das Zittern der Luft schieben, indem beide verschwinden, wenn man ein Fernrohr anwendet. Durch das Zittern der Luft und der mitsteigenden Dünste wird nämlich bewirkt, dass die Strahlen leicht von der engen Oeffnung wechselnd abgelenkt werden, was aber nie bei der weiteren Oeffnung des Objectivglases geschieht. Hieraus folgt, dass im ersteren Falle ein Funkeln entsteht, im anderen aber nicht, und der letzte Umstand beweist, dass das Licht sich regelmässig, ohne eine bemerkbare Brechung, durch die Himmelsräume fortpflanzt. Es behaupte Niemand, dass die Schweife an den Kometen nicht gesehen zu werden pflegen, wenn ihr Licht nicht stark genug ist, weil alsdann die secundären Strahlen keine hinreichende Kraft besitzen, um auf die Augen zu wirken, und dass aus diesem Grunde die Schweife der Fixsterne nicht mehr wahrgenommen werden. Man muss nämlich wissen, dass das Licht der Fixsterne mehr als 100 mal verstärkt werden kann, und sich dennoch keine Schweife zeigen. Auch das Licht der Planeten ist reichlich da, aber es zeigen sich keine Schweife; dagegen haben die Kometen oft sehr starke, während das Licht ihrer Köpfe schwach und sehr düster ist. So gab der Komet von 1680 im December, wo sein Kopf an Licht kaum Sternen 2. Grösse gleich kam, einen wirklich glänzenden Schweif von sich, welcher 40, 50, 60 und mehr Grade lang war. Später am 27. und 28. Januar zeigte sich der Kopf wie ein Stern 7. Grösse, der Schweif aber war, bei einem sehr dünnen, jedoch hinreichend bemerkbaren Lichte, 6 bis 7° lang und dehnte sich mit einem sehr dunkeln, kaum wahrzunehmenden Lichte 12° weit oder noch etwas weiter aus. Aber auch am 9. und 10. Februar, wo man den Kopf mit blossem Auge nicht mehr sehen konnte, sah ich mittelst des Fernrohres den Schweif 2° lang. Wenn ferner der Schweif aus einer Brechung in der Materie des Himmels entspränge und je nach der Gestalt des Himmels von dem, der Sonne gegenüber liegenden, Punkte abgelenkt würde, so müsste diese Ablenkung in derselben Gegend des Himmels immer nach derselben Seite erfolgen. Nun befand aich aber der Komet von 1680 am 28. December um 8½ Uhr Abends Londoner Zeit, in ♓ 8° 41' bei 28° 6' nördlicher Breite, wobei die Sonne in ♑ 18° 26' stand. Der Komet von 1577 befand sich am 29. Decbr. in ♓ 8° 41' bei 28° 40' nördlicher Breite, und es stand die Sonne in ♑ 18° 26'. In beiden Fällen befand sich also die Erde an derselben Stelle und beide Kometen zeigten sich in derselben Himmelsgegend; allein im ersten Falle war der Schweif, nach meinen und Anderer Beobachtungen, um 4½° von dem der Sonne gegenüber liegenden Punkte nach dem Adler hin abgelenkt, wogegen im zweiten Falle, nach Tycho’s Beobachtungen, die Ablenkung 21° gegen Süden betrug. Wenn man daher die Refraction im Himmelsraume verwerfen muss, so bleibt nur übrig, die Erscheinung der Schweife nach irgend einer reflectirenden Materie abzuleiten. Dass aber die Dünste, welche zur Ausfüllung so ungeheurer Räume hinreichen, aus den Atmosphären der Kometen entspringen könnten, erklärt man sich leicht folgendermaassen.
§. 68. Die Verdünnung der Luft und der Dünste im Himmelsraume ist ungeheuer gross, und eine sehr kleine Menge Dunst reicht hin, um die Erscheinungen der Schweife hervorzubringen.
Die Luft nimmt bekanntlich an der Oberfläche der Erde einen 1200mal grösseren Raum ein, als eine Wassermenge von demselben Gewicht; daher ist eine cylindrische 1200 Fuss hohe Luftsäule eben so schwer, als eine Wassersäule von 1 Fuss Höhe und derselben Breite. Eine bis zum Ende der Atmosphäre ansteigende Luftsäule kommt aber an Gewicht ungefähr einer 33 Fuss hohen Wassersäule gleich.
Nimmt man daher von der ganzen Luftsäule den unteren 1200 Fuss hohen Theil fort, so wird der übrige, obere Theil an Gewicht einer 32 Fuss hohen Wassersäule gleich kommen. In einer Höhe von 1200 Fuss oder 2 Stadien ist daher das Gewicht der aufsteigenden Luft kleiner, und die Verdünnung der zusammengedrückten Luft grosser, als an der Oberfläche der Erde, im Verhältniss 33 : 32.
Ist dies bekannt, so kann man nun die Verdünnung der Luft in allen Höhen (mit Hülfe von §. 30., Zusatz des zweiten Buches) nach der Hypothese finden, dass die Ausdehnung des Luft der Zusammendrückung umgekehrt proportional sei. Diese Proportion ist nämlich sowohl durch Hook’s, als Anderer Versuche bestätigt worden.
Wir haben in der folgenden Tabelle die Berechnung hinzugefügt, wo die erste Rubrik die Höhe der Luft in Meilen, deren 4000 dem Halbmesser der Erde gleich sind, die zweite die Zusammendrückung der Luft oder das aufsteigende Gewicht, die dritte aber die Verdünnung oder Ausdehnung derselben Luft unter der Voraussetzung ergiebt, dass die Schwere im doppelten Verhältniss der Entfernung vom Mittelpunkt der Erde abnehme. Die römischen Zahlen bedeuten hier eine gewisse Anzahl Nullen, dergestalt, dass z. B.
Der Luft | |||
Höhe. | Zusammendrückung | Ausdehnung. | |
0 5 10 20 40 400 4000 40000 400000 4000000 ∞ |
33 17,8515 9,6717 2,852 0,2525 0,xvii 1224 0,cv. 4465 0,cxcii 1628 0,ccx 7895 0,ccxii 9878 0,ccxii 6041 |
1 1 3 11 136 26956 73907 20263 41798 33414 54622 |
,8486 ,4151 ,571 ,83 xv cii clxxxix ccvii ccix ccix |
Aus dieser Tabelle[24] ersieht man, dass die Luft beim Fortgange nach oben lockerer wird, so dass eine Kugel von der der Erde nahe liegenden Luft, deren Durchmesser 1 Zoll beträgt, wenn sie sich durch jene Auflockerung ausdehnt, in einer Höhe von einem Halbmesser alle Räume der Planeten bis zu einer Kugel, deren Halbmesser dem Abstände des Saturns gleich ist und noch weit jenseits ausfallen würde.[25] In einer Höhe von 10 Erdhalbmessern würde sie aber einen Raum ausfüllen, der grösser wäre, als der des Himmels diesseits der Fixsterne (nach der obigen Rechnung §. 57.) beträgt. Obgleich nun, wegen der weit dichteren Atmosphäre des Kometen und der grossen solaren Centripetalkraft, die Luft im Himmelsraume und in den Kometenschweifen nicht so stark aufgelockert werden mag; so ergiebt sich doch aus dieser Berechnung, dass ein sehr geringer Theil Luft und Dunst zu allen jenen Erscheinungen der Schweife ausreichen wird. Die grosse Lockerheit der letzteren kann man nämlich auch daraus schliessen, dass die Sterne hindurchscheinen.
§. 69. Auf welche Weise die Schweife aus den Köpfen der Kometen entspringen können.
Das Aufsteigen der Schweife aus den Atmosphären der Köpfe und ihr Fortschreiten nach der, der Sonne abgewendeten, Seite schreibt Kepler der Wirkung der Lichtstrahlen zu, welche die Materie des Schweifes mit sich fortreissen. Dass eine sehr dünne Luft in ganz freiem Raume der Wirkung der Strahlen nachgeben könne, widerspricht der Vernunft durchaus nicht, wobei das nicht entgegensteht, dass in unseren sehr eingeschlossenen Gegenden die dicken Substanzen nicht merklich durch die Strahlen fortgestossen werden können.
Ein anderer Autor ist der Meinung, es könne leichte und schwere Theilchen geben, die Materie der Schweife bestehe aus der ersteren und steige vermöge ihrer Leichtigkeit von der Sonne auf. Die Schwere der irdischen Körper besteht aber darin, dass die Materie in ihnen unverändert bleibt und weder ausgedehnt, noch zusammengezogen werden kann; daher vermuthe ich, dass jene Aufsteigung aus der Verdünnung der in den Schweifen enthaltenen Materie entspringe. Der Rauch steigt in einem Kamine empor, indem die Luft, auf welcher er schwimmt, ihn antreibt. Jene durch die Wärme verdünnte Luft steigt empor, weil ihr specifisches Gewicht vermindert ist, und reisst den in ihr befindlichen Rauch mit sich fort. Warum sollten nicht die Kometenschweife nach derselben Weise von der Sonne aufsteigen? Die Sonnenstrahlen wirken nämlich auf die Mittel, durch welche sie gehen, nur durch Zurückwerfung und Brechung. Die zurückwerfenden Theilchen werden auf diese Weise erwärmt, und erwärmen selbst wieder die ätherische Luft, in welcher sie sich befinden. Diese wird durch die ihr mitgetheilte Wärme verdünnt, und indem auf diese Weise ihr specifisches Gewicht, vermöge dessen sie vorher nach der Sonne strebte, vermindert wird, steigt sie nach Art des Rauches empor und reisst die zurückwerfenden Theilchen, aus denen der Schweif besteht, mit sich fort. Hierbei wird, wie schon gesagt, das Aufsteigen durch den Stoss des Sonnenlichtes befördert.
§. 70. Dass die Schweife aus diesen Atmosphären hervorgehen, wird durch verschiedene Erscheinungen derselben bestätigt.
Dass ferner die Schweife aus den Köpfen hervorgehen, und in die der Sonne abgewandten Gegenden aufsteigen, wird ausserdem durch die Gesetze, welche sie befolgen, bestätigt. So weichen sie in den Ebenen der Kometenbahnen, welche durch die Sonne gehen, von dem der letzteren gegenüber liegenden Punkte immer nach derjenigen Seite hin ab, welche die in jenen Bahnen fortrückenden Köpfe verlassen. Ferner erscheinen sie einem, in dieser Ebene befindlichen Beschauer direct an der der Sonne gegenüber liegenden Seite; entfernt sich derselbe aber aus diesen Ebenen, so nimmt er allmählig eine Ablenkung des Schweifes wahr, welche täglich zuzunehmen scheint. Ferner ist diese Ablenkung, unter übrigens gleichen Umständen, kleiner, wenn der Schweif stärker gegen die Kometenbahn geneigt ist, wie auch, wenn der Kopf der Sonne näher kommt.
Die nicht abgelenkten Schweife erscheinen geradlinig, die abgelenkten sind gekrümmt. Die Krümmung ist grösser, wenn die Ablenkung es ist und leichter wahrzunehmen, wenn der Schweif unter übrigens gleichen Umständen eine grössere Länge hat; denn bei kurzen Schweifen nimmt man eine Krümmung kaum wahr. Der Ablenkungswinkel ist kleiner in der Nähe des Kometenkopfes, grösser nahe am anderen Ende des Schweifes; daher ist der letztere mit seiner convexen Seite nach der Richtung gewendet, von wo aus die Ablenkung entsteht, und welche auf der, von der Sonne durch den Kometenkopf ins Unendliche gezogenen, Linie liegt. Diejenigen Schweife, welche ausgedehnter und breiter sind und mit einem lebhafteren Lichte glänzen, sind an der convexen Seite etwas glänzender und weniger unbestimmt begrenzt, als an der concaven Seite. Die Erscheinungen hängen daher von der Bewegung des Kopfes, nicht aber von der Himmelsgegend ab, in welcher man diesen erblickt. Sie entstehen nicht durch Strahlenbrechung im Himmelsraum, sondern entspringen aus dem Kopfe, welcher die Materie hergiebt. So wie nämlich in unserer Luft der Rauch eines jeden brennenden Körpers nach oben steigt, und zwar entweder perpendikulär, wenn der Körper ruhet oder in schräger Richtung, wenn dieser sich seitwärts bewegt; so müssen im Himmelsraume, wo die Körper gegen die Sonne gravitiren, Rauch und Dämpfe von der Sonne aufsteigen, wie schon gesagt ist, und entweder geradlinig, wenn der rauchende Körper ruhet, oder in schräger Richtung nach den oberen Theilen streben, wenn der Körper fortschreitend immer den Ort verlässt, von welchem die oberen Theile des Dampfes aufgestiegen waren. Jene Richtung wird weniger schiefgeneigt sein, wo der Dampf schneller aufsteigt, nämlich nahe bei der Sonne und dem dampfenden Körper. Dort ist nämlich die Kraft der Sonne, vermöge welcher der Dampf aufsteigt, stärker. Durch die verschiedene Schiefe wird aber die Dampfsäule gekrümmt, und weil der Dampf an der vorhergehenden Seite der Säule etwas neuer ist, wird er dort auch dichter sein, das Licht deswegen reichlicher reflectiren und weniger unbestimmt begrenzt sein; während der Dampf an der entgegengesetzten Seite allmählig schwächer wird und nach und nach den Augen entschwindet.
§. 71. Dass die Kometen bisweilen unterhalb der Merkursbahn herabsteigen, wird durch ihre Schweife bewiesen.
Uebrigens haben wir hier nicht vor, die Ursachen der Naturerscheinungen anzugeben; ob aber das eben Gesagte wahr oder falsch sei, dies haben wir wenigstens im Früheren ausgeführt. Dass die Strahlen von den Kometenschweifen aus, längs gerader Linien sich durch die Himmelsräume fortpflanzen und so von den Theilen des Himmels herkommen, in denen die Schweife sich dem Beschauer, wo dieser sich auch befinden möge, zeigen, und dass diese von den Köpfen aus nach den, der Sonne abgewandten, Seiten aufsteigen, haben wir gezeigt. Hierauf fussend, setzen wir den Abständen der Kometen aufs Neue folgendermaassen eine Grenze:
Es sei S die Sonne, T die Erde, STA der Winkelabstand des Kometen von der Sonne und ATB die scheinbare Länge des Schweifes. Da sich das Licht vom Ende des letzteren längs der geraden Linie TB fortpflanzt, so wird sich jenes Ende irgendwo auf dieser Linie befinden. Es sei D dieser Punkt, man ziehe DS, welche die Linie TA in C schneidet. Da der Schweif immer sehr nahe der Sonne gegenüber liegt, und daher diese, der Kometenkopf und das Ende des Schweifes in gerader Linie liegen, so befindet sich der Kometenkopf in C. Man ziehe SA TB, wodurch TA in A geschnitten wird; alsdann wird der Kopf des Kometen sich nothwendig zwischen T und A befinden. Das Ende des Schweifes liegt nämlich irgendwo auf der unbegrenzten Linie TB und alle Linien SD, welche von S nach TB gezogen werden können, schneiden die Linie TA irgendwo zwischen T und A. Ein Komet kann daher nicht weiter von der Erde entfernt sein, als um TA, und nicht weiter von der Sonne, als die Länge der Linie SA jenseits oder ST diesseits beträgt. Z. B. Am 12. Dec. 1680 stand der Komet um 9° von der Sonne ab und sein Schweif war mindestens 35° lang. Man construire nun das Dreieck TSA so, dass ATS = 9°, SAT = ATB = 35° wird; alsdann verhält sich die grösstmögliche Entfernung des Kometen von der Sonne zum Halbmesser der grossen Bahn, d. h. SA : ST = sin 9° : sin 35° nahe = 3 : 11.
Der Komet war daher damals um weniger als 3/11 des Abstandes der Erde von der Sonne entfernt und er befand sich entweder innerhalb der Merkursbahn[26] oder zwischen dieser und der Erde.
Ferner war am 21. December der Abstand des Kometen von der Sonne = 32°,4 und die Länge des Schweifes = 70°; daher verhielt sich die Grenze des Abstandes des Kometen von der Sonne zur Entfernung der Erde von ihr, wie sin 32°,4 : sin 70° = 4 : 7.
Der Komet war also noch nicht aus der Venusbahn hinausgetreten.[27] Am 28. December wer der Winkelabstand des Kometen von der Sonne = 55° und die scheinbare Länge des Schweifes = 56°. Die Grenze der Entfernung des Kometen von der Sonne verhielt sich daher zum Abstande der Erde von der letzteren, wie sin 55° : sin 56°; der Komet befand sich also noch innerhalb der Erdbahn. Aus der Parallaxe schliesst man aber, dass der Komet ungefähr am 5. Januar aus der letzteren heraustrat, und dass er weit unterhalb der Merkursbahn herabgestiegen war. Nehmen wir nun an, er sei um 8. December, wo er sich mit der Sonne in Conjunction befand, im Perihel gewesen; so hat er zur Zurücklegung des Weges vom Perihel bis zum Heraustritt aus der Erdbahn 28 Tage gebraucht und in den folgenden 26 oder 27 Tagen, wo er mit unbewaffnetem Auge noch sichtbar war, seine Entfernung von der Sonne kaum verdoppelt. Wenn man auf dieselbe Weine die Grenzen der Entfernung anderer Kometen bestimmt, so kommt man endlich zu dem Schluss, dass alle Kometen, so lange sie uns sichtbar sind, sich innerhalb eines kugelförmigen Raumes befinden, dessen Mittelpunkt die Sonne und dessen Radius der einfachen, zwei- oder höchstens dreifachen Entfernung der Erde von der Sonne gleich ist.
§. 72. Die Kometen bewegen sich in Kegelschnitten, deren Brennpunkt im Mittelpunkte der Sonne liegt und beschreiben mit den nach diesem gezogenen Radien der Zeit proportionale Flächen.
Die Kometen befinden sich daher während der ganzen Zeit ihrer Sichtbarkeit innerhalb der Thätigkeitssphäre der Sonnenkraft; sie werden folglich durch dieselbe angezogen und beschreiben auf diese Weise (nach §. 33., Zusatz 1. des ersten Buches) Kegelschnitte, deren Brennpunkte im Mittelpunkte der Sonne liegen und ihre nach der Sonne gezogenen Radien beschreiben Flächen, welche den Zeiten proportional sind. Denn jene Kraft erstreckt sich ungeheuer weit und leitet die Bewegung der Körper weit jenseits des Saturns.
5. 73. Jene Kegelschnitte sind mit Parabeln nahe verwandt. Man schließt dies aus der Geschwindigkeit der Kometen.
Man hat eine dreifache Hypothese über die Kometen angestellt. Nach der ersten entstehen sie und werden vernichtet, so oft sie erscheinen und verschwinden; nach der zweiten kommen sie aus der Gegend der Fixsterne und gehen bei unserem Planetensystem vorüber; nach der dritten Hypothese endlich laufen sie beständig, in sehr excentrischen Bahnen, um die Sonne. Im ersten Falle werden sie sich, nach der Verschiedenheit ihrer Geschwindigkeit, in beliebigen Kegelschnitten bewegen; im zweiten Falle werden sie sich in Hyperbeln und in diesen beiden Fällen ohne Unterschied in den Gegenden der Pole und der Ekliptik befinden. Im dritten Falle erfolgt die Bewegung in sehr excentrischen Ellipsen, welche Parabeln sehr nahe kommen; ihre Bahnen aber werden, wenn das Gesetz der Planeten beibehalten wird, nicht weit von der Ebene der Ekliptik abweichen. So weit ich bis jetzt habe wahrnehmen können, findet der dritte Fall statt. Die Kometen befinden sich nämlich meistens im Zodiacus und erreichen kaum jemals eine heliocentrische Breite von 40°[28] Sie bewegen sich ferner in sehr nahe parabolischen Bahnen, wie ich aus ihrer Geschwindigkeit schliesse. Die letztere verhält sich nämlich, wenn eine Parabel beschrieben wird, überall zu derjenigen Geschwindigkeit, mit welcher ein Komet oder Planet sich in einem Kreise, dessen Halbmesser seiner Entfernung von der Sonne gleich ist, bewegen könnte, wie : 1 (nach §. 36., Zusatz 7. des ersten Buches). Nach meiner Rechnung fand sich nun nahe eine solche Geschwindigkeit der Kometen. Ich untersuchte die Sache, indem ich beiläufig die Geschwindigkeiten aus den Entfernungen und diese aus der Parallaxe und den Erscheinungen des Schweifes zusammengenommen, ableitete. Die Fehler, um welche die Geschwindigkeit grösser oder kleiner wurde, waren nicht bedeutender, als sie aus den Entfernungen, welche auf jene Weise bestimmt worden waren, hervorgehen konnten. Ich bediente mich aber auch der folgenden Berechnung.
§. 74. In welcher Zeit die in Parabeln sich bewegenden Kometen die grosse Bahn durchlaufen werden.
Theilt man den Radius der grossen Bahn in 1000 Theile, so mögen die Zahlen in der 1. Columne der folgenden Tabelle den Abstand des Scheitels der Parabel vom Mittelpunkte der Sonne, in solchen Theilen ausgedrückt, bezeichnen. Alsdann wird der Komet sich in den Zeiten, welche in der zweiten Columne stehen, vom Perihel zur Oberfläche einer Kugel bewegen, deren Mittelpunkt in der Sonne liegt und deren Radius dem der grossen Bahn gleich ist. In den Zeiten, welche in der 3., 4. und 5. Columne angegeben sind, wird er jenen Abstand von der Sonne verdoppeln, verdrei- oder vervierfachen.
Abstand zwischen dem Mittelpunkt der Sonne und dem Perihel des Kometen. |
Zeit, welche der Komet braucht, um von einem Perihel zu einem, dem Radius der grossen Bahn gleichen Abstande von der Sonne zu gelangen. | |||
1. | 2. | 3. | 4. | 5. |
0 5 10 20 40 80 160 320 640 1280 2560 |
d. h. ' 27 11 12 27 16 07 27 21 00 28 06 40 29 01 32 30 13 25 33 05 29 37 13 46 37 09 49 |
d. h. ' 77 16 28 77 23 14 78 06 24 78 20 13 79 23 34 82 04 56 86 10 26 93 23 38 105 01 28 106 06 35 |
d. h. ' 142 17 14 144 03 19 153 16 08 200 06 43 147 22 31 |
d. h. ' 219 17 30 221 08 54 232 12 20 297 03 46 300 06 03 |
In welcher Zeit die Kometen in die Sphäre der grossen Bahn einoder aus ihr heraustreten, ergiebt sich beiläufig aus der Parallaxe, kürzer aber aus der folgenden Tabelle:
Scheinbarer Abstand des Kometen von der Sonne. |
Scheinbare tägliche Bewegung des Kometen in seiner Bahn. |
Abstand des Kometen von der Sonne in Theilen, deren 1000 gleich dem Radius der grossen Bahn.. | |
60° 65 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 |
rechtläufige. 2° 18' 2° 33' 2° 55' 3° 07' 3° 23' 3° 43' 4° 10' 4° 57' 5° 45' 7° 18' 10° 27' 18° 37' ∞ |
rückläufige. 0° 20' 0° 35' 0° 57' 1° 09' 1° 25' 1° 45' 2° 12' 2° 49' 3° 47' 5° 20' 8° 19' 16° 39' ∼ |
1000 845 684 618 651 484 416 347 278 209 140 70 0 |
§. 75. Mit welcher Geschwindigkeit die Kometen von 1680 die grosse Bahn durchwandert sind.
Es trifft der Ein- oder Austritt auf die Zeit des Abstandes des Kometen von der Sonne in der ersten Columne, welche von Seiten der täglichen Bewegung her bestimmt wird. So war am 4. Januar 1681 alten Styls die scheinbare tägliche Bewegung des Kometen in seiner Bahn etwa 3° 5', welcher, der Abstand 71⅔° entspricht. Diesen erlangte der Komet am 4. Januar um 6 Uhr Morgens. Ferner hatte der Komet, welcher am 11. November sichtbar war, die tägliche scheinbare Bewegung von 4⅔°, welcher der Abstand 79⅔° (79° 37') entspricht und dieser fand am 10. November kurz vor Mitternacht statt. Um diese Zeiten gelangten die Kometen zu dem Abstande, in welchem sich die Erde von der Sonne befand und die Erde war fast schon im Perihel. Die Tabelle I. ist aber für den mittleren Abstand = 1000 der Erde von der Sonne berechnet und der wirkliche Abstand ist um so viel grösser, als die Erde in Zeit von 1 Tage bei ihrer jährlichen Bewegung, der Komet aber in 16d mit seiner Bewegung zurücklegen kann.
Damit der Komet auf diesen mittleren Abstand von 1000 Theilen reducirt werde, addire man zur ersten und subtrahire von der zweiten Zeit 16h; alsdann wird jene Jan. 4. 10 Uhr Abends und diese Nov. 10. 6 Uhr (8 Uhr) Morgens.[29]
Aus dem Werthe und Fortgange der täglichen Bewegung schliesst man, dass beide Kometen am 7. und 9. December mit der Sonne in Conjunction waren. Von da bis zum Januar 4. 10h einer- und bis zum 10. November 6 Uhr Morgens andererseits sind etwa 28 Tage.[30]
So viel Tage mussten sie (nach Tabelle I.) in den parabolischen Bahnen verwenden.
§. 76. Diese Kometen waren nicht zwei, sondern machten nur Einen aus, und es wird genauer dargethan, in welcher Bahn und mit welcher Geschwindigkeit er durch den Himmel gewandert ist.
Uebrigens wird es durch das Zusammenfallen der Perihele und die Uebereinstimmung der Geschwindigkeiten wahrscheinlich, dass diese Kometen, welche ich als zwei betrachtet habe, nicht zwei, sondern nur Ein und derselbe Komet waren. Dem Gesetze nach wird die Bahn desselben eine Parabel, oder ein nur wenig von der Parabel abweichender Kegelschnitt sein, und in ihrem Scheitelpuncte nahe die Oberfläche der Sonne berühren. Aus Tabelle II. ergiebt sich nämlich der Abstand des Kometen von der Erde am 10. November = 360[31], am 4. Januar eben so gross. Hieraus und aus seinen Längen und Breiten schliesst man, dass der gegenseitige Abstand der Oerter, in denen er sich damals befand, ungefähr = 280 war.
Die Hälfte hiervon = 140 ist eine Ordinate der Kometenbahn, welche von der Axe einen, dem Radius der grossen Bahn oder 1000 ungefähr gleichen Theil abschneidet. Dividirt man das Quadrat der Ordinate 140 durch die Abscisse 1000, so findet man den Parameter = 19,6, oder in runder Zahl 20, deren vierter Theil = 5 der Abstand des Scheitels vom Mittelpunkte der Sonne ist. Dem Abstande 5 entspricht in Tab. I. die Zeit 27d 16h 7m. In dieser Zeit wird also der Komet in der parabolischen Bahn den Weg von seinem Perihel bis zu der, mit dem Radius der grossen Bahn beschriebenen, Kugel zurücklegen und die doppelte Zeit, oder 55d 8¼h wird zu seiner ganzen Bewegung innerhalb der grossen Bahn erfordert. So verhält sich die Sache wirklich.[32] Vom 10. November 6 Uhr Morgens, wo der Komet in diese Bahn eintrat, bis zum 4. Januar 10 Uhr Abends, wo er heraustrat, sind 55d 16h; der Unterschied von 7¾h ist bei dieser rohen Rechnung zu vernachlässigen und kann vielleicht aus der, in der Ellipse etwas langsamer erfolgten, Bewegung entspringen. Zwischen dem Ein- und Austritt fällt die Mitte auf den 8. December 2 Uhr Morgens. Um diese Zeit also musste sich der Komet im Perihel befinden. Wirklich sah Halley an eben diesem Tage, kurz vor Sonnenaufgang, einen sehr kurzen, breiten und höchst glänzenden Schweif, welcher perpendikulär vom Horizont emporstieg, wie wir bereits gesagt haben. Aus der Lage dieses Schweifes schliesst man, dass der Komet bereits durch die Ekliptik gegangen war und nördliche Breite hatte; er war also bereits bei seinem Perihel, welches auf der anderen Seite der Ekliptik lag, vorüber, hatte jedoch noch nicht den Meridian der Sonne erreicht. Der damals zwischen dem Perihel und der Conjunction mit der Sonne befindliche Komet war also wenige Stunden vorher in dem ersteren gewesen. So nahe bei der Sonne musste er sich nämlich sehr, schnell bewegen, und in einzelnen Stunden scheinbar fast halbe Grade zurücklegen.
§. 77. Durch mehrere Beispiele wird gezeigt, mit welcher Geschwindigkeit die Kometen sich bewegen.
Aus ähnlichen Berechnungen schliesse ich, dass der Komet von 1618 am 7. December gegen Sonnenuntergang in die sphärische Grenze der grossen Bahn getreten sei. Seine Conjunction mit der Sonne traf etwa auf den 9. oder 10. November; es liegen daher zwischen beiden etwa 28 Tage, wie bei dem vorhergehenden Kometen. Auch aus der Grösse des Schweifes, welche der des vorhergehenden gleich war, folgt mit Wahrscheinlichkeit, dass er den Sonnenkörper nabei berührt habe. Es glänzten in diesem Jahre 4 Kometen, von denen dieser der letzte war. Der zweite, welcher sich zuerst am 31. October nahe bei der auf gehenden Sonne zeigte und bald darauf in ihren Strahlen verschwand, war nach meiner Vermuthung derselbe, welcher um den 9. November aus den Sonnenstrahlen hervortrat. Der Komet von 1607 trat am 14. September alten Styls in die Sphäre der grossen Bahn, und gelangte am 19. October in sein Perihel, so dass zwischen beiden ein Zeitraum von 35 Tagen lag. Jener kleinste Abstand unterspannte an der Erde einen Winkel von etwa 23° und war daher beiläufig 390 Theile gross. So vielen Theilen entsprechen aber in Tabelle I. etwa 34d.[33] Ferner trat der Komet von 1665 am 17. März in die Sphäre der jährlichen Bahn und am 16. April in sein Perihel; die Zwischenzeit betrug also 30 Tage. Der Abstand zwischen dem Perihel und der Sonne unterspannte einen Winkel von etwa 7° an der Erde und war daher 122 Theile gross. Dem letzteren entsprechen aber in Tabelle I. 30 Tage.[34] Wiederum trat der Komet von 1682 um den 11. August in die Sphäre der grossen Bahn, und befand sich um den 16. September in seinem Perihel, wo sein Abstand von der Sonne etwa 350 Theile gross war. Diesen entsprechen in Tabelle I. 33⅓ Tage.[35]
Auch jener berühmte Komet von Regiomontanus, welcher im Jahre 1472 durch die Gegend des Nordpols ging und täglich 40° zurück legte, betrat die Grenze der grossen Bahn am 21. Januar, wo er am Pole vorüber ging und indem er von da vorwärts eilte, verbarg er sich Ende Februar in den Sonnenstrahlen. Es ist daher wahrscheinlich, dass 30 oder mehr Tage zwischen jenem Eintritt und dem Perihel des Kometen verflossen sind, und dass der letztere sich in der Wirklichkeit nicht geschwinder als andere Kometen bewegte. Die so grosse scheinbare Geschwindigkeit hat er aber wohl nur dadurch erlangt, dass er so nahe bei der Erde vorüberging.
§. 78. Es wird die Aufgabe vorgelegt, die Bahn der Kometen zu bestimmen.
Die Geschwindigkeit der Kometen, so weit sie durch derartige genäherte Rechnung bestimmt werden kann, ist diejenige, mit welcher Parabeln oder diesen nahe kommende Ellipsen beschrieben werden müssen, und dieselbe wird daher durch die gegebene Entfernung zwischen den Kometen und der Sonne selbst, sehr nahe gegeben. Hieraus entspringt folgende
Gegeben ist das Verhältniss zwischen der Geschwindigkeit des Kometen und seinem Abstande von der Sonne; man sucht seine Bahn.
Wenn diese Aufgabe gelöst ist, so erhält man endlich eine Methode, nach welcher man die Bahnen der Kometen auf’s Genaueste bestimmen kann. Wird nämlich jenes Verhältniss zweimal angenommen und daraus jedesmal die Bahn bestimmt; wird hierauf aus den Beobachtungen der Fehler beider so gefundenen Bahnen gesucht, so kann die Annahme nach der regula falsi verbessert und so eine dritte Bahn gefunden werden, welche genau mit den Beobachtungen übereinstimmt. Bestimmt man nun nach dieser Methode die Bahnen der Kometen, so kann man endlich genauer erfahren, welche Gegenden diese Körper durchwandern, wie gross ihre Geschwindigkeit, von welcher Natur die durch sie beschriebenen Bahnen sind und welche wahre Grosse und Gestalt die Schweife, nach den verschiedenen Entfernungen der Köpfe von der Sonne haben. Man darf selbst auch hoffen, dass man nach dieser Methode erfahren könne, ob die Kometen zu bestimmten Zeiten in ihre Bahnen zurückkehren und in welchen periodischen Zeiten sie ihren Umlauf vollenden. Die Aufgabe wird aber gelöst, indem man zu erst aus 3 oder mehreren Beobachtungen die stündliche Bewegung zu einer gegebenen Zeit ableitet und hierauf durch diese Bewegung die Bahn bestimmt. So ist die Auffindung der Bahn von einer einzigen Beobachtung und der stündlichen Bewegung zur Zeit derselben abhängig, und wird daher sich selbst entweder bestätigen oder widerlegen; denn der Schluss, welchen man aus der Bewegung zu der einen oder anderen Stunde und einer falschen Hypothese zieht, wird nie mit den Bewegungen des Kometen von Anfang bis zu Ende übereinstimmen. Die Methode der ganzen Berechnung geschieht folgendermaassen:
Lehnsatz I. Es sind die zwei Linien OR und TP gegeben; man soll beide durch eine dritte PR so unter dem rechten Winkel TRP schneiden, dass, wenn man von dem gegebenen Punkte S die Linie SP zieht und der Punkt ebenfalls gegeben ist, das Produkt SP · OR² einem gegebenen Werthe gleich werde.
Auflösung. 1. Graphisch.
Jener gegebene Werth des Produktes sei: M² · N.
Im beliebigen Punkte r der geraden Linie OR errichte man ein Perpendikel rp, welches TP in p schneidet. Durch S und P ziehe man die Linie Sq = .
Auf ähnliche Weise siehe man drei oder mehrere gerade Sq" Sq'", etc., und durch alle so erhaltenen Punkte q, q", q'", etc. die reguläre Curve qq" q"', welche die gerade Linie TP in dem gesuchten Punkte P schneiden wird. Von diesem fälle man das Perpendikel PR.
2. Trigonometrisch. Man nehme die eben gefundene Linie TP an, alsdann werden dadurch in den Dreiecken TPR und TPS die Perpendikel TR und BS gegeben und im Dreieck SBP die Seite SP und der Unterschied — SP = D bekannt werden.
Nun bewirke man, dass D sich zu einem neuen Unterschiede E verhalte, wie p" q" ± p" q'" : p" p"', oder wie p" q" ± D : p" P.
Addirt oder subtrahirt man diesen neuen Unterschied zu oder von TP, so erhält man die verbesserte Länge TP ± E.
Die Wahl der Zeichen + oder — hängt von der Zeichnung ab.
Sollte eine weitere Verbesserung nöthig sein, so wiederhole man die Operation.
3. Arithmetisch. Die vorhergehende graphische Operation sei ausgeführt, und es werde die so gefundene Länge von TP = TP + e gesetzt. Alsdann erhält man folgende verbesserte Werthe für die Linien OR, BP und SP, nämlich für OR, OR — e, für BP, BP + e, für SP, .
Hieraus folgt nach der Methode der convergirenden Reihen
Nun setze man die gegebenen Werthe
alsdann wird, wenn man die Zeichen gehörig berücksichtigt, nach GL 1. F + e + e² = 0, oder
Vernachlässigt man das sehr kleine Glied , so wird
ist jenes Glied nicht zu vernachlässigen, so setze man in demselben statt e den Näherungswerth — G (nach Gl. 4.), und es wird dann (nach GL 3.)
Man bemerke, dass hierdurch eine allgemeine Methode angedeutet wird, nach welcher man schwierige Aufgaben, sowohl trigonometrisch, als auch arithmetisch auflösen kann, ohne jene verwickelten Rechnungen und Auflösungen der Bedingungsgleichungen, deren man sich bisher zu bedienen pflegte.
Lehnsatz II. Es sind drei gerade Linien, und auf einer der selben ein Punkt gegeben; man soll durch diesen eine vierte Linie ziehen, deren durch jene drei begrenzten Stücke ein gegebenes Verhältniss zu einander haben.
Ihrer Lage nach sind die drei Linien AB, AC, BC und auf AC der Punkt D gegeben. Man ziehe DG AB, bis erstere BC in G schneidet. Nimmt man nun GF : BG in dem gegebenen Verhältniss und zieht man FDE, so wird FD : DE = FG : BG.
Trigonometrisch. Im Dreieck CGD sind die Winkel und die Seite CD gegeben; daraus findet man die übrigen Seiten und aus dem gegebenen Verhältniss die Linien GF und BE.
Lehnsatz III. Für eine gegebene Zeit soll man die stündliche Bewegung eines Kometen finden und graphisch darstellen.
Aus Beobachtungen, welche vollkommenes Vertrauen verdienen, seien drei Längen des Kometen gegeben. Es seien ATR und RTB die Unterschiede derselben; man sucht die stündliche Bewegung zur Zeit der zwischenliegenden Beobachtung TR. Man ziehe (nach Lehnsatz II.) die gerade Linie ARB, deren abgeschnittene Theile AB und RB sich wie die Zwischenzeiten der Beobachtungen verhalten. Wenn nun ein Körper in der ganzen Zeit die ganze Linie AB gleich förmig durchliefe und inzwischen vom Orte T aus gesehen wurde, so wurde seine scheinbare Bewegung in der Nähe des Punktes R sehr nahe derjenigen entsprechen, welche der Komet zur Zeit der Beobachtung TR hatte.
Genauere Bestimmung. Es seien auf beiden Seiten die weiter entfernten Längen Ta und Tb gegeben, und man ziehe (nach Lehnsatz II.) die Linie aRb, deren Theile aR und Rb sich wie die Zwischenzeiten der Beobachtungen aTR und RTb verhalten. Dieselbe schneide die Linien TA und TB in D und E; da nun der Fehler der Neigung TRa ungefähr im doppelten Verhältniss der Zeit zwischen den Beobachtungen zunimmt, so ziehe man FRG so, dass entweder der Winkel DRF zu FRA oder DF zu FA im doppelten Verhältniss der ganzen Zeit zwischen den Beobachtungen Ta und Tb der ganzen Zwischenzeit der Beobachtungen TA und TR stehe, und nehme nun statt der oben gefundenen Linie AB die jetzt gefundene FRG an.
Es ist zweckmässig, die Winkel ATR, RTB, aTA und RTb nicht kleiner als 10 bis 15° und die ihnen entsprechenden Zeiten nicht grösser als 8 bis 12 Tage anzunehmen und die Längen dann zu bestimmen, wenn der Komet sich am geschwindesten bewegt. Auf diese Weise werden die Beobachtungsfehler ein kleineres Verhältniss zu den Unterschieden der Längen haben.
Lehnsatz IV. Die Längen der Kometen für gegebene Zeiten zu finden.
Dies geschieht, indem man auf FG die Abstände Rr und Rρ den Zeiten proportional annimmt und die Linie Tr und Tρ zieht.
Die trigonometrische Operation ist von selbst klar.
Lehnsatz V. Die Breiten zu finden.
Auf die Radien TF, TR, TG errichte man senkrecht die Tangenten Tf, RP, Gg der beobachteten Breiten und ziehe PH fg.
Die PH schneidenden Perpendikel rp, ρπ werden alsdann die Tangenten der gesuchten Breiten für die Radien Tr, Tρ sein.
Aufgabe I. Aus dem angenommenen Verhältniss der Geschwindigkeit des Kometen soll man seine Bahn herleiten.
Es bezeichne S die Sonne; t, T, τ seien gleich weit von einander entfernte Oerter der Erde in ihrer Bahn; p, P, π eben so viele jenen entsprechende Oerter des Kometen in seiner Bahn und ihre Zwischenzeit betrage jedesmal 1 Stunde; pr, PB, πρ die auf die Ekliptik gefällten Perpendikel und rRρ die Projection der Bahn auf dieselbe Ebene.
Man ziehe Sp, SP, Sπ, ST, SR, TR, tr, τρ, TP, und es mögen tr und τρ einander in O schneiden. Alsdann wird TR sehr nahe nach demselben Punkte gerichtet sein und der etwaige Fehler wenigstens vernachlässigt werden können. Durch die vorhergehenden Lehnsätze wer die Winkel rOR, ROρ, und die Verhältnisse pr : tr, PB : TR, πρ : τρ gegeben. Man kennt daher die Figur tTτO der Grösse und Lage nach, wie auch den Abstand TS und die Winkel STR, PTR und STP. Setzen wir nun voraus, dass die Geschwindigkeit des Kometen sich zu der Geschwindigkeit eines, in einem Kreise zum Halbmesser SP sich um die Sonne bewegenden Planeten verhalte, wie υ : 1. Alsdann ist die Linie pPπ so zu bestimmen, dass der vom Kometen in einem Zeitraume von 2 Stunden beschriebene Weg pπ sich zum Wege υ · tτ (d. h. zu dem Wege, welcher die Erde in der selben Zeit beschreiben würde, multiplicirt durch die Zahl υ), wie verhalte;
ferner dass der in der ersten Stunde vom Kometen beschriebene Weg pP, sich zu dem in der zweiten Stunde beschriebenen Wege Pπ verhalte, wie die Geschwindigkeit in p zu der in P stattfindenden, d. h. wie , oder wie 2SP : SP + Sp.[37]
Kleinigkeiten vernachlässige ich nämlich in dieser ganzen Operation, so weit dieselben keine bemerkbaren Fehler hervorbringen. Zu nächst erlange ich, wie bei Auflösung der Bestimmungsgleichungen die Mathematiker zuerst durch Muthmassung auf die Wurzel schliessen, eben so in dieser analytischen Operation, den gesuchten Abstand TR so weit ich es vermag, und ziehe hierauf (nach Lehnsatz II.) die Curve rρ so, dass zuerst rR = Rρ; darauf (wenn das Verhältniss SP : Sp bekannt geworden ist) so, dass rR : Rρ = 2SP : SP + Sp werde und erhalte so das gegenseitige Verhältniss der Linien pπ, tρ und OR.
Gesetzt, es sei M : υ · tτ = OR : pπ, so wird, weil pπ² : (υ · tτ²) = ST : SP auch OR² : M² = ST : SP, oder OR² · SP = M² · ST — Constans.
Denkt man sich daher nun die Dreiecke STP, PTR in derselben Ebene, so erhält man (nach Lehnsatz I.) TR, TP, SP und PR.
Alles dieses fahre ich zuerst graphisch, und zwar geschwind und roh durch, hierauf graphisch und mit grösster Sorgfalt, zuletzt aber mittelst numerischer Rechnung. Nun bestimme ich auf’s Neue die Lage der Linien rρ und pπ sehr genau und zugleich die Knoten und Neigung der Ebene Spπ gegen die Ebene der Ekliptik. In der ersten construire ich (nach §. 36. des ersten Buches) die Bahn, in welcher der Körper sich bewegt, der vom gegebenen Orte P aus längs der geraden Linie pπ und mit einer Geschwindigkeit ausgeht, welche sich zur Geschwindigkeit der Erde verhält, wie pπ : υ · tr.
Aufgabe II. Das angenommene Verhältniss der Geschwindigkeit und die dadurch gefundene Bahn zu verbessern.
Man nehme eine Beobachtung des Kometen, welche dem Ende der Bewegung des letzteren nahe liegt und von den vorher angewandten Beobachtungen weit entfernt ist, und suche den Durchschnitt des, nach jenem Orte des Kometen gezogenen, Radius mit der Ebene Spπ, wie auch den Ort des Kometen in seiner Bahn zu eben derselben Zeit. Fällt jener Durchschnitt auf diesen Ort, so ist dies ein Beweis, dass die Bahn richtig bestimmt worden ist. Findet dieses nicht statt, so hat man eine neue Zahl anzunehmen und eine neue Bahn zu bestimmen. Hierauf sucht man den Ort des Kometen in der letzteren für die Zeit jener angenommenen Beobachtung und wie vorhin den Durchschnitt des Radius mit der Ebene der Bahn. Aus der Aenderung des Fehlers, verglichen mit der Aenderung der anderen Grossen, schliesse man nach der goldenen Regel wie gross die Aenderungen und Verbesserungen der letzten Grössen sein müssen, damit der hervorgehende Fehler ein Minimum werde. Wendet man diese Verbesserungen an, so erhält man die Bahn hinreichend genau; vorausgesetzt, dass sich die Berechnung auf genaue Beobachtungen stütze und man in der Annahme des Werthes von υ keinen zu grossen Fehler begangen habe. Ist dies der Fall, so muss man die Operation so lange wiederholen, bis die Bahn hinreichend genau gefunden wird.
Bemerkungen des Verfassers
[Bearbeiten]- ↑ In Betreff der ältesten Pythagoräer erregt mir Timaeus von Locri gewichtige Zweifel, indem er in seinem Werke περι ψυϰας ϰοσμου die Erde auf sehr beredte Weise in der Mitte des Weltalls annimmt. Ueber derselben nimmt er den Mond und über diesem die Sonne an, welche in der Zeit eines Jahres ihren Umlauf vollende. Diese wird nach ihm, fast mit gleicher Geschwindigkeit, durch den Merkur und die Venus begleitet. Hierauf theilt er den drei übrigen Planeten, Mars, Jupiter und Saturn, einem jeden seine eigene Geschwindigkeit und Bahn zu. Alle aber sind innerhalb der Kugel des ersten beweglichen Körpers (Primi Mobilis) enthalten, durch dessen Umdrehung sowohl alle unteren Planeten, als auch die Sonne selbst bewegt werden. Bemerkung des Verfassers.
- ↑ Diejenigen sind daher unverständig, welche die Wetterveränderungen aus der Kraft des Mondes herleiten.Bemerkung des Verfassers.
Bemerkungen und Erläuterungen [des Übersetzers]
[Bearbeiten]- ↑ [657] No. 334. S. 513. Ich bitte, hier die vorhergehende Bemerkung 332. zu beachten.
- ↑ [657] No. 335. S. 521. Setzt man die Masse der Erde = T, die des Mondes = L, so soll die Reihe T + L, (T + L)x, (T + L)x², (T + L)x³ dergestalt gebildet werden, dass (T + L)x³ = T, also x = werde. Das im Texte erwähnte erste Glied ist aber [658]
und das Verhältniss T + L : .
Für den mittlern scheinbaren Durchmesser des Mondes = 31,'5, und für „ „ „ „ der Erde = 114,6, wird T : L = (114,6)³ : (31,5)³ = 42 : 1
und T + L : = 43/42 : = 128 : 127. - ↑ [658]
No. 336. S. 522. Setzt man den mittlern Abstand der Erde von der Sonne = 10000; so ist der mittlere Abstand des Jupiters von der Sonne, oder SJ = 52012 und der mittlere Abstand der Venus von der Sonne = 7234. Wenn nun die grösste Elongation des 4. Trabanten, oder TSJ = 8' 13" und der wirkliche Abstand JT = x gesetzt wird; so hat man x = SJ tang 8' 13" = 124 und so x : SJ = 124 : 52012 und ähnlich x : SV = 124 : 7234, wo SV den mittlern Abstand der Venus von der Sonne bezeichnet.
- ↑ [658] No. 337. S. 522. Es wird, weil 16d 18h = 402h, 224d 16h = 5392h, das gesuchte Verhältniss = 767 : 249 = 442 : 143. Ferner 442 · = 0,13 und 0,13 : 143 = 1 : 1100.
- ↑ [658]
No. 338. S. 524. Für CF = 191382, FG = 3, wird FCG = 3/191383 206265" = 3,"25 und nicht = 3,"14 wie im Text.
- ↑ [658] No. 339. S. 525. Der Durchmesser des Jupiters wird, nach den im Text angegebenen Werthen, = = 39,"6.
- ↑ [658] No. 340. S. 527. Es ist in der neuern Zeit wohl von sympathetischen Pendeln, d. h. solchen die Rede gewesen, welche bei gleicher Form und Länge neben einander schwingend, bald gleichförmig zu schwingen anfangen. Hieraus könnte man einen Einwurf gegen die im Texte von Newton beschriebenen Versuche und die Strenge der daraus gezogenen Schlüsse abnehmen. Dieser Einwand wird bei den neuern Versuchen von Bessel fortfallen, wo die Schwingungen der Pendel bei verschiedenen Substanzen, jede für sich beobachtet wurden.
- ↑ [658] No. 341. S. 529. In der spätern Zeit hat man die Ablenkung des [659] Lothes von der vertikalen Richtung beachtet und zu bestimmen versucht. Es möge hier an den Berg Shehallien erinnert werden.
- ↑ [659] No. 342. S. 531. Für die Umlaufszeit
der Venus = 224,d7 finde ich ihre Fallzeit = 39,d72, des Jupiters = 4332,58 „ „ „ „ = 2 Jahre 35,d4, der Erde = 365,26 „ „ „ „ = 64,d569. - ↑ [659] No. 343. S. 532. Vergleiche die frühere Bemerkung 332.
- ↑ [659] No. 344. S. 532. Dieser letzte Satz wird gegenwärtig wesentlich modificirt durch die beiden später entdeckten und weiter entfernten Planeten Uranus und Neptun, wogegen die vielen Asteroiden, in Folge ihrer verschwindend kleinen Masse, als wirkungslos in dieser Beziehung betrachtet werden können.
- ↑ [659] No. 345. S. 534. Der Inhalt dieses §., namentlich des letzten Satzes ist höchst interessant, indem Newton aus den vorher auseinander gesetzten Bewegungen mit grosser Wahrscheinlichkeit auf das Vorhandensein des damals noch unbekannten Planeten Uranus schloss. Nur dieser, nicht aber die ganz oder fast ganz masselosen Kometen konnten als Ursache der wahrgenommenen Aenderungen in den Elementen der bekannten Planeten in Betracht kommen. Nachdem etwa ein Jahrhundert später der Uranus durch Zufall entdeckt worden und seine lange genug verfolgten Bewegungen ähnliche Störungen gezeigt hatten, haben Leverrier und Adams aus diesen nicht allein das Vorhandensein eines weitem äussern Planeten als wahrscheinlich abgeleitet, sondern auch den Ort desselben, des Neptuns, so nahe richtig vorher angezeigt, dass derselbe sogleich aufgefunden werden musste.
- ↑ [659] No. 346. S. 535. Da allgemein das Differential der Fläche des vom Monde beschriebenen Sectors = ½r²dv und hier dasselbe proportional der Summe 237,3 + sin vers.: so wird r² = , wo a eine Constante bezeichnet.
- ↑ [659] No. 347. S. 536. Die Umlaufszeit des vierten Trabanten ist
=16d 16h 32m = ♃☽, unseres Mondes = 27,d32166 = ♁☾. Die sider. Umlaufszeit des Jupiters = 4332,d5848 = ♃, „ „ „ der Erde = 365,d25637 = ♁. Die 100jährige rückläufige Bewegung des Mondknotens = 5 Umläufe 134° 9' 57,"5 = 18134° 10' = Δ♌, mithin die 100jährige Bewegung des Knotens des vierten Trabanten
= Δ♌' : Δ♌ = ♁² : ♃²
♃☾ : ♁☾und mittelst der vorstehenden Werthe, welche nach Hansen a. a. O. angesetzt sind, Δ♌' = 8° 24'.
- ↑ [660] Ko. 348. S. 512. Vermuthlich muss hier 18. statt 13. gelesen werden.
- ↑ [660]
No. 319. S. 545. Der grösste Unterschied der Fluthhöhe wird offenbar in den Punkten A und B stattfinden, weil CA der grösste und CB der kleinste Halbmesser und daher
1. CA — CB ein Maximum ist.
Weil CE = CF > CB, wird
2. CA — CE = CA — CF < CA — CB, also zwischen der Mitte A und den Küsten E und F des EF breiten Meeres ein geringerer Unterschied der Fluthhöhe, als zwischen A und B stattfinden. Ferner wird
3. CE — CF = 0 und daher zwischen den Küsten E und F des EF breiten Meeres gar kein Unterschied in der Fluthhöhe stattfinden.
Betrachten wir das ef breite Meer, so ist Ce nahe dem grössten Werthe CA, Cf nahe dem kleinsten Werthe CB gleich und da CD < CA und CD > CB; offenbar
4. CD — Cf oder Ce — CD kleiner als Ce — Cf. Der Höhenunterschied der Fluth zwischen der Mitte D und den Kästen e und f des ef breiten Meeres ist geringer als der zwischen e und f selbst. Man ersieht hieraus zugleich, dass der letzte Unterschied desto grösser ist, je grösser die Breite ef des betreffenden Meeres vorausgesetzt wird. Hierbei muss aber der Winkel eCf am Mittelpunkte C der Erde kleiner als 90° sein, weil ein rechts von CB liegender Halbmesser Cf grösser als der letztere und daher Ce — Cf wieder kleiner werden würde.
- ↑ [660] No. 350. S. 547. Setzt man nämlich die bestimmte Höhe, für welche man das Gewicht bestimmen will, = h, eine unbestimmte Höhe = x und bezeichnet c eine Constante; so erhält man das Gewicht für die Höhe h aus cxdx = ½ch².
- ↑ [660] No. 351. S. 547. Vergleiche §. 41. des dritten Buches.
- ↑ [660] No. 352. S. 548. Genauer folgt hier 5L + 5S = 15165/2000 L — 9S, L = 28000/5165 S = 5218/518 = 53/5.
- ↑ [660] No. 353. S. 548.
Es ist in den Syzygien = 1685/2000, T = 1685/2000, „ „ Quadraturen = 2000/2000, T = 1685/2000, also 1685/2000 L + 1685/2000 S : L — 1685/2000 S = 6 : 5, woraus [661] L = 566/358S = 51/5S und im Mittel L = 53/10S = 5⅓ S, so wie L + S = 6⅓ S folgt.
- ↑ [661] No. 354. S. 549. Aus ergiebt sich der Werth 2031821, welcher von dem im Texte aufgeführten Werthe zwar verschieden ist, aber so wenig, dass der dort gezogene weitere Schluss richtig bleibt.
- ↑ [661] No. 355. S. 550. Nach der 4. Erscheinung des dritten Buches beträgt der mittlere Abstand des Saturns von der Sonne etwa 950000, wenn der mittlere Abstand der Erde von der Sonne = 100000 gesetzt wird; also die jährliche Parallaxe des Saturns = 100000/950000 ·3437,'7 .... = 361,'8. Da nun die jährliche Parallaxe der Fixsterne < 1'; so müssen diese mehr als 360 mal weiter von der Erde entfernt sein, als der Saturn.
- ↑ [661] No. 356. S. 551. Der ganze Inhalt dieses §. ist wohl mehr von theoretischem, als praktischem Interesse; auch scheinen mir die darin enthaltenen Zahlenangaben nicht ganz richtig. Deshalb einige Bemerkungen. Nehmen wir den Abstand der Erde von der Sonne S = 10000, den Abstand des Saturns von der Sonne K = 95388, den Abstand des Fixsterns = x; so ist nach dem Text < 1' oder x · 1' > 10000, d. h. > 10000, oder x > 34377466, und da 360 · R = 34339680, x > 360 · R. Der scheinbare Durchmesser des Saturns ist = 17,"1, mithin sein wirklicher Durchmesser D = 2 · 95388 sin 8,"55 und daher sein wirklicher Halbmesser r = 95388 sin 8,"55,
log 95388 4,97048 „ sin 8,55 5,61754 log r 0,59702 Die Fläche der Saturnsscheibe ist = r²π, die Fläche der Kugel zur mittleren Entfernung des Saturns von der ☉ = 4R²π mithin ihr gegenseitiges Verhältniss r² : 4R² = [1,19404] : [10,56102] = 1 : 2300000000, wofür im Text 1 : 2100000000. Die in den Klammern enthaltenen Zahlen bezeichnen Logarithmen.
Setzt man den wirklichen Durchmesser der Erde = 1, so ist die mittlere Entfernung der Erde von der Sonne D = 12027 und der wirkliche Durchmesser der Sonne Δ = 112,06. Es wird daher der scheinbare Halbmesser der Sonne = · 206264,"8 = 16' 0,"9, ihr Durchmesser = 32' 1,"8. Ferner die Parallaxe der Sonne = 206264'8 = 8,"5752. Die Sonne soll sich nun in der Entfernung 100000 · 9,53885 = 953885 von der Erde befinden, und da für d = 1 und Δ = 112,06, D = 12027 ist, so wird, wenn wir den 953885 entsprechenden Werth durch D' bezeichnen, aus 1 : 12027 = 953885 : D', also D' = 11472674895. Nach dem Texte sollte nun, wenn 206264,"8 = ω gesetzt wird. [662]ω = 7V 16VI und ω = 13V werden. Ich erhalte D' für den ersten Werth 7IV 17V und für den zweiten 13III.
Aus dem im Eingange dieser Bemerkung angegebenen Grunde enthalte ich mich weiterer Ausführung.
- ↑ [662] No. 357. S. 562. Nach §. 30., Zusatz des zweiten Buches haben wir thnz : thkw = Aa — Ff : Aa — Cc oder
1. thnz : thkw = 1 — : 1 — Nach der Lehre von der Hyperbel wird aber
2. thnz = log St — log Sz
thkw = log St — log Swund nach derselben Lehre SF · Ff = SA · Aa oder
und ebenso3. Nach den Gleichungen 1. bis 3. wird, wenn man
St = AH, d. h. die Dichtigkeit in A durch δ0 Sz = FN „ „ „ F „ δ Sw = CK „ „ „ C „ δ1 bezeichnet, oder, weil SF — SA = AF und [663] SC — SA = AC, wenn man den Abstand AF = x, AC = a, SC = SA + AC = r + a, SF = SA + AF = r + x setzt, wo r = 4000 englische Meilen den Halbmesser der Erde bezeichnet
, und indem man von den Logarithmen auf Zahlen übergeht:
5. . Nach dem Text ist δ0 = 33; a = 1200; δ1 = 32 engl. Fuss, r = 4000 Meilen = 19191600 Fuss, und x der Reihe nach in Meilen = 5, 10, 20, 40, 400, 4000, 40000, 400000, 4000000, ∼. Setzen wir log = log = 0,0133639 = C so folgt aus 5.
6. log δ = log 33 — C · und hiernach, folgende tabellarische Rechnung:
x 1 + log 33 — δ A. 5
10
20
40
400
4000
40000
400000
4000000
∼801
401
201
101
11
2
1,1
1,01
1,001
12,9036325
2,6031444
2,3031961
2,0043214
1,0413927
0,3010300
0,0413927
0,0043214
0,0004341
0,00000009,4262480
9,7267361
0,0266844
0,3255591
1,2884878
2,0288505
2,2884878
2,3255591
2,3294464
2,32988050,266842
0,533011
1,06337
2,11621
19,43067
106,86869
194,30673
211,62117
213,62384
213,737391,2516759
0,9855030
0,4551769
9,4023019
0,XVII08784
0,CV64982
0,CXCII21178
0,CCX89734
0,CCXII99467
0,CCXII7811217,8516
9,6717
2,8521
0,2525
0,XVII1224
0,CV4465
0,CXCII1628
0,CCX7895
0,CCXII9878
0,CCXII60411,8486
3,4120
11,5701
130,68
26957XV
73908CII
20259CLXXXX
41799CCVII
33414CCIX
54625CCIXDiese Darstellung verdanke ich meinem mathematischen Freunde Dr. Tietjen, wonach die Werthe δ bis auf den x = 400000 entsprechenden übereinstimmen. Hier steht im Original 7859 statt 7895, ein oft vorkommendes Versehen. Unser Werth scheint der richtigere zu sein, indem der aus sich ergebende Werth von A hiermit 41799 wie im Original wird. Auch die Werthe von A stimmen nicht alle mit den im Original aufgeführten.
Es ist zwar r = 4000 e. Meilen angegeben, aber nicht wie viele [664] Fuss auf 1 e. Meile gehen, was doch erforderlich, weil a in Fussen ausgedrückt ist. Der Werth von ist demnach aus einen der einzelnen Fälle abgeleitet worden, und zwar am einfachsten aus x = ∼ entsprechenden, wo einfach nach Gl. 6. 1 + also weil hier δ = 0,CCXII6041, log 33 = 1,5185139, log δ = 0,CCXII78112,
log [log 33 — log δ] = log [213,73739] — 2,3298895, log C = log [0,0133639] = 8,1259332 — 10,1 + = 15993,64; = 15992,64, 1 e. Meile = 4797,79 e. Fuss wird.
- ↑ [664] No. 358. S. 563, Der Saturn ist von der Sonne im Mittel entfernt 197VI g. Meilen = 56736IX Zoll und die letzte Zahl ist weit kleiner, als 73907CII.
- ↑ [664] No. 359. S. 565. Die halbe grosse Axe der Mercursbahn ist = 0,387, wenn die der Erde = 1 gesetzt wird; mithin ihr Verhältniss = 387 : 1000 oder 4,2 : 11 > 3 : 11.
- ↑ [664] No. 360. S. 566. Für die Venus haben wir das ähnliche Verhältniss = 723 : 1000 = 5 : 7 > 4 : 7.
- ↑ [664] No. 361. S. 567. Wir müssen bemerken, dass sich für neuere Kometen die Neigung weit grösser ergeben hat, und daher ihre Breite grösser als 40° werden kann. Ferner sind die Grenzen der Zone, innerhalb deren die Planeten sich bewegen, des sogenannten Zodiacus durch die Entdeckungen der kleinen Planten wesentlich erweitert worden.
- ↑ [664] No. 362. S. 568. Sind die Tageszeiten Jan. 4. 6h Morgens und Nov. 10. 12h so gerechnet, wie es früher zu geschehen pflegte, dass nämlich der Anfang des Tages um Mitternacht angenommen wurde; so ist Jan. 4, 6h Morgens = Jan. 3. 18h, nach der neuern Anfangszeit des Tages um Mittag,
Jan. 3. 18h + 16h = Jan. 4. 10h, d. h. Jan. 4 10h Abds. Nov. 10. 12h Abends = Nov. 10. 12h und Nov. 10. 12h — 16h = Nov. 9. 20h = Nov. 10. 8h Morgens
nicht 6h wie im Text. - ↑ [664] No. 363. S. 568. Es ist Jan. 4.10h — Dec. 7 = Dec. 35,4 — Dec. 7 = 28,d4, Dec. 7. — Nov. 10,3 = Nov. 37 — Nov. 10,3 = 26,7. Jan. 4. 10h — Dec. 8 = 27,d4, Dec. 8. — Nov. 10,3 = 27,7.
- ↑ [664] No. 364. S. 569. Nach §. 75. war am 10. Nov. die scheinbare tägliche Bewegung des Kometen = 4⅔°, welcher nach der vierten Columne der Tab. II. der Abstand 347 + · 69 = 360 entspricht.
- ↑ [664]
No. 365. S. 559. Zur Veranschaulichung dieser Stelle im Text sei die Parabel der Bahn dargestellt mit den drei Oertern vom 10. Nov., [665] 8. Dec. und 4 Jan., und dem Punkte S, wo die Sonne sich im Brennpunkte befindet. Die Zeit 27d 16h 4m ist nach Tab. I. 27 16 7, der Unterschied nicht von Belang.
- ↑ [665] No. 366. S. 570. Aus dem Winkel von 23° folgt
der kleinste Abstand = 1000 sin 23° = 390,7. Den letztern Werthe entsprechen nach Tabelle I. nicht 34d wie im Text, sondern 37d.
Diese Tabelle ist offenbar die modificirte Barker’sche Tafel, mittelst welcher die mittlere Bewegung aus der wahren Anomalie gefunden wird. Diese Tafel ist in dem Werke von Olbers: „Abhandlung über die leichteste und bequemste Methode, die Bahn eines Kometen aus einigen Beobachtungen zu finden. Weimar 1797", wie auch in der zweiten, von Encke besorgten Ausgabe. Weimar 1847. enthalten.
Nach derselben fallen die im Texte enthaltenen Zahlenwerthe etwas verschieden aus, jedoch sind die Unterschiede nicht von Bedeutung; da nach des Verfassers Bemerkung die ganze Berechnung in diesem Paragraphen nur eine genäherte sein soll.
- ↑ [665] No. 367. S. 570. Dem Abstande von 122 Theilen entsprachen in Tab. I. 31½, nicht 30 Tage wie im Text.
- ↑ [665] No. 368. S. 570. Dem Abstande von 350 Theilen entsprechen 37,2, nicht 33½ Tage, und der erstere Unterschied kommt dem Sept. 16 — Aug. 11 = 36 Tage näher.
- ↑ [665] No. 369. S. 572. Da SP = , so wird verbessert SP = , ferner SP = , also verbessert SP = . Hier steht im Original fälschlich + e. Es wird hierauf = (SP²)½ + ½ (SP²)-½ BP · e + ½(SP²)-½e² — 1/8(SP²)-3/2 4BP²e etc. = SP + e + ½ e² etc = SP + e + e² etc. [666]
etc. - ↑ [666] No. 370. S. 575. Das Verhältniss , ist identisch mit dem SP : , und dieses geht, wenn es erlaubt ist, statt des geometrischen Mittels das arithmetische zu setzen, über in 2 SP : SP + Sp.
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