Melpomene/Band 2/081 Bei dem Grabe einer jungen glücklichen Frau, die an einer kurzen schmerzlichen Krankheit starb

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aus: Melpomene
Seite: Band 2, S. 216–218
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[216]

81. Bei dem Grabe einer jungen glücklichen Frau, die an einer kurzen schmerzlichen Krankheit starb.

Melod. VI.

1. Lebt wohl ihr Freunde! ruft aus diesem Grabe,
Uns zu belehren, unsre Schwester zu,
Bedenket, wie ich euch geliebet habe,
Und bethet auch für meiner Seele Ruh;
Bald schlägt auch eure bittre Sterbestunde,
Drum haltet euch zum Tode stets bereit,
Und stehet fest mit Gott im Liebesbunde,
Bis an das Ende dieser Lebenszeit.

2. Denn ach! wie kurz ist unser Erdenleben,
Wie schnell verschwindet auch das höchste Glück!
Und wenn wir auch entzückt in Wonne schweben,
So dauert es nur einen Augenblick;
Die Lust verflieget, wie der Rauch im Winde,
Auf einmal bricht der Hoffnung morscher Stab,
Des Todes Hände nehmen uns die Binde,
Die uns verblendet, von den Augen ab.

3. Ich fühle mich so selig, so zufrieden,
Und war von meinem Glücke ganz berauscht;
[217] Was ich nur wünschte, wurde mir beschieden,
Ich hätt mit keiner Königin getauscht.
Auf einmal fiel ich von des Glückes Höhen,
Getroffen von des Todes Pfeil, herab,
Und meine Brust durchwühlten tausend Wehen,
Und stürtzten mich ins unverhoffte Grab.

4. Wie hiengen meine Augen voll Entzücken
An meines Gatten holdem Angesicht!
Ich fühlte Seligkeit in seinen Blicken,
Und dachte an die Trennungstunde nicht:
Nun aber hat im Grabe sich geschlossen
Vor seinem Bild mein modervoller Blick,
Verschwunden ist das Glück, das ich genossen,
Und ach! es kehret nimmermehr zurück.

5. Und o! die theuren Pfänder unsrer Liebe!
Wie waren sie gewachsen mir ans Herz!
O daß ich länger noch bei ihnen bliebe!
Ich führte sie so gerne himmelwerts:
Als Waisen muß ich sie zurücke lassen
In dieser so gefahrenvollen Welt;
Und ach! wer lehret sie die Sünde hassen,
Die reizend sich vor ihre Sinne stellt.

6. Allein so war es Gottes heilger Willen,
Und was er will und thut, ist wohl gethan;
Bald wird sich seine Güte uns enthüllen;
Drum bethet seine weise Vorsicht an,
Ja bethet nur mit Jesu seinem Sohne:
[218] Dein heilger Willen, Vater! soll geschehn;
Dann werden wir bei seinem Gnadenthrone
Auf ewig uns im Himmel wieder sehn.

7. Wohlan! wir wollen diese weisen Lehren,
Die uns die Schwester hier im Grabe gab,
Genau befolgen, wahrhaft uns bekehren,
Und treu der Tugend bleiben bis ins Grab;
Dann mag die Welt mit ihrem Tand verschwinden
Wenn unser Herz und Aug im Tode bricht:
Wir werden ewige Belohnung finden,
Und selig seyn vor Gottes Angesicht.

Anmerkungen

Jungs Errata (Bd. 2, S. 295) wurden in den Text eingearbeitet.