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Menschenfresser unter deutscher Reichsflagge

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Menschenfresser unter deutscher Reichsflagge
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 36, S. 596
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: angeblicher Kannibalismus unter den Bewohnern von Neubritannien
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Bearbeitungsstand
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[596] Menschenfresser unter deutscher Reichsflagge. Seitdem das Deutsche Reich Besitzungen in fernen Oceanen erworben, befinden sich unter seinem Schutze allerlei vielfarbige zahme und wilde Menschenexemplare, und selbst an Kannibalen fehlt es darunter nicht. R. Parkinson, ein Plantagenbesitzer auf der Insel Neu-Britannien, welche jetzt aus dem Englischen ins Preußische übersetzt worden ist und den Namen Neu-Pommern führt, hat seine Erlebnisse und Betrachtungen in einer Schrift „Im Bismarck-Archipel“ zusammengestellt (Leipzig, F. A. Brockhaus). Während er die unvergleichliche Fruchtbarkeit des Landes rühmt, kann er den Eingeborenen nicht ein gleich günstiges Zeugniß ausstellen; ohne gerade von besonderer Kriegslust beseelt zu sein, führen sie doch nicht selten Krieg mit einander und oft aus den unbedeutendsten Anlässen. Wird ein Hund gestohlen, der dem Eigenthümer nicht zurückgegeben oder nicht in Muschelgeldwerth ersetzt wird, so ist dies ausreichender Grund zu einer Kriegserklärung; weniger befremden wird es Alle, welche etwas von der „Schönen Helena“ und dem Trojanischen Krieg gehört haben, daß auch in Neu-Pommern die Entführung einer Gattin durch den Genossen eines benachbarten Stammes schon oft eine Kriegserklärung zur Folge hat. Dies ist auch der Fall, wenn ein Ehemann aus irgend einem Grunde seiner Gattin müde geworden ist und sie schimpflich zu ihren Verwandten zurückschickt. Die Kriege werden mit geschleuderten Steinen und Speeren, auch mit Feuerwaffen geführt; es fehlt nicht an jenen Herausforderungen und Verhöhnungen, wie sie die Homerischen Helden lieben; im Ganzen bleiben indeß die Kämpfer in respektvoller Entfernung. Wohl aber haben die Bewohner Neu-Britanniens die üble Gewohnheit, die Leichen der erschlagenen Feinde gelegentlich zu verzehren. Wenn ein solcher Leichnam heimgebracht worden ist, so versammeln sich auf ein mit der großen Holztrommel gegebenes Zeichen sämmtliche Bewohner des Dorfs und die Zertheilung beginnt. Der Leichnam ist Eigenthum Desjenigen, der ihn gebracht hat und der die einzelnen Stücke an die Umstehenden verkauft. Gewöhnlich sind der Theilnehmer so viele, Männer, Weiber und Kinder, daß höchst selten einer ein Stück erhält, das groß genug ist, um sich daran satt essen zu können. Der Kannibalismus ist eigentlich als ein Akt des Hasses und der Rache gegen den erschlagenen Feind und dessen Stammesgenossen anzusehen, wie denn auch die letzteren nicht eher ruhen, als bis sie wieder ihrerseits einen Mann aus dem feindlichen Stamme verspeist haben.