Minnesold (Bürger)
Wem der Minnedienst gelinget,
O, wie hoch wird der belohnt!
Keinen bessern Lohn erringet,
Wer dem grösten Kaiser frohnt.
Frohnt er selbst um Minnesold.
Was sind Gold und Edelsteine?
Was des Mogols Perlenpracht?
Minnesold ist doch alleine,
Perlen, Edelstein und Gold
Näm’ ich nicht für Minnesold.
Minnesold läst Amt und Ehren,
Goldnen Sporn und Ritterschlag,
Was der Kaiser geben mag.
Ehre lacht nicht halb so hold,
Als der Minne Freudensold.
Nimmer, nimmermehr hienieden
Süsseres ist nur beschieden
Seligen im Paradies.
Süs ist, was die Biene zolt;
Süsser dennoch Minnesold.
Aller Freuden Fünftelsaft;
Minnesold hat aller Leiden,
Aller Leiden Heilungskraft.
Was der Balsamstaud’ entrollt,
Minnesold lehrt frei verachten
Aller Färlichkeiten Not,
Flammen, Wasserfluten, Schlachten,
Lehrt verschmähen jeden Tod.
Stürb’ ich doch für Minnesold.
Auszuspenden alle Habe,
Zu verbluten mit Gedult,
Wär’ ein Schärflein Armengabe,
Den Verlust von Gut und Blut
Macht der Sold der Minne gut.
O, so wil ich immer harren,
Immerdar, mit stetem Mut;
Schmachten in des Heumonds Glut.
Denn das alles lohnt der Sold,
Den getreue Minne zolt.