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Neuere Literatur zur Geschichte Englands im Mittelalter (DZfG Bd. 2)

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Autor: Felix Liebermann
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Titel: Neuere Literatur zur Geschichte Englands im Mittelalter
Untertitel:
aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 2 (1889), S. 193–235, 462–523.
Herausgeber: Ludwig Quidde
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Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung J.C.B. Mohr
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Erscheinungsort: Freiburg i. Br
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Quelle: Scans auf Commons
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[193]
Neuere Literatur zur Geschichte Englands im Mittelalter[1].
I. Besprechungen einzelner Werke.

Edw. A. Freeman, The methods of historical study, 8 lectures[2] read in the University of Oxford in Michaelmas term, 1884 with the inaugural lecture on The office of the historical professor. London 1886. 8°. VII, 335 S.

Diese Vorträge in leicht verständlicher Form[3] regen den angehenden Historiker zu wissenschaftlichem Ernst an; philosophische Tiefe, encyklopädische Vollständigkeit, systematische Anordnung, scharfe Definition, technische Winke[4], oder Ausbeutung der methodologischen Literatur erstreben sie nicht. Manche Mahnung wird dem deutschen Leser überflüssig erscheinen; den englischen Studenten aber mag z. B. der wiederholte Hinweis auf die einheitliche Wurzel der romanisch-germanischen Staatenwelt vor insularer Beschränktheit wahren. Und da diesen Darstellungsgabe, politischer Sinn und der Mangel einer Schule, deren Kritik er zu fürchten hätte, früh zum leichten Essay reizen, musste ihm hier abgerathen werden, dilettantisch bei der Neuzeit zu beginnen. Zuerst, meint Freeman, solle jeder alte Geschichte und Literatur studiren, auch wer spätere Epochen bearbeiten wolle; denn z. B. Roger von Sicilien bleibe unverstanden ohne Timoleon. [194] Eine ideale Forderung, nur einem Ranke erfüllbar! Andere Sterbliche werden wohl bei der gewohnten Arbeitsteilung nach Epochen weniger Erkenntniss zu verlieren fürchten, als wenn sie es unterliessen, die Einzelheit aus der gleichzeitigen Cultur zu begreifen: Freeman selbst hat mit schönstem Erfolge aus Ortsbeschreibung, Kunst und Sprache die Staatsgeschichte erhellt; und die heutige Wissenschaft schreitet offenbar in der Richtung fort, dass man Recht, Wirthschaft, Kirche, Literatur, Philosophie, Volksglauben und Zustand der Nachbarländer in der betreffenden Periode zur Erklärung eines zeitlich und örtlich begrenzten Stoffes benutzt. Ja, der Vergleich angeblich ähnlicher Gestalten oder Ereignisse in grundverschiedenen Epochen führt oft irre[5] und bringt selten mehr als ein blosses Hilfsmittel der Darstellung. – Der Satz: „Geschichte ist vergangene Politik, Politik gegenwärtige Geschichte“, drückt zunächst zwar harmlos die Einheit der Geschichte aus, die innerlich keine Abschnitte kennt – übrigens empfiehlt Freeman, zum pädagogischen Zweck mit 407 das Mittelalter zu beginnen –; allein der Satz birgt auch eine m. E. gefährliche Verwechslung von Wissenschaft des Vergangenen und künstlerischem Schaffen des Zukünftigen; diese Verquickung der Geschichte mit der Moral verleiht zwar der englischen Geschichtsschreibung die Kraft, den Charakter zu veredeln, verführt aber in der Darstellung leicht zum Prophetenton und lässt das ethisch Gleichgültige als trockenen Stoff gern bei Seite liegen.

Von Schriftstellern über das Mittelalter preist Verf. Stubbs und Waitz am höchsten, verehrt als Lehrmeister Kemble, Guest, Willis Palgrave, charakterisirt ausserdem Gibbon, Finlay, Milman, Hallam und bekennt sich in der Darstellung als Macaulay’s Schüler. Nachdrücklich wird vor Blackstone’s und Thierry’s Irrthümern[6] über die Geschichte des 11. Jh.s gewarnt; wenn dies Fachleuten gegenüber heute unnöthig erscheint, so ist das gerade Freeman’s früheres Verdienst.

Die gewählten Beispiele betreffen bisweilen das Mittelalter[7]: so wird Gregor von Tours kräftig geschildert, und die Schweizer Freiheit von der Bergnatur abgeleitet. Manchmal wird englisches Mittelalter gestreift: die Hintersassen des Grossguts waren nicht alle von Anbeginn Unfreie; die „sächsische“ Baukunst ist die allgemein frühromanische; agsächs. Namen bei Normannen stammen wahrscheinlich von agsächs. Pathen; die Theorie, dass alles englische Land unter [195] der Krone besessen werde, stammt von Wilhelm’s I. Rechtsfiction, dass es durch Treulosigkeit der Besitzer ihm verfallen und nur durch seine Gnade wieder ausgeliehen sei; Heinrich I. ist nur möglicherweise zu Selby, Edward II. zu Caernarvon, aber nicht in dem als sein Geburtsort gezeigten Adlerthurm geboren; Barnstaple behauptete vor Edward III. fälschlich, durch Aethelstan zur Theilnahme am Parlament berufen und dafür von Lasten befreit zu sein; in Walsall und Kidwelly begegnen Reste einer volksfremden Aussenstadt.


Karl Elze, Grundriss der engl. Philologie. Halle 1887. 8°. VIII, 363 S. Verf. († 1888) bedauert, dass „es an Specialforschungen aus den Quellen, namentlich auf dem Felde der Alterthümer fehle“, berücksichtigt zwar wesentlich Sprache und Neuzeit, bringt aber höchst dankenswerthe Ansätze zur Bibliotheca engl. MA.s, namentlich für histor. Hilfswissenschaften[8] und Nachbargebiete[9], z. Th. seltene Titel, in ausreichender Fülle und bewundernswerth genau, nur leider, da er die Bücher grösstentheils nicht sah, nicht immer glücklich ausgewählt. Für ma. Geschichte benutze man die Capitel „Geographie, Geschichte, Privatalterthümer“, findet aber „Literaturgeschichte, Geschichte der Sprache“ anderswo vollständiger behandelt. Das fleissige Werk ermangelt zwar des Inhaltsverzeichnisses und Registers, erstrebt aber auf Böckh’s Spuren gewissenhafte Systematik und liefert damit dem Methodologen der Geschichte ebenso im Allgemeinen wie im Einzelnen für viele Fragen, z. B. Textbehandlung, eine Vorarbeit.


Denman W. Ross, The early history of landholding among the Germans. Boston 1883. 8°. VIII, 274 S. Obwohl Ross die Gesammtheit der Germanen bis zum Ausgange der Karolinger betrachtet, so mag sein Buch hier unter angelsächsischer Geschichte desshalb besprochen werden, weil er, wie mir scheint, angeregt wurde von der Reaction gegen die Annahme, dass auch in England freie Markgenossenschaft mit Gesammteigen an Land geherrscht habe. Er schreitet zum äussersten Gegensatz: der Einzelhof des Freien habe unfreien Dörfern neben sich herrschaftlichen Boden zu Besitz ausgetheilt. Dieser mittelalterliche Zustand herrsche schon in Taciteischer Zeit des halben Nomadenthums. Nur für die Pächter, nicht für den Eigenthümer, gebe es Gemeindeland (mit Gemenglage); alle ihre Rechte daran (rights of common) seien Rechte an fremdem Land, nämlich des Herrn. Niemals habe eine Gemeinschaft von freien Bauern Land zu eigen: wenn es auch zeitweise noch unter den Erben eines Eigenthümers unvertheilt, gemeinschaftlich besessen werde, so könne doch [196] jeder Miterbe sein Stück (selbst an Wald und Weide!) herausverlangen, sei also stets Individualeigenthümer. Selbst der Wald gehöre wenigen Magnaten, deren Oberherrschaft das Volk erst später abwälze.

Cäsar’s privati nihil, und Tacitus’ agri in vices occupantur auf grossherrschaftliches Privateigenthum zu deuten, war aber nur durch voreingenommenes Lesen möglich: da heisst „cultor“ Knecht und „spatia camporum“ Gewanne, „gesett (bestelltes) land“ Pächterbesitz im Gegensatz zu „inland“ (Domäne), als ob es kein „utland“ gäbe!

Mir erscheint Ross’ Ergebniss völlig unhaltbar: an einzelnen geschriebenen Quellen leidet es vielleicht weniger Schiffbruch, aber in die Gesammtanschauung der heutigen Wissenschaft vom urgermanischen Staat, Recht und Heer fügt es sich meines Erachtens nicht ein. Immerhin sind Gelehrsamkeit (auch Kenntniss deutscher Forschung, besonders Inama-Sternegg’s), Fleiss, ursprüngliche Denkkraft, klare Darstellung dem Werk nicht abzusprechen. Vermittelst des Index kann man unter den reichen Noten für viele Fragen altdeutscher Verfassung (Grundlasten, Erbrecht z. B.) brauchbare Quellennachweise finden: allein die Stämme und Zeiten werden überall zu wenig gesondert. Und wie nothwendig ist das doch gerade für eine Uebergangsperiode, wie die Zeit zwischen Cäsar und Karl dem Grossen!


Analecta Bollandiana V. VI. Ediderunt Car. de Smedt, Gul. van Hooff, Joseph de Backer et Car. Houze, pr. s. J. Par. Brux. 1886 f. 2 Bde. 432, 416 S. Für englisches Mittelalter findet sich V, 53: „Hymni paracterici[10] 3 in laudem s. Swithuni Wintoniensis episcopi [† 862] ex cod. Rotomag. s. X [ex. oder XI in.], Alençon. s. XI[11] ed. E. P. Sauvage“. Diese Verse in schwierigster Form und doch klarem und fehlerlosem Latein entstanden im Domkloster von Winchester[12], jedenfalls erst nach der Schulreform unter Fleury’s Einfluss, also etwa kurz vor 1000. Als Poesie oder Geschichtsquelle besitzen sie keinen Werth. – S. 165: „Vita s. Melori in Britannia Minori ab anonymo suppari [vor 849?] conscr., cur. F. Plaine“ erzählt die Ermordung des Meliav[13] von Cornouailles und seines Sohnes Melior zwar in ursprünglicherer Form als die zu 411 datirte [197] Legende von Cornwall[14], welche ein Glaubensmotiv unterschob, bedarf aber einschneidender Kritik[15]. Ein angefügter Hymnus meldet: „Hildebertus rex Franciae Locum auxit Melori“; daraus folgert Plaine: Melor starb vor 711[16]. – S. 193: „Passio s. Mononis“, eines scotischen Missionars in Nassogne im 7. Jh., macht Scotia zur „insula inter Angliam et Hiberniam“, auf die sie den Ruhm Irlands aus Beda überträgt, entstand also kaum vor dem 12. Jh.[17], dem die Hss. angehören. – VI, S. 16: „Vita s. Bertuini“, der im 7. Jh. in England geboren und Bischof[18] war und zu Malonnes verehrt wird. – S. 72: „Epistola“ von H[oof?] erklärt den Besitzer des Wiener Livius saec. V für den Frisenapostel Swithberht, Willibrord’s Genossen. – S.77: „Vita s. Samsonis Dolensis [um 550[19]] ed. Fr. Plaine“, verfasst von einem Bretonen und benutzt von mehreren Biographen Samson’s, z. B. a) einem Dol’schen Dichter vom Beginn des 10. Jh.s[20], dessen Werk hier erscheint; b) Baldric von Dol, dessen Prolog abgedruckt wird; c) der in „Acta SS. Juli VI 573“ nach Mabillon veröffentlichten Vita. Diese Untersuchung ist wichtig, beansprucht jedoch nicht Vollständigkeit[21]. – S. 305: „The lyfe of St. Wenefreide a. D. 1401“[22], mittelenglische Predigt aus Hs. Stonyhurst s. XVII, inhaltlich z. Th. nach der lateinischen Vita[23] und werthlos. Der Herausgeber übersah den Druck in Hearne’s Peter Langtoft I, p. CXCVI in früherer Sprachform. Es folgen Wunder der Wenefreda im 16., 17. Jh.


Bernhard ten Brink, Beowulf. Untersuchungen. [Quellen und Forsch. zur Sprach- und Culturgesch. der german. Völker; hrsg. von ten Brink, Martin, Schmidt. 62. Heft.] Strassb. 1888. 8°. VIII, [198] 248 S. Widersprüche, Wiederholungen, Unebenheiten im Beowulf-Gedichte machen die Annahme mehrerer Verfasser nothwendig. Spätere Aenderungen und Erweiterungen genügen zur Erklärung nicht: ten Brink weist nun mehrere gleichzeitige, unabhängige Behandlungen derselben Stoffe nach in „bahnbrechender“[24] Untersuchung, deren textkritische und ästhetische Einzelbemerkungen[25] ihren Werth behalten, selbst wenn das (hier nur in grossen Zügen darlegbare) positive Ergebniss anfechtbar wäre: Der Beowamythos, Angeln und Sachsen[26] gemeinsam, verknüpfe sich um 535 auf dem Festlande, also bei den Angeln[27], mit der im Grunde historischen Sage von Beowulf, der im Heere des Gautenkönigs Hygelac auf dem Beutezug zum Niederrhein um 515 als Held und Schwimmer hervortrat (aber nicht, wie das Epos erdichtet, lange über die Gauten regierte). Aus jenem Mythos entnehme die Beowulfsage schon damals das „Wettschwimmen[28] mit Breca“ und gewinne dorther, nachdem sie um 550 die Angeln nach Britannien begleitet, den „Drachenkampf“; diesen allein behandle um 610 ein Bernicier episch. Selbständig daneben besinge man in Deira, wo „Wettschwimmen“ zur Episode werde, aus der Beowulfsage die „Heorotreise“ und den „Grendelkampf“ des Beowamythos und steige um 625 mit der „Reise“ zur Höhe altenglischer Epik: die Nationaldichtung finde nämlich in Northumbrien unter den milderen scotischen Bekehrern längere Duldung als im Süden bei den strengeren Römern, ersticke freilich auch dort um 650 in Theologie. – Das noch heidnische Mercien empfange schon vor 650 vom Norden die „Reise“ und entwickle nun eine wildere Epik aus der „Reise“ und eigenen Sagen von Beowulf’s dänischen Thaten und „Kampf mit Grendel’s Mutter“. Dann trete zwar seit etwa 655 vor dem eindringenden deirischen Epos die mercische Epik zurück, füge jenem aber mancherlei hinzu: Dänisches, Christliches, „Grendel’s Mutter“ und die Thrydho-Sage in Anknüpfung an die 697 ermordete Königin Osthrydh. Um 690 singen mercische Dichter von Grendel und Grendel’s Mutter untereinander abweichend. Vom „Drachenkampf“ werde in Mercien erstens die bernicische Version um 690 mit der älteren Form der beiden Reiseabenteuer und zweitens die deirische um 710 mit der jüngeren Form verbunden und aufgezeichnet. Beide mercischen Schriften verwebe vor 800 ein Redactor zu einem [199] Werke, das bald darauf einem theologischen Einschalter anheimfalle. So schreibe das Buch ein Kenter vor 900 ab. Und dieser kentische Beowulf liege dann westsächsischen Schreibern vor, mittelbar auch den beiden der einzigen Hs. um 975.

Aus Skandinavien stamme weder die Sage noch eines der Lieder, geschweige das ganze ans jenen erwachsene Epos, sondern nur die Episode von Headhobarden und Schwedenkampf; die Oertlichkeit des „Beowulf“ sei weder in Seeland noch in Northumbrien nachweisbar; aber zu seiner Gefühlsweichheit and Sittenmilde seien um 700 (welcher Zeit die Grammatik der ältesten Theile angehöre) nur die Engländer gereift. – Mit Recht schildere Beda Kenter und Wighter als einen Stamm, der aus Jütland wanderte, zwei Menschenalter bevor es Dänen besetzten, der nicht dänisch, noch mit Beowulf’s Geatas, d. h. skandinavischen Gauten, identisch sei.


A. Nürnberger, Aus der literarischen Hinterlassenschaft des hl. Bonifazius und des hl. Burchardus. Sonderabdruck aus dem 24. Bericht der wiss. Ges. Philomathie in Neisse, zugleich Festschr. zum 50jähr. Jubiläum derselben. Neisse. 1888. 8°. 49 S. Die von den Angelsachsen im 8. Jh. geschätzte Literatur, im Besonderen Bonifaz’ Bibliothek wird fleissig zusammengesucht[29] aus dessen Briefwechsel und vielen agsächs. Hss. in Fulda und Würzburg, die genau beschrieben werden. Darunter sind Glossen, wahrscheinlich von Bonifazius’ Hand, auch ein Codex mit beigelegten Zetteln zur Worterklärung, wie Beda solche dem Erzbischof Nothelm anfertigte. – Zum Schluss erscheint eine Homilie bonifazischer Zeit aus Sanct Gallen gegen Rückfall ins Heidenthum, die für germanische Mythologie wichtig ist. Die gediegene Schrift bereitet, wie mehrere frühere Arbeiten des Verf.s[30], eine Gesammtausgabe der Werke des Bonifazius vor.


Ludwig Traube, Karoling. Dichtungen. Aedelwulf, Alchuine, Angilbert. Rhythmen. (Schrr. zur germ. Philologie, hrsg. v. Rödiger I.) Berl. 1888. 8°. VIII, 161 S. Aedelwulf sei vielleicht Abt des von [200] ihm besungenen Klosters und der angeredete, B. Ecgberht von Lindisfarne (dessen Biographie S. 38), sein Vorgänger. Beides ist möglich. Dagegen das Kloster für eine Insel zu halten, bietet das von Traube angeführte „Uebersetzen“ eines Boten keinen Anlass: dieses kann sich auch erklären, wenn der Bote vom „Gebiet der Scoten“ [nicht „Grenze Schottlands“], z. B. Hy, herkam. Unter dem Selbstcitat einer Dichtung von Hyglac und englischen Heiligen verstehe Aedelwulf nicht, wie frühere annehmen, ein verlorenes Werk, sondern nur ein späteres Capitel: dies scheint mir mit „iamdudum perstrinxi, dum cecini“ unvereinbar. [Man vergl. Stubbs in Smith and Wace „Diction. of christian biogr.“: Ethelwulf.] Als Quellen weist Traube nach: Bedae carmen in Cuthberhtum, Bibeldichtung, Alcuin’s „York“, Aldhelm. Die drei Hss., unter denen O C eine Gruppe bilden, gehen auf eine verderbte Abschrift ags. Hand zurück. Traube’s Hauptverdienst liegt aber in den höchst scharfsinnigen, nur selten überkühnen Textemendationen des schwierigen Gedichts, die jedem Benutzer künftig unentbehrlich sind: mit berechtigtem Stolze, der aber Vorgänger schonen dürfte, erklärt er alle Fehler der Ueberlieferung angedeutet, die meisten behoben zu haben. Um so mehr ist zu bedauern, dass Arnold’s Abdruck von O in Symeonis [Dunelm.] op., Rolls Ser. 1882, I, 265, nicht benutzt ist: da finden sich viele gute Lesarten (gleich in der Rubrik erklärt sich Aethelwulf als „presbiter“), deren manche Traube’s Schlüsse bestätigen. Arnold rieth p. XXXIII, das Stift sei Craik; allein „cella“ heisst damals jedes Kloster, nicht bloss ein abhängiges. – Traube trennt S. 43 Aldhelm’s Stück VIII mit Recht von IX, erklärt und bessert S. 131 die Rhythmen in den Bonifazbriefen. – Der übrige Theil der wichtigen Forschung gehört mehr in die deutsche Literaturgeschichte.


Grant Allen, Early Britain. Anglo-Saxon Britain. (Soc. for prom. christian knowl.) Lond. o. J. 8°. VIII, 237 S. Verf. verwerthet die beste Literatur etwa bis 1880[31], auch philologische, archäologische und anthropologische, sieht die Geschichtsquellen mehrfach selbst ein, urtheilt und verbindet selbständig und stellt das Ergebniss in geschickter Weise volksthümlich, d. h. ohne Anmerkungen und etwas zu apodiktisch, dar. Zu allgemeinem Ueberblick, zur Anregung und Einführung empfiehlt sich das Büchlein, besonders weil es alles Wichtige und das heute noch aus Angelsachsenzeit Nachwirkende mit besonnener Abwägung hervorhebt. Die Einzelforschung zu fördern, wird zwar nicht beansprucht, doch wird auch die Wissenschaft [201] immerhin manches dankbar vermerken von Allen’s scharfsinnigen Erklärungen und Beobachtungen, deren Gewissheit er in weiser Bescheidenheit meist selbst beschränkt: Cynewulf’s Preis der ebenen Landschaft und des milden Klimas gegenüber der Beschreibung wilder Klippen und rauher Seestürme im Beowulf bedeutet den Sieg des Ackerbaus; in Dunstan’s Politik tritt germanisirtes Halbkeltenthum hervor, indem südwestliche Orte und Personen bevorzugt werden; die Dänen erlangten, weil an Blut und Sprache den Angeln näher, in den anglischen Gebieten leichtere Erfolge als in den sächsischen[32].


Charles Francis Keary, A catalogue of English coins in the British Museum. Anglo-Saxon series I. Ed. by Reg. St. Poole. With 30 plates. Lond. 1887. 8°. X, XCVI, 282 S. Mit lebhafter Freude begrüsst nicht bloss der Münzforscher dieses tüchtige Verzeichniss: es gewährt auch für die Geschichte der angelsächsischen Sprache, Schrift, Kunst, äusseren Beziehungen, inneren Verwaltung, Wirthschaft und Königsreihen wichtige Belege. Keary hat die Benutzung durch ags. Regesten, gelehrte Hinweise auf verwandte Sammlungen und treffliche Indices erleichtert und mit Fleiss und Schärfe in der Einleitung eine Münzgeschichte schon selbst herzustellen gesucht: auf der Höhe englischer und französischer Forschung beachtet er doch deutsche Arbeiten über fränkisches Münzwesen[33], germanische Verfassung und angelsächsische Sprache zu wenig. So gibt er in der Vorgeschichte den Goldring, der doch erst Werthbewahrung in Edelmetall darstellte, schon für Geld aus und erwähnt nicht, dass Vieh als Geld diente. Das Verzeichniss beschreibt auf das Genaueste etwa 2558[34] Münzen, von denen 463[34] verschiedene Prägungen beiderseitig in Lichtdruck erscheinen. [Der übrige ags. Münzbestand des Britischen Museums ist wessexisch; er bleibt dem andern Bande vorbehalten.] Der Stoff ist in 6 Theile geordnet: I. ein Goldsolidus, nach einem Honorius’schen kurz vor 600 in England (?) geschlagen, diente vielleicht noch zum Schmucke. Er bietet die älteste englische [202] Runeninschrift „Scanomodu“. Diesen Namen und 10 fernere in Runen auf späteren Münzen bis um 825 erklärte Wimmer dem Verf. Sie stammen sämmtlich aus anglischem Gebiet. Ausserdem zeigen viele Münzen Runen, vereinzelt oder mitten in sonst lateinischen Wörtern; dies dauert (ausgenommen die noch im 12. Jh. erhaltenen Runen für th, dh, w) bis kurz nach 900. – Classe II, etwa 600–750, umfasst a) Goldmünzen, theils nach Solidi des Magnus Maximus, theils nach merowingischen Trientes[35] geprägt; b) silberne Sceattas[36], in Gewicht und Werth nach merowingischen Silbermünzen, in der Zeichnung nach diesen oder nach römischen und byzantinischen Gold- und Kupfermünzen geschlagen. Die Angelsachsen haben, im Gegensatz zu den nach Südwesten gewanderten Germanen, nicht die römische Prägung fortgeführt (Britanniens Cultur wird auch hierin im 5. Jh. unterbrochen), sondern nach langer Pause, in der fränkische und Kaisermünzen des 4.–6. Jh.’s auf der Insel umliefen, die letzteren nachgemacht; vermuthlich begann damit Aethelberht von Kent zuerst mit fremden Arbeitern. Allein die ungeschickten Nachpräger lassen von Wort und Gestalt der Vorbilder oft nur sinnlose Punkte und Striche übrig[37]. Heimische Neubildung mannigfacher Form zeigt sich zuerst auf der Rückseite in Monogrammen und nordischen Ornamenten: als Spirale, Punktlinie, Bandverschlingung, Schlange, Drachen, Thiere, die sich in den Schwanz beissen. Von den z. Th. runischen Buchstaben ist fast kein Wort sicher entziffert. Der Name „Londonia“, „Londunium“ auf Stücken schlechten Silbers beweist, dass London auch im Beginn ags. Zeit alte Ueberlieferung und eine gewisse Selbständigkeit bewahrte, bb) Die frühesten ags. Namen von Münzherren stehen runisch auf der Rückseite mercischer Sceattas: „Pada“ (um 656), „Ethilired“; vorne bleibt das verderbte Kaiserbild. Diesen Culturfortschritt scheint also Peada gemacht zu haben, derselbe König, der das Christenthum einführte. – III. Sein grosser Nachfolger Offa prägt dann Englands erste Silberpfennige[38]. Aus deren Schönheit[39], bis zum 15. Jh. in England nicht übertroffen, folgt die Culturhöhe, [203] aus deren Nachahmung nach Pipin’s und Karl’s[40] Denaren die fränkische Beziehung, aus deren Anfertigung zum Theil in Canterbury (wo auch die Erzbischöfe auf ihren Münzen neben sich Könige der Mercier, später der Westsachsen nennen) die Abhängigkeit Kents, aus deren Einführung allmählich durch ganz England die sich vorbereitende Einung Britanniens. Offa’s berüchtigte Gemahlin Cynethryth „regina“ ist die einzige Frau auf diesen Münzen. Der Pfennig ist grösser, aber dünner als der Sceat, nennt den Regenten, meist mit seitlichem Brustbild (das bald in Haarflechten und Diademen der Könige, bald in Schnurrbärten, bald in Tonsur und Pallium der Erzbischöfe – nur diese erscheinen, vielleicht nach päpstlichem Vorbild, in Vorderansicht – individuelle Züge wagt), und gibt auf der Rückseite den für Schrot und Korn verantwortlichen Münzer an (manchmal mit „me fecit“, so dass der wirkliche Präger, nicht etwa ein Beamter zur Münzbeaufsichtigung, gemeint scheint) oder später bisweilen die Prägestadt: Dorobernia (d. i. Canterbury), York, Lincoln. Von Münzern[41] nennt dieser Band über 400. Dieser englische Denar, der, wie sein fränkisches Vorbild, unter Offa an Schwere wuchs, behielt fast sechs Jahrhunderte nahezu seinen Werth – ein starker Beweis für die finanzielle Beständigkeit des Reiches – und diente den Anfängen schottischer, irischer, skandinavischer Münzung zum Vorbild. Er zuerst lässt den Werth am Gepräge sehen, während die autoritätslosen Sceattas bei grösseren Zahlungen wahrscheinlich noch gewogen werden mussten. Seine Prägung steht nur den Königen und Erzbischöfen zu – ein Grundsatz, der, vielleicht in der Wikinger-Anarchie durchbrochen, im 10. Jh. Gesetz wird –, auch wenn der König die Münze, d. h. ihren Ertrag, Prälaten überweist. Merciens Münze (III) endet mit seiner Eroberung durch die Dänen 874. Kentische Denare (IV) sind a) von Königen geprägt seit dem von den Geschichtschreibern vergessenen Ecgberht II. um 780 bis zur Unterwerfung unter Wessex 825, b) von den Erzbischöfen von Canterbury c. 766–900. Von den Kleinstaaten Essex und Sussex sind keine Münzen bekannt: ihre Selbständigkeit endete zu früh. –

V. Aus Ostangeln stammen Pfennige, die dann nach Northumbrien eindringen: a) der Könige von c. 760 bis Aethelstan-Guthorm (890), [204] der dem Typus seines Pathen Aelfred folgt. Daneben werden b) nachweislich vor 905, schöne Denare „S. Eadmundi“ († 870) geprägt von zum Theil fremden Münzern, auch Franken wie Beringar, Hlodovicus, Milo, Rather, Remigius, Robert, Walter. Im 10. Jh. hat ausser Wessex kein Herrscher angelsächsischen Blutes mehr gemünzt und kein englischer Staat ausser Northumbrien. Dieses (VI.) prägte a) kupferne Stycas ohne Brustbild. „Stück“, Schatz, Pfennig allein bezeichnen Münzen, alle übrigen ags. Geldnamen, wie Schilling[42] u. s. w., nur Rechnungswerthe[43]. Die Kupfermünzen beginnen α) bei den Königen etwa 670, bei den Erzbischöfen von York um 734, laufen β) neben silbernen um, enthalten selbst zum Theil Silber, sind den Sceattas verwandt, bezeichnen aber, seitdem Südengland zum Pfennig übergeht, northumbrische Selbständigkeit und enden erst mit der nordischen Eroberung Yorks 867. Die Wikinger-Könige führten einige Jahre später hier b) Silberpfennige ein, die α) sie 874–954 – als die frühesten skandinavischen Münzpräger – anfangs nach fränkischen (erst im 10. Jh. nach westsächsischen) Mustern prägen. Diese fremden Herrscher übermitteln ein Gepräge König Aethelred’s II. von Northumbrien (von ca. 844) an Irland und Skandinavien zum Vorbild für deren erste Münze. Viele Münzen Cnut-Guthred’s zeigen „Quentovici“ (Étaples) und „Cunnetti“ (Condé?) als Prägeort und Karl’s des Kahlen Monogramm. β) Die zu St. Peter [York] geschlagenen Pfennige gehören etwa der Mitte des 10. Jhs. an. Kurz vorher begegnen uns auf Northumbriens Münzen die Wörter „cununc“ und „minetres“, während anderwärts ausser Namen nur lateinische Inschriften und zwar, abgesehen von „rex“ und „monetarius“, fast nur kirchliche Wörter vorkommen. – Für die Geschichte des Costüms bemerke man unter den Münzbildern: Schwert, Pfeil und Bogen, Wimpel, für die Paläographie das Keilförmige der Schrift seit etwa 850; die ältesten ags. Texte könnten hier datirte Namensformen finden, die freilich (z. B. „Edilredd“ um 845 mit „Eilred“) wechseln, als wären sie durch Jahrhunderte sprachlicher Abschleifung getrennt[44].


Alph. Bellesheim, Gesch. der kathol. Kirche in Schottland I. 400–1560[45], Mainz 1883. Zum erstenmal, und daher willkommen, [205] erscheinen hier ausführlich die Forschungen von Reeves,[46] Haddan[47] und Skene[48] deutsch verarbeitet. Hätte sich Verf. nur stets an diese Führer gehalten und nicht durch ältere Literatur[49] sich auf die Irrwege der Sage verleiten lassen! Auch W. Robertson[50], Innes[51], Freemann[52] hätte er folgen dürfen. Denn die Art, wie er die Urquellen selbst benutzt, bringt wenig Gewinn: nicht nur fehlen ihm dazu die keltischen und canonistischen[53] Vorkenntnisse – von denen aus m. E. noch höchst fruchtbare Forschungen hier möglich wären –, sondern auch die allgemeine historische Kritik[54], wie sie Heiligenleben gegenüber, denen Verf. unverhältnissmässig viel Raum widmet, besonders noth thut. Da wird aber z. B. für Cuthbert neben Beda eine Fabel verwerthet, die ein halbes Jahrtausend jünger ist[55]. Und mehrfach[56] wird das Latein nur flüchtig verstanden.

Der Wunderglaube und die ultramontane Absicht, jede wichtige Eigenthümlichkeit der keltischen Kirche zu leugnen[57] und ihr gregorianische Strenge[58] unterzulegen, treten zu offen auf, um schaden zu können[59]; wo er Skene widerspricht, hat Verf. m. E. ausnahmslos Unrecht, während er allerdings über Phantasien von vorprotestantischen „romfreien“ Culdeern leichte Triumphe feiert.

[206] In tieferer Durchdringung etwa das Gemeinsame der unzähligen Einzelheiten selbständig auf leitende Gedanken zurückzuführen, einen eigenen Ueberblick z. B. über Gottesdienst, Kirchenzucht, Sittlichkeit, Theologie, Wirthschaft der Kirchengüter im Zusammenhang zu gewinnen, versucht Verf. kaum. Wollte er aber den Annalen der äusseren, ja der rein politischen Geschichte, sogar der Königsbiographie[60] einen so weiten Raum widmen, so hätten wenigstens die zwei Hauptursachen für die Befreiung der schottischen Kirche von der englischen Hierarchie klar angegeben werden sollen: erstens der Zwist zwischen Canterbury und York, zweitens Roms Eifersucht auf den britischen Patriarchat, den Lanfranc und Eadmer planten: nicht etwa York zu Liebe begann dieser den schottischen Investiturstreit[61].

Bei solcher Oberflächlichkeit misslingen denn nicht nur die Charakterschilderungen – Richard I., der neben vielen Kronrechten auch Schottlands Lehensabhängigkeit verschachert, erscheint „grossmüthig“ –: es bleiben wichtige Verhältnisse[62], z. B. der spätere Widerstand der Kelten gegen Wilfrid und K. Alexander’s II. Beziehung zum Legaten Otto[63], einfach unverständlich. Und die Standartenschlacht erzählt Verf. gar in der Weise eines ma. Compilators an zwei Stellen und zwar verschiedentlich[64]. Kann also selbst für Einzelheiten[65] das [207] Buch nicht als zuverlässig citirt werden und bringt es auch für deutsche Geschichte[66] nichts Neues, so bleibt es doch für Deutsche ein dankenswerthes Hilfsmittel. Auch ist für das 13.–15. Jh. die öftere unmittelbare Benutzung Theiner’s[67] und Robertson’s[68] anzuerkennen. Das Feld aber, auf dem Verf. offenbar besser zu Hause ist und laut sachverständigen Urtheilen höchst bedeutende Ergebnisse bringt, ist die Neuzeit, die mehr als die Hälfte seines Werkes füllt.


Walter de Gray Birch, Vita Haroldi. The romance of the life of Harold king of England. From the unique ms. in the British Museum edited with notes and a translation. London 1885. 8°. XV, 204 S. Aus der Hs. Harley 3776, um 1300 zu Waltham [Essex] von einem ungebildeten Abschreiber verfertigt, druckt Birch den Text mit allen Flüchtigkeitsfehlern[69] und unsinniger Interpunktion ab und notirt unnütz fehlerhafte Abweichungen aus den Ausgaben Michel’s, der nur derselben Hs., und Giles’, der meist[70] nur Michel folgte. Bisher ungedruckt waren nur die Capitel 8 und 12. Hardy’s Hypothese, Verf. sei einer der Weltgeistlichen, die [1177] vor Regulardomherren aus dem 1060 gegründeten[71] Stifte Harold’s weichen mussten, und habe Waltham die Ehre der Grabstätte des letzten heimischen Königs rauben wollen, verwirft Birch mit Recht, ohne doch weitere kritische Hilfe zu gewähren.

Einer der bei jener Reform Vertriebenen schrieb vor 1190 [p. 9 sq. 13] die Abhandlung „De inventione s. crucis nostre in Monteacuto [Montacute in Somerset] et de ductione eiusdem apud Waltham“, die Stubbs 1861 trefflich herausgegeben hat. Mehreres darin betrifft deutsche Geschichte: zur Einführung deutscher Kirchenbräuche und Schulzucht[72] setzte Harold den Magister Adelard von Lüttich aus [208] Utrechter Schule in Waltham ein. Adelard’s Sohn Peter pflegte dort weiter nach deutscher Art Literatur, Poesie, Kirchengesang und war der Lehrer des Verf.’s von De inventione, der sich bepfründet rühmt „mit Beistimmung der Königin Adeliza“, der Gemahlin Heinrich’s I. und Tochter Gottfrieds von Loewen, die 1151 starb. – Nebenbei wird des deutschen Hofgoldschmieds Dietrich [um 1086] gedacht, offenbar eines der seit Eadgar’s Zeit von englischen Grossen beschäftigten Künstler[73], und der flandrischen Söldner, die 1144 Waltham plünderten [De inv. c. 15. 25. 24. 31.].

Diese Abhandlung nun citirt unser Biograph (S. 25. 45, was Birch nicht bemerkt), der kurz naoh 1204 (S. 51. 85) zu Waltham (Prolog) seinen schwülstigen Roman schmiedet und doch noch Leute aus Harold’s Zeit gesehen zu haben vorgibt (S. 30. 85. 95). Er erzählt, jener Adelard sei der Leibarzt „imperatoris Alemannorum [also Heinrich’s III.]“ gewesen, von diesem dem befreundeten und verwandten Edward [dem Bekenner, Heinrich’s Schwager] für den paralytischen Harold zugesendet worden und habe die Beschenkung des Hl. Kreuzes von Waltham mit Erfolg empfohlen (S. 17 f. 23). – Harold sei 1068 nach Deutschland entkommen und habe die „stammverwandten“ Sachsen und Dänen vergeblich dem unglücklichen England zur Hilfe aufgerufen. Dass Harold nicht bei Senlac gefallen sei, ist eine Fabel, die schon jener frühere Walthamer (der Verf. von De inv., S. 30) verwarf und die Birch anderswoher[74] hätte nachweisen und nicht für möglich halten sollen. Der Fabulist, der auch Wilhelm von Malmesbury und Ailred, S. 80. 82, citirt, wusste aber offenbar, dass 1067–1085 die englische Nationalpartei sich auf dänische, friesische, flandrische Hilfe gestützt hat (vgl. Freemann IV, 119; 248; 586; 687), und fühlte die deutsche Verwandtschaft vielleicht deshalb besonders warm, weil eben damals sein König Johann mit Otto IV. und niederdeutschen Fürsten sich verband. – Auch zu Harold’s Romreise [a. 1058, Freeman II, 430; 635], auf welcher er Reliquien[75] von Chrysanthus und Daria erwarb, wird hier eine Beraubung auf der Heimkehr erzählt, die vielleicht von den wahren Erlebnissen Tosti’s [Freeman II, 457], des Bruders Harold’s, herstammt [Stubbs l. c.]. – Als greiser Eremit soll Harold zu Chester verschieden sein: genau so fabelte dieselbe Zeit über Kaiser Heinrich V. (Mon. Germ. SS. XXVIII, 111). – Die englische Uebersetzung liest sich gut und erwies sich bei einigen [209] Stichproben meist richtig[76]. Der Index ist ungenügend, die Ausstattung kostbar.


Marcel Planiol. L’assise au comte Geffroi. Étude sur les successions féodales en Bretagne. [Extrait de la Nouvelle revue histor. de droit français et étr.] Par. 1888. 8°. 102 S. Das Gesetz von 1185, über Untheilbarkeit der Baronien und Ritterlehen durch Erbfolge des Erstgeborenen, das in der Bretagne fast vollkommen bis 1580 und theilweise bis 1791 herrschte, gehört nach Ursprung und Wirkung in den Kreis des anglonormann., bezw. nordfranzös. Lehenrechts; es ist durch Heinrich II., Gottfried’s Vater, mindestens mittelbar veranlasst: damals tritt die Bretagne, die seit dem 6. Jh. theilweise aufs neue keltisiert und, mit Ausnahme des karolingischen Jahrhunderts, fast unabhängig gewesen war, für immer in das französische Staatsleben ein. Als Brauch kommt jene Lehen-Untheilbarkeit, auch in der Bretagne, schon etwas früher vor; als geschriebenes Recht begegnet sie uns nur in England früher, erst etwa 15 Jahre nachher in der Normandie, wo Verf. die Spur einer uns verlorenen, der bretonischen entsprechenden Assise nachweist, dann in anderen Territorien der Plantagenets, ferner bei den Nachbarn, endlich in französ. Tochterrechten: „jure Francorum“ ist in Sicilien das untheilbare Lehen. – Sorgfältig und gelehrt zeigt Verf. beide Zwecke der Assise: sie soll dem Herzogthum die kriegerische Leistungsfähigkeit der Lehen und, was freilich unausgedrückt bleibt, den Baronen den Familienbesitz erhalten, und erscheint daher in der Form eines Vertrages zwischen Herzog und Baronen. Aber nicht alle Adelshäuser unterwarfen sich ihm (S. 42).

Bei Fehlen von Söhnen folgt die älteste Tochter. Die spätere Geschichte der bretonischen Lehenvererbung, die Verf. ausführlich und klar bis 1580 herabführt, mildert den Ausschluss der Nachgeborenen; und schon die Assise betrifft ja nicht alle adlichen Ländereien, kennt Landschenkung auf Lebzeit und Afterleihe und befiehlt dem Erbfolger, mit Beirath der Sippe die jüngeren Brüder zu versorgen und die Schwestern auszusteuern. Kein Original des Lateintextes existirt. Seit spätestens dem 14. Jh. gab es altfranzös. Uebersetzungen; Verf. bringt eine aus einer Hs. des 15. Jh.s zu Rennes. Den seit dem 15. Jh. oft gedruckten Text aber stellt er nicht diplomatisch her: an der Unreinheit des Wortlautes oder an übermässiger Rücksicht auf nachbarliches [210] oder späteres Recht muss es liegen, dass er einige Stellen missverstand.

1. Nur bei Fehlen von Söhnen, bei Erbfolge des Gatten der ältesten Tochter, muss dieser den jüngeren Töchtern Mitgift de terra ipsa geben. Dass der erbende Bruder die Schwestern de terra ipsa ausstatten müsse, was er doch den jüngeren Brüdern nicht schuldet, folgere ich daraus nicht (gegen S. 59).

2. Unter dem vom erbenden ältesten Bruder zu versorgenden Junior verstehe ich den jüngeren Bruder, nicht jede Schwester, wesshalb stände sonst nicht „soror“? Durch diese Unklarheit erschiene ja die vor dem Erbenden geborene Schwester ausgeschlossen und die jüngere ihr vorgezogen! Dass auch der Uebersetzer „le jouveignour paié“ versteht, übersieht Verf. und in der Très anc. coutume erklärt er es für irrig.

3. Si maritagium aliquod accidere contigerit = s’il advient que… cheige aucun mariage, heisst nicht: „wenn man Aussteuer finden kann“, sondern: „wenn [dem erbenden Aeltesten] ein Heirathsgut [nicht väterliches Erblehen, etwa Mitgift der Mutter] zufällt“.

4. Dass ein vom Aelteren an den Jüngeren als seinen Lehnsmann verliehenes Gut, wenn letzterer intestat stirbt, dem seigneur de ligence des älteren Bruders heimfalle (S. 65), steht nicht in der Assise, sondern nichts weiter als was Brunner, Agnorm. Erbfolg. 25, darin fand: der Träger des Afterlehens darf dieses jedem Verwandten, nur nicht dem principalis dominus, d. h. hier dem ältesten Bruder, hinterlassen. Verf. selbst führt dies auf den auch sonst bekannten Grundsatz zurück: „Nemo eiusdem tenementi simul potest esse haeres et dominus (bei Glanvilla VII, 1, 9); der Satz dauerte in der Bretagne nur ein Jahrhundert fort [ebenso übrigens wie in Britannien]. Einen bretonischen Sonderbrauch finde ich hierin nicht, vielmehr ein deutliches Zeugniss für die Verwandtschaft plantagenetischer Lehenrechte.

Custumals of Battle Abbey in the reigns of Edward I. and Edward II. (1283–1312). From. Mss. in the Public Record Office. Ed. S. R. Scargill-Bird. Lond. For the Camden Society. 1887. 4°. XLVI, 166 S. Von dreizehn Grossgütern in den Grafschaften Sussex, Surrey, Kent, Essex, Oxford, Berks und Wilts hat der Eigenthümer, das Benedictinerstift Battle in Sussex, nach dem Muster der Regierungs-Grundbücher durch Umfrage unter seinen eingeschworenen Pächtern aufnehmen lassen: Namen, Ausdehnung und Jahreswerth der in Domäne verbliebenen Grundstücke, Namen und Stand der Hintersassen, Namen und Ausdehnung ihrer Grundstücke, ihm geschuldete Abgaben, Dienste und Hoheitsrechte, besonders Gerichtsfolge. Von dieser Aufnahme ist theilweise sowohl Urschrift als Reinschrift, [211] beide lateinisch, im Liber regius de Bello[77], einst Augment. misc. 17 erhalten (ein Stück druckt Hrsg. aus Misc. 18, Mitte 13. Jh.s); im 14. Jh. sind auf Rändern und leeren Blättern Aenderungen und Ergänzungen nachgetragen. – Für die Geschichte der Landwirthschaft, der Preise, des Besitzrechtes, der Geburtsstände im 13. Jh. bietet sich hier eine überaus wichtige Quelle. Noch bezahlt die Herrschaft den für ihre Domäne arbeitenden Pächter in Brod, Käse, Bier, Suppe, Häring, Weissfisch, Fleisch, doch theilweise nur dem Namen nach, also schon in Münze. Nach Geld sind die Arbeiten und Mahlzeiten fest geschätzt, um die Gesammtrente beim Buchabschluss de claro (netto) zu erhalten. Manchmal übersteigt die herrschaftliche Gegengabe an Werth die Leistung des Arbeiters. Und die Leibeigenen erscheinen überhaupt nicht schwer gedrückt. Der Vogt wird bisweilen aus ihnen gewählt. Ueberall sind die Dienste gemessen, nicht mehr sklavisch in des Herrn Willkür, geschweige denn dass ein Mensch – wie 200 Jahre früher – ohne das Grundstück verkäuflich erschiene. Die Unfreien dürfen nur nicht ohne herrschaftliche Erlaubniss auswandern, Töchter (aus dem Grossgut heraus oder überhaupt) verheirathen, Söhne (geistlich) „scheren“, Vieh verkaufen, Holz schlagen. Ueber den an die Scholle Gebundenen stehen Freisassen, die den Boden veräussern und verlassen dürfen, aber auch acker- und spanndienstpflichtig sind; mancher Leibeigene besitzt auch Freigut. Als Classen der Nativi begegnen Erdlinge, (ags. yrdling), Cottarii, Coterelli, zuletzt die landlose Coteria, die auf dem Felde der Wohlhabenderen gegen Lohn arbeitet. Der Herausgeber hat in der Einleitung das Wichtigste geschickt hervorgehoben, einiges Oekonomische statistisch geordnet und ein Glossar beigefügt, das auch Philologen angeht[78]; zu topographischem oder genealogischem Zwecke fehlt jedoch ein Index.


Thomas Edward Scrutton. The influence of the Roman law on the law of England. Being the Yorke prize essay of the Univ. of Cambridge for the year 1884. Cambr. 1885. 8°. XVI, 199 S. Des Verf.s Thema ist im Zusammenhange vorher nicht behandelt. Da er gründliche Kenntniss des römischen Rechts mit selbständiger Schärfe und Vorsicht des Urtheils vereint und klar darstellt, hätte er ein überaus werthvolles Buch zur englischen Rechtsgeschichte liefern können, wenn er im germanischen Recht und frühmittelalterlichen Ableitungen aus spätrömischem Recht besser Bescheid wüsste. Allein für die Volksrechte [212] wird noch Mackeldey citirt: alle neueren Forschungen – z. B. Brunner’s, Ficker’s, Fitting’s, Conrat’s, Caillemer’s – sind dem „Professor of constitutional law and history in University College London“ fremd. Und anstatt die Quellen selbst zu durchforschen, prüft er die von englischen Darstellern angeführten Gründe für römischen Ursprung angelsächsischer Einrichtungen. Dabei wendet er sich zwar mit vollstem Recht, aber viel zu grosser Wichtigkeit, namentlich gegen Finlason und Coote: z. B. die trinoda necessitas ist den römischen onera patrimonialia wohl ähnlich, aber nicht entnommen (S. 27); die ags. Landerbfolge entstammt nicht römischem Erbrecht. Wenn auch der Beginn der ags. Geschichte mit freier Dorfgemeinde [germanischer Mark] unbewiesen sei, so scheint dies System ihm doch wahrscheinlicher, als Seebohm’s immerhin mögliche (?) Theorie (nach welcher röm. Soldaten alamannischen Stammes die römische Villa weiterführten, die Ortschaften mit der Namensendung „ing“, das Jüngstenrecht und die den Nordwest-Germanen fremde [aber auch bei Süddeutschen des 4. Jhs nicht nachweisbare!] Dreifelderwirthschaft begründeten, und dann die Sachsen weiter nicht selbst, sondern durch Sklaven, Colonen, Laeten, – die Ahnen der Villani des 11. Jh.s – den Acker bauten, so dass also der grosse Herrenhof keine späte ausnahmsweise Entartung, sondern Englands ursprüngliche Einrichtung gewesen sei).

Aus der ags. Literatur hätte Verf., der vom canonischen Recht überall absieht, bei Beda (Hist. II, 5) und Aldhelm (ad Heddam) Belege für Beschäftigung mit römischen Leges finden und für frühen Untergang dieser Gelehrsamkeit anführen können, dass von römischem Recht keine ags. Hss. oder Uebersetzungen, die doch von so vielen anderen Studien zeugen, vorhanden sind.

Für die anglonormannische Zeit sind von Rechtsquellen u. a. die sogenannten Gesetze Wilhelm’s c. 37 f., Dialogus de Saccario (s. meine „Einl.“ S. 95), der Process von Canterbury (Epistolae Cant. ed. Stubbs 521), die schottische Thronfolge 1292 (Mon. Germ. SS. XXVIII, 523) übersehen, die Abfassungszeiten der nach Heinrich I. und Edward benannten Bücher und Glanvillas (Forschungen zur dt. Geschichte XVI, 582; Savigny-Zs. Germ. 1883, 128) ungenau angegeben. Henr. 82, 8 entstammt Aelfred 42, 7, nicht Justinian. Ueber Vacarius ist Bluhme in Pertz, Archiv f. dt. Gesch. XII, 391 nachzutragen. – Massenhaft aber könnte man Anspielungen auf englische Legisten aus den übrigen Quellen des 12., 13. Jh.s sammeln; jedes Handbuch zur Literatur- oder Universitäts- oder Rechtsgeschichte bietet Ausbeute; ich nenne z. B. Johann Saresber. (Schaarschmidt S. 350), Girald Cambr. (Invect. 5, 20), Chronicon Evesham. (Mon. Germ. SS. XXVII, 422), Roger Baco (SS. XXVIII, 575). – Des Franz Accursius [213] Anwesenheit in England bezweifelt Verf. mit Unrecht: Stubbs (Const. hist. II, 107. 262 ff.) bietet eine Fülle von Beweisen (dazu Archaeologia XXVIII, 283).

Selbständige Forschung bietet Verf. über Bracton: hier fand er an Güterbock eine tüchtige Vorarbeit, während er Twiss’ neue Ausgabe häufig verbessern muss. Doch sucht er irrig römischen Ursprung für Beschreien der vier Wände als Zeichen für Lebensfähigkeit des Kindes (S. 99; s. Grimm, Rechtsalt. 75) und für „caput lupinum“ des Geächteten (S. 109; s. eb. 734 und Edw. Cf. 6). „Infangentheof“ ist nicht eine Art des Verfahrens, sondern ein Vorrecht zu richten (S. 111). Den Ursprung der Assisa de nova disseisina erklärt richtiger Brunner, Schwurgerichte 328 f. – Die Vergleichung der einzelnen Stücke Bracton’s ergab, dass dieser etwa ein Zwanzigstel von Azo, den Institutionen und Digesten geradezu abgeschrieben habe, doch nicht ohne Aenderung und Auslassung zu Gunsten englischen Rechts, dass er etwa für ein Viertel zwar römisches Rahmenwerk an Grundsätzen und Kunstausdrücken, doch erfüllt mit englischem Stoffe biete, dass er endlich für etwa zwei Drittel rein englisches Recht darstelle, wenn er auch als römisch und scholastisch geschulter Jurist die Absicht zu systematisiren nirgends verleugne. Er copire zwar nichts gedankenlos, hege aber auch nicht den Plan, Englands Recht durch Justinian zu verdrängen. Nur wo ersteres keine Widersprüche gegen diesen, vielmehr nur Lücken aufweise, vervollständige er es aus Azo, und zwar, wo es sich um Unpraktisches handle, ohne diesen erst zu anglisiren. Vieles Römische habe schon vor Bracton’s erster Darstellung in England gegolten, aber den Inhalt des ersten Theils habe dieser zuerst eingeschwärzt. – Das Ende des Werkes behandelt die Neuzeit, und weist nach, in welchen Rechtsgebieten und welchen Gerichtshöfen Englands römisches Recht bis zur Gegenwart gilt.


Frederick Pollock, The Land Laws. Lond. 1883. 8°. XII, 218 S. Für Nichtjuristen stellt Vf. nach historischer Methode die Grundsätze und Hauptzüge des englischen Rechts am Boden klar und bündig, oft in anziehender Lebendigkeit, dar. Etwa zwei Drittel des Buchs behandeln das Mittelalter. Tacitus Germ. 26 bezieht er auf Ackervertauschung nicht bloss unter den Einzelhufnern eines Dorfes, sondern sogar unter den Gemeinden eines Gaues. – Die Erbfolge des Jüngsten (borough-English, Wiegenbesitzrecht) vom keltischen Recht abzuleiten, zaudert er mit Recht: gegen den Zusammenhang mit Wales spricht u. a. ihr Vorkommen auch in Deutschland. – Vorsichtig erblickt er in Aelfreds c. 41 keine archaische Tendenz der Rückkehr vom Individual- zum Familienbesitz, sondern blosse Einschärfung [214] des vom ersten Erwerber (Urkunden-Empfänger) ausbedungenen Besitzrechtes, und wehrt sich echt historisch gegen ein logisches Weiterspinnen und systematisches Einordnen der vieldeutigen, unjuristischen Begriffe der Vorzeit, wenn er z. B. Folkland (Staatsdomäne, nur zu einstweiliger Nutzung Privaten gegen staatliche Dienste verliehen) nicht als „unbooked Læn“ bezeichnet wissen will, da die Angelsachsen, dieses Begriffes entbehrend, bei Læn an eine Person als Verleiher und private Gegendienste des Beliehenen denken. Nicht einmal den Gegensatz zwischen „Bocland“ und Familien- (Erben-)Land vermag ich aus der Urkunde Birch Nr. 588 nothwendig zu folgern. – Den Ursprung vieler abhängigen Ortschaften erklärt Verf. damit, dass diese Gemeinden Folkland besetzt hatten, das später durch die Witan einem Grossen überbucht wurde, der damit Herrenrecht und Einkünfte, aber nicht den Bodenbesitz erwarb: wobei aber doch die Räthsel ungelöst bleiben, wie Bauerschaft und Staatsdomäne denselben Boden beanspruchen konnten und wesshalb das Dorf ruhig über sich verfügen liess. Die anderen als möglich bekannten Ursachen derselben Erscheinung werden auch hier nicht an Einzelfällen erwiesen: nämlich das wirthschaftliche Hinauswachsen eines Grossbauern über die Nachbarn, die ihn schliesslich zum schützenden Herrn wählten, und die Ansiedlung von Armen oder Freigelassenen durch einen Grundherrn, der so persönliche Dienste belohnen und ein abhängiges Dorf schaffen konnte. Allein mir scheint ein sicherer Fortschritt der Wissenschaft nur möglich durch mühsame Localforschung in den ags. Urkunden einerseits und in den agrarischen Zuständen, wie sie greifbare Spuren heute noch hinterlassen haben, andererseits; daraus erst wären allgemeine Schlüsse zu ziehen. Verf. hat sich hierauf nicht eingelassen, sondern bis um 1300 nur das Material und die Folgerungen früherer Forscher nachgeprüft. Dass er dies jedoch mit culturhistorischem Sinn und juristischer Schärfe gethan hat, macht den Werth seines Werkes auch für die früheste Zeit aus.

Er verurtheilt mit Fug die legalen Fictionen der Rechtsgelehrten, die, namentlich früher, jede offene Wiese als vom Rittergutsbesitzer dem Dorf gutmüthig überlassenes und im Dorfbesitz nur verjährtes Land betrachten, während es entweder umgekehrt lange vor der Feudalität die Gemeinweide einer ursprünglich freien Bauerschaft bildete (an deren Bestehen, ebenso wie an dem sonstigen wirthschaftlichen und communalen Gebrauchsrechte, durch den Eintritt der Herrschaft nichts unmittelbar geändert werden sollte) oder Theil eines Königsforsts war. – Den Vorgänger des Copyhold findet er im ags. nicht urkundlich privilegirten Familienland, das seine bunten Gewohnheiten, die auch schon im 11. Jh. rechtlich bestimmt waren, lange, durch die [215] Eroberung ungestört, erhielt; aus dem Beispruchsrecht der Erben (und ursprünglich auch der Gemeinde) zur Veräusserung sei das Recht des Herrn, Verkauf von Bauerland zu genehmigen, entstanden. Die Erbfolge des Erstgeborenen – die im nichtritterlichen Freibesitz erst im 13. Jh. durchdrang – schlich sich auch ins Copyhold ein; der Vorgang im Einzelnen bleibt bisher unklar, weil die Sachen niederen Besitzes nicht zur Kenntniss der Reichsgerichte gelangten. Die lehenrechtlichen Juristen bewirkten vor 1292, dass überall im englischen Landrecht die Erstgeburt Erbrecht am Boden erhielt. – Den Angelsachsen blieb ländliche Lohnarbeit oder Pacht auf weniger als Lebenszeit für Freie so gut wie fremd; erst im 13. Jh. beginnt die Pacht auf Jahre – nicht unter drei, wegen der Dreifelderwirthschaft. Also erscheinen die an knechtische Bedingungen gebundenen westenglischen Zeitpächter nicht als Nachkommen der erst von den Normannen unterworfenen Angelsachsen, sondern der wälschen Eingeborenen, wie denn das Besitzrecht der Bergdistricte in Cornwall und Derbyshire, der bretonischen Coutume verwandt, als keltisch gilt. Dazu stimmt, dass die Verhältnisszahl der früheren Sklaven zur Bevölkerung vom englischen Südosten nach dem keltischen Westen hin steigt. – Bookland, dessen Eigenschaft „ohne Oberherrn“ aus II Cnut 77 zu bestimmen war, wurde seit der Eroberung nicht mehr geschaffen; noch am ähnlichsten ist ihm der, auch thatsächlich theilweise daraus gebildete, Frankalmoign-Besitz der Stifter. – Verf. untersucht S. 197 die zwei Unfreiheiten der Person und des Dienstes, die einander keineswegs immer decken. Der Villan des Domesdaybuchs – der spätere Copyholder – war persönlich frei, wenn auch stets unter einem Herrn und zu Frohndienst, der sich erst im 13. Jh. in Geldrente umwandelt, pflichtig. Nicht von dieser Classe, sondern von den Servi und Nativi des 11. Jh.s, Blutsunfreien, die erst bei den späteren Juristen auch Villani heissen, gilt es, dass sie Unfreiheit der Person und des Besitzes erst allmählich abschüttelten. Doch gab es Knechte, die auch ohne das Land verkäuflich blieben, lange nach der Normannenzeit, und andere persönlich Unfreie bis ins 17. Jh. – Bei den für das Eigenthumsrecht auf lange hinaus wichtigen Gesetzen Edward’s I. trennt Verf. scharf Absicht und Folge; diese unterschied sich von jener oft, Dank der von Richter und Anwalt zu Gunsten des lebendigen Bedürfnisses geübten Umdeutung. – Die Bodenverfassung anderer Länder hat Verf. nicht vergleichen können: meint er doch gar, deutsche Grossgüter würden nur in Mecklenburg durch Arbeiter unter einem Inspector vom Eigenthümer, anderswo aber von Pächtern bewirthschaftet.

Soeben, 1888, wird eine zweite Auflage von diesem Buche angekündigt.


[216] Alb. Venn. Dicey, The Privy Council. The Arnold prize essay 1860. Lond. 1887. 8°. VIII, 147 S. Neudruck einer talentvollen und lange vergriffenen Jugendarbeit, die nur in der schwierigen Entstehungsgeschichte des Staatsraths aus der Curia regis seit 1066 veraltet[79] ist, aber für 1386–1460[80], die Zeit, da Proceedings of the Privy Council vorhanden sind, ein auch neben Stubbs und Gneist werthvoll gebliebenes, anschauliches Bild von den Geschäften des Geheimen Raths entrollt: darunter betreffen deutsche Reichsgeschichte die Massregeln über Fremde und Handel Anfang des 15. Jh.s, S. 55–61. Dass unter Heinrich VI. der Geheime Rath durch die Unfähigkeit des Königs und die Ohnmacht der ordentlichen Executive gegenüber der Magnatengewalt die Höhe der Macht erklimmt, war bekannt; dass aber erst um 1426 aus dem Ordentlichen Staatsrath ein Geheimer Ausschuss sich entwickle, und mit diesem sein Name Privy council erst damals aufkomme, ist unhaltbar.


Lor. Morsbach. Ueber den Ursprung der neuenglischen Schriftsprache. Heilbr. 1888. 8°. X, 188 S. Verf. schildert zuerst den Sieg des Englischen über Französisch und Latein seit Edward III. Nachdem seit der normannischen Eroberung drei Jahrhunderte lang keine gemeinenglische Schriftsprache bestanden hatte, erwächst eine solche um 1400 aus dem Londoner Dialekt[81]. Dieser verdrängt vor 1500 die Localdialekte selbst aus den der Hauptstadt fernen Urkunden. Morsbach stellt ihn S. 16–152 aus Privat-, Staats- und Parlamentsurkunden von 1384–1430 dar, deren einige er selbst erst nächstens für die Early English Text Society drucken wird; die Staatsurkunden und noch mehr die parlamentarischen zeigen eine etwas nördlichere Sprache als die Londoner Privatacten. – Noch 1258 redete London fast rein sächsisch (südlich), schon um 1380 hatte es einige anglische Töne aus Osten angenommen, und dieser nördliche Einfluss dauerte an; so ist der zum Gemeinenglisch gewordene Londoner Dialekt des 15. Jh.s ostmittelländisch. Er ward von dem Londoner Chaucer, dessen geringe Abweichungen von der Urkundensprache Verf. nachweist, nicht geschaffen, sondern nur verbreitet; Wyclif beförderte [217] ebenfalls ein Gemeinenglisch, namentlich aber der erste Drucker Caxton. Londons sprachlicher Sieg über die Provinz stützt sich darauf, dass des Landes Regierung, Recht, Wirthschaft und z. Th. Schule in der Hauptstadt ihren Mittelpunkt fanden. – Diese Abhandlung ist also nicht bloss philologisch, sondern culturhistorisch für Englands späteres Mittelalter wichtig.


Bernh. ten Brink, Geschichte der englischen Literatur. II (bis zur Thronbesteigung Elisabeth’s), 1. Berl. 1889. 8°. 352 S. Dieser Halbband beginnt mit Englands Befreiung von der päpstlichen Lehenshoheit 1366, greift bei den Ursprüngen des Dramas (243) in das 12. Jh. zurück (anderswo, doch nur gelegentlich, in das 16. vor) und bricht vor dem Schlusse des Buches „Lancaster und York“ ab. Die englische Geschichtschreibung[82] wird, wie sie es verdient, zwar nur kurz berührt; dennoch wird, auch wer sich bloss mit Englands staatlicher Entwicklung beschäftigt, dankbar dieses grundgelehrte und doch angenehm lesbare[83] Werk begrüssen (dessen hauptsächlichen Inhalt, den literarischen mit glücklichen Uebersetzungen, Ref. freudig bewundert, aber zu beurtheilen sich nicht vermisst). Wicliff’s[84] Geist durchweht jenes Jahrhundert, beeinflusst die Beziehung der Insel zu Rom, die Kirche im Lande, das Verhältniss der Stände: unmittelbar durch Wanderprediger, weit nachwirkend durch die Bibel in der Volkssprache. Liebevollste Sorgfalt widmet Brink Chaucer, über den er mehrere werthvolle Arbeiten früher veröffentlichte. Freilich verfasste dieser, im Gegensatz zu Gower (137. 210. 219), Langland (209) u. A., keine politischen Schriften, lebte aber so sehr in persönlichen Beziehungen zum Hof und Adel und im Staatsdienst[85], dass er nur verstanden werden konnte[86], indem die leitenden Ereignisse und Männer vorgeführt wurden[87]. Ueber die Gewissheit der Geschichte [218] und die Entstehung des Gerüchts hat Chaucer nachgedacht (109). Der Aufschwung des Bürgerthums, der überhaupt jene Periode bezeichnet, erhellt auch in Chaucer’s Moral (117. 174) und im Drama (307), dessen Aufführung fast ganz den Gilden anheimfällt[88]. Wurden die Canterbury-Pilger längst als Typen jener Zeit erklärt, so schürft nun Brink auch in den romantischen, allegorischen, fremdstofflichen Dichtungen nach Goldkörnern geschichtlicher Wirklichkeit. Wie bisher allein Frankreich, so übt daneben[89] fortan auch Italiens Renaissance[90] bestimmenden Einfluss auf Englands Geistesentwicklung. Die von damaligen Engländern laut Brink’s Nachweis benutzten Bücher, lateinische, italienische, französische, seit Wicliff auch englische, nur keine deutschen, würden eine stattliche Bibliothek füllen. Im 15. Jh. regt sich der Humanismus[91] in Britannien; in Anknüpfung daran wird die Entwicklung der Hochschulen (234. 336. 340) verfolgt. In der Satire gegen Astrologie und Alchymie (65. 187), in der Kritik an Apokryphen und Constantinischer Schenkung (349) dämmert eine neue Zeit herauf; im Ganzen freilich herrscht noch das Mittelalter: in der Nachblüthe des Ritterthums (35), auf der Bühne[92], wo der Teufel sagt: „mir als dem Lehnsherrn liess ich Adam huldigen“ (252), im Strafrecht gegen Hexen und Ketzer (345). Sachkundig erklärt Brink zum Volkslied die Stellung der Yeomanry, zur Robin-Hood-Sage das Recht des Forstes und der Acht (191 ff.) und schildert in wenigen treffenden Strichen die vielen Grossen[93], die die englische Literatur des 15. Jh.s beeinflussten.


Visitations of the diocese of Norwich a. D. 1492–1532. Ed. A. Jessopp. Lond. Camden Soc. 1888. 4°. LII, 335 S. Aus dem Norwicher Bischofsarchiv entnahm Tanner die jetzt der Bodleiana gehörigen, hier gedruckten Berichtbücher von fünf Untersuchungsreisen der Bischöfe Jacob und Richard durch 44 Stifter, die S. 320 [219] verzeichnet sind. Dem lateinischen Text fügt Her. Inhaltsangaben am Rande, Index und eine glänzend geschriebene Einleitung bei: die Zahl der Regularen wird darin – auf etwa 700 – geschätzt, die Exemtion mehrerer Häuser aus der Inspectionsgewalt des Diöcesans angegeben, die Entwicklung und Verschiedenheit der Orden beschrieben, Zeit und Art der Untersuchung, die ernst und eindringend erscheint, bestimmt, vor Allem aber die Geschichte damaligen Klosterlebens aus dem Vergleiche der Untersuchungsergebnisse zu den verschiedenen Zeiten an einzelnen hervorstechenden Beispielen anschaulich entwickelt. Die Klagen betreffen häufig Trunksucht, Zänkerei, Schuldenmachen, nur in wenigen Stiftern Unkeuschheit: eine Nonne bekennt, dass ein benachbarter Gutsbesitzer „suscitavit prolem ex ea infra prioratum“ (S. 109). Von allgemeinem Sittenverfall, wie die nach Klostergut lüsterne Regierung Heinrich’s VIII. aussprengte, ist hier keine Bede.


W. J. Loftie, A history of London. With [61] maps and illustrations. In 2 vols. Lond. 1883. 8°. XX, 447; VIII, 419 S. Verf., schon durch mehrere Schriften über London und Umgegend vortheilhaft bekannt, behandelt die natürliche Lage, die Geschichte, die Gilden, Gewerke, Bezirke und Kirchen der Stadt, dann Middlesex, Westminster, den Tower und die heutigen Vorstädte und hängt Listen der Londoner Mayors, Sherifs, Parlamentsabgeordneten, Pfarren und Cathedral-Fronhöfe an. Er verschmäht mit Recht das Romanhafte, die Anekdote, das von Antiquaren seit dem 12. Jh. Erdichtete, die Curiosa und fasst sich über die so häufig dargestellten letzten Jahrhunderte absichtlich kurz. Uebergangen ist leider auch die literarische Entwicklung des Mittelalters, obwohl allein an Büchern und Urkunden, die dem Geschichtschreiber naheliegen, eine solche Fülle im 12., 13. Jh. in und um London entstand, obwohl allein an St. Paul’s (vergl. Stubbs, Rad. Dicet. I, XXI und über Ralf fil. Fulcredi, einen sonst unbekannten Dichter, Mém. Soc. Antiq. Normandie XVII, 269) so viele Gelehrte wirkten, dass schon daraus einleuchtet, wie London der staatliche, wirthschaftliche und Bildungs-Brennpunkt Englands war. (Für Deutsche genügen die Citate Mon. Germ. SS. XXVII, 17. 61 f. 81. 191. 249. 359. 430; XXVIII, 458. 527. 548. 552. 560; die Annalen von Southwark und St. Paul’s sind da zuerst veröffentlicht.) Für deutsche Geschichte erbringt Verf. nichts (Erwähnung des Steelyard I, 173); die hanseatischen Forschungen – künftig beachte man Höhlbaum, Ukb. III, 379 – kennt er nicht. – Auch die ungedruckten Urkundenschätze der Stadt berührt er nicht. Vieles wäre selbst aus bekannten Büchern nachzutragen: nicht benutzt sind z. B. für die römische Periode das Corpus inscr. lat. VII, für die angelsächsische [220] Beda IV, 22, Hlothaere’s, Eadmund’s, Eadgar’s (III, 8) Gesetze, viele Urkunden (Birch 111. 115, während 245 unrichtig angezweifelt wird) und die agsächs. Annalen zu 839. 872. 896. 910. 962. 982, für die anglonormannische die Libertas civitatum und Leg. Henr. 22. – Für früheste englische Geschichte vernachlässigt man nicht ungestraft Stubbs, Ecclesiastical councils III: aus S. 218 z. B. hätte Verf. lernen können, dass Essex auch vor 693, mindestens vorübergehend, unter Wessex stand. Des Verf.s allgemeine Anschauungen sind von Green beeinflusst, also teutonisch; da Londons Strassenzüge und topographische Namen fast alle nichtrömisch sind, und Zeitgenossen von der Eroberung der Grossstadt nichts erzählen, folgert Verf., dass die Ostsachsen sich wohl in einem seit dem 5. Jh. verödeten Ruinenplatz ganz aufs Neue einrichteten. Aber wenn er meint: „die Römer haben moralisch nichts für das sächsische London gethan“ (S. 75), so vergisst er mindestens das durch die Kirche übermittelte, einer Stadt doch unentbehrliche Urkundenwesen und Fremdenrecht. – Die Stärke des mittelalterlichen Theils dieses Buches liegt in dem topographischen Wissen – vergl. über Cnut’s Canal S. 71 – und in der Darstellung der Verfassungskämpfe im 13., 14. Jh. Wer über eine einzelne städtische Einrichtung, über die Bezirksgrenzen, über die Geschichte einer Strasse oder Baulichkeit Londons sich unterrichten will, wird dem fleissigen Verf. für gute Citate, z. Th. seltener Sonderforschungen, und die trefflichen Karten dankbar sein. Für jeden noch sichtbaren Alterthumsrest besitzt er offenes Auge und stellt derartiges warm, doch sachlich dar. – In der Sammlung „Historic towns“ (Lond., 12°) hat Verf. soeben „London“ vollendet, vermuthlich eine volksthümliche, kurze Darstellung.


II. Kurze Mittheilungen über die Literatur von 1887–88.

Adams (H. B.) veröffentlichte: The study of history in American colleges and universities. Washington 1888. – Ueber desselben Verf.s Methods of histor. study (1884) vergl. v. Kalckstein, Mitth. aus hist. Lit. XVI (1888), 93.

Römisch-britische Alterthümer bilden den Gegenstand der ersten Bände (Lond. 1887) von Gomme’s Classified contents of the Gentleman’s Magazine 1731–1868.

Emerton veröffentlichte: An introduction to the study of the middle ages, 375–814. Boston 1888. 8°.

Die Zeit des 5. Jh.s wird erhellt durch P. River’s Ausgrabungen zu Cranborne Chase, über welche ein Anonymus im Antiquary, Oct. 88, berichtet.

[221] Zur altkeltischen Kirche: Für die Ueberlieferung, dass Patrick mit Glastonbury zusammenhänge, führt MacClure, Academy 20. X. 88, 258 einige keltische Alterthümer an. – J. Newell veröffentlicht: A popular history of the ancient British church, und E. A. Cooke: Life and work of St. Columba (88. 8°). – Schmitz, Herm. Jos., Zu Columban’s Klosterregel und Bussbuch (Arch. f. kath. K.-Recht 1888, 209 gegen Seebass Zs. f. K.-Gesch. VIII [1886] 459) meint, das Columban’sche Poenitentiale sei erst um 750 verfasst, und auch die Regel erst später Columban zugeschrieben; derselbe sei weder Bussreformator, noch habe er die Regula coenobialis der Schottenklöster wörtlich fixirt, sondern nur eine wohl aus Hy, von Columba, stammende Observanz eingeführt. – Ueber The Culdees handelt C. C. Grant, Scottish review 22. IV. 88. – Von G. T.[WS 1] StokesIreland and the Celtic church [bis 1172] erschien 2. Aufl. 1887. – Marg. Stokes, Early Christian art in Ireland [bis 13. Jh.] wird als treffliches Handbuch gerühmt, Academy 21. IV. 88, 230. – Ueber die Ogham-Schrift vergl. Academy 26. XI. 87, 359. – Zehender, Die runden Thürme in Irland (Nord. Rundschau IV [1885] 42), hält diese je einer Kirche gehörigen Bauwerke des 9.–11. Jh.s für ursprünglich zur Wacht, dann erst zu Glocken bestimmt; sie stehen hauptsächlich an der Ostküste als Schutz gegen die Dänen, die solche 950, 996, 1013 und 1020 verbrannten. – Hinter der irischen Canonensammlung (ed. Wasserschleben) steht in einer Hs.: „Hucusque Ruben et Cucummne“. MacCarthy (Academy 3. XI. 88, 291) identificirt diese mit den 725 bezw. 747 verstorbenen Gelehrten und folgert, die Sammlung sei im ersten Viertel des 8. Jh.s verfasst. – Runenkreuze auf der Insel Man verzeichnete Kermode, Catal. of the Manks crosses.

Stanton, Rich., A menology of England and Wales, Lond. 1887, ordnet die Heiligen, auch die bloss volksthümlich verehrten, nach dem Kalender und bringt sorgsame kurze Nachrichten über ihr Leben, auch mit Wundern und Visionen. Vergl. Peacock, Academy 31. III. 88.

Chalmers, Geo., Caledonia [histor. topograph. Sammlg., zuerst 1807, nie vollständig erschienen]. Von neuer Aufl. bisher Bd. I. II. III. 1888.

Nutt, Alfr., Studies of the legend of the holy Grail erklärt die Gralsage als dem heidnisch-keltischen Volk entstammt und später christlich symbolisirt; er stellt die germanische Heldenjungfrau der keltischen gegenüber, die auch in und nach dem Liebesverhältniss Herrin und Göttin bleibe, den Geliebten in ihr Land ziehe und niemals Hausfrau und Mutter werde. So Athenaeum 15. IX. 88, 346, wo hieraus z. Th. die Charakterverschiedenheit der deutschen und [222] französischen Frau erklärt wird. – Buddhistischen Ursprung der Gralsage behauptet Bendall, Athenaeum 22. IX. 88, 387.

Zur Geschichte der Paläographie erwähnt Westwood (Academy 13. X. 88, 245) als Schreiber und Maler den Iren Holcundus (Ms. aus Tours), Notker Teutonicus, Luitherus Eberhart (S. Gallen), die Iren Laurentius (Ms. Oettingen) und Vidrug (Ms. Fulda), B. Arno (Ms. Salzburg), Eutalius (Ms. Verona), Aedelvald von Lindisfarne als Maler eines von Zadi geschriebenen Ms. Cambr. Univ., darin auch den Iren Gillas, Thomas (Abt v. Hohenau 750–70, Ms. Trier), Adalrammus Eb. von Salzburg, Amalric (Ms. Freising, jetzt München).

Aus der reichen Literatur über Englands Kirche seien citirt: Hook Church dictionary, 14. Aufl. 1887; Cutts, Dict. of the Church of England 1887; Bonney, Abbeys and churches of England and Wales 1887.

Die für die Bekehrung der Angelsachsen wichtige, älteste Vita Gregorii I., in Northumbrien vor 713 verfasst, Quelle schon für Beda, Paulus und Johannes Diaconus, weist Ewald nach, Hist. Aufs., dem Andenken an G. Waitz gewidmet. Hann. 1886.

Ueber den 716 von Abt Ceolfrid am Grabe Petri dargebrachten Bibeltext, Codex Amiatinus der Vaticana (vergl. N. Archiv f. ält. dt. Gesch. XII, 233; XIII, 234. 668), handelt Al Sommo pont. Leone XIII. ommaggio giubil. della bibl. Vatic. Rom. 1888.

Dass neben Sachsen und Angeln auch Frisen sich in Britannien ansiedelten, war aus histor. Nachrichten bekannt. Auf Verwandtschaft des Inselfriesisch mit dem westsächsischen Dialect macht aufmerksam Bremer, Einl. zur Amring. Sprachlehre (Lpz. 1888). – Ueber die Friesen in Northumbrien vergl. Hilmer, Zur altnorthumbr. Flexion 4.

Malden (H. E.), The Westsaxon conquest of Surrey (English hist. rev. Juli 88, 422) verneint, dass Surrey von Anfang an Theil von Sussex gewesen, da es später zur westsächs. Kirche gehörte, früher als Sussex bekehrt ward, durch den noch lange keltischen Anderida-Wald von ihm getrennt blieb, Ende 6. Jh.s, als Ostsachsen über London herandrangen, von Westsachsen besetzt war und schliesslich im Westen einen westsächsischen, im Norden einen ostsächsischen Dialect spricht. – Aus der natürlichen Ortsbeschaffenheit und Rückschlüssen aus späteren Verhältnissen lassen sich m. E. wohl einige grosse Züge der german. Eroberung Britanniens vermuthen, aber nicht feine Einzelfragen erledigen, wie namentlich seit Green’s English Conquest versucht wird.

T. Kerslake behandelte Vestiges of the supremacy of Mercia.

[223] Die früheste ags. Kirche, besonders ihre festländische Mission, behandelt ausführlich und auf der Hohe der Kenntniss und Kritik Hauck, Kirchengesch. Deutschlands I (1887) 381.

Des hl. Bonifaz Predigten vertheidigt als echt Nürnberger, N. Archiv f. ält. dt. Gesch. XIV (1888), 1.

Ueber Sedulius Scottus und einen ihm nachdichtenden anderen Schotten des 9. Jh.s gab Hahn (in einer Anzeige von Traube’s Poetae Carolin, Monum. Germ. Antiq. III, 1886) Nachricht in Mitth. aus hist. Lit. XV (1887), 314.

Ueber Alfred, the hero-king handelt Blackwood’s Magazine, Oct. 87.

Die Dänen haben Spuren ihrer Ansiedlung in England im 9.–11. Jh.[94] in Ortsnamen hinterlassen; über die aus Londons Nähe handelt Rye, Academy 18. II. 88, 116; 7. IV. 241.

Die isländischen Annalen gehen auf eine um 1300 entstandene Quelle zurück, deren Vorlage eine westsächs. Königsreihe enthielt, also wohl altenglisch war. So -gk im Lit. Centr. Bl. 24. XI. 88, Sp. 1652 über G. Storm’s Ausg. der Islandske Annaler Christ. 1888.

Von Cynewulf’s Gedicht „Schicksale der Apostel“ entdeckte den Schluss A. Napier im Vercelli-Codex, dem Schatz ags. Poesie (Academy 8. IX. 88, 153).

Der englische Flottenplan von 1008, wonach 310 Hiden 1 Scegth, d. h. Galeere stellten, wird aufgehellt durch das Sheadding auf der Isle of Man, das Vigfusson, English hist. rev. Juli 88, 501, als scegththing, als Bezirk zur Stellung eines Schiffsbruchtheils erklärt.

Cnut d. Gr. soll nach Saxo Gramm. das Witherlagsrecht, mit Strafe strenger Friedlosigkeit auf Todtschlag am Genossen, geschaffen, dann sich für dies Verbrechen mit neunfacher Vierzigmarkbusse gestraft haben. Diesen Bericht bezweifelt Lehmann (Königsfriede der Nordgermanen, Berl. 1886, 134), weil Svend Aagesen nur eine Demüthigung Cnut’s und, in Uebereinstimmung mit dem Witherlagsrecht, die erste Busse für Witherlagsbruch erst nach 1104 meldet. – Zu Cnut’s IV Heerfahrt gegen England 1085 vergl. Lehmann 138.

Die Urkunde Edward’s des Bekenners, die Leofric und Godgifu’s Gründung von Coventry-Minster bestätigt, jetzt im British Museum, beschreibt Birch, Athenaeum 17. XI. 88, 665.

Ermenfried von Sitten war päpstlicher Legat bei Edward und Wilhelm I.; vergl. über ihn Coolidge[WS 2], Engl. hist. rev. Oct. 1887.

Wyon (Alfr. und Allan), The great seals of England, beschreiben die 190 Grosssiegel seit Edward d. Bek. und verzeichnen die Siegelbewahrer und deren Pflichten.

[224] Stephen (Sir James Fitzjames), A history of the criminal law of England (3 Bde., Lond. 1883. 8°), vernachlässigt die german. Rechtsgeschichte und deutsche Forschung und bleibt für die Zeit bis zum 12. Jh. weit hinter Schmid’s Ges. der Ags. zurück.

Die hauptsächlichen Schlachten von Senlac und Bouvines bis zu Edward III. und Azincourt behandelt G. Köhler, „Die Entwicklung des Kriegswesens… [1050] bis zu den Hussiten.“ Bresl. 1886, 2 Bde.

Freeman (E. A.), The parentage of Gundrada, wife of William of Warren (Engl. hist. rev. Oct. 88, 680), behandelt eine seit 40 Jahren umstrittene Frage, die für Wilhelm des Eroberers Beziehung zu seiner Frau, Flandern, Rom und Lanfranc wichtig ist. Gundrada, die Schwester Gerbod’s des Flämingers, Grafen von Chester [Liber de Hyda, Ordric] heisst „stirps [welcher?] ducum“ auf ihrem Grabmal zu Lewes und [vielleicht nur desshalb?] irrig bei Lewes’schen späten Fälschern in zwei Urkunden des Eroberers einmal Tochter des letzteren, das andere Mal Tochter Mathildens, seiner vlämischen Gemahlin, ferner in einer Urkunde[95] ihres Mannes, des ersten Grafen von Surrey und Gründers von Lewes, Tochter dieser Mathilde, aber nicht Wilhelm’s. Allein diese Urkunden schilt Waters unecht, ihre Aussagen widersprechen vier Thatsachen: 1. Warren erscheint nirgends als des Königs Schwiegersohn; 2. er erlässt eine Urkunde für Cluny, worin Gundrada ohne Beziehung zum Königspaar vorkommt; 3. Gundrada’s Sohn und Heinrich’s I. Tochter waren nicht etwa in erster Vetterschaft, sondern nur in „4. et 6. generatione“ verwandt (Anselmi Cant. ep. IV, 84); 4. ein zweiter Sohn Gundrada’s spielt schon 1090 eine Rolle, so dass sie nicht einer erst 1049 oder 1053 geschlossenen Ehe entstammen kann. Dass Mathilde vor ihrer Ehe mit Wilhelm Kinder gehabt habe, bleibt also kein Grund anzunehmen; wie sie aber mit ihm verwandt gewesen, so dass der Papst für die zwischen 1049 und 59 geschlossene Ehe Dispens ertheilen musste, bleibt fraglich. – Ein (für Mathildens drittes Kind erster Ehe früher ausgegebener) Friedrich ist nicht Gundradens, sondern Warrens Bruder. – Jene Cluny’sche Urkunde ist neuerdings herausgegeben von Duckett, Record evidences… of Cluni, worin sammtliche auf Cluny’s englische Tochterstifter bezügliche Urkunden (aus Pariser Bibl. nat.) erscheinen: die ältesten betreffen des Eroberers Gründung von Battle, andere Bermondsey[96].

[225] Unter den durch die Normannen nach England eingeführten Grundbesitzrechten ist auch das geistliche Landeigenthum „zu reinem (freiem) Almosen“ d. h. voller Immunität. Ueber dessen Entstehung in Frankreich handelt Chénon, Étude sur l’hist. des alleux (Par. 1888) S. 54, ohne Brunner, Schwurgerichte 233, zu benutzen.

Wilhelm des Eroberers Gesetz bestätigte die unter Edward, seinem „Magen“, in England zu Schoss und Loos (Steuer und Bürgerrecht) aufgenommenen Franzosen bei ihrem Recht. Im Gegensatz zu ihnen, meint Cunningham, Engl. hist. rev. Juli 88, 567, seien die im 12. Jh. nicht gleichberechtigten Weber, Walker und Färber ursprünglich unfreie, von den eingeborenen Städtern eifersüchtig ausgeschlossene Einwanderer.

Smith (Sydney S.) behandelt „The creed of the Norman and Plantagenet church concerning papal supremacy“ in „The Month“, April f. 88.

Morley, Henry, bespricht in „English writers, III: Conquest to Chaucer“ die Literatur Englands, auch in latein. und französ. Sprache, und die auswärtige, sofern sie England beeinflusste, lässt zwar Einzelforschung und Kenntniss des Mittelenglischen vermissen, hat aber für England als erster volksthümlicher Versuch seinen Werth. Deutsche mögen sich an ten Brink halten; vgl. oben S. 217.

Powell (Engl.hist. rev. Jan. 89, 87) übersetzt eine nordische Sage über Wilhelm den Erob. und Swein’s Plan auf England, die hinter der Játuardhar [Edward d. Bek.] Saga des 13. Jh.’s steht. Nach Dänemark geschicktes englisches Geld bewirkte, dass Swein vom Kriegszug abstand, aber Herrscher Englands hiess. Die also von Dänemark nicht unterstützten ags. Gegner Wilhelm’s erobern unter Graf Sigurd von Gloucester Ceuta, Mallorca, Minorca, erfahren in Sicilien, dass Constantinopel unter Kaiser Alexis von Heiden belagert wird, kapern deren Flotte Nachts, nehmen theilweise von Alexis Wäringer-Sold an. Der andere Theil beansprucht eigene Herrschaft und erhält von Alexis ein einst griechisches, o.n.östlich 6 Tage entferntes Land. Dieses erobert Sigurd und nennt es England, gibt auch alten und neuen Städten die Namen London, York und anderer engl. Orte. Sie holen ihren Klerus nicht aus Constantinopel, sondern aus Ungarn und wohnen noch in diesem trefflichen Lande. – Powell sucht es nahe der Krim und identificirt diese Einwanderer mit den im 13. Jh. dort gefundenen Goten [über welche Mon. Germ. SS. XXVIII, 572].

Dass Wilhelm II. um 1098 die römische Curie bestach, um Anselm’s Streit ungefährlich zu machen, behauptet Eadmer. Dies bestätigt eine Satire auf Urban II., bei v. Pflugk-Harttung, Iter [226] Italicum 447: „tellus Anglica, in qua renes Albini (d. h. des heiligen Weisspfennigs) sepulti astruuntur, ad vos respicit“.

Schmitz, Mitth. aus der histor. Liter. XV (1887) 117 erklärt sich mit meiner Schrift „Anselm von Canterbury und Hugo von Lyon“ (Hann. 1886) einverstanden.

Die englische Legation Guido’s von Vienne [1100] zeigt M. Maurer’s fleissige Dissertation „Calixt II.“ (Münch. 1886) S. 48 im Rahmen der gesammten Biographie. Freundschaft und entfernte Verwandtschaft mit Anselm waren zu betonen.

Innocenz II. berichtet 8. Juni 1133 Heinrich I. seine Noth, gleich nach Lothar’s Krönung, und erbittet Geld in einem Briefe, den ich N. Archiv f. ält. dt. Gesch. 1889 abdruckte.

Ein von König Stephan’s Sohn Wilhelm, vielleicht zu Christchurch (Hants.) geprägter Denar lag der Numismatic society vor; Athenaeum 27. X. 88, 558.

Ueber die frühesten in Schottland gangbaren auswärtigen Münzen und die erste einheimische Prägung unter David I. vergl. Athenaeum 23. VI. 88, 799. – Burns, E., veröffentlichte Coinage of Scotland from David I. to the union; Lond. 1888. 3 Bde. 4°.

Die Pipe Roll Society hat die englischen Exchequerrollen 1158 bis 1165 edirt.

Im Interesse König Heinrich’s II. und Gilbert Foliot’s, Bischofs von London, war an der römischen Curie, im Wesentlichen gegen die Partei Frankreichs und Thomas Becket’s, ein Englander David um 1170 thätig, über den am Besten Stubbs, Rad. Dicet. I, XLIX–LIII handelt. Ausser Jaffé-Löwenfeld Nr. 11 716/8/915–8 sind über ihn zu vergleichen die von mehreren Cardinälen der englischen Partei an König und Bischof für David geschriebenen Empfehlungsbriefe bei Pflugk-Harttung, „Iter Italicum“ S. 490–8. 733.

Ueber den „jungen König“ Heinrich (III.), Sohn Heinrich’s II., sammelt Stellen Toynbee, Academy 21. IV. 88, 274.

„Fragments d’une vie de S. Thomas de Cantorbéry en vers accouplés“ ed. Meyer für Soc. des anciens textes français, ist von einem Engländer um 1220 aus dem Quadrilogus übersetzt, also historisch werthlos.

Gesta Henrici II. war ein Buch der Abtei Reading laut ihrem Catalog des 15. Jh.’s (Engl. hist. rev. Jan. 88, 113) betitelt: falls der sogenannte Benedictus abbas gemeint war, fehlte also auch in dieser Hs. der Verfassername.

Heinrich II. gab La Charité-sur-Loire (Cartulaire de La Ch. s. L. par Lespinasse, Nevers 1887. 8°) zwischen 1154 u. 61 Zollfreiheit und zu Bur zw. 1170 u. 80 Besitzbestätigung. Dieses Stift [227] hatte zu Bermondsey, Northampton, Pontefract, Daventry und Wenlock Prioreien. Letztere klagt am 1162–5 dem Mutterhause: die Hörigen wollen [wohl weil mit Fronden überbürdet] einen anderen Prior in Wenlock einsetzen, verschaffen sich königliches Writ an den Sheriff, weigern sich den Streit durch Grafschaftsbarone und Priorats-Freisassen schlichten zu lassen, werfen dem Kloster die [also entliehenen] Ackergeräthe hin, greifen die Procession der Mönche thätlich an, unterwerfen dann zwar ihre Klage einem Schiedsgericht von 6 Mönchen und 4 Rittern, das sie „in misericordiam prioris“ verurtheilt, und nehmen die Ackerarbeit wieder auf, erlangen aber einen günstigen Entscheid von La Charité. – Der Hörigen Geschlossenheit und Unabhängigkeit von Herrenwillkür sind merkwürdig. Dieser Brief stand früher in Bibl. de l’École des Chartes I, 3, 565.

Die Gedanken über unumschränktes Königthum bei Glanvilla, Bracton, Fortescue[97] erörtert im Zusammenhang mit denen der Nachbarpolitiker Koser, Hist. Zs. hrsg. v. Sybel LXI (1889), 249.

Die älteste Walliser Poesie, z. Th. dunklen und spurenhaft heidnischen Inhalts, gab aus der frühesten wälschen Hs., saec. 12 med.-ex., neu heraus J. G. Evans: Facsimile [autotyp] of the Black book of Carmarthen with a palaeogr. note, Oxf. 1888 (Welsh texts). [Athenaeum 20. X. 88, 514.]

Ball, J. T., Histor. review of the legislative systems operative in Ireland 1172–1800 (Lond. 1888) wird von Dunlop, Academy 8. IX. 88, 147 als populär und unparteiisch, aber nur für die Neuzeit als vollständig gelobt. Dass Johann 1177 König von Irland ward, dass die Vorladung zum Parlament bis zu Heinrich VI. von Statthalter und Rath, später nur von jenem ausging, lasse Ball unerwähnt, stelle aber Poynings’ Recht (1494), wonach von der Regierung u. a. Berufung und Gegenstand des irischen Parlaments abhingen, richtig als vom Iren-Parlament selbst gegeben dar. – Richey „A short hist. of the Irish people down to the… plantation of Ulster“, Neudruck von Vorlesungen 1869 f., wird für Verfassungs-Ursprünge gelobt.

Die Pflugsteuer von 1198, ein Fortschritt in der Verwendung der Geschworenen-Vertretung auf die Einschätzung, war nur im Plan bekannt. Von den damals durch die Regierung über ganz England hin aufgenommenen Urkunden weist nun Round (The great carucage, Engl. hist. rev. Juli 88, 501) Theile nach, und zwar die Einschätzung des jährlichen Geldertrages der Tenures by serjeanty, im [228] Testa de Nevil (Lehensverzeichniss 13. Jh.’s, hrsg. 1807), welches die Zahl der Carucaten, ihren Werth, die Namen der Lehensträger angibt. Als Erfolg der neuen Katastrirung galt bisher weit schärfere Einschätzung; allein wenigstens eine Probe ergibt im Gegentheil Verlust des Fiscus gegen früher. Round’s fernere Behauptung wird von Kate Norgate (Carucage, Engl. hist. rev. Oct. 88, 702) widerlegt: der Name Carucagium ist nicht erst auf die Zeit nach 1220, als die Schatzungsgrundlage vom Landmass (carucata) auf den Pflug (caruca) verschoben worden sei, anwendbar, sondern begegnet schon 1217; der Schatzungsmassstab heisst schon 1200 Caruca, andererseits kommt in Testa de Nevil Caruca terre vor: die synonymen Wörter erlauben also nicht, eine Verschiebung der Einschätzungsgrundlage anzunehmen. Norgate sieht in der Steuer eine Gleichmachung der bisher schwankenden Carucata: auf 100 Acres wird fortan ein Pflug gerechnet.

Langlois (C. V.) veröffentlicht einen Brief aus Rom vom englischen Agenten, Hugo Abt von Beaulieu, an König Johann Jan. 1216 (Revue historique Juli 88, 318): Innocenz III. erhielt am 15. Jan. ein Schreiben der Gräfin von Champagne, sie sei von Ludwig (VIII.) um Hilfe zum Zug gegen England gebeten und auf ihre Weigerung herausgefordert worden, habe aber bei Philipp II. Recht bekommen. Innocenz sinnt wegen Belagerung Accons auf Frieden und schickt desshalb Legaten [Walo] nach England statt des England [zur Magna Charta-Forderung] aufregenden und bedrückenden Pandulf.

Des Capitäns und histor. Professors Mont. Burrows Geschichte der Cinque Ports wird als lehrreich gelobt. Diese Häfen Hastings, Sandwich, Dover, Romney, Hythe, später Winchelsea, Rye, bisweilen kleinere Mitglieder in der Nähe, beherrschten um das 13. Jh. den Canal, versahen den Küstenhandel, vertheidigten England am verwundbarsten Punkt und vermittelten den Verkehr mit dem Festland. Das Zurückweichen der See und der Westhandel raubten ihnen jede Wichtigkeit (Academy 27. X. 88, 265). Ihre Corporirung zur Flottenstation mit fester Seedienstpflicht weist Verf. Edward dem Bekenner zu. Dagegen betont, m. E. richtig, Athenaeum 3. XI. 88, 586 mehr das normann. Element in Namen, Amt und Geschichte; hier wird ein Breve „baronibus regia de Hastingg“ (? 1137) citirt, wonach diese über Yarmouth herrschen, schon den Häfen vorangehen und neben den Tenentes in capite stehen.

Die Universität Oxford entstand nach H. Rashdall (Academy 2. VI. 88, 378; 4. VIII. 88, 72; 18. VIII. 88, 104) aus Einwanderung Pariser Studenten 1167: damals „Francia alienigenas scholares abegit“; und Heinrich II. rief englische Pfründner zwischen 1164 u. 9 in drei Monaten zurück. Dass diese Zurückkehrenden Oxford vergrößerten, [229] ist eine werthvolle Combination; dass sie es gründeten, bezweifelt Holland (Academy 21. VII. 88, 40) an der Hand zweier Nachrichten zu 1133 bezw. 1149 über frühere Oxforder Lehrer Robert Pulleyn und Vacarius. Dass letzterer 1149 zu Oxford gelehrt habe, weist Rashdall ab als Confusion des Gervas von Canterbury (aus Johann von Salisbury’s Nachricht über Vacar’s Lehrthätigkeit zu Canterbury und aus Oxfords Ansehen zu Gervasens Zeit). Er betont sicher mit Recht, dass die Entstehung der Universität aus dortiger Klosterschule oder aus Einer jedenfalls kurzlebigen Rechtsvorlesung nur grundlos angenommen werde, und verdient für die fleissige Sammlung der Stellen lebhaften Dank. Dass bald nach 1168 Oxford blühte, ist damit erwiesen; nur wird überall die Nachricht (in Giraldus’ Instructio) über den Hebraisten Robert von Cricklade, den Oxforder Prior, übersehen. Wenn aber Rashdall die Aehnlichkeit der Verfassungsgeschichte von Oxford und Paris für sich anführt, so lässt sich diese auch anders erklären: Georg Kaufmann, Gesch. der deutschen Universitäten (I.: Vorgesch. Stuttg. 1888; S. 308–22 englische), meint, Oxford habe die Corporation der Magister unabhängig von Paris und vielleicht früher entwickelt, ahme nicht erst seit der Auswanderung aus Paris dessen Statuten nach, besitze schon 1214, laut ältester Urkunde, feste Ordnungen, unterstehe freilich für das nächste Menschenalter kirchlicher Obrigkeit (Kanzler, Bischof von Lincoln oder Legat). Kaufmann erklärt aus ähnlichen Verhältnissen die Verwandtschaft von Paris und Oxford, die er in folgende Punkte fasst: ein vom Diöcesan bestimmter Geistlicher (Domkanzler) beaufsichtigt; das Recht fusst auf geistlicher Gerichtsbarkeit (nicht Fremdengesetzgebung); Theologie und Philosophie werden bevorzugt; die Magister (nicht die Scholaren) verwalten die Universität; sie leben von Pfründen und Freistellen (nicht Schülersold); die Weltgeistlichen finden an Collegien Rückhalt zum Studium. Die Verschiedenheit bestehe darin, dass in Paris mehr der Papst, in Oxford mehr König und Stadt eingreifen, dass die Stadt Oxford, schwächer als Paris, meist der Universität unterliege, dass Oxford und Cambridge die Bildung fernerer Universitäten in England hindern, dass Oxford Organisation und Aemter, z. B. Abstimmung, Kanzler, Procurator, Collegien, selbst bei gleichen Namen, verschieden ausbilde und, trotz heftigem Parteigegensatz zwischen Nord und Süd, weit nationaler bleibe. – Cambridge, 1218 urkundlich nachweisbar, 1231 zahlreich, auch vom Festland, besucht und fest geordnet, 1261 bei innerer Rauferei vom König gerichtet, gilt schon im 13. Jh., nicht erst seit dem päpstlichen Privileg von 1318, als Oxfords Vollschwester. Ihre Verfassung ist dem älteren und berühmteren Oxford ähnlich, aber einfache Nachbildung nicht anzunehmen. Ein päpstlicher oder kaiserlicher [230] Stiftungsbrief erschien für die Universitäten Englands nicht als nothwendig. – Ueber die Universität Stamford sprach Wood (in Cambridge antiq. soc; Academy 17. XI. 88, 324): sie besass vielleicht nicht alle Facultäten, ist trotz Sagen von hohem Alter erst nach 1250 authentisch nachweisbar (das älteste Colleg war das der Karmeliter, das der Gilbertiner von 1292), lebte von Secessionen aus Oxford und Cambridge und ward auf deren Betreiben 1335 durch die Regierung unterdrückt. – Als Zahl der Oxforder Studenten gibt Richard Fitz Ralph († 1360) 30 000, Wycliff gar 60 000; beides erklärt für unmöglich Poole, Engl. hist. rev. Juli 88, 575. – „Matthias Döring, der Minorit“, der in Oxford studirte, und der fingirte Briefwechsel mit Prag und Paris über das Schisma, um 1381, wird behandelt von Gebhardt, Hist. Zs. hrsg. v. Sybel LIX, 251. - Für die Oxford historical society wird das Register of the University of Oxford gedruckt; Band I (1884), von Boase, gibt die Matrikel von 1449–1571; Bd. II (1888), von Clark, die bis 1622.

Für die Geschichte der englischen Gesellschaft im Mittelalter macht ein russisches Werk von Paul Vinogradoff (Petbg. 1887) Epoche. Da es nächstens englisch erscheinen wird, sei jetzt nur auf Kovalewsky’s eindringende Kritik Law quarterly rev. Juli 88, 266 verwiesen.

Maitland untersucht (Engl. bist. rev. Juli 88, 417): Who were the suitors to the county court?[98] Die Secta (Pflicht zum Localgericht zu erscheinen) haftet nicht an jedem Freigut, sondern an bestimmten Gütern; die Zahl der Suitors steht also fest und wächst auch nicht durch Theilung eines Lehens, obwohl dadurch der Adliche der ein Hundred besitzt, gern mehrere Sectae schaffen und damit vermehrte Aussicht auf Strafgeld bei deren Nichtbefolgung gewinnen möchte; die Grafschaftsversammlung ist wenig zahlreich. Wohl aber kann ein Aftervasall den Herrn vertreten, was oft seine einzige Leistung diesem gegenüber bildet, und eine Secta kann in Theile, z. B. in zwei Gerichtsdienste zu je 6 Monaten, zerfallen. – Bei Wiederbelebung der Localgerichte legte Heinrich I. die Secta allen den Freigütern auf, die oder deren Herren keine Immunität durch Urkunde oder Verjährung besassen, nicht etwa bloss den Tenentes in capite, sondern oft kleinen Freibauern. Müssige Frage, ob alle Freisassen erscheinen durften: jeder kam ungern, und wer oft freiwillig gekommen wäre, lief Gefahr, durch Gewohnheitsrecht zum Kommen pflichtig zu erscheinen.

Der rührige Antiquar Walter Rye plant (Academy 27. X. 88, 273; Athenaeum 27. X. 88, 557) eine Feet of fines – Society. Die Pedes [231] finium, von denen Hunter nur die frühesten 1196–1215 (1835–41) druckte, sind namentlich für Localgesch. und Genealogie wichtig. Rye will sie bis zu Richard III. führen; er veröffentlichte bereits die für Norfolk; Kent, York, Cambridgeshire sind im Druck.

Die Rollen der englischen Könige für Gascogne, von denen Fr. Michel 1885 den I. Band für 1242–54 herausgab, setzt Langlois zu drucken fort (Revue des quest. hist. Jan. 89). – Derselbe gab in Bibl. de l’école des chartes XLVIII (1887), 585 „Rouleaux d’arrêts de la cour du roi au XIIIe s.“ die für den König als Herzog von Guienne angefertigten Berichte über die seine Lehen betreffenden Verhandlungen des französ. Gerichts. Langlois’ Textes relatifs à l’hist. du parlement[WS 3] jusqu’en 1314 enthalten S. 187 ff., 199ff. (letztere unedirt) auch spätere Urkunden zu französ.-aquitanischen Beziehungen.

Bracton’s Notebook, a collection of cases decided in the King’s courts during the reign of Henry III., annotated by a lawyer of that time, seemingly Henry of Bratton“, gab F. W. Maitland (Cambr. 1888, 3 vols. 8°) heraus. Diese Sammlung lieferte Bracton die Beispiele für sein Rechtsbuch; neben diesem literarischen hat sie einen bedeutenden Werth für Recht und Geschichte, denn die Originale ihrer Einzelstücke sind z. Th. verloren. Vgl. Vinogradoff, Law quart. rev. Oct. 88; und über des Rechtsbuchs Interpolationen April 85.

Die vor dem Londoner Court of Husting 1252–1717 registrirten Urkunden zu Gunsten Londoner Bürger über Land in der City und deren Gütern hat R. R. Sharpe ausgezogen. Der Auszug aus den vor 1360 datirten Testamenten soll nächstens erscheinen (Athenaeum 27. X. 88, 554).

Das Register des Guido Fulcoie, Cardinalbischofs von Sabina, für 1264, da er Legat in England war, weist in später Copie der Regesten Clemens’ IV. nach Bibl. de l’école des chartes XLIX (1888), 256.

Mittelalterliche Hss. zu King’s Lynn und beim Grafen von Dartmouth verzeichnen die X. und XI. Reports of the Commission of historical mss. 1888.

Zur Kritik des Matheus Paris dient Felten’s Nachweis (Papst Gregor IX., Freib. 1886), dass jener das Alter des Papstes und des Dänenkönigs Waldemar um drei Jahrzehnte übertreibt.

שטרות (Shtaroth) Hebrew deeds of English Jews before 1290“ edirte Davis 1888: es sind 290 Urkunden (Schuldscheine, Heirathsverträge, Geschäfte in Häusern und Land) aus Norwich, Nottingham, Lincoln, Canterbury, London, York, Colchester, Oxford, Winchester, wichtig für Genealogie, Topographie, Privatrecht. Vergl. Neubauer, Engl. hist. rev. Oct. 88, 771.

[232] „Papers read at the Anglo-Jewish historical exhibition 1887“ enthalten: Jacob „The London Jewry“ mit Annalen der engl. Juden seit 1070[99]; Wolf Juden in England vereinzelt 1290–1656; Rye Judenverfolgung; Gross erschöpft die Gesch. des Juden-Exchequers.

Ueber Lea’s Hist. of the inquisition gibt Acton einen geistreichen, auch für deutsche Reichsgeschichte wichtigen Ueberblick in Engl. hist. rev. Oct. 88, 773.

„On the traditionary accounts of the death of Alezander III.“ von Schottland, 1286, handelt Skene (ursprünglich vor der Soc. of antiquaries of Scotland 1886). Früh schmückte die Sage das Ende des letzten eingeborenen Königs, der wahrscheinlich beim Ritt auf dem Strandsande stürzte, aus: Die wilde Prophezeiung Thomas des Reimers ist älter als die Nachricht vom Sturz über die Klippe, die erst im 16. Jh. auftritt (Archer, Engl. hist. rev. Oct. 1888, 362).

Dem Erzb. Johann Peckham von Canterbury (1279–92) widmete Johann von Bologna ein Formelbuch; ein Ms. beschreibt Bibl. de l’école des chartes XLIX (1888), 256.

Königin Eleonore aus Castilien starb 1290 zu Harby (Notts.) laut Stevenson (Engl. hist. rev. 1888, 315), der Erzb. Johann’s von York „Ordinatio“, dort eine Kapelle zu bauen, abdruckt.

Eduard’s I. Geschenke an Bonifaz VIII. vermerkt des letzteren Schatzregister, ed. Molinier, Bibl. de l’école des chartes XLIX (1888), 228: wichtig auch für Englands Kunstgeschichte.

Ueber die Papiere der Familie Hamilton seit 1315, die für Gesch. der Feudalität und Westschottlands, hauptsächlich jedoch in der Neuzeit wichtig sind, handelt Athenaeum 22. XII. 88, 849.

Den Reimchronisten Robert von Gloucester (s. diese Zs. I, 466 f.) identificirt Cooke (Athenaeum 12. V. 88, 600; 30. VI., 828) mit dem gleichnamigen Hereforder Domherrn (seit 1280) und (1299 bis 1321 †) Capitelkanzler, der seine und seiner Kirche äussere Geschäfte thätig und gescheit besorgt hat[100]. Wright antwortet (Athen. 19. V., 630; 14. VII., 64), er sehe keinen Grund, diesen oder andere[101] Roberts von Gloucester für den Dichter zu halten. (Er hält übrigens daran fest, das Stück bis zu Heinrich I. gehöre einem anderen Verf.) Dass der Dichter 1265 in Hereford gewesen, folgert Cooke aus Vers 11 540ff. grundlos; ich habe auch sonst nach Wahrscheinlichkeit für Hereforder Ursprung vergeblich gesucht; dass auch [233] St. Peter’s Gloucester als Heimath des Werkes nicht erweisbar sei, habe ich Mon. Germ. SS. XXVIII, 663 betont.

The poems of Laurence Minot, über englische Zeitereignisse 1330–52, edirte neu Hall für die Oxforder Clarendon Press 1887.

Zu Edward’s III. Zug gegen Frankreich 1388 half auch Erzb. Balduin von Trier. Urkunden über dazu von Trier besoldete Ritter und über die Einlösung der an Trier verpfändeten englischen Krone bringt Lamprecht, Deutsches Wirthschaftsleben III, 425. 428. 430 ff. 435.

Luce’s Ausgabe des Froissart für Soc. de l’hist. de France reicht mit Bd. VIII bis 1377.

Ueber den, weil mit Frankreich verschworen, 1377 zu Bordeaux hingerichteten Guillaume Sans de Pommiers handelt Grellet-Balguerie, Arch. hist. de la Gironde XXVI (1888).

Zur Gesch. Edward’s III. und seiner drei Nachfolger sind wichtig Moranvillé, Extraits des journaux du trésor [Frankreichs] 1345–1419 in Bibl. de l’école des chartes, 1888, p. 368.

Legends of the saints in the Scottish dialect of the XIVth cty. edirte W. M. Metcalfe (The Scottish text society) 1888. Er gibt Horstmann nicht zu, dass Barbour ihr Verfasser sei (Academy 6. X. 88, 220).

Im Kriege gegen Brabant und Frankreich war Jülich-Geldern um 1386 mit England verbündet. Vergl. R. Ernsing, Wilhelm II. von Jülich, 1885.

Zum Polychronicon Ranulphi Higden, das seit 1865 für die Rolls Series herausgegeben wird, druckt im 9. Bande (1886) Lumby die Fortsetzung 1381–94 von Johann Malverne, einem Mönch von Worcester. In der Einleitung verzeichnet er das Walsingham gegenüber Abweichende. Creighton in Engl. hist. rev. Oct. 88, 789 tadelt die Ausgabe. Für die Kritik damaliger Geschichtschreibung ist wichtig, dass die Lancaster’sche Partei die Chroniken „corrigirte“; S. 37.

Loserth, der in „Hus und Wiclif“ (Prag 1884) bewiesen hatte, dass Huss den Wiclif auch in dem Angriffe auf die todte Hand wörtlich abschrieb, druckt 1886 Wiclif’s Tractatus de ecclesia mit dem auf Johann von Gents Befehl für das Parlament von 1378 geschriebenen Pamphlet über das Westminster-Asyl.

Wiclif’s Lehren sind um 1400 in Böhmen eingebürgert; auf sie und die darüber hinausgehenden Lollarden möchte Haupt die ihnen gleichen Theile des Systems der Taboriten zurückführen, wenn er auch deren Zusammenhang mit den Waldensern nicht bezweifelt; über diese handelt er in Hist. Zs. hrsg. v. Sybel LXI (1889), 39. In Schlesien wirkte für Wiclif’s Lehre bereits 1398 v. Stephan, ein früherer [234] Oxforder Student, unter den Taboriten Johann der Deutsche von Saaz, gewonnen von dem einst mit Cobham verschworen gewesenen Magister Payne.

Dass Jacob I. als englischer Gefangener 1416 Schottland besucht habe, bestreitet Athenaeum 17. XI. 88, 665.

Joubert in Hist. de St. Denis d’Anjou (1887), Hist. de Menil et de ses seigneurs (1888), Le château de Ramefort de Gennes (1888), Une tentative des Anglais contre Château-Gontier 1421 (1888), behandelt die engl.-franz. Kriege, nam. in Anjou, 1368–1441.

Canet behandelt Jeanne d’Arc et sa mission nationale 1887.

Domremy, Der Geburtsort der Jeanne d’Arc, bildet einen Theil der „Châtellenie de Vaucouleurs, enclave relevant du grand fief de Champagne“, nach Luce; Revue des questions hist. Jan. 89, 307.

Chapotin, La guerre de cent ans, schreibt (gegen Luce) Sendung und Tod der Jeanne d’Arc nicht der Rivalität zwischen Franciskanern und Dominikanern zu; Revue hist. Dec. 88, 418.

Die britischen Concilien des 15. Jh.’s stellt Hergenröther dar in Hefele’s Conciliengesch. VIII (1887).

Adrian von Corneto war um 1490 in Schottland, dann Peterspfennig-Collector in England, ward mit englischen Pfründen bereichert und vertrat England an der Curie. Allein über ihn klagte Heinrich VII. bei Julius II., dann auch Wolsey. B. Gebhardt schrieb über ihn; vergl. Hartwig, Hist. Zs. hrsg. v. Sybel LVIII, 566.

Ueber die Jesus-Gilde von Prittlewell handelt J. A. Sparvel-Bayly. Als Fortsetzung der Gilden betrachtet Tempany die neuzeitlichen Clubs; Antiquary Oct. bezw. Dec 88.

Ueber den Ursprung des Borough-English (Jüngsten-Erbrecht) ist eine lebhafte Fehde entbrannt: Peacock (Dublin rev. Juli 88) erklärt es durch Niederlassung der Arier; Jacobs (Archaeolog. rev. 5. VII. 88) findet es bei den Hebräern und vertheidigt sich gegen Neubauer, Academy 27. X. 88, 274. Doch notire ich künftig hiervon nur das in Britannien Spielende.

In Archaeolog. rev. 3. XI. 88 behandelt Gomme Widowhood in manorial law, und bringt Rye Notes on crime in Norfolk tp. Edward I.

Zur Localgesch.: W. Stanhope, Monastic London, monasteries within the Metropolitan area, 1200–1600 (1887). Mrs. Boger, Myths, scenes and worthies of Somerset (1887) [nach Walford’s Antiquarian Nov. 87, der mit diesem XII. Bande einging, 301: unkritische Compilation, aber für Genealogie und Sagen wichtig]; Baines’ Hist. of Lancashire soll auch in der neuen Ausg. für frühere Zeit sagenhaft geblieben sein. F. W. Willmore, A hist. of Walsall [in Staffords., [235] nahe der Kreuzung der Watling- u. Rycknield-Strasse. Der Ort birgt schon kelt. Alterthümer; das Lehen erhielt 1159 Herbert Ruffus. Die Bürger erwarben von Wilhelm und Thomas Ruffus 1197 bezw. 1308 Freiheiten; die älteste vorhandene Stadtverfassung datirt von 1377]. Die Tavistock Parish records, ed. Worth (Plymouth), seit 1287[WS 4] enthalten Wichtiges über dortige Parlamentsabgeordnete, Abtei und Stadtverfassung, in welcher „die Gilde nie in der Stadt aufging, sondern auf agsächs. Grundlage sich neben dem Ritterlehen entwickelte“ (Walford’s Antiquarian Nov. 87, 310). T. Craig-Brown, The hist. of Selkirkshire or Chronicles of Ettrick forest (Edinb. 2 vols. 1886) wird als gelehrt und für Literatur und Sittengesch. (weniger für Verfassung und früheste Zeit) wichtig gerühmt von Creighton (Engl. hist. rev. Oct. 88, 791), der Nachträge bringt über barmkyn [Vieh-Einhegung] und pele [Schutzthurm gegen einbrechende Fremde im schott. Grenzlande]. Scott (John), Berwick-upon-Tweed, the hist. of the town and guild wird von Ch. Elton (Academy 15. XII. 88, 381) gelobt, auch wegen Benutzung vieler Archivalien. Berwick lebte anfangs von Fischerei, nam. Lachsfang (schon im 14. Jh. war das Fischereirecht mannigfach getheilt), ward wegen Grenzbrücke und -Furth, dann wegen Wollausfuhr aus den Tweedthalklöstern wichtig u. stand für fremden Handel in Schottland obenan. Die Rothe Halle der Flandrer[102], die nach Brügge exportirten, soll auf jetzigem „Wollmarkt“ gestanden haben. – 1097 ward der Ort von König Edgar an Durham geschenkt, unter David I. königliche „Burgh“. Die Gilde war alt und das Statut diente den anderen schott. Stadtrechten zum Muster. Das Schloss war 1175–1189 von Engländern besetzt; nach 1333 ward die ganze Stadt englisch und barg einen Beamtenstab für das vielleicht wieder zu erobernde Schottland.

Seeley (Engl. hist. rev. April 88, 296) widmet P. Ewald einen schönen Nachruf, analysirt dessen Forschungen[103] u. a. zur ältesten Gregorbiographie (s. o. S. 222) und weist nach, wie wichtig das Deutschland bezeichnende Studium der Quellen als solcher ist.

Kein Deutscher hat die heutige Kenntniss von englischer Verfassung und Geschichte so mächtig beeinflusst wie Gneist. Dessen Leben und staatsrechtl. Lehre in den Hauptzügen zeichnet Karl Walcker: „Rudolf von Gneist“ (Deutsche Denker, hrsg. Hinrichsen) 2. Aufl. Berl. 1888.

Berlin, Anfang 1889.

F. Liebermann.     



[462]
I. Besprechungen einzelner Werke.

H. Brunner, The sources of the law of England. An historical introduction to the study of English law. Translated from the German, with a bibliographical appendix by W. Hastie. Edinburgh 1888. 8°. XI und 63 S. Der Uebersetzer hat sich bereits früher das Verdienst erworben, den Juristen englischer Zunge Rechtsbücher von Kant, Puchta, Ahrens u. a. zu übersetzen. Ein wie dringendes Bedürfniss er dieses Mal erfüllt, folgt daraus, dass Brunner’s Abriss der englischen Rechtsquellen in Holtzendorff’s Encyclopädie – der beste seiner Art – jenseits des Canals, wie ich oft hervorhob, bisher fast unbeachtet blieb. Nur hätte Hastie die vorausgehenden vier Seiten über das normannische Recht mitübersetzen sollen: wie sehr es Quelle des englischen Processes ward, gezeigt zu haben, ist gerade Brunner’s Verdienst. – Deutsche werden dem Uebersetzer dankbar sein für die Hinzufügung eines Capitels über das keltische Recht von Wales, Irland und Schottland und noch mehr für die ausgewählte Bibliographie des heutigen englischen Rechts. Rechtsgeschichtliche Werke, die in den sieben Jahren nach Brunner’s letzter Auflage erschienen, hat Hastie einzeln nachgetragen. Wichtige Auslassungen hier zu erwähnen, wäre überflüssig, da soeben eine neue Auflage von Holtzendorff erscheint. Beim Vergleichen bis Seite 27 fand ich die Uebersetzung im Ganzen geglückt; die Gedrängtheit des Originals hätte Uebersetzer noch öfter breit entwickeln dürfen[104].


[463] Dank dem ernsten geschichtlichen und nationalen Sinne des englischen Volkes und dem hohen Alter seiner Einrichtungen verlangen breite Schichten, auch der nur Halbgebildeten, leicht fassliche kurze Geschichtsbücher. Dies Bedürfniss kann nicht besser befriedigt werden, als durch die „Epochs of English history,“ edited by the Rev. M. Creighton, die mit Tafeln, Karten, Namensverzeichnissen, Randnoten, Einband hübsch ausgestattet, für 70 Pfennig käuflich, den Verfassern historischer Volks- oder Lehrbücher auch anderer Länder zum Muster dienen sollten. Durch sie wird das Ergebniss des einsamen Forschers in England schnell Gemeingut: wie lange dauert das bei uns! Dem Zwecke entsprechend wird die Moral stark aufgetragen und die Sprache biblisch gefärbt; nur so rettet sich germanischer Wortschatz vor der Latinismenfluth des Zeitungsenglisch.

Nicht selten betheiligen sich Gelehrte ersten Ranges an dieser Arbeit, und in ihrer Hand wird sie, die sonst mehr die Pädagogik angeht, auch wissenschaftlich werthvoll. So behandelt der Kenner nordischer Sagas, Fr. Y. Powell: Early England up to the Norman conquest (7. ed.[105], Lond. 1885) und bringt S. 70, 85, 89, 108 f. manche neue Einzelheit zu den Zügen der Nordmannen in England, die er als wahrscheinlich durch Karl des Gr. Vorstoss gegen Norden mitveranlasst annimmt. Recht klar ist der Dänen Erfolg in England begründet mit dem Mangel einheitlicher Regierung, guter Wege, stehenden Heeres in England gegenüber der Geschwindigkeit und seemännischen Zucht der Dänenschiffe, endlich mit der Rassenverwandtschaft, die Abmachung mit den Einbrechern erleichterte. Der englische Geist habe durch die Dänen Beweglichkeit, der Stand der Freien Rückhalt gewonnen. Dass Eadric Streona so böse gewesen, wie ihn seine Feinde geschildert, erscheint ihm unglaublich, da er so volles Vertrauen besass. – Für Mercien Markland der Etymologie zu Liebe zu sagen, dürfte verwirren. Dem gelehrten Roman Vita Offae ist zu viel geglaubt, der Feudalismus unter den Angelsachsen als zu vollendet geschildert: wohl herrschte Landleihe und Mannschaft, aber regelmässig verbunden waren sie nicht.


Hugo Schilling, König Aelfred’s angelsächsische Bearbeitung der Weltgeschichte des Orosius. Halle 1886. 8°. IV [464] und 62 S. (Leipz. Diss.) Erst Wilhelm von Malmesbury bezeugt, dass Aelfred den Orosius bearbeitete; die einmalige Erwähnung des Königs im Werke braucht an sich nicht von ihm selbst zu stammen; allein Plan, Sprache und Geist seien ausreichende Beweise, dass das Werk Aelfred gehöre. Aelfred liess etwa die Hälfte des Stoffes, den er auch übersichtlicher eintheilte, fort: nämlich mit Absicht das vielleicht moralisch Schädliche (Obscönes, Schande der Herrscher oder stammverwandter Völker, Bürgerkriege), die Polemik gegen das inzwischen erstorbene Heidenthum, die verwirrende Menge fremder Namen, die Beschreibung der entlegenen Länder und seiner Zeit unwichtigen Einzelheiten, besonders der vielen Kriege. Er fügt Erfahrungen (z. B. des Küstenanwohners) hinzu und neben vielen nur erklärenden oder moralisirenden Einschiebseln auch einiges sachlich Neue, namentlich die historisch wichtigen drei grossen Einschaltungen: Germanien, Ohthere und Wulfstan; einiges hiervon erläutert Schilling. In der Geschichte zeigt sich Aelfred in manchem Wichtigsten unwissend, nirgends dringt er verständnissvoll in das Wesen der Ereignisse ein oder überblickt ihren Zusammenhang. Häufig missversteht er das Latein gröblich, liest flüchtig und verwechselt ähnliche Namen. Deutlich aber spricht sich auch in diesem Werke aus: Aelfred’s sittlicher Ernst, Feldherrngabe (S. 46), kindlicher Sinn, Frömmigkeit, menschliches Mitgefühl, dichterisches Sinnen (S. 50), Verehrung für alles Grosse und Gute (so für kriegerische Heldenthat, hingebende Vaterlandsliebe, begeisternde Dichtung), Absicht sein Volk zu belehren und zu bessern. Die häufige Entstellung der Namen fällt vielleicht theilweise dem Schreiber, dem er dictirte, zur Last; dass ein Mensch mehrere Namen trage, war ihm noch fremdartig. Recht verschiedene Würdenträger bezeichnete er mit Consul, König, Ealdorman (S. 60); aus den von den Römern nach der kaudinischen Niederlage gestellten Geiseln machte er Leibeigene. Römische Maasse und Truppenkörper rechnete er nach anderweitiger Kenntniss in angelsächsische Begriffe um. – So ergibt Schilling’s Arbeit, die ja in der Hauptsache der Literaturgeschichte dient, für Einzelheiten der Zeit Aelfred’s zwar nichts Neues und für die allgemeinen Zustände wenig (hlafordhyldo, Unterthanentreue 44), aber für das Bild des grossen Herrschers mehrere bedeutende Züge.


Gustav Wack, Ueber das Verhältniss von König Aelfred’s Uebersetzung der „Cura pastoralis“ zum Original. Colb. 1889. 8°. IV und 58 S. Aelfred hat Gregor’s „Hirtenbuch“, das im Frankenreich (durch Raban und laut Hinkmar) damals viel benutzt ward, nachdem es ihm von Geistlichen vorübersetzt und erklärt [465] war, in einheitlichem, vom Latein fast gar nicht beeinflussten Stil, selbständig übersetzt und dem Schreiber dictirt. Um den Worten und dem Sinne treu zu bleiben, liess er nur wenig aus, umschrieb aber viel. Er kannte zwar fast alle Wörter und Constructionen Gregor’s im Einzelnen, fasste sie aber, noch spät ein Schüler im Latein, im Zusammenhang oft ungenau und missverständlich auf. Mit Absicht liess er u. a. Stellen über Wagenrennen und Ringspiele, als den Angelsachsen fremd, und über Päderastie fort: letzteres aus Anstandsgefühl – ein Zug, den er auch in der Orosiusübersetzung [s. vor. S.] verrieth. [Das Laster hält Verf. für den Angelsachsen unbekannt: unrichtig; siehe Theodor’s, Beda’s, Egbert’s Bussbücher.]

Dem Verständniss wenig gebildeter Leser half Aelfred erfolgreich nach durch Vereinfachung des Periodenbaues, durch Klärung und eindringliche Entfaltung der Gedanken, durch Ersetzung des Fremden durch Bekanntes[106], des Abstracten durch Concretes, durch zahlreiche Zusätze: plateae = „der Könige Heerstrassen“ – die Strasse steht ja bei den Angelsachsen unter besonderem Schutz des Königs –; purpura = „königlich Gewand, denn es bezeichnet königliche Gewalt“; forum = „Marktplätze und Biergelage“; colonus = „Landmann, der pflanzt und bearbeitet, wie der Ceorl seinen Garten“. Zur See- und Flussschifffahrt vergl. S. 26, wo Verf. viele Zeugnisse für „Begriffsvertretung“ anführt. Für aromatum cellae setzte Aelfred, was seinem Volke Macht bedeutete: „Schatzhaus und Goldhort“, für caelebs: „Gottesknecht“ (d. i. Mönch). – Die Bibelstellen übertrug er frei, und dem ganzen Werke stellte er ein Rubrikenverzeichniss voran [beides that er auch in seinen Gesetzen]. Dem Werke des grossen Papstes und heiligen Bekehrers der Engländer schob er eigene Meinung oder Kenntniss höchst selten ein, so dass das Meiste in Wack’s werthvoller Abhandlung nur die Geschichte der Sprache und Literatur angeht.


Die Heiligen Englands. Angelsächs. und lat., hrsg. von F. Liebermann. Hann., (Hahn) 1889. 8°. XIX, 23 S. Dieses Werk, von dem bisher nur die jüngere Hs. des Originals (ungenügend, und die Mitte des 11. Jhs. zu St. Austin’s, Canterbury, entstandene Versio gar nicht) gedruckt war, ward um 1020 zusammengesetzt aus zwei Theilen: I. Bruchstücken der vielleicht in, jedenfalls nahe St. Austin’s um 900 verfassten Legende von den Fürsten Kents im 7. Jh., von der ich gleichlautende und sonstige Ueberbleibsel bei Florenz von Worcester, Gocelin und in anderen bekannten Geschichtswerken nachweise; [466] die Legende ist für die Königsfamilie Kents und deren Klosterstiftungen werthvoll. II. Dagegen in Westsachsen vor 995 begonnen und bald nach 1013 vollendet ist die Aufzählung der Heiligen und ihrer Grabstätten über ganz England hin, welche des Werkes zweiten Theil bildet. Sie ist wichtig für Hagiographie und durch die, zum Theil einzige, Erwähnung angelsächs. Orte und Flussnamen. – Ich habe Namensverzeichniss, Erklärung möglichst jeder Person und Ortslage, und deutsche Uebersetzung, wo das Angelsächs. in der Versio nicht vollständig erschien, zugefügt. [Nachtrag zu XIV10; Von Hs. Stow 960 gibt Facsimile Paleographical Society, 2 ser., Nr. 16 f.]


Acta sanctorum Hiberniae ex cod. Salmanticensi nunc primum integre edita opera Car. de Smedt et Jos. de Backer e soc. Jesu, hagiographorum Bolland.; auctore et sumptus largiente Jo. Patr. marchione Bothae [Bute], Edinb. et Lond., Blackwood. 1888. 4°. IV, 975 Sp. Die hier genau abgedruckte, lücken- und fehlerhafte Hs. des 14. Jhs., jetzt Brüssel 7672/4, gehörte dem irischen Jesuitencolleg zu Salamanca, dann den Bollandisten, die den Inhalt grossentheils in Acta SS. benutzten oder Colgan für „Acta SS. Hiberniae“ mittheilten. Die jetzigen Herausgeber geben von den 48 Stücken als ungedruckt: Acta Brandani [S. 113, 759, 954], Cierani Cluanensis [vgl. Hardy I, 126], Columbae Hiensis, Finani Kinnitiensis [6. Jh.], Caineci [11. Oct.], Colmanelli [Hardy I, 210], Columbae de Tirdaglas [6. Jh.; durch seine Todtenerweckung bekehrt sich „in Britannia rex Saxonum cum plebe sua“, S. 449 – wohl ohne jeden historischen Kern], Laurentii Dublinensis [† 1181 zu Eu, nur einige dortige Wunder], Flannani, Laisriani-Molassii, † 640 [18. Apr.], Coemgeni [3. Juni], Lugidi [4. Aug.], Mochullei [12. Juni]. Doch war auch darunter vieles schon excerpirt oder in anderer, z. Th. ursprünglicherer, Form bekannt. Die Her. bringen Inhaltsauszüge am Rande, Indices der Orte und Personen und Druckstellen der Acta SS.; aber jede Jahrzahl (für einen Zeitraum vom 4. bis 12. Jh.!), jede Bemerkung zur Kritik oder Erklärung fehlt, auch was aus früherer Literatur (z. B. Acta SS. oder Hardy I) leicht abzudrucken gewesen wäre. Da von nichtkeltischen Heiligen nur Katharina von Alexandria vorkommt, so ist die Zusammenstellung von oder für Iren gemacht, und zwar schwerlich von dem unwissenden Schreiber. Dessen Vorlage aber kann frühestens im letzten Jahrzehnt des 12. Jhs. vollendet sein. Wie von Hagiographen immer, sind die frühesten Jahrhunderte am reichsten vertreten, vom 12. ist Bernhard’s Malachias aufgenommen. Unter dem Ungedruckten habe ich für englische oder deutsche Geschichte nichts bemerkt, als in der fabulosen Biographie Flannan’s [des ersten [467] Bischofs von Killaloe um 640; vgl. Hardy I, 228, Acta SS. Aug. VI, 488] einiges den irischen Verfasser (der anglonormannisches Latein schreibt und die Beziehung zu Rom betont) und seine Zeit Charakterisirende, S. 653: Zu Lismore geschah „noviter“ ein Wunder, als dort ein langer Streit zwischen zwei Irenkönigen durch Ländertheilung beigelegt ward, „tempore scilicet quo Fredericus Romanorum imperator, rex invictus, Mediolanum viribus armorum ceperat bellique iure deleverat“ [1162]. Die Nachkommen Brian’s, die Oberkönige von Irland, werden S. 660 hoch gerühmt; der letzte, Muriertach († 1120), ruhte zu Killaloe, wo der Verf. wohl vor 1172 geschrieben hat.


Willelmi Malmesbiriensis monachi De gestis regum Anglorum libri 5; Historiae novellae libri 3. Ed. William Stubbs. I. Lond. (Rolls series) 1887. 8°. CXLVII und 282 S. Dieser lang ersehnte Band enthält nur der „Regum“ erste zwei Bücher, bis 1066. Stubbs gibt Wilhelm’s letzte[107] Ausgabe (C)[108] im Text, und die zwei früheren Recensionen (A, B), sofern sie abweichen, unter der Linie. Er benutzt 36 Hss.[109], etwa dreimal so viele als der vorige Herausgeber Hardy, dem er wohlverdientes Lob in schöner Form spendet. Dass am Rande Quellen und Inhaltsangaben, im Text – ausser æ für e – die hs. Lesarten genauestens angegeben sind, bedarf bei einer Stubbs’schen Ausgabe keiner Erwähnung. Die Kargheit an sachlichen Anmerkungen ist leider bei dieser Regierungsausgabe vorgeschrieben: unter ihnen[110] beachte man die Kritik an der kentischen Regentenfolge, S. 18, an der Werbung Offas von Essex um Cyneswithe, S. 99.

Quellen dieses ersten Bandes sind: Josephus, Jordanis, Beda (Hist. und V. abb. Girw.), Nennius, Angelsächs. Annalen in zwei Versionen, Ado, Aimoin, Chron. Fontanell., Centulense, Asser, Aethelweard, Wilhelm von Jumièges; V. ss. Gregorii, Eadmundi, Aethelwoldi, Aelfegi, Edwardi Cf.; Briefe der Päpste (Sergius’[111], Formosus’ über westsächs. Diöcesen, nur z. Th. verderbt, Johanns XV.), Cnuts, [468] Fulbert’s; Chartulare von Glastonbury und Malmesbury. [Dazu kommen die kentische Königslegende, s. o. S. 459 und die uns verlorene Fabelsammlung des 11. Jhs.[112] über welche vergl. Steindorff, „Heinrich III“, I, 515; Mon. Germ. SS. XXVIII, 12. 26, und über deren Tanzwunder Horstmann, S. Editha sive Chron. Vilodun.; Wattenbach, Dt. Gq. II, 108.] Von einer [gleichzeitigen][113] V. Aethelstani regis erhielt nur Wilhelm Bruchstücke [von historischen Liedern und Anekdoten aus angelsächs. Zeit nur den Inhalt]. Manches übernahm er aus diesen Gestis regum in seine späteren „Pontifices“, „Dunstan“, „Glastonia“; und umgekehrt setzte er in die spätere Recension der „Reges“ aus seiner „Glastonia“ höchst unglaubwürdige Stücke, in denen Freculf (S. 24) citirt wird.

Die Vorrede berichtet über Wilhelm’s Leben und kleinere Schriften: aus gemischter Ehe – normannisch scheint der Vater –, nicht armer Familie, in Wessex, wohl nahe Malmesbury, am 30. Nov. geboren, ward er früh diesem Kloster übergeben; er sah dort 1095/97 ein Wunder (S. 15). [Das Geburtsjahr 1095[114] scheint mir, wie Birch [469] (in Transactions of the R. Soc. of lit., 2. Ser., X, 321), um mindestens ein Jahrzehnt zu spät.] Als Gehilfe oder doch als unmittelbarer Fortsetzer des [1105 todten] Abtes Gottfried, des Gründers der Bibliothek, sammelte er, z. Th. auf eigene Kosten, eine bedeutende Bücherei, u. A.[115]: Cäsar, Livius, Sueton, Aldhelm, V. Wilfridi, Epistolae Sidonii, Bonifacii, Alcuini, Cantuarienses, Fürstenlisten, Marian Scotus, Fulcher Carnot., Hildebert, De situ Romae. Er kopirte und excerpirte mit eigener Hand des Kelten[116] David uns verlorene „Relatio“ über Heinrich’s V. Römerzug, ferner 1126–37 Cornel. Nepos, Cato, Justin, Oros, Eutrop, Dares, Jordan, Paul diac., Aimoin von Fleury, Anselm[117] und eine sonst nicht erhaltene Bearbeitung[118] des Breviarium Alarici [die jedoch nicht er verfasst hat; vgl. Haenel Lex Rom. Visigoth. (1847), XXX, LV]. Nirgends erscheint er von römischem Recht beeinflusst. – Vor 1125 ward er Bibliothekar von Malmesbury[119], und erlangte die Freundschaft des Königsohnes Robert [470] von Gloucester, dem er die „Reges“ im Verlauf der Arbeit widmete. Diese Gesta regum[120] und die z. Th. gleichzeitig geschriebenen G. pontificum erschienen 1125 und wurden sofort weit verbreitet[121]. Allein für das folgende Jahrzehnt haben wir keine ausführliche historische Arbeit von ihm, sondern nur einen nach 1137 verfassten Ueberblick, der der zweiten Ausgabe der Reges vorangeht, die wahrscheinlich, ebenso wie die Neuausgabe der Pontifices, kurz vor 1140 erschien. Er mildert oder tilgt darin die bitteren Klagen gegen Habgier und Unsittlichkeit des Königs, Adels und hohen Klerus, jedoch, wie Stubbs S. XXXIII ff., XLVII und Hamilton, der Herausgeber der Pontifices, meinen, nicht aus äusseren Beweggründen, sondern aus verzeihender Gesinnung oder reiferem Urtheil des älteren Mannes. [Aehnlich verschliff Matheus Paris, als er höheres Ansehen und damit verbundene Verantwortlichkeit fühlte, die bezeichnenden Spitzen, das für uns gerade Werthvolle]. Vielleicht aus Wilhelm’s Randbemerkung stammt der Irrthum, Alcuin ruhe zu Cormery, S. LV [Alcuin nahm an diesem Kloster besonderen Antheil]. Die späteren Einschaltungen Wilhelm’s sind auch sonst z. Th. fabelhaft, S. LVIII; vgl. o. S. 462, 11.

Zeitweise, zwischen 1125 und 1135, lebte Wilhelm zu Glastonbury[122], dessen „Alterthümer“ er zwischen 1129-35 Heinrich von Blois, dem Bruder des späteren König Stephan, widmete. Wie Stubbs vermuthet, war er aus Malmesbury ausgewandert im Gegensatz zu Roger von Salisbury, welcher sich diese Abtei aneignete. – In diesen „Alterthümern“ bezieht sich Wilhelm auf seine Viten der hh. Patrick, Benignus (die verloren sind), Indract und Dunstan[123]. Die Fälschungen Glastonbury’s kann er in gutem Glauben von Früheren nur übernommen haben. Trotz dieser Beziehung zum Hause Blois blieb Wilhelm der Partei der Kaiserin treu. Nach jenes Roger Tode (1139) ward ihm die Abtei Malmesbury angeboten. Er lehnte sie zu Gunsten seiner Freunde Johann, dann Peter (1141 bis nach 1156) ab. In voller literarischer Kraft begann er 1140 die Historia Novella, die Weihnachten 1142 mit dem Hinweis auf ein künftig [471] folgendes Buch schliesst[124]. Dass er über 1143 lebte, davon findet sich keine Spur[125]. – Die bisher nicht genannten Werke Wilhelm’s fallen grossentheils in die Zeit 1126–1139: Verloren[126] sind „3 libelluli, Chronica“, die vielleicht für die Jahre 1120–35 eine werthvolle Erzählung boten, Itinerarium[127] Johannis abbatis Meldunensis versus Romam [1140], ein Rhythmus über Aelfgifu[128] und De Serie 4 evangelistarum. – Aus dem Angelsächsischen übersetzte er die Vita Indracti[129] und Vita Wulfstani[130], die 1126–43 entstand. Von Miracula S. Mariae[131] haben wir vielleicht das Autograph. Miracula S. Andreae[132] gehören ihm nicht sicher. Der Brief über Johann Scotus[133] und die Kaiserliste[134] sind autograph.

Ausgezogen und gesammelt, doch auch mit eigenen Vorreden versehen, hat Wilhelm ferner Amalar[135], Orthographisches[136] aus Cassiodor, Agroecius, Beda, Alcuin; wahrscheinlich gehören ihm auch De dictis philosophorum aus Gellius, Macrob, Seneca, Cassiodor und eine Sammlung aus Lactantius und Tertullian; S. CXLII f.

Wilhelm’s Stellung als Historiker wird im folgenden Band behandelt werden; hier erscheint er nur als der bewusste erste Nachfolger Beda’s in höherer Geschichtschreibung. Vom Localschriftsteller hat dieser weitblickende Genius so wenig, dass er fast nichts von Malmesbury, seinen Abt Eadulf und seine eigene Abtscandidatur gar nicht erwähnt. Seine Bedeutung als Muster für die folgende englische Historiographie besteht unabhängig von dem streckenweise geringen Quellenwerth (S. IX, XXIII); um 1141 freilich ist er Gewährsmann [472] ersten Ranges, S. XLI f. Die leichte Fabelwaare, die er einschob, sollte und konnte den schweren Gehalt des Werkes im Geschmacke der Zeit über Wasser halten, S. XCIII.

Noch im 12. Jh. wurde eine [uns verlorene] Hs. und nach ihr mindestens vier erhaltene[137] der ersten Ausgabe Wilhelm’s in Südengland mit Zusätzen versehen (die theilweise aus Winchester stammen). Hinter dem Bericht über den Eroberer brachte diese Hs.[138]: dessen zweite Gesetze in Versio[139] und das unter dem Titel „Prefatio super emendationes Henrici [I.]“ von mir entdeckte Stück[140] (ohne Rubrik und Sohluss). [Die Quelle beider Einschaltungen war vermuthlich der Quadripartitus[141], die Rechtssammlung von 1113–20, wo diese Stücke nahe bei einander stehen.] Zwar hat Wilhelm (s. o.) anderswo Rechtsquellen copirt, doch schwerlich diese hier, die ja sonst seinen späteren Ausgaben nicht fehlen würden; und dass von den übrigen Zusätzen mehrere nicht von Wilhelm herrühren können, beweist Stubbs S. XLIX ff. – Am Rande der Oxforder Hs. All souls coll. 35 entdeckte Stubbs den Briefwechsel des Pariser Magister W. de Bernham aus Schottland mit Bischöfen von Glasgow und St. Andrews um 1250–70; Bruchstücke davon gibt S. LXXI. – Die bei Commelin anonym gedruckte Sammlung von Abschnitten aus G. regum findet Stubbs auch in mehreren anderen Hss. wieder (S. XCVIIT). Darunter bietet eine, Philipp’s 11 604 aus Tournay, 12. Jhs., das [französische?] Gedicht „Frequenter cogitans“ über die Unsittlichkeit aller Stände, besonders der höheren und geistlichen; es schliesst mit einem Angriff gegen die neuen [Cistercienser?] Conversi, welche mit Verachtung alter Kirchen neue bauen et loca repetunt nunc grata bestiis. Stubbs druckt es S. CVIII ab[142].


Saint Bartholomew’s Hospital reports. Ed. W. S. Church and John Langton. XXI. London 1885. 8°. Darin S. XXIX–CIX: The book of the foundation of St. Bartholomew’s, hrsg. von [473] Norm. Moore. Die Geschichte der Gründung (1123) und des ersten Priors Rahere († 1143) des Londoner Bartholomäus-Hospitals in Smithfield schrieb um 1180 ein Augustiner-Kanoniker dieses Stifts. Die einzige Hs., Vespasian B XI, um 1400 geschrieben und einst der Priorei gehörig, enthält erst den lat. Urtext, dann eine mittelengl. Uebersetzung. Obwohl von ersterem nur Auszüge (im Monasticon Angl.) veröffentlicht sind, druckt Moore nur die Uebertragung, deren Sprache, die der Chaucer’schen Epoche [oder etwas später?], für Philologen wichtig ist. Viele Visionen, Wunderkuren und Legendenzüge werden wortreich berichtet, Urkunden Heinrich’s I., der Päpste Anastas (IV.), Hadrian (IV.), Alexander (III.), nur kurz erwähnt. Für Geschichte Londons, der Städte, des Handels (mit Flandern LXXXIII, XC) und der Heilkunde ergibt sich manche bemerkenswerthe Einzelheit, aber nichts für politische Geschichte, die nur selten nebenher berührt wird.


Louise Creighton, Social history of England (Highways of history). London 1887. 8°. VIII, 142 S. Dieses Büchlein erwirbt Freunde durch Klarheit, edlen Optimismus und Weite der Theilnahme. Die dem MA. gewidmeten 58 Seiten beanspruchen nicht, Neues in Einzelheiten oder Auffassung zu bringen, könnten aber, dank der pädagogischen Gabe der durch volksthümliche Darstellung neuester Forschung auch sonst bekannten Verfasserin, mit Leichtigkeit zu einer Einführung in Englands Cultur- (nicht bloss Gesellschafts-) Geschichte umgearbeitet werden. Eine Reihe offenbarer Fehler wäre auszumerzen:

Der die Gemeinden trennende Wald um 500 ist nicht wesentlich als Schutz der einen gegen die andere zu denken, vielmehr schon damals ein System von Kleinstaaten anzunehmen, und jedenfalls jener Urzustand nicht dem Vorsitz eines Gerefa gleichzeitig anzusetzen; die angelsächs. Haupthalle diente nicht der Hausarbeit; das northumbr. Klosterwesen ward bedeutend von Scoten beeinflusst; ein Law-man (nordischer Gesetzsprecher?) war unter Angelsachsen nicht vorhanden; der erste Handel betraf Vieh, daneben anfangs ganz nebensächlich Gold-, Seiden-, Pelzwaaren; Dunstan setzte Aelfred’s literarische Bestrebung nicht einfach fort, sondern Fleury’s Geist hinderte eher Philosophie in heimischem, laienhaftem Gewande; unter den Domänenarbeitern waren auch Sklaven; villane Geburt und villanes Besitzrecht sind nicht immer verbunden; nachdem die Krone im Innern Friede gesichert hatte, bethätigte der Baron seine Kampflust doch weit mehr gegen Walliser, Iren, Schotten, Franzosen als auf Kreuzzügen; das Verschwinden jüngerer Adelskinder im Bürgerthum, zum Unterschiede gegen festländische Aristokratie, kann erst nach 1300 gelten; die Primogenitur leidet manche Beschränkung (z. B. Erbfolge aller Töchter beim Fehlen von Söhnen); wenn auch der Hofhalt des Abts magnatenhaft [474] prunkte, so fielen nicht desshalb die Mönche von Benedictinerstrenge ab; die Beccenser hoben die Bildung nicht unbedingt, denn ihre Reform erstickte in gallisch-mönchischem Geiste heimisch-volksthümliche Keime; keineswegs jede Abteischule wollte Laien heranbilden; dass Croyland 3000 Bände besass, ist grobe Fälschung; die Kirche, bei allem nie genug zu preisenden Verdienst um die Wissenschaft, musste ihrer Natur nach Kritik und Naturkunde ablehnen; über Gilden finden sich S. 20 Sätze aus verschiedenen Theorien und daher widersprechend; „ein Zweig des Hansebundes existirte seit mindestens 967“ weder in England noch sonstwo, noch auch „trieben diese Osterlinge den Ostseehandel“ damals; von Städten um 1200 war Winchester mehr hervorzuheben, York und Cinque Ports zu erwähnen; wer den Franciscanern Baco zum Ruhm rechnet, darf die Verfolgung des Forschers durch seinen Orden nicht übergehen; die Kreuzzüge beeinflussten die Entstehung der Universitäten höchstens sehr entfernt; vor 1100 gab es zu Osney keine Schule; Aristoteles ward nicht im 12. Jh. zumeist studirt; 1159 war Paris nicht Erzbisthum; die Bürgerschaft befehdete die Studenten nicht aus Hass gegen Gelehrsamkeit; französische Mode drang keineswegs erst seit Edward III. ein; die beste Gothik in England ist nordfranzösisch; Französisch ward die Sprache auch des Rechts und einiger Chroniken; das Königsbild auf Münzen zeigt hauptsächlich Insignien (Krone, Scepter).

Besonders gelangen die Sätze über Ritterthum (32) und Handelsbeschränkung (36); im Ganzen scheint das über das 14. Jh. Gesagte dem über frühere Zeit Gebrachten vorzuziehen: die Verfasserin hat ein Life of Edward the Black prince für Histor. biographies geschrieben.


Walter de Gray Birch, The historical charters and constitutional documents of the city of London. Rev. ed. London (Whiting & Co.) 1887. 8°. XLVIII, 338 S. Der fruchtbarste der archäologischen Schriftsteller bietet hier einmal kein neues Werk: 1884 nämlich erschien anonym „by an Antiquary“ ein sonst wie oben betitelter Quartant, den der löbliche Buchbinder jetzt zum Octavband geschnitten hat; wenigstens fand ich bei 50 gleich bezifferten Seiten je die ersten und die letzten Wörter gleichlautend, und die Vorrede tönt die Stimmung vor der Umwälzung der Stadtverfassung noch in denselben Worten wie damals aus. Die 56 Urkunden reichen von der normannischen Eroberung bis 1750. Die Uebersetzung würde der Forscher wörtlicher wünschen[143]; doch ist das Buch ausdrücklich theilweise der allgemeinen Bildung und dem praktischen Staatsmann bestimmt. Dem Bedürfniss, die angelsächsisch, mittellateinisch, altfranzösisch geschriebenen Privilegien in heutigem Englisch zu lesen, war [475] man schon im vorigen Jahrhundert entgegengekommen. Einiges zur Bibliographie, zu den Fundorten und Abdrücken der Originale sammelt Birch, doch ohne Vollständigkeit zu versuchen; so ist Norton (Commentaries) wohl einmal angeführt, aber nicht im Einzelnen citirt, die wichtigste Ueberlieferung von Wilhelm’s I. Freibrief (Guildhall) und dem Heinrich’s I. (Hss. Guildhall und Domitian VIII., in Leges Henrici I. in Thorpe’s und Schmid’s „Gesetzen der Angelsachsen“) nicht erwähnt; Northouck’s Hist. of London (1775!) bildet Textgrundlage. Aus gleichzeitigen Copien und „einige Male“ aus den Originalen sind manche Stellen, „besonders die Namen bedeutend revidirt“, – doch steht als Zeuge Heinrich’s I. Wilhelm von „Albaspina“ statt „Albini“ (d. i. d’Aubigny). Die erklärende Einleitung hebt an jedem einzelnen Stücke etwas Merkwürdiges hervor, hängt aber zu sehr von veralteter Literatur ab (die Compagnie wird der Gilde gleich, schon unter Heinrich I., und bereits um 1067 Normannisch als Urkundensprache angesetzt!). Birch schreibt über die Wichtigkeit der anglonormannischen Privilegien, ohne Stubbs zu benutzen; und doch citirt er seine Bücher. Dankenswerth ist der Hinweis auf im Texte nicht gedruckte Stücke zur Londoner Verfassungsgeschichte, die in anderen Büchern stehen. Einige Hss. mit Londoner Documenten erwähnt S. 318. Aber abgedruckt ist aus einer Hs. nur das Original von Wilhelm’s I. bekannter Urkunde für Deorman (wo „men“ für „homini“, aber nicht „hi“ [?] für „ihm“ mit „Sie“ gebrandmarkt wird). Auch die Zeit der Urkunden lässt sich leicht genauer feststellen: der späteste Termin für Heinrich’s II. Freibrief ist z. B. nicht 1162, sondern 1158 (laut Theobald’s Tod und des Königs Abreise nach Frankreich). Der Index erklärt Rechtsausdrücke zum Theil nach juristischen Wörterbüchern, die für früheres Mittelalter und Etymologien nur mit grösster Vorsicht zu benutzen sind. – Zur ersten Einführung oder schnellen Uebersicht über den Stoff, der ja für die Geschichte Londons, der Verfassung, des (auch festländischen) Handels hochwichtig ist, wird man diese Sammlung nützlich finden.


Mrs J. R. Green, Henry the Second (Twelve English statesmen). London 1888. 8°. VI, 224 S. Aus dem Riesenstoff hebt Frau Green die Hauptsachen geschickt hervor, stellt sie knapp, doch durchweg, auch Abstractes, klar dar, öfters, besonders lebendige Scenen, mit plastischer Kunst, ohne doch dem Persönlichen und der Anekdote übermässigen [476] Raum zu verstatten. Einzelheiten und Anmerkungen durften fehlen[144], da sie nicht zum Weiterforschen vorbereitet. Dennoch fördert sie die Wissenschaft durch geistvolle Verbindung und Beurtheilung der vorher bekannten Einzelthatsachen: Heinrich II. schützt zwar Landrecht und Duldung[145] gegen Kanonisten, widersteht aber grundsätzlich keineswegs kirchlichem Glauben, Gottesdienst, Reichthum oder der Theilnahme von Geistlichen am Staatsdienst (195); freilich gewinnt er auch in der Politik durch sein Eintreten für Alexander III. (36), erhöht den Einfluss über Schottland und Wales durch die Kreuzzugssteuer (214), und macht sich Altengland geneigt durch Verehrung Wulfstan’s (31). Moralisch sinkt er seit dem Streite mit der Kirche (196), welche, die Canones für Naturrecht ausgebend (130), in Becket einen Verfechter findet, der an Religiosität, Bildung, Wahl der Mittel nicht auf der Höhe der Edelsten seiner Zeit (131) steht; an dessen Sarge büsst Heinrich nur die Sünde, der eigenen Zeit vorauszueilen (173). Anfangs bloss gierig nach Territorien wie jeder französische Dynast, wächst er später zur Höhe seines Königsamtes (23). Er leidet zwar stets an dem inneren Gegensatz im plantagenetischen Reich (15. 21), aber bei schlauester Diplomatie scheitert er doch erst an der eigenen Familie (209), schafft duroh Krönung Heinrich’s (III.) allen Unzufriedenen einen Mittelpunkt (146), und bereitet durch Erhebung der Söhne zu Herzögen – vielleicht nach kaiserlichem Muster – den Zerfall des Reiches vor (132). In mancher Beziehung übertrifft Heinrich’s Regierung die des damaligen Festlands: durch geschwindes Reisen, das unsere Post ersetzt (61), überwacht er die Beamten (66); er erzieht das Volk zur Rechtspflege und Selbstverwaltung, zwar zwangsweise (120), aber durch Einführung des Geschworenen- und Vertretungsgrundsatzes pflanzt er den Freiheitskeim (124): die Assise von 1166 erschien vielleicht nur desshalb drückender, weil fortan ein dauerndes System der Macht die persönlich-zufällige Ungerechtigkeit des Sherif ersetzte (122). Ein nationales Recht, das freilich noch den Namen Lex nicht wagt (116), erwächst aus steter Berührung zwischen Staatsregierung und Landesbrauch, Juristen und Provinzialen (123). Geldwirthschaft, Kirchenbau, Landbesiedlung dehnen sich, namentlich durch die Orden, aus (42); an Kronbeamten und Geschichtschreibern besitzt England die besten in Europa (200 f.), bleibt aber Frankreichs Troubadours, Aufklärung, Scholastik und [477] Ketzerei fern (49); dass das Volk ärmlich und feucht wohnte, schliesst Verfasserin aus den vielen Wundern an Augenkranken (141). Auch für Irlands Unglück findet sie die Wurzel schon damals: in der Halbheit der Eroberung, im Gegensatz der ersten halbkeltischen Anglonormannen zu den späteren Regierungsboten (167) und in der daraus folgenden Nichtverschmelzung der Nationalitäten (156).

Im Einzelnen: Vfin. unterschätzt die Wichtigkeit der geistlichen Kronräthe, auch im persönlichsten normann. Regiment, und die römische Beziehung der englischen Kirche; Heinrich betrachtete England, nicht Frankreich als Machtkern, gewährte Eleonoren wohl Antheil an der Regierung (29, 196 gegen 26); die Darstellung seiner Jugend ist [aus Howlett, Chron. of Stephen II, III Pref.] zu verbessern. Vfin. stellt H.’s Staatsmänner zu sehr als englisch dar, vergisst bei der seitdem überlieferten [meist übrigens recht kühlen!] Freundschaft des Engländers für Deutschland, dass erst seit den Anjous die gesammte höhere Gesellschaft französische Cultur annahm. Sie zieht die Verfassungsgesch. des 12. Jhs. nicht glücklich aus: Lehnwesen und Localgericht sind nicht römisch beeinflusst; nicht jede Domäne ist unter Forstrecht; der Rechtszweikampf nicht unter ungleich Bewaffneten; absolut ist nicht der König, sondern die Krone im Beirath geistl. und weltl. Magnaten; der Streit mit Becket nicht aus der Kette Anselm-Langton zu trennen; Aufzeichnung von Gebrauchsrecht 1164 nicht neu; Becket erscheint nur äusserlich und persönlich als der Angegriffene, will aber thatsächlich bewusst weitere kanonische Ansprüche gegen den in der Kirchenpolitik conservativen Staat durchsetzen und sich an Anselm’s Regel nicht binden; die Rechtsreform Heinrich’s entstammt mehr dem Geist des Königs und Hofraths und franconormann. Kronenbann als englischem Landrecht; der Aufstand von 1173 ist nicht volksthümlich; der Geächtete im Walde nicht bloss in Wales straflos zu tödten; der Staatseinfluss bei der Bischofswahl, weil nie gesetzlich befestigt, sank im 13. Jh.; die Absicht, durch englische Geistliche die Nebenländer an sich zu knüpfen, war schon überlieferte Politik; Glanvilla zeichnet weder Wilhelm’s I. Gesetze zuerst, noch englisches Gebrauchsrecht in niederen Gerichten auf; Thomas Brown [sicherer Brunus] hinterlässt kein Rechtsbuch; Pulleyn lehrt Theologie; Apokalypse und Golias sind nicht von Walter Map; Johann von Salisbury schreibt auch Briefe, Metalogicus, Hist. pontificalis; Newburgh ist kein Mönch; Arnulf, Stephan von Ronen, Fitz Stephen, Bosham, Garnier, Fantosme fehlen unter den Historikern der Zeit; lies 107 Calais statt Carilef; 193 Alan statt Alban; 197 Carthusian statt Cistercian.


Kate Norgate, England under the Angevin kings. London, Macmillan & Co. 1887. 2 Bde. 8°. XII, 506 und VIII, 521 S. Dem Andenken Green’s, der dies Buch veranlasste, ist es gewidmet; Stubbs und Freeman verehrt die Verfasserin als Lehrer. Sie verwerthet zum erstenmal im Zusammenhang die Fortschritte der Oxforder Schule in der englischen Geschichte des 12. Jhs., besonders Stubbs’ Verfassungsgeschichte, [478] seine und anderer Vorreden zu den Rolls-series-Ausgaben, und liefert so die bisher beste Geschichte des Zeitraumes. Ueberall prüft sie aber das Wort der Meister nach und benutzt die historiographische Ueberlieferung weit vollständiger als irgend ein Vorgänger. Freilich mit mühsamer Quellenkritik, wer z. B. von den Becketbiographen zuerst schreibt, hält sie sich nicht auf [vielleicht weil das Ergebniss wenig im Text ändern würde], ebenso wenig mit Einzelurkunden [viele bei Bigelow, Hist. of procedure, App.], und fremder Literatur, – von Ungedrucktem zu schweigen. Mit Recht legt sie auf Ortskunde Werth, beschreibt Heinrich’s II. Bauten, II, 196; unter den Karten ist die zur Rebellion von 1173 neu. Sie zeichnet kriegerische Einzelheiten mit ebenso kräftiger Hand, wie sie Kleinleben im Hause (I, 55) fein ausmalt. Gelingen ihr Charakterköpfe, deren jene Zeit eine reiche Galerie bietet, am besten, so vergleicht sie doch auch an den Pipe-Rollen die Finanzen von 1130 und 1155, an den Klosterchartularen die bäuerlichen Zustände Abingdons und Peterboroughs. [Zur Städtegesch. vgl. Gross, Gilda mercatoria 1883.] Sie erzählt leicht, nicht allzu breit und nimmt der in Englands Geschichtschreibung noch üblichen directen Rede jede Gefahr durch Bezeichnung als Anekdote, II, 1. Nur gegen Prophezeiung durch Heilige, gegen Godric’s Wunder etwas mehr Skepsis! Die Einleitung ist überlang gerathen – erst S. 407 bringt zum Jahr 1154 –, und vielleicht daher zum Schlusse (1206) geeilt. Einzelnes zu finden, bieten der magere Index und die kurzen 21 Ueberschriften wenig Hilfe, und Wichtigstes steckt oft in den Anmerkungen, z. B. denen über den Bund des Klerikalismus mit der Demokratie, über das Verhältniss zu Deutschland und Frankreich I, 499.

Norgate urtheilt unbefangen und vorsichtig: durchlebte Heinrich II. eine wechselvolle Jugend, so folge nicht, dass diese ihn zum frühreifen Herrscher gebildet habe; eher mochten Freiheit von Vorurtheilen einer Partei oder Umgebung und das seit 100 Jahren erste Auftreten eines Königs ohne Gegencandidaten ihn begünstigen. Da Heinrich wenige Klöster, aber mehrere Krankenhäuser stiftete, erscheine er auch hierin für praktisches Volkswohl besorgt. Richard I., sonst meist als Südfranzose geschildert, tritt hier als Seekönig von Wikingerblut [?] auf. – Immerhin wünschte man in der Fülle wechselnder Einzelheiten den gleichartigen Geist der Dinge öfter abstrahirt, Wichtiges besser hervorgehoben: Schottlands Unterwerfung zieht so schnell vorüber wie die Erstürmung einer Burg. In den Hauptsachen war Stubbs’ Anschauung so wohl begründet, dass die Vfin. mit Recht eine Abweichung zu grossartiger neuer Auffassung nicht leichtherzig versuchen durfte. Sie hat für abschliessende Excurse [479] nur ausnahmsweise Raum und fand fast keine erschöpfenden Monographien vor über ein einzelnes Jahr oder Territorium oder begriffliches Hauptstück der plantagenetischen Regierung (ausser für Verfassung und Becket). So lässt sie zwar dem zukünftigen Forscher auf diesem weiten Felde eine reiche Arbeit übrig, wird aber fast jedem einige Hilfe bieten. Freilich zur fremden Geschichte gewährt sie, zum Theil durch mangelhafte Literaturkenntniss [vgl. Bémont, „Jean 1202“, Revue hist. 32 (86)] wenig, zur deutschen nichts: die englischen Beziehungen des Reichs sind von Deutschen (Winkelmann, Höhlbaum, nachträglich Giesebrecht V) weit besser dargestellt; auch die burgundischen Streitfragen zu 1193 sind ihr fremd; vgl. Töche, Ficker, Sternfeld.

Die Wichtigkeit Englands im plantagenetischen Länderbündel ist unterschätzt: nur hier stand der Herrscher souverän, hier als Besitzer riesiger Domänen und grossen Schatzes, in Staatsrecht und öffentlicher Meinung, als Mehrer des Reichs gegen die Kelten und Schiedsrichter zwischen Franzosen und Engländern, unendlich mächtiger da, als in einem französischen Lehen; diese Thatsache wurde schon von Zeitgenossen ausgesprochen. – Zu der im Ganzen werthvollen Vorgeschichte der Anjous – I, 126 Kritik der Gesta Andegav. – konnte die reiche Berengar-Literatur Licht gewähren; vergl. auch Fatigan, Origine satanique des Plantagenets. – Die altenglische Einleitung birgt manchen Irrthum: Theningmannagemot hängt nicht mit Thegn, der Justiciar nicht mit altem Amt zusammen; I, 232 „oncweow“ heisst agnovit, nicht Anjou. Aus Gemeindeland folgt nicht ursprüngliche Freiheit des Ortes; unter den Domänenarbeitern fehlen landlose Hausknechte. – Wilhelm II. hatte keine schlechteren Bischöfe als Heinrich I. und regierte keineswegs nur durch Schrecken. – Nicht Anselm fand das Concordat von 1105; das Reich empfing im Kirchenstreit tiefere Wunden als England, weil es den Staat als solchen vertheidigte. – Die Gründung Carlisle’s diente auch dem englischen Einfluss in Cumbrien; diese Kette grossbritannischer Politik, deren ferneres Glied der hier übergangene Kampf Yorks um Glasgow und die schottische Kirche bildet, verlohnte eingehendere Darstellung. – Bermondsey ist damals nicht Abtei. I, 355 lies „Celestine III.“ – Heinrich’s II. Mutter erhielt in Deutschland die Krone der Königin, führte deren Titel, auch nachdem Heinrich V. Kaiser geworden, und bewahrte nach dessen Tode die Insignien. Wahrscheinlich nur aus dieser nicht ausserordentlichen Thatsache folgerte der Anglonormanne irrig ihre Candidatur für wirkliche Herrschaft. Noch als Gräfin von Anjou urkundet sie als Königin; vergl. Birch, Trans. Royal soc. lit. 1878, 14, 302, wo auch Wichtiges für Heinrich II. zu 1153. – Dass Heinrich II. in Frankreich eine bloss erhaltende Politik getrieben habe, stimmt durchaus nicht zu den vielen Kämpfen und Intriguen um Vexin, Toulouse, Marche, Flandern und den Heirathsplänen der Söhne. Dass Heinrich der Jüngere nicht Normandie und Anjou zugetheilt erhielt, liegt wohl kaum daran, dass diese nicht zu Afterlehen sinken durften (auch [480] Aquitanien traf dies Loos); vielleicht sollten sie der englischen Krone enger verbunden bleiben. Zur Rebellion von 1173 trieben wenigstens mittelbar in Frankreich Stammesgegensätze, die Politik der Krone, die Lehen von sich abhängiger zu machen, und die Entfremdung Eleonoren’s, die aus den (hier nicht erwähnten, doch auch Philipp’s II. Hass z. Th. verursachenden) Liebschaften des Königs folgte. Die Krone siegte, weil Soldtruppen, Beamtenthum, die Kirche (ausser den mit Dynasten verwandten Prälaten), Bürger und Bauer ihr treu blieben. Die Barone sich zu Northampton zu verbünden, war schwerlich ein Fehler Heinrich’s, sondern eine Nothwendigkeit; auch konnte er den Abfall des Sohnes, durch den sie erst gefährlich wurden, nicht ahnen. – Die Eroberung Irlands musste als die Ausführung gleichsam des grossbritannischen Testaments weitblickender Vorgänger, ihre nur halbe Ausführung als Unglück der Insel geschildert werden. – Peter von Blois kann mit dem Anerbieten „Italiens“ an Heinrich unmöglich meinen, Wilhelm habe diesem Sicilien vererben wollen. Vielleicht denkt er an eine uns verborgene Intrigue der Lombarden, zu denen sich Heinrich 1169 freundlich stellte, oder an die Verschreibung Piemonts für Johann. In letzterer „Roussillon mit dem Pyrenäenpass“ misszuverstehen, davor konnte Mon. Germ. SS. XXVII, 85 bewahren. – Der Kirchenstreit erklärt sich am wenigsten aus der englischen Geschichte allein. Becket’s Sträuben gegen das Bisthum ist mindestens z. Th. Heiligenschablone; den Erzdiakonat von Canterbury aber wollte er nur nicht dem gegnerischen Königskleriker zuwenden. Er ist im Widerstande gegen die Absolutie kein Freiheitsheld, ficht für Privilegien, nicht für Staatsverfassung. Nicht er hat das Trinitätsfest für die Christenheit eingesetzt. Zu Tours erhält er einen wichtigen Antrieb in kanonistischer Richtung; nur diese, nicht der frömmste Katholicismus Lanfrank’scher Art war mit Heinrich’s Rechtsaufzeichnung unverträglich. Wilhelm I. hatte keineswegs Instanzenzug nach Rom oder weltliche Straflosigkeit für erstes Verbrechen der Kleriker zugegeben; Ordination Unfreier binden noch Leges Henrici 67, 4 an des Herrn Erlaubniss. Wenngleich aber die Krone nur bestehendes Recht verfocht, konnte sie doch unmöglich mit Aufrichtigkeit den Papst sich zum Richter wünschen. Ward vielleicht der König auch von seinem Schwiegersohn Heinrich dem Löwen im Sinne der Kirchenbeherrschung beeinflusst? – Das Königsgrab zu Fontévraud verdiente Beschreibung. – Die Judenmorde nach Richard’s Krönung hängen z. Th. mit dem Kreuzzugsgeiste zusammen. Richard’s Städteprivilegien entspringen seiner Geldgier, nicht aus Bürgerfreundlichkeit. Er war nicht im heiligen Lande „heimisch“; aber an seinen Zug knüpft sich die hier nicht einmal berührte Frage der Mittelmeerpolitik.

Zum Schluss einiges Literargeschichtliche: von Caedmon bis Layamon schlummerte höhere englische Poesie keineswegs: Cynewulf! Malmesbury sagt nicht, er sei in Cumberland gewesen. Die Gesta Henrici sind nicht von Richard Fitz Nigel, dessen (und Glanvilla’s) politische Theorie ich einst mit der der Kirchenmänner verglich (Einl. in Dial. de Scacc). Die Autobiographie Anesty’s, die bretonische Assise Gottfried’s, das Gefangenschaftslied Richard’s, Ambroise (Quelle des Itinerarium Ric.) sind unbenutzt. [481] Die Conquête d’Irlande hängt von Girald ab; Herbert von Bosham verdient weniger Glauben. Mit Heinrich II. stirbt Altenglisch nicht nur in der Literatur der Geschichte, sondern auch der Urkunden aus.


A. Joly, Études Anglo-Normandes. Gérold le Gallois (Girauld de Barri). Caen 1888. 8°. 68 S. (Extrait des Mém. de l’Acad. nat. des sciences, arts et belles-lettres de Caen.) Dieser werthvolle Essay vertieft die Quellenkunde: Giraldus erscheint hier hauptsächlich als Schriftsteller. Seine Werke werden richtig als Vorläufer der modernen Autobiographien, Reiseeindrücke und öffentlichen Vorträge bezeichnet. Der eitle Autor glänze in Vorreden, gleichsam Kunstproben, die er besonders sammelte, und spreche in zwei Drittel der sieben von Brewer [Dimock und Freeman] herausgegebenen Bände von sich. [Dazu kommt Instructio princ., vgl. Mon. Germ. XXVII, 397, jetzt durch Warner für Rolls-series vorbereitet. Girald hat aber viele Abschnitte mehr als einmal wiederholt.] Er heuchle nur bisweilen literarische Bescheidenheit, würdige dabei die eigene Wichtigkeit für Mit- und Nachwelt über alle Massen, glaube sich damals unterschätzt, des Nachruhms aber sicher, sammle und katalogisire seine Geisteserzeugnisse mit Eifer [er kommt sich mit einem Wort historisch vor], erstrebe ihre Uebersetzung in die Volkssprachen (er ward wirklich mehrfach übertragen, unter Anderen durch den Dichter Jean de Meung), und bewahre die ihn preisende Kritik mit manchem Selbstlob fleissig auf.

Seine weite Belesenheit und die [doch damals allgemeine] Citirwuth, der praktische Sinn auch für Politik und Militärisches, das offene Auge für Menschen, Dinge und Natur in vielen von jener Zeit sonst nie beobachteten Einzelheiten, bis zur Jagd nach Anekdoten und Merkwürdigkeiten, die Entdeckerfreude, die gutmüthige Gesinnung, der heitere Optimismus, die lebendige, nur zu rhetorische Darstellung, die Liebe zu schöner Form, die zu stets erneutem Feilen treibt, werden gebührend betont. Der Stil sei von Sallust beeinflusst, die bunte Sprache liebe Antithesen und Wortspiele [die oft anderswoher stammen, wie „Vitae via“]. Joly stellt aus einigen französischen Sätzen Girald’s Umgangssprache her. [Das Sprichwort I, 218: „Tant giwe li purcel, Come volt li chael“ schon im 11. Jh. in meinen Agnorm. Gq. 226. Gegen Girald als Historiker, besonders als Beurtheiler seiner Zeit, scheint mehr Vorsicht geboten, freilich nicht im Sinne der alten keltophilen Angriffe. Er dient schwankend bald der französischen Regierung und Kirche von England, bald dem Plane, Wales kirchlich von jenen loszureissen. Dieser innere Widerspruch lag dem Sohne des Normannenritters und der Walliser Prinzessin im Blute. Er übertreibt stetig die Zahl der von seinen Verwandten besiegten [482] Walliser und Iren; dann schmäht er wieder die Angelsachsen, die er als Kelte Sachsen nennt. Ein phantastischer, theatralischer Zug kommt dazu; und wie sein Freund Walter Map spielt er in der hohen Gesellschaft manchmal eine lustige, fast närrische Rolle, die ihm ein freies Wort erlaubt.] Joly zeigt, wie einige der Kämpfe Girald dienen, um auch in literarischer Fehde zu glänzen, wie dessen Urtheile einander durchaus widersprechen [bisweilen je nach den Adressaten], er dürfte auch die Anklage gegen Heinrich’s II. irische Politik nicht einfach übernehmen, noch seine Sittenpredigt, überhaupt seinen Charakter allzu ernst fassen. [Bernardus Silvestris ist der Dichterphilosoph von Chartres, nicht Bischof von St. David’s; S. 66, Z. 21 lies: Hubert Walter. Zu G.’s Glaubwürdigkeit vgl. Heinemann, MIÖG IX, 134.] Das äussere Leben Girald’s [vgl. Mon. Germ. SS. XXVII, 395], besonders der Kampf um St. David’s [am besten in Haddan and Stubbs, Councils I. 378–452] scheint einer Fortsetzung vorbehalten.


Hch. Krautwurst, Layamon’s Brut verglichen mit Wace’s Roman de Brut in Bezug auf die Darstellung der Culturverhältnisse Englands. I. (Bresl. Diss.) 1887. 8°. 32 S. Der Engländer erscheint roher, gröber in den hier allein behandelten Tafelsitten als der etwa 40 Jahr ältere Normanne (um 1155), den er übersetzt. Bei Speise und Trank entscheidet die Fülle, nicht die Feinheit; Fleisch überwiegt; Pferdefleisch zu essen gilt bereits als ungeheuerlich; von Vögeln aber geniesst man viele jetzt verschmähte. Trunkenheit ist überaus häufig; man trinkt neben Wein: Bier, Ale, Meth, Most aus vielerlei Gefässen – unter denen das Horn schon fehlt –, auch gläsernen. Aus Handbüchern und – recht wenigen – Quellen derselben Zeit zieht Verf. zu jenen beiden Dichtern einiges Ergänzende heran.


Walter Rye, Records and record searching: A guide to the genealogist and topographer. London (Stock) 1888. 8°. IV, 204 S. Der unermüdliche Herausgeber englischer, besonders Norfolk betreffender[146], Urkunden beschenkt uns mit seinen unschätzbaren Notizen, die er in einem Vierteljahrhundert emsigen Forschens gesammelt über Dasein, Fundort, Druck, Register, Literatur, Benutzungsgelegenheit der Archivalien und über manche darstellende Quellen seit der Eroberung[147] [483] bis zur Gegenwart. Spürsinn, Fleiss und Genauigkeit liefern hier ein Werk, das jedem Bearbeiter desselben Feldes unendliches Suchen erspart, auch wenn dieser sich auf gedruckten Stoff beschränkt oder allgemeinere Ziele verfolgt, als der Verf. zunächst im Auge hat. Denn wenigstens die Methode zur Verarbeitung des Stoffs lehren nur in engem Sinne Capitel 1, 2: „Wie man einen Stammbaum sammelt, Ortsgeschichte schreibt“[148]. Rye ist Solicitor und bringt auch dem Rechtshistoriker wichtige Angaben über Beurkundung des Gerichtsverfahrens, der Landübertragung und des Civilstands. Wenn er zu systematischer Darstellung vergeblich ansetzt, so liegt das gewiss an der Ueberlieferung des englischen Rechts ohne logische Ordnung und an der Verschiedenartigkeit des Inhalts mittelalterlicher Rollen. Wahrscheinlich wäre alphabetische Aufzählung nach Titeln, englisch und lateinisch, das Praktischste; ihr müssten sich anschliessen: eine chronologische nach der Anfangszeit jeder Urkundengattung, eine topographische nach den Grafschaften, eine nach der Herkunft von Staat (z. B. Parlament, Behörden, Gerichten), Kirche, Corporation (Stadt, Gilde), Familie, Einzelnen. Wo die Literaturangaben über Forsten, Glocken und Grabmäler stecken, riethe Niemand ohne den Index[149]; und auch dieser lässt nicht ahnen, was alles der Band an Wichtigem birgt: nur bei vollständigem Durchlesen, das Rye ja durch manche humorvolle Satire gegen Alterthümler erleichtert, vermag man z. B. die werthvolle Bibliographie für einzelne Landschaften, namentlich Norfolk, zu bemerken. Festländische Forscher, die freilich längst für heimische Zwecke Englands Urkundenschätze [484] (und zwar, wie unsere Hanseaten, aus den Hss. zuerst) verwerthen, mögen u. A. Rye’s Angaben über Urkunden von Heer und Flotte S. 62 f. durchsehen; er aber sagt von Höhlbaum’s Urkundenbuch (darin manches für Norfolk), Bréquigny, Delpit, Michel’s Rôles Gascons, den Werken Brunner’s, Léchaudé d’Anisy’s, Delisle’s u. a. Normannen nichts. Cap. 3 bespricht Urkunden über Afterleihe, Landübertragung, Pipe-Rollen („der Sheriff, gleichsam des Königs Banquier, konnte von diesem bezogen werden, sogar über des Fiscus Guthaben hinaus, und mochte sich an dem Grafschaftseinkommen künftigen Jahres erholen“); eine Abrechnung wird in moderne Buchführung umgeschrieben, manche Eintragung commentirt, ein Rechenfehler nachgewiesen. [Zum Book of aids vgl. Elton, Tenures of Kent, App.] C. 4: „Landübertragung unter Lebenden; Fines“; C. 5: „Bürgerliches Verfahren, betreffend Land“; C. 6: „Strafverfahren“; C. 7: „Staatspapiere“; C. 8: „Namentlich kirchliche Urkunden [Cartulare, Templer S. 68], Gilden“ [hierfür war Ch. Gross, siehe oben S. 472, zu rühmen]; C. 9: „Pfarrregister, Kirchhöfe, Standesamt, Inschriften“; C. 10: „Fiscus, Subsidienrollen“; C. 11: „Landvererbung, Testamente“; C. 12: „Rittergüter, Patrimonalgerichte“; C. 13: „Verleihungen von der Krone, Privilegien, Titel“; C. 14: „Staatsarchiv [frühere Literatur ohne die auswärtige (wie Oesterley) S. 105; Benutzungsordnung hier und für die folgenden Bibliotheken]; Adressen von Antiquaren und Advocaten, die Archivalien copiren, S. 108; British Museum [unter den Hs.-Katalogen fehlt „Stow“ und „Very ancient mss.“]; Probate registry [Testamente seit Ende des 14. Jhs.]; City; Lambeth; Herald’s College; Bodleian library [fehlen Kataloge für Digby, Laud, Douce]; Cambridge [fehlen Nasmith für Corpus College; Trinity]; Adressen von Antiquar-Buchhändlern“; App. I: Formulare; App. IV: „Titel der Rolls series“; App. V: „Gedruckte State papers“ [für MA. nur Irland 1171–1307]; App. VI: „Liste der in den Reports of the Histor. mss. commission besprochenen Sammlungen, 1) nach Orten, 2) nach Personen“; App. VII: „Adressbuch gelehrter Gesellschaften Englands“, leider ohne Angabe über Veröffentlichungen, wieder eingegangene Gesellschaften (wie English historical society) oder Wegweiser wie „Yearbook of learned soc“. Es fehlen hier Berkshire, Essex, Glasgow, Literature, die Palaeographical, Philological, Powysland, Antiquaries of Scotland-Gesellschaften. Für künftige Auflagen, die dies nützliche Werk wahrlich verdient, wäre auch eine Liste der in den Archivreports beschriebenen oder katalogisirten Sammlungen, ferner der geschichtlichen Zeitschriften und Inhaltsangabe vermischter Urkundenpublicationen wie Hunter’s, Palgrave’s und Cole’s am Platze; ein Verzeichniss ausländischer, für England unentbehrlicher Urkundenregister [485] wie Jaffé-Potthast and Bréquigny-Pardessus bleibt wohl ein zu kühner Wunsch.

Rye setzt überall fünf Werke voraus, die er stets anführt, aber nie ausschreibt: Cooper, An account of… records 1832; Thomas, Hand-book to… records 1853; Ewald, Our Public records [nur 122 S.] 1873; Phillimore[150], A series of indexes and calendars to British records I, 1887; vor allen Sims’ Buch, das hier gleich besprochen wird.


Richard Sims, A manual for the genealogist, topographer, antiquary and legal professor, consisting of descriptions of Public records, parochial and other registers, wills, county and family histories, heraldic collections in public libraries etc. Improved ed. with a glossary of phrases and terms occurring in Public records. Lond. (Avery) 1888. 8°. XX und 542 S. „Des British Museum Lesezimmer wird Frühjahr 1857 fertig werden“ laut S. 449. Diese Worte verriethen mir zuerst den wahren Sachverhalt, den eine genaue Vergleichung sämmtlicher Seitenanfänge und vieler Sätze alsdann bestätigte: der ersten Ausgabe[151] von 1856 ist bloss ein neues Titelblatt und eine werthlose Vorrede vorangestellt und ein Glossar angehängt worden. Letzteres schöpft aus Ewald oder dessen Quelle. Unter 54 Wörtern bis af- fehlen 16 der gangbarsten[152]. Dass also die Angaben über Benutzungsordnungen, Kataloge, Literatur (die für Diplomatik endet 1847), historische Ursprünge völlig veraltet sind, braucht keines Nachweises. Und die für Chronologie erforderliche Genauigkeit fehlte schon für ihre Zeit der ersten Ausgabe (z. B. über Indiction und den Jahresbeginn mit 25. März); im Kalender vermisst man bis Ae: Aethelwold, Aetheldryth. Dennoch war Sims’ Sammlung einst höchst werthvoll und ist noch in einigen Theilen unentbehrlich; auch hat die letzte Generation für das Mittelalter nur verhältnissmässig wenig Archivalien veröffentlicht. Diesen wird hier der meiste Raum gewidmet. Doch werden auch die Fundorte von 700 meist noch ungedruckten Chartularen nach dem Alphabet der Kirchen[153] verzeichnet, zwar nicht vollständig, aber doch genügend, um darzulegen, dass für englisches MA. Registriren der Urkunden [486] die dringendste Aufgabe wäre. Das British Museum besitzt unter seinen vorzüglichen hs. Class catalogues auch ein systematisches Verzeichniss seiner sämmtlichen Stiftsurkundenbücher. Deren Masse und die Zahl der darin enthaltenen nie verzeichneten Acten, z. B. der Päpste, ist gewaltig. Schade, dass für die Neuausgabe von Jaffé’s Regesta pontificum hier nicht geforscht wurde![154].

Soeben erschien: Bird (Sc.), Manual of the Public Records.


Epochs of English history, ed. M. Creighton (s. o. S. 463). 1) Louise Creighton, England a continental power, 1066 bis 1216. 9. ed. Lond. 1886. 16°. VI und 68 S. 2) James Rowley, Rise of the people and growth of Parliament, 1215–1485. 10. ed. London 1887. 8°. VI und 112 S. Für Anfänger zur Lectüre oder für Lehrer als Leitfaden nützlich, beanspruchen diese Büchlein nicht eigene Forschung zu bieten oder in diese einzuführen. Geschickt ist das Wichtigste ausgewählt und meist genau dargestellt; immerhin bedarf 1) an mehreren Stellen der Verbesserung:

S. 2, 26: Für die Zeit der Tudors, nioht der Normannen, ist es wahr, dass ältere Verfassung formell weiter bestand and zur wirklichen Freiheit ward, als das Volk erstarkte; S. 5: gegen Wilhelm I. erhob sich nur ein Sohn; Dänemark forderte 1069 Herrschaft, nicht bloss Rache; 6: Landbesitz hing von der Krone als Obereigenthümerin nicht erst seit den Aufständen ab, und dies hat mit Nationalität nichts zu thun; der Name „Domesday“ bezeichnet nicht lange Dauer, sondern Strenge und Autorität, der Beiname des Rothen nicht bloss das Haar, sondern die verhasste Erscheinung; Anselm war Burgunder; Wilhelm nur aus der Ehe Heinrich’s I. einziger Sohn; Heinrich II. war nicht so mächtig wie Friedrich I., begünstigte Städte nicht sehr, wurde von Eleonoren anfangs wohl geliebt; Richard I. sprach schwerlich englisch. Manches Wichtige fehlt: so der fränkische Ursprung des anglonormann. Rechts und Glanvilla.

Im Ganzen steht dies Werkchen zurück gegen 2). Hier wird das Parlament zu sehr als von Anfang an demokratisch und eigenthümlich englisch, und die Schwäche der Könige als Vortheil der Volksfreiheit geschildert. Charaktere (z. B. die Bildung Heinrich’s III. und VI., die Advokatenkniffe Edward’s I.) müssten ausführlicher dargestellt, Wales und Schottland aus ihrem nationalen Standpunkt [487] verstanden werden. Literatur und Wirthschaft (Peter der Pflüger und Weberei) durften nicht fehlen. S. 13 heisst Wilhelm nicht Valence, sondern ist erwählter Bischof von Valence; 17 ist Heinrich III. als Ludwig’s IX. Schwager, 19 Montfort’s Fall als z. Th. von dessen Söhnen verschuldet zu erklären.


William Vollhardt, Einfluss der latein. geistl. Literatur auf einige kleinere Schöpfungen der engl. Uebergangsperiode. Leipz. Diss. 1888. 8°. 69 S. Die von Morris herausgegebenen Homilien und Hymnen im Englisch ungefähr der Zeit 1150–1250 sind nicht etwa alle aus verlorenen angelsächsischen Schriften mit blosser Stylmodernisirung hervorgegangen, sondern einige benutzen lateinische Werke festländischer Theologen theilweise des 12. Jhs.: Anselm, Bernhard, Marbod von Rennes (nicht Rheims!), Hugo von St. Victor. Auch diese Literatur der Predigten, Gebete und geistlichen Lieder, die bisher oft als Blüthe des die Eroberung überdauernden altenglischen Geistes galt, ist also grossentheils nur ein fremdes Pfropfreis.


Aug. Jessopp, The coming of the Friars and other hist. essays. Lond., Fisher Unwin. 1889. 8°. VI, 344 S. Diese glänzenden Aufsätze des geistvollen ostengl. Culturhistorikers[155]) entzückten in den letzten Jahren die Leser des Nineteenth Century. I. „Die Erscheinung der [Bettel]brüder“ findet ihre Erklärung in der unruhvollen Sehnsucht der Zeit, die in Joachim’s Prophezeiung erscheine und hervorgehe aus dem innerlichen Verfall der Kirche, besonders der Unfähigkeit des Pfarrsystems, dem Elend der Städte seelsorgerisch zu genügen. Wenn manche franciscanische Uebertreibung an die heutige Salvation Army erinnere, so sei doch Franz der fruchtbare, freiwillige Helfer der Kirche, ein Enthusiast, wie ihn Rom zu verwenden verstehe, während der Anglicanismus den jenem verwandten Wesley abstosse: begeistert für die Bekehrung der grossstädtischen Hefe, findet Verf. warme Worte der Sympathie für jene Prediger. Das Beispiel der „Armen von Lyon“ veranlasse den hl. Franz vielleicht, sich als Armer an die Armen zu wenden. Sein Erfolg erkläre sich daraus, dass er den Seufzer der Zeit auszusprechen und zu beantworten verstehe durch moralisches Leben, nicht durch theologisches System oder hierarchisches Machtwort. Der Vergleich der Minoriten mit Mönchen und Dominicanern wird scharf durchgeführt; liest man zwar das Ergebniss ähnlich auch in früherer [488] Literatur – die Form des Buches verbot Citate –, so scheint es Verf. doch selbst gefunden zu haben. Für Englands 13. Jh. ist die Verwerthung von Brewer’s Monum. Franc. [nicht des II. Bandes, vgl. Mon. Germ. SS. XXVIII, 561] wichtig: Ingworth erscheint als Norwicher Priester, Esseby als ostanglisches Ashby und im Aufkommen der Franciscaner überhaupt ein provinziell ostenglisches Element. Die Dominicaner lehren in England zuerst Predigt, Apologie und Redekunst. Der päpstliche Anspruch auf Besetzung englischer Pfründen finde vielleicht theilweise Entschuldigung durch die während des Interdicts angewachsene Menge vacanter Pfarren. [? Er entsteht doch hauptsächlich aus Habgier der Italiener und Geldnoth der Curie.] Die späteren inneren Händel der Franciscaner werden kaum angedeutet; über Bacon s. oben S. 474; stellt man sie als Gegensatz zur Verweltlichung der Kirche dar, so darf nicht verschwiegen werden, dass sie, noch des Stifters Zeitgenossen, sich zu Agenten des Papstthums, auch in dessen weltlichsten Händeln mit verwerflichsten Mitteln, hergaben. Ihr schneller Abfall von der ursprünglichen Reinheit wird schwerlich, wie Verf. will, bloss aus menschlicher Schwäche der Jünger, sondern aus der unklaren, widerspruchsvollen Idee des Stifters herzuleiten sein[156]. – II., S. 53, „Dorfleben vor 600 Jahren“, etwa 1252–1312 im Kirchspiel Rougham (Norfolk), dessen mehrere tausend Urkunden vom 13. bis 16. Jh. Verf. beim jetzigen Grundbesitzer North einsah, schildert, das damalige Aussehen von Kirche[157], Strasse, Verkehrsmitteln, Bauernhäusern und Ritterlehnshof, Feudalwesen, Leibeigenschaft (mit treffendem Beispiel, wie ein Caplan seinen leibeigenen Vater freikaufte, dessen Nachkommen später Grafen von Sussex wurden), Urkundenbesiegelung statt Namensunterschrift, Lehenserbtheilung unter den Töchtern, päpstliche Versorgung der Italiener mit englischen Pfründen (mit Familiengeschichte der de Ferentino; vgl. Mon. Germ. SS. XXVIII, 586), Heirath der Kleriker, ihre Exemtion aus dem Landrecht mit seinen strengen Strafen, die stellenlosen Geistlichen, die Franciscaner als die damals fast einzigen Dorfprediger [vergl. S. 487], Landbau, Wohnung (die Kunst des Ziegelns schien England damals seit Jahrhunderten vergessen zu haben [vermuthlich war Holz billiger?]), Nahrung, Viehstand, Brauerei, Hautkrankheiten, Kleidung, Zahlung in Naturalien, Münze, Juden, Armenpflege (die dem Pfarrhaus unmöglich gewesen und ohne Beweis den Klöstern zum Verdienst gerechnet sei), die Menge von Verbrechen (aus einer Hundertschaft wurden 1285 16 Personen schwersten Einbruchs angeklagt, 12 ermordet, [489] 5 erschlagen, 5 endeten durch Selbstmord), Gewaltthat (wie Einhegung in der Gemeinweide), oft mit Hilfe einer Bande, gleichmässigeren Antheil fast aller am Bodenbesitz, daher geringeren Unterschied zwischen Gutsbesitzer und Landarbeiter, Vergnügungen, Wandersänger, Lehensgericht, bischöfliche Aufsicht, Unwetter (die Ueberschwemmung von 1287 trug vielleicht bei zur Insolvenz verschuldeter Grundeigenthümer und zur Judenvertreibung), die Bischöfe von Norwich und Edward’s I. Besuche in Norfolk. Dieser vor Landleuten jener Gegend gehaltene, im besten Sinne volksthümliche, inhaltlich durchweg neue Vortrag schliesst mit der freudigen Versicherung unermesslichen seitherigen Fortschritts in jeder Beziehung. – III, S. 113: „Tägliches Leben in einem mittelalterlichen [Benedictiner-]Kloster“, besonders im 13. Jh., entstanden im Gegensatz zur Verleumdung des Mönchwesens, die Unwissende bei Gelegenheit der Lutherfeier ausposaunten, mag zur Einführung empfohlen werden, ohne bedeutende Entdeckungen zu bieten. Der grosse Culturerfolg der Klöster lag nicht in der Absicht der Stifter, die nicht auf Reform der Welt, sondern nur auf Rettung der eigenen Seele durch Gottesdienst zielten. Die Kirchen bedurften fortwährender Herstellung, die Bewunderung für damalige Baufestigkeit sei also übertrieben; jede diente zunächst dem Kloster, Fremden nur nebensächlich. Einzelzellen führten erst die Karthäuser ein, sonst fehlten Sondergemächer gänzlich. Zum System der Baulichkeiten, das genau beschrieben wird, gehörte eine eigene Bücherei damals noch selten, wohl aber meist eine Schreibstube, in der man jedoch hauptsächlich zum Zwecke der Güterverwaltung und Ritualbücher, erst in zweiter Linie für die Bildung arbeitete. Localgeschichte, gleichsam des Klosters Tagebuch, schrieb im 13., 14. Jh. fast jeder grössere Convent, aber launenhaft und sprungweise. Nur in einem solchen, nicht als ganze Classe, waren die Mönche Gelehrte. Verfassung und Verwaltung des Einzelklosters zeichnet Verf. am Beispiel Evesham’s, spürt den Anlass zum Eintritt ins Kloster seelenkundig auf und schildert, oft mit glücklichem Humor, das Streben nach Exemtion aus der Gewalt des Bischofs, die Appellation nach Rom, Processsucht, den Streit mit der auf Klosterland erwachsenen Stadt, die Zänkerei mit Prior und Abt, Vergnügungen und Werthschätzung von Essen und Trinken. Mit Recht weist er den gewöhnlichen Irrthum ab, als hätten die Mönche für Kirchen oder gar Pfarren auf dem Lande gesorgt, während sie im Gegentheil die Landpfarren der Einkünfte beraubten und durch dürftige Vicariate ersetzten. Dennoch schreite im Ganzen das Mönchsthum des 13. Jhs. seiner Zeit voran. Es rekrutirte sich damals wahrscheinlich aus der Gentry.

[490] IV. (S. 167), V.: „Der Schwarze Tod in Ostanglien“ bildet den historisch werthvollsten Abschnitt des Buches, wenn auch die allgemeine Geschichte der Pest (von deren neuerer Literatur nur Hecker benutzt ist) wenig gewinnt. Verf. meint, sie hänge vielleicht mit den damaligen atmosphärischen Störungen und Erdbeben zusammen. Im August 1348 erschien sie in England, doch erst im März 1349 in Ostanglien, wo sie im Juli gipfelte und im November nachliess. Verf. erschliesst die Sterblichkeit und ihre Folgen für das sittliche Leben der Zeit (mit Kritik und Combination, die ihn auf der Höhe der Culturforschung zeigen) aus Ungedrucktem: 1) dem Register der Bischöfe von Norwich über Einsetzung von Klostervorstehern und Pfarrern (letztere geschah möglichst eilig, weil Patron und Candidat fürchteten, Rom möchte einen Italiener – trotz Innocenz’ IV. Versprechen – in die Vacanz einschieben); 2) aus den Lehnshofrollen (deren Wesen er erklärt), wo der Todesfall fast jedes Hausbesitzers vorkommen muss. Natürlich erhält er hieraus nur einen Theil der Sterblichkeit, andere Todesfälle folgert er anderswoher, z. B. aus technischer Unvollkommenheit der Rollen um 1349 das Aussterben geschäftsmässiger Gutsschreiber. Er schliesst, dass mindestens die Hälfte der Landbevölkerung Ostangliens in jenem Jahre umkam: für die Städte fehlen zwar Beweisstücke; allein das höchst ungesunde Leben der dortigen unteren Classen im 14. Jh. lässt mindestens kein günstigeres Ergebniss erwarten. Aus den oberen Ständen traf die Pest nachweislich mehr Männer als Frauen. – Einige Convente starben gänzlich aus, so dass ihr Gut anderen Stiftern zufiel. Geistliche starben in Ostanglien 1349 an 2000. Wegen Mangel an Candidaten konnten ihre Nachfolger nicht sorgfältig ausgewählt werden; die neuen Pfarrer waren bisweilen kurz vorher verwittwete Laien, durchschnittlich weniger gebildet, aber nicht erweislich unsittlicher, wie denn die Bettelbrüder den Weltklerus zu so heilsamem Wetteifer angestachelt hatten, dass die Landgeistlichkeit des 14. Jhs. in England besser war als die des 13. Nur die Orden erholten sich nie wieder von den Folgen der Pest. Einige Beispiele zeigen, dass grässliches Unglück auch damals bisweilen sittlich veredelte; sogar die harten Gutsvögte erliessen Strafgelder. Dagegen gab es nicht weniger Rauferei als sonst: „in Ostangliens Dorfkrawallen floss im 14. Jh. Blut in Menge, würdig Heidelbergs [!]“. Wenn bei allem gesellschaftlichen Unglück eine Spur von Rechtlosigkeit oder Pflichtvergessenheit sich nur selten findet, so möchte Verf. dies Zeichen starker Selbstbeherrschung aus der erziehlichen Decentralisation erklären, in der jedes Kirchspiel eigene Polizei und Selbstverwaltung besass. Gleich nach der Pest kam es natürlich zu einer Fülle von Processen. Noch im [491] Trauerjahre heiratheten viele Wittwen schnell wieder, manche, der sogar zwei Männer eben an der Pest gestorben waren; die Partie ward einfach als Geldeswerth behandelt, von Liebe war keine Rede. Eine Panik herrschte wohl im begüterten Bürgerthum, aber nicht in den Dörfern. Ueberaus vorsichtig stellt Verf. einige Folgen der Pest hin: 1) Die Candidaten für Aemter wurden selten und theuer, denn nicht nur, dass die niederen Vacanzen schnell wieder besetzt werden mussten, auch die höheren Aemter, massenhaft frei geworden, lockten die Streber nach London, fort von bescheidenen Stellen. Sicher litt darunter des Volkes Achtung vor der Kirche. Ob aber Wikliffe’s Umwälzung vom Schwarzen Tod wesentlich abhängt, bleibt fraglich; denn mancher ihrer Factoren, wie der Kampf gegen die Bettelorden, erscheint schon früher; ja durch die Bevölkerungsabnahme müsste sie sich sogar verzögern. 2) Der Lehensbesitzer, der Landadel, wurde plötzlich reich, einmal durch Gebühren für Grundübertragung und Bodenheimfall von seinen Hintersassen, dann durch Zusammenerben mehrerer Lehen. 3) Dass zwei oder drei Millionen starben, ist bloss willkürliche Annahme. Die Lohnsteigerung nach der Pest entstand nur theilweise durch sie. Den Klagen der Grundbesitzer über Pachtverluste widerspricht nämlich die Thatsache, dass der Luxus bedeutend stieg; und wenn die Gemeinen des Parlaments von 1350 über die Theuerung der Arbeiter klagen, so bezwecken sie Steuererleichterung, sind also nicht unverdächtige Zeugen; auch verlangen sie ein Lohnmaximum, nicht etwa gemäss dem Jahre 1348, sondern 1340: also nahm der Arbeitgeber die Pest zum Vorwand, um den seit einem Jahrzehnt langsam gestiegenen Gewinnantheil des Arbeiters zurückzuschrauben. Des Verfassers Einspruch S. 258 gegen Versuche, eine neue, vielleicht tausendfältig beeinflusste Erscheinung aus einer Ursache zu erklären, hat methodologischen Werth, ebenso wie seine Forderung an die Zukunft, Englands Culturgeschichte mit selbstlosem Heroismus zu durchforschen.

VI., S. 263: „Die Gründung einer Universität“, knüpft an das grosse Werk von Willis und Clark, „Architectural hist. of Cambridge“ an, dessen Bedeutung Verf. auch für allgemeine Geschichte rühmt; er zieht vieles für tägliches Leben, Gewerbe und Kunst des späteren Mittelalters Wichtige aus. Cambridge war schon vor Römerzeit befestigt, ist also ein Jahrtausend älter als Oxford. Aus dem römischen Camboritum ward bei den Angelsachsen eine Grantabricge, als man, statt die römische Pflasterstrasse durch den Fluss zu erhalten, eine Brücke über ihn spannte. Beide Universitäten und ihre Städte erwachsen unabhängig von Ordenshäusern; in Cambridge gab es zwar andere Orden, aber Mönche im engeren Sinne überhaupt nicht; und [492] die Minoriten, die wohl später die Universität bedeutend hoben, kamen nur, weil eine solche schon bestand, 1225 dorthin. Thatsächlich wanderten bereits 1209 Studenten aus Oxford, nach einem Streit mit ihrer Stadt, nach Cambridge aus, wenn dies auch erst Mitte des Jhs. als Corporation zuerst erwähnt wird. Schon damals bedeutete Universitas, neben seinem früheren allgemeinen Sinne, „Hochschule“ und erforderte das Gelehrtenleben Cambridges eigene Baulichkeiten. Der anfangs losen Zucht zu steuern, bauten und vermietheten seit Beginn des 13. Jh.s ernste Leute Studentenhäuser (hostel), was die Bürgerschaft ungern sah. Aber von Collegien errichtete das früheste Merton zu Oxford, mit einer Regel, die zum erstenmal auf Bildung, nicht auf Gottesdienst abzielte. Bald gründete Bischof Hugo Balsham von Ely das erste Colleg in Cambridge. Er aber gab die angehenden Priester wieder einem Convent in Pension, möglicherweise, um nicht, wie in Oxford, Freidenkerei aufkommen zu lassen. Eine ähnliche reactionäre Absicht, die Benedictiner, die schon nicht mehr der Bildung voranschritten, durch Universitätsstudien wieder zu heben, zeigt sich damals auch in Oxford. Von diesem wird Cambridge im 14. Jh. weit überholt, obwohl es bereits vor Edward’s III. Tode sieben Collegien besass. Es war anfangs zu arm, um viel zu bauen und hielt Feierlichkeiten in Kirchen ab; der Bau der „Schools“ dauerte wegen Geldmangel 130 Jahre. – Das Vermögen der Collegien war z. Th. dem Landklerus geraubt; die Patrone schenkten damals Pfarren an Collegien wie früher an Klöster. Quadrangel und Kapelle gehören nicht zum Wesen der ältesten Collegien, die von Anfang an dem Mönchswesen entgegengesetzt, ferner nicht als dessen letzter Rest gelten dürfen. Der Mönch trat nämlich für ewig ins Kloster und fand dort sein Grab; der Student sollte nur die Jahre der Arbeit im Colleg verbringen: keines besass daher einen Kirchhof. Der Master des Collegs wohnte anfangs nicht so kostbar und abgeschlossen wie heute. Im 14. Jh. ging der Costümprunk auch unter Cambridger Studenten weit. Materiell waren sie aber zweifellos schlimmer daran als heute, „sittlich und geistig fassten sie kaum als Terminus ad quem, was für uns nur als gewöhnlicher Ausgangspunkt gilt“.

VII., S. 302: „Der Prophet von Walnut-tree Yard“ zu London betrifft Muggleton (geb. 1610) und seine Secte; die Lehre erschien deutsch 1666, S. 337.


Memorials of the church of SS. Peter and Wilfrid, Ripon [ed. J. T. Fowler]. II., III. (Surtees soc. vol. 78, 81.) Durham 1886. 8°, XII und 398 S.; XXXII und 378 S. Band II. bringt 1) das auf Ripon Bezügliche aus den Registern der Erzbischöfe von [493] York für 1230–1538, eine reiche Quelle für die Geschichte jenes Ortes, der Schottenkriege, der englischen Cultur[158] und Kirche. Mit Recht warnt Herausg., hieraus vorschnell die Sitten der Geistlichen ungünstig zu beurtheilen; denn das Ordnungsmässige kam gar nicht zum Vermerk im Register, sondern nur das Regelwidrige. Es begegnen die bekannten Klagen, namentlich über die durch päpstliche Provision eingesetzten fremden Pluralisten, die, selbst von ihren Pfründen abwesend, für den Dienst ungehörige Vertreter stellen, ferner über Scheinkleriker, die mit der Tonsur nur Straflosigkeit vor weltlichem Gericht erstreben. Noch 1399 (vergl. 1303, S. 42) reinigen sich die vor dem staatlichen Richter des Diebstahls angeklagten Geistlichen kanonisch; ein anderer des Concubinats Bezichtigter schwört sich 1306 selbzwölfter Hand rein. – 2) Fasti Riponienses, ursprünglich von Ward († 1861) angelegt, geben Namen und genaue Daten, oft ausführliche Lebensbeschreibung der Domherren Ripon’s, geordnet nach den sieben Kanonikaten, meist seit Mitte 13. Jhs.[159]. Darunter sind manche (auch in Mon. Germ. SS. XXVII f. erwähnte) Verwandte der Päpste und der provenzalischen Königin Eleonore, wie Percival von Lavagna († 1290), Thomas von Savoyen (1301–29) u. a. Fremde, wie der Schriftsteller Peter von Blois, Johann von Lucca 1292, Aegidius von Oudenarde 1291–1302, Jacob Cenci um 1295, Johann Sarraceni 1302, Johann de Scalangiis 1318, Wilhelm de Cusancia um 1330, der Mailänder Arzt Georg de Mondellis 1408. Hatton war 1486 Heinrich’s VII. Gesandter an Maximilian.

Band III. [vgl. Athenaeum 20. IV. 1889, 497] gibt eine lichtvolle Einleitung über die hauptsächlichen Gegenstände der Memorials: 1) Verfassung. Ripon’s Schottenmönche zogen ab vor dem romanisirenden Wilfrid. Während dessen Abwesenheit war Ripon kurze Zeit Bischofsitz, dann, obwohl bisweilen Residenz der Erzbischöfe, Abtei; kurz vor Mitte des 10. Jhs. von Nordmännern zerstört, ward es vor 995, wahrscheinlich durch S. Oswald († 992), aufgebaut, dann durch weltliche (oder doch schnell aus etwaiger Regularität verweltlichte) Kleriker bedient. Kanoniker sind vielleicht seit 1060/9, jedenfalls vor 1086, eingesetzt, und getrennte Pfründenstellen neben der Communitas (Gemeinvermögen des Capitels) im 13. Jh. nachweisbar. Damals tritt ein Dekan an die Spitze des Capitels. Wie [494] Beverley und Southwell gilt Ripon später zeitweilig als Nebenkathedrale des Yorker Erzbisohofs. Unter dem Capitel stehen besonders ausgestattete Capellen, Pfarren, Hospitäler, Kirchenbaufonds. Für die von den Domherren schlecht besoldeten Vicare, die allein die Arbeit thun, verwenden sich seit dem 14. Jahrhundert die Erzbischöfe. 2) Der Dom zeigt aus Wiifrid’s Zeit wahrscheinlich nichts, aus dem 10. Jh. sehr wenig, das Meiste aus dem 12.–14 Jh. Die folgenden Abschnitte (innere Ausstattung und Preise) fassen das geschichtlich Merkwürdigste zusammen aus den im Texte folgenden genauen Abrechnungen der Domverwalter 1354–1542, des Capitelschatzmeisters 1401–84 und des Kämmerers 1410–1533. Dazu kommen einige Bogen neuzeitlicher Rechnungen. – Vorzügliche Randnoten und Register erleichtern die Benutzung dieser werthvollen Sammlungen.


Calendar of documents relating to Ireland, preserved in H. M. Public Record Office, London [vol. V.] 1302-1307. Ed. H. S. Sweetman and G. F. Handcock. Publ… under the… Master of the Rolls. Lond. 1886. Lex.-8°. XXI und 424 S. Der verdienstvolle Herausgeber dieses mit 1171 beginnenden Riesenwerkes, dessen I. Band 1875 erschien, ist über der Correctur dieses Bandes fast erblindet, dann gestorben. Handcock hat den Index vollendet und die – theilweise schon früher veröffentlichte – Taxatio ecclesiastica, die ausnahmsweise ganz aufgenommen ist, nachverglichen und für deren 120 Seiten 12 Seiten Correcturen vermerkt. Die Urkundenauszüge sind sämmtlich englisch. Als ihre bisweilen französisch, nie englisch geschriebenen Quellen sind genau vermerkt aus der Chancery: Patent-, Close-, Charter-, Liberate-, Fine-Rollen, Inquisitiones post mortem, Royal letters; aus dem engl. und dem irischen Exchequer: Originalia, Miscellanea der Treasury of Receipt und Memoranda des Queens Remembrancer; aus der Königsbank: Coram rege Rollen. Dass für die Geschichte Edward’s I. und die Lage des mittelalterlichen Irland dieser Band unentbehrlich ist, braucht keiner Versicherung. Aber auch für englische Verwaltung und Wirthschaft, die irische Kirche, Biographie und Ortsgeschichte findet man hier reichsten Stoff. Auf Deutschland oder Italien Bezügliches begegnet selten: vom sicilianischen Krieg schreibt Bonifaz VIII.; zahlreiche Italiener holen Geld, besonders Geistliche (s. Index: Alto-passu, Vercelli, Sabina, Rome, Pope, Tenths, Ferentino, Wicio, Pecoraria) und Toscaner Bankhäuser (s. Spini, Friscobaldi, Normanni Veluti, Pullices, Mozi, Circuli Nigri, Lucca, Senis, Florence). Dem Johann von Brabant, seinem Schwiegersohn, und dem John Fitz Thomas, für Hilfe im flandrischen Feldzug [1297; vergl. IV, p. XVI], gibt Edward I. [495] Geld und Land in Irland; des Otto von Gransee irische Güter verwaltet Johann von Brügge. Ueber auswärtigen Handel (vergl. IV, p. XXVI f.) s. Merchants. – Man vermisst die Einleitung, wie sie den vorigen Band (1881) noch geziert hatte.


Chronicon Galfridi le Baker de Swynebroke, ed. with notes by Edw. Maunde Thompson. Oxford (Clarendon press) 1889. 4°. XX, 340 S. Dieser Band enthält Galfrid’s Chronik, 1303–56, und sein unbedeutendes „Croniculum“. Letzteres, das mit der Schöpfung beginnt, schliesst mit den Worten „Apud Oseneye a. D. 1347… Galfridus le Baker de Swynebroke [Swinbrook, Oxfords.] clericus ad rogatum d. Thome de la More [Northmoor, Oxfords.] militis scripsit istud Croniculum.“ In der Chronik, wo sich der Autor nicht nennt, redet er zur Geschichte der Abdankung Edward’s II. denselben Thomas, wahrscheinlich den Gutsherrn seiner Heimath, von dem er irgendwie abhing, so an: „Hec vidisti et in Gallico scripsisti, cuius ego sum talis qualis interpres, domine Thoma de la More!“ Hieraus folgt, dass beide Werke Galfrid gehören, wie sie sich denn in der (einzigen vollständigen) Hs. Bodley 761, um 1360, beisammen finden. Jener Thomas aber, der 1340, 1343, 1351 die Grafschaft Oxford im Parlament vertrat, galt (wohl nur auf das eben Citirte hin) seit mindestens dem 16. Jh. irrig als Verf. einer „Vita et mors Edwardi II“, die in Wirklichkeit nur ein Theil Galfrid’s ist; Thomas, dessen Bericht verloren ist, beschrieb vielleicht nur jene eine Scene, für die sich Galfrid auf ihn beruft [so schon Hardy, Descr. Catal. III, 390]. Auch der spätere Theil Galfrid’s, Edward’s III. Regierung bis 1356, begegnet gesondert: in der anderen Hs. (Cotton. App. 52) um 1370. Galfrid schreibt zu Anfang meist die bis 1341 reichende Ausgabe des Adam Murimuth ab, dessen Familie nahe bei Swinbrook sass. Für die Bohun’s, denen das Hundred, in dem Swinbrook liegt, gehörte, zeigt Galfrid lebhafte Theilnahme, und aus ihrem Haushalt stammt die Bodley’sche Hs. Unter anderen Augenzeugen beruft er sich auf die Aussage die „mihi retulit vivens post magnam pestilenciam Willelmus Bischop, qui doctoribus Edwardi [1327] prefuit“. Also auch über diese frühe Zeit schrieb er erst nach 1349; so erklärt sich manche Verwirrung in der Zeitfolge. An einer Revision des Werkes arbeitete er noch 1358; sie blieb unvollendet, vielleicht durch seinen Tod. Dass Galfrid zu Osney Kanoniker gewesen sei, hält Thompson für unwahrscheinlich. Der Herausgeber ist als Meister der Paläographie weltbekannt, überflüssig also zu sagen, dass der Text S. 83 f., womit man das Facsimile nachvergleichen kann, keinen Fehler zeigt (die frühere Ausgabe bietet fünf grobe!). Thompson hat aber auch auf [496] 150 Seiten Sachnoten den Autor durch Parallelstellen auf Schritt und Tritt geprüft. Von Handschriftlichem ist der mittelengl. „Brut“ in Prosa aus Ms. Harley 2279 und Egerton 650 viele Seiten lang abgedruckt, ferner S. 252 die Reise- und Küchenbücher zum Feldzuge von 1346, so dass der Leser Edward vor und nach Crécy von Tag zu Tag begleiten kann; auch neueste Literatur, wie Köhler’s Kriegswesen, ist angegeben. Ebenso sorgfältig werden der südfranzösische Feldzug des Prinzen von Wales 1355 und sein Sieg bei Poitiers 1356 erklärt. Drei Karten, am Rande des Textes Inhaltsauszug und Namensverzeichniss sind beigefügt. [Saturday R. 27. VII. 89, 113 lobt, mit dem Hrsg., Galfrid als kriegsgeschichtlich wichtig. Vergl. Delisle’s Besprechung, BECh 50, 466–8.]


Albert Bovenschen, Die Quellen für die Reisebeschreibung des Johann von Mandeville. Leipz. Diss. Berl. 1888. 8°. 107 S. Auf Grund staunenswerther Belesenheit in mittelalterlicher Sagen- und Reiseliteratur weist Verf. nach, dass Mandeville [um 1356] nur ganz Weniges, über Aegypten, aus eigener Anschauung beschrieb, seine Reise in den Orient aber erlog und das angeblich dort Gesehene zusammenlas aus reicher Kenntniss von Büchern und Fabeln, die er romanhaft verband und ausschmückte. Er entlehnte, z. Th. wörtlich (und öfters mit Beibehaltung des „ich“ aus der Schrift des Gewährsmannes, den er verschweigt) aus: Pseudo-Callisthenes, Compendium de Terra Sancta, Fulcher von Chartres, Petrus Comestor, Oliver, Jacob von Vitry, Vincenz von Beauvais, Jacob de Voragine, Johann de Piano Carpini, Wilhelm von Tripolis, Hayton, Odorich von Friaul, Wilhelm von Boldensele und zahlreichen anderen, nicht immer nachgewiesenen Quellen. Ausser Beda (De locis ss.) und Galfrid von Monmouth (über S. Helena) scheint er Engländer nicht benutzt zu haben, doch erzählt er Aehnliches wie Saewulf, Walter Map, namentlich Gervasius von Tilbury [und Roger Baco]. Auch englische Kreuzzugshistoriker können aus dieser werthvollen Untersuchung durch zahlreiche Parallelen erklärt werden, z. B. Mon. Germ. XXVII, 346 über den Golf von Satalia, in dem (statt im Salef) Friedrich I. ertrunken sein soll. – Verf. identificirt Zs. f. Erdkunde 23, 177 „Mandeville’s Person“ mit dem Lütticher Arzt Jean à la Barbe de Bourgogne († 1372), ohne doch solche Mystifikation recht zu erklären. Mandeville schrieb ursprünglich französisch. St. Alban’s nennt er seinen Geburtsort. Sonst hier nichts Englisches.

Eine Neuausgabe Mandeville’s bearbeitet Warner für den Roxburghe Club.


[497] H. Boos, Jean Froissart (in Preuss. Jahrbb. LXIII [März 89], 221), schildert die Niederlande des 14. Jhs. als den von grossen Gegensätzen belebten Nährboden für bedeutende Geschichtschreibung: Jehan le Bel, der die Wahrheit mit Mühe suche, sie aufrichtig und in künstlerischer Darstellung sage und den Stoff kritisch verstehe, wird von Froissart abgeschrieben und dann in der Fortsetzung übertroffen. Diesen machen Jugendeindrücke zum Bewunderer des späten Ritterthums; er verherrlicht es in seinen Schriften voll heiteren Lebens und verräth nirgends den Geistlichen. Seiner Geschichte fehlt künstlerische Gliederung, logische oder chronologische Ordnung, tiefere Motivirung, Entwirrung der diplomatischen Politik und unbefangene Schätzung der dem Adel entgegengesetzten Strömung unter Bürgern und Bauern. Aber was dieser scharfe Beobachter der Aussenwelt von Grossen und Herolden, auf Wanderungen von Schottland bis Spanien und Rom erfahren hat, das erzählt er mit unübertroffener Anschaulichkeit und, trotz manchen Gedächtnissfehlern in Geographie und Chronologie, im Ganzen staunenswerth gewissenhaft. Er meint, nur dem Adel gezieme die Waffenehre und bekennt doch, dass bei Crécy und Poitiers bürgerliches Fussvolk jenen besiegte. Engländer und Franzosen schildert er unparteiisch: nur die Deutschen, die auch Jehan le Bel gehasst hatte, scheinen ihm grausam und habgierig. [Zur Erklärung genügt wohl, dass die conventionelle Lüge, wie Boos dieses Ritterthum nennt, im Westen feiner als in Deutschland entwickelt war.] Froissart liefert (für 1325–1404) die umfangreichste Geschichte aller Zeiten und feilte rastlos an dem Riesenwerke nach. Die erste Ausgabe (bis 1372) zeigt, im Gegensatz zu Jehan, helle Begeisterung für England; seit 1373 aber, im Dienste französisch gesinnter Herren, schreibt Froissart sein Zeitgemälde vom andern Standpunkt aus um, wie er ausdrücklich sagt, unbestochen, nur der Wahrheit zu Liebe. Auch berichtigt und ergänzt die Umarbeitung den Jehan le Bel und zeigt reiferes Urtheil: den früher geschmähten Jacob von Arteveld vermag dieser Feudalist in der unvollendeten dritten Redaction, die er um 1400 begann, sogar gross und weise zu nennen. Jetzt erscheinen ihm die einst so gerühmten Engländer geneigt zu Krieg und Vertragsbruch, wunderlich und misstrauisch, hochfahrend und selbst gegen den König, der sie um Rath und Einwilligung befragen muss, nur ehrerbietig, wenn dieser siegreich sei; die Londoner seien mächtig durch ihr Geld und hiermit geworbene Söldner. Boos lobt Luce’s Ausgabe, aus welcher Froissart’s Arbeitsweise erst klar wird. Vgl. Maury, „Froissart“, Journal des savants Febr. 1889.


[498] Life-records of Chaucer. I.: The robberies of Chaucer… 1390. Ed. from… enrolments by Walford D. Selby 1875. II.: Chaucer as Valet and Squire to Edward III. King Edward II’s. Household and Wardrobe ordinances 1323. Englisht by F. Tate in 1601, ed. … with extracts from Edward IV’s. Household book by F. J. Furnivall, 1876. III.: Chaucer as page in the household of the countess of Ulster, wife of Lionel, 3d son of king Edward III., 1356–9. Ed. Edw. A. Bond. Chaucer as Forester of North Petherton, co. Somerset, 1390–1400 by Walf. D. Selby 1886. (Chaucer Society, II Series, nr. 12. 14. 21.) Lond. 8°. 38; XX und 135 S. Während die erste Reihe der Hefte der Chaucer Society (für 1868–80: 62) Texte der Werke Chaucer’s abdruckt, enthält die andere (für 1868–86: 21 Hefte) sprachliche, biographische und literarische Erläuterungen. Darunter sind manche hier zum ersten Male[160] gedruckte Texte, die Englands allgemeine Geschichte angehen.

Bei einer Reise zur Beaufsichtigung der königlichen Bauten, welches Amt er 1389 erhalten hatte, ward Chaucer 1390 beraubt. Einer der Wegelagerer, als Kronzeuge Straflosigkeit erhoffend, zeigte die Bande an, unterlag aber im gerichtlichen Zweikampf, auf den sein verklagter Genosse unter Behauptung der Unschuld bestand, und ward gehängt. Selby druckt die hierauf und auf das gleiche spätere Schicksal der anderen Räuber bezüglichen Theile aus den Coram rege (Kron-) Rollen des Königsbankgerichts und den Controlmentrollen, die für das Strafrechtliche Duplicate jener sind, aber auch Eigenes bieten, für 1390/1.

Um 1367 ward Chaucer Kammerjunker, 1368 Schildknappe des Königs. Furnivall erklärt diese Hofämter aus den Haushaltsbüchern Edward’s II. und IV. (da zeitlich nähere fehlen). Von letzterem hatte die Society of Antiquaries unter „Household ordinances“ 1790 das Meiste gedruckt, und gibt F. nur Auszüge. Dagegen die Hofordnung von 1323 erscheint hier (in englischer Uebersetzung) zuerst: eine reiche Quelle für Verfassung, Ceremonien, tägliches Leben und Kosten des englischen Hofes; Pflicht und Lohn jedes Beamten vom Truchsess und Schatzmeister bis zum Zimmerreiniger werden genau verzeichnet. – Vom Haushaltsbuche Elisabeth’s de Burgh, der Erbin Ulster’s, deren Page Chaucer 17jährig war, sind zwei Blätter, einst am Deckel der Hs. 18 632 des British Museum, gerettet. Bond hebt in der Einleitung das Merkwürdigste [499] hervor: z. B. Trinkgeld für Handwerker „nach Londoner Sitte“, manches für Damencostüm. Zum Georgsfest 1357 besucht die Gräfin ihres Schwiegervaters Hof zu Windsor; Chaucer bekommt dazu einen Anzug für 7 Schilling (heute etwa 100 Mark Werth). Der Dichter kam hier zuerst mit der höchsten Gesellschaft in Berührung; mehrere spätere Beziehungen zum Königshause knüpfen sich wahrscheinlich an diese früheste Stellung. – Ein Enkel dieser Elisabeth, Roger Mortimer Graf von March, setzte ihn zum Forstmeister im Petherton-Park ein, was aus Collinson’s Hist. of Somerset III, 54 Floyd entdeckt hat. – Diesem letzten Heft des Bandes angehängt sind zwei Untersuchungen über Chaucer’s Grossvater Robert [s. im folg. Heft Sharpe’s London wills] und Beziehung zu Lynn in Norfolk.


The Coucher book of Furness abbey. Printed from the original preserved in the Record office, London. Ed. J. C. Atkinson for the Chetham Soc. Manchester 1886/7. 2 Bde. 4°. XX, 536 S. Unter den Stücken, die dem pergamentenen Actenregister vorgeheftet sind, steht eine kurze Geschichte der 1124/7 gegründeten Abtei, die, ursprünglich tironensisch, ihrem Mutterhause Savigny nicht ohne Kampf zum Cisterzerorden hin folgte, sodann eine Liste der bis Man und Irland reichenden Filialen. – Der ursprüngliche Band beginnt mit metrischer Localgeschichte, in der es heisst: „Willelmus Dalton’ abbas hunc condere librum Fecit, … Anno milleno centum quater ac duodeno Quem John Stell[161] digitis monachus scripsit.“ Es folgt „Tabula sententialis registri de Furnesio 1412 per Will. de Daltona abbatem digesti“. Doch hat der Schreiber selbst etwas spätere Urkunden aufgenommen, so S. 226 die von 1415, während die von 1416 (S. 484) anderer Hand gehört. – Der hier erschienene Theil I umfasst verschiedene Acten, meist Güterverleihungen, doch bisweilen auch öffentliche Urkunden, wie die des Florenz von Holland und der anderen Schottland beanspruchenden Herren, von 1291 (Mon. Germ. SS. XXVIII, 635), auch Statuten. Die Ordnung ist nicht nach der Zeitfolge, sondern nach Territorien. Dalton, der Hauptort des Furnessthales, bei welchem die Klosterruinen liegen, macht den Anfang und darin wieder die früheste Stiftsurkunde: die Stephan’s, des späteren Königs, von 1127. Die „Privilegia“ der Päpste bilden, laut jener Tabula, als Theil II. etwa ein Drittel des Ganzen; sie sind nach dem Alphabet der Papstnamen geordnet. Das früheste, von Honorius II., mitten unter solchen von Honorius III., scheint ungedruckt, ebenso das bei weitem Meiste dieses Chartulars. Mindestens die [500] Königsurkunden, seit Heinrich I., gehen Englands allgemeine Geschichte an. Manches Stück, zuerst (wenn ich recht sehe) 1347, lautet französisch, keines englisch. Reichsgeschichte kann natürlich hier wenig holen: das zur englischen Heirath Friedrich’s II. gezahlte Auxilium erwähnt Edward III. S. 154. – Der Herausgeber druckt sorgfältig und erhellt in den Anmerkungen Genealogie und Philologie der Ortsnamen, besonders des nw. Englands. Er bemerkt auch S. 239 ein Beispiel für Gemenglage, deren einzelner Schmalstreifen nordenglisch „Wandale, Wandel“ heisse, und verbindet S. 459 Birelage, ein Ortsrecht über verlaufenes Vieh, mit heutigem Bylaw [?! vgl. Gomme, Index of municipal offices, unter „Burleigh“]. Er verspricht einen Index nach Vollendung der Ausgabe und wird hoffentlich da ein Register mit Daten nachtragen. Erwünscht wäre auch eine literarische Geschichte der Abtei[162], aus der vom Ende 12. Jhs. Hagiographien Joscelin’s[163], vom Ende 13. Jhs. Annalen[164] und viele Urkunden[165] vorhanden sind.


II. Kurze Mittheilungen über die Literatur von etwa 1887–89.

Bibliographie: Hallkett and Laing, Dictionary of the anonymous and pseudonymous literature of Great Britain[166] IV (1889). – W. T. Poole and W. J. Fletcher, Index to periodical literature from 1882–1887, 1888. – S. J. Low and F. S. Pulling, The dict. of English hist. 1884 genügt manchmal zu schneller Referenz. – „Notes and queries: a medium of intercommunication for literary men etc.“ veröffentlichen „General Index to Series VI (1880 bis 1885)“ 1886. 4 (wie jedesmal nach Vollendung einer zwölfbändigen Reihe; der erste erschien 1856), in welchem kaum ein Zweig der historisch-philologischen Classe leer ausgeht. – Tedder, plant eine Bibliographie engl. Gesch. (The Library Jan. 89).


Methode; Gelehrtengesch.: Gibbon’s „Sinken des Römerreichs“ habe die Kirchengeschichte des 18. Jhs., besonders Spittler’s, beeinflusst und auf sie die allgemeinen Regeln der Historik anzuwenden, aber nicht den Geist der Zeit zu verstehen gelehrt; Ad. Harnack, Rede auf Neander, Preuss. Jahrb. LXIII (89), 189. – Das Seminar für engl. Gesch. zu Oxford, gegründet von Stubbs ist leider eingegangen; [501] Ac[ademy] 1. VI. 89, 377. – G. W. Prothero, A memoir of Henry Bradshaw, University librarian [zu Cambridge] (1888) zeigt, wie dieser selbstlose Gelehrte viele Forscher anregte, durch Geld unterstützte und, ohne selbst viel herauszugeben, einigen die Vorstudien langer Jahre überliess, besonders betreffend Mittellatein, keltische Archäologie, Waldenser, Wyclif, Chaucer, Ursprung der Druckerei. Ath[enaeum] 12. I. 89 , 43. „The collected papers of H. Bradshaw“ edirt Jenkinson für Cambridge Univ. press; Ac. 25. V. 89, 358. [Arbeiten für die Mon. Germ., u. a. Dümmler’s und meine, hat Bradshaw mehrfach unterstützt[WS 5].] – Sir H. Maine (1822–88), dessen Werk der Urgeschichte jedes (nam. kelt. und german.) Volkes diente, widmet einen warmen Nachruf Pollock (Contemporary rev. Febr. 89, 265), sein Nachfolger als Oxforder Professor: Maine’s vergleichende Gesch. der Rechtsursprünge bleibe, wenn auch im Stoffe Einzelnes veralte oder manche Folgerung zerfliesse, bedeutend wegen Methode, Durcharbeitung, Fragestellung, Intuition. – Nachrufe von Lyall, Glasson, Holtzendorff, Cogliolo brachte Law quart. rev. April 1888, 129.


Prähistorisches; Archäologie; vorengl. Münzen. Dass Zinn zur Herstellung altclass. Bronze aus den brit. Inseln kam, bezweifelt Virchow, Correspbl. f. Anthropol. IX (1887) 83. – Ueber Pitt Rivers’ „Excavations in Cranborne Chase“ (near Rushmore 1888) [vgl. oben S. 220], dem britischen Asyl des 5. Jhs., wo noch jetzt die dunkle westliche Rasse beginnt, handelt Virchow, Z. f. Ethnol. XX, 163; XXI, 26. Eine angelsächs. Nekropole enthielt mehr eiserne als bronzene und keine Thon- oder Steingeräthe. Von einem röm.-brit. Dorf bei Rotherley (Wilts) fand man brit. Silbermünzen und römische bis 272; vgl. Antiquary Oct. 88, 148; Archaeol. R. II, 88, 377. – G. W. Thomas, „Anglo-Saxon cemetery at Sleaford, Lincolns.“ Archaeologia L, 383: Leichenbrand, Bronze und Eisen, keine Schwerter, aber Messer, Speere, Aexte und Schilde; Münzen nur römisch als Schmuck, meist Constantin und Maxentius. – H. W. Smith, Antiquary, Aug. 88, deutet die zu Crayford in West Kent gefundenen Knochen und Waffen auf Reste der Schlacht, in der nach Ann. Anglosax. 457 Hengest und Aesc die Briten entscheidend schlugen [?]. – Ueber altbritische Münzen sprach John Evans, Aug. 88, zu Bonn in der Dt. anthropol. Gesellschaft; vgl. Correspbl. der Dt. Ges. f. Anthropol. XI. 88, 147. – G. F. Browne, „Basket-work figures [Ruthengeflecht, ähnlich irischer Bandverschlingung] on sculptured stones“ in Staffordshire werden in Verbindung gedacht mit den von Caesar berichteten Bildern der Druiden und den später bei den Briten belegten Denkmälern (heidnischen Pfeilern, dann Kreuzen) aus Korbarbeit. [Für Heinrich II. bauen Ende 1171 zu Dublin die irischen [502] Fürsten „palatium de virgis ad morem patriae“; Gesta Henr.] – Derselbe veröffentlichte Tafeln zu Vorlesungen über The Anglian sculptured stones of Pre-Norman type, darunter manche Denkmäler zum ersten Male, so besonders die Schreine und Pfeiler zu Chur, Como, Reichenau, Mailand, an denen man irischen Einfluss vermuthet hat; Ac. 16. V. 89, 185. – W. G. Wood-Martin, The rude stone monuments of Ireland: county Sligo and… Achill. 1888. Ein früher als Tempel geltender, Stonehenge ähnlicher Steinkreis war in der Hauptsache doch ein Grab. H. Bradley, Ac. 25. V. 89, 364, will dem Verf. nicht zugeben, dass die Sage von Schlachten dadurch Glauben verdiene, dass sie an uralten Denkmälern hafte: gerade hier mochte der erfindende Epiker sie am leichtesten localisiren; vgl. Saturday Rev. 16. II. 89, 201. – D’Arbois de Jubainville, „De l’emploi des bijoux et de l’argenterie comme prix d’achat en Irlande avant l’introduction du monnayage“, in Revue archéolog. 3e série, XII (1888), p. 129. – Joseph Anderson beendete die Rhind-Vorlesungen über Archäologie mit einem IV. Bande: „Scotland in pagan times. The bronze and stone ages.“ Edinb. 1886. 8°. 410 Bilder, XXIII, 397 S. Während Bände I und II die frühchristliche Zeit, III das Eisenzeitalter betraf, werden hier Gräber, Steinkreise, Steinaufhäufungen, Waffen und Werkzeuge der ältesten Menschen Nordbritanniens in derselben ausführlichen, verständlichen und vorsichtigen Weise erklärt, die diesen Forscher auszeichnet. Welchem Jahrhundert, und meist auch welchem Stamm, diese Dinge gehören, bleibt unbestimmt: sie sind also (hoffentlich nur einstweilen) prähistorisch. Aber Verf. gibt keine zusammenhanglose Aufzählung der Gegenstände, sondern eine logische Entwicklung der Culturtypen. Im MA. suchten u. a. Skandinaven in den Grabhügeln Obdach oder Schätze und ritzten ihre Runen ein; S. 275 ff.


Mythologie; Sagen. Römische Soldaten aus Twenthe widmeten 222–35 ihrem Gott des Krieges und Versammlungfriedens, Mars (d. i. Tius) Thingsus und den zwei Personificationen des Bod- und Fimelthings zwei Altäre, die man 1883 nahe Housesteads beim Hadrianswall fand; vgl. R. Schröder, Deutsche Rechtsgesch. I, 17. – Hoffory, „Der german. Himmelsgott“, Nachrichten von der Ges. d. W. Götting. 5. XII. 88, 426 und „Eddastudien“ I (1889) [die -gk in CBl. 1889, 1417 leidenschaftlich abweist], handelt über jenen urgerman. Sonnen-, Cultur- und Rechtsgott, den Wolke, Schwan, oder Schiff begleite. Eine heroisirte Form für ihn sei der angelsächs. Urkönig Sceaf, der Krieg, Seefahrt, Ackerbau und Staat lehrt und auf steuerlosem Schiff erscheint und abzieht. – Die Stellung dieses Culturheros in der german. Mythologie erörtert auch V. Rydberg, [503] Teutonic mythology, transl. from the Swedish by R. B. Anderson; Ath. 27. VII. 89, 121. – G. L. Gomme, Totemism in Britain, Archaeolog. review III (1889), 242, 350 sammelt, was in Britannien gedeutet werden kann auf einstigen Glauben an magische Beziehung zwischen Mensch und bestimmter Thierart, deren Bild zum Wappen, Schutzsymbol, Körperzier, deren Name zum Stammeszeichen dient, seit der Tätowirung, von der Casar berichtet, bis zum heutigen Volksbrauch. Für angelsächs. Zeit weiss Verf. nur anzuführen die Personen- und Ortsnamen, in denen Wörter für Wolf, Pferd u. s. w. begegnen, als Spuren [?] einstigen, sonst schon überwundenen Totemglaubens. [In vielen Fällen liegt es offenbar viel näher, an die den germanischen Gottheiten geweihten Thiere und Pflanzen zu denken.] Das Verzeichniss der Thatsachen bleibt werthvoll, selbst wenn viele nicht gerade als Ausflüsse des Totemismus sich ergeben werden. – John Rhys, Lectures on the origin and growth of religion, as illustrated by Celtic heathendom (Hibbert lectures 1886) 1888, will die altkeltische Mythologie herstellen. Zimmer (DLZtg. 9, 1874) lehnt bei Anerkennung einzelner scharfsinniger Erklärungen, diesen [anderswo hochgepriesenen] Versuch im Ganzen als phantastisch ab, weil die antiken Quellen zu dürftig, und in den mittelalterlichen Sagen die heidnischen Stoffe durch ein Jahrtausend christlicher Anschauung getrübt seien; vgl. auch H. d’Arbois de Jubainville, Revue crit. 16. IX. 89, 153.


Iroscotische Kirche; allgemeine Kirchengeschichte. Alfr. E. Knight, A concise hist. of the church from the apostolic era to the establishment of the reformation, 1888/89, antirömisch, voll albernster Fehler; Sat. Rev. 23. III. 89, 358. – Charles E. Savery, The church of England: an hist. sketch (1888) wird ebenda 357 nicht ernst genommen: Aristobul, von Paulus geweiht, gründet die britische Kirche, stirbt zu Glastonbury, das Joseph gebaut hat. Ein Dutzend ebenso grober Missverständnisse des MAs. folgen. – Hist. of the catholic church of Scotland by A. Bellesheim, transl. with additions by O. H. Blair (Edinb. 1887), dessen Original oben S. 204 angezeigt ward, wird mehrfach in Dublin Rev. Apr. 88, 458 corrigirt, und dabei Skene’s Ansicht über die Culdeer abgewiesen. – M. G. J. Kinloch, A hist. of Scotland chiefly in its ecclesiast. aspect. Edinb., 1889. – Staunton’s oben S. 221 erwähntes Werk (das auch Dublin Rev. Apr. 1888, 447 rühmt), enthält laut E[nglish] H[ist]. R[ev]. July 89, 599 Quellencitate von Edm. Bishop für Hagiographie aus z. Th. hs. Kalendern, Legenden, Geschichtswerken und eine Liste von 108 hs. Martyrologien. Bishop hat, wie ich persönlich zu erfahren den Vorzug hatte, Jahrzehnte lang im Stillen gesammelt, [504] mit jener selbstlosen und liebevollen Sorgfalt, der die Wissenschaft die Collectio canonum Britannica u. a. Entdeckungen verdankt. – Für die Kirchengesch. der Scoten, und ganz besonders der angelsächs. Glaubensboten (denen hier Pirmin beigezählt wird [?]), bietet A. Hauck, Kirchengesch. Deutschlands I [–753] nicht nur die sachkundige Zusammenfassung bisheriger Ergebnisse, sondern auf letzterem Gebiete auch weitergehende Forschungen und höchst beachtenswerthes eigenes Urtheil. Dem Columba gehöre die Regula monastica und die ganze coenobialis (nicht aber die Instructiones), und vom Pönitential berge c. 13–37 den Geist wenigstens seiner Schule. Seit ihm wirke das Mönchthum über das Kloster hinaus auf Kirche und Welt: seit ihm entstehe die Bussdisciplin, von Geistlichen verhängt auch über Laien. Sein mehr auf die Persönlichkeit des Leiters gestütztes Klosterwesen trete später hinter dem Benedict’s zurück, weil das letztere Verfassung und Verwaltung besser ordnete. Die Angelsachsen seien wesentlich Missionare, freilich im Bunde mit Rom, die Hierarchie werde aber erst im Gefolge ihres Wirkens und nicht allein durch sie wichtig. Verf. beurtheilt die bonifazische Romanisirung wesentlich günstig. Bonifaz sei schon 672/75 geboren, nicht vor 711 in Nutscell eingetreten. – Möller, GGA 1887, 740, der Hauck’s Buch anzeigt, betont, dass die Engländer die scotische Mönchstugend und Bildung trotz des Streites nicht verkannten. – Beauvois, Les premiers chrétiens des îles Nordatlantiques, Muséon VII, 1888 behandelt die Mission der scot. Mönche in Nordbritannien; laut unklaren Auszuges in Le Moyen âge 1889, 142. – Zu Analecta Bolland. (oben S. 196) vgl. N. Archiv XIII, 397. – Monumenta Germ. hist. SS. XV (1. 2, Hann. 1887 f. fol.); enthält hagiographische Quellen. Darunter betreffen Kirche und Literatur Grossbritanniens und Irlands die Stücke über Alcuin, Deicolus, Findan, Foillan, Kaddroe, Leoba, Lewinna, Lul, Sualo, Waldburg, Wigbert, Willebald und Wynnebald, hersg. von Waitz, Arndt, v. Heinemann und namentlich Holder-Egger. – Die Biographien irischer und angelsächs. Glaubensboten des 6.–9. Jhs.: Gallus, Willibrord, Willehad, Bonifaz, Lioba, Lebuin, erschienen in stark verbesserter oder neuer Uebersetzung in „Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit“, 2. Aufl., unter Leitung Wattenbach’s. Leipz. 1888/89. Vgl. Holder-Egger, DLZ 1889, 712; Hist. Z. 62, 304. – F. W. E. Roth, „Latein. Hymnen des MAs.“ (Augsb. 1888), gibt Hymnen auf die hh. Brigitta, Ewald, Helena. – Interpolations in Bede’s Ecclesiastical hist. and other ancient annals affecting the early hist. of Scotland and Ireland (Peebles 1883). Beda, Florenz, Huntingdon, Wendover seien interpolirt, mit der Absicht, die alten Scoti (worunter vielmehr [505] immer nur Nordbriten gemeint seien) zu Iren zu machen. Der Anonymus schreibt ernst; Ref. bedauert, den Leser nicht weiter erheitern zu dürfen. – Ch. de Kay, The monasteries of Ireland, in The Century, Ill. magaz. 38 (1880), wird als historisch nicht werthlos bezeichnet von S[chirmer], Anglia XII, 205. – W. Schultze (Centralbl. für Bibliothekswesen hrsg. v. Hartwig, VI, 281) beschließt seine werthvollen Aufsätze „Die Bedeutung der iroschott. Mönche für die Erhaltung und Fortpflanzung der ma. Wissenschaft“. Er zählt alle auf dem Festland in irischer [und angelsächs., sofern nicht sicher nicht-irischer] Schrift existirenden Codices vor 1000 auf. Nicht nur der Keltist und Paläograph, jeder der an der Literatur des 7.–11. Jhs. Antheil nimmt, wird für diese werthvolle Sammlung dem Verf. danken. Hinter der Theologie erscheint die Classik von den Iren doch nicht ganz vernachlässigt. [Unter den Gegenständen begegnet Zeitgeschichtliches nicht, für die Scotencultur bezeichnend. Es fehlen viele Vaticani.] – Bibliographie von „Ancient western sacramentaries“ steht in Church quart. rev. April 1889. – Routledge berichtet der British archaeol. assoc. über die vornormannische Westmauer der Krypta des Doms zu Canterbury. Sie sei wahrscheinlich römisch und ein Theil der von Augustin vorgefundenen Kirche; Ath. 16. III. 89, 350. – Friedr. Keinz druckt Bruchstücke eines mittelhochdeutschen Gedichts des 11. Jhs. über Patricius, dessen Quelle Jocelin, Acta SS. 17 Mart., 540 sei; Germania, hrsg. Bartsch 31 (1886), 66. – Gegen die neue Meinung, s. Patrick sei zu Bath geboren (Dublin Rev. Oct. 86, 314), spricht Grant (ib. Apr. 87, 334) für das von der Ueberlieferung als Geburtsort genannte Kilpatrick bei Dumbarton. Jener frühere Kritiker tritt Oct. 87, 387, für Caerleon on Usk ein. Die Replik für Kilpatrick folgte Jan. 88, 153. – Ueber den Schutzheiligen Aberdeen’s Machar handelt, wesentlich nach der Barbour zugeschriebenen schottischen Legende des 14. Jhs., Dublin Rev. Apr. 87, 270: Der Irrthum, dass er zu Tours Bischof geworden und begraben sei, erkläre sich vielleicht daraus, dass er Suffragan von Tours in einer keltischen Diöcese geworden sei. – J. Loth (Annales de Bretagne IV, Juli 89), St. Yves. Mit dem german. Namen seien drei andere Heilige Ewen, Eozen, Ervoan verschmolzen. [Aus RH Sept. 89, 197.] – Die nach Armorica im 5. Jh. ausgewanderten Briten betrifft die Biographie Gwennolé’s (Winwaloci), die vor 884 Abt Wrdisten schrieb, angeblich naoh alten Documenten, was RH XXXIX (89), 432 bezweifelt. Die Vita steht im Chartular von Landévennec, über welches A. la Borderie in Ann. de Bretagne IV, Jan. 89 berichtet; RQH XXIII (89), 658. – A. G. Langdon and J. Rom. Allen, Early christian [506] monuments of Cornwall (Journal of the Brit. arch. assoc. XII, 301). Die Bekehrung Cornwalls im 4. Jh. sei unbewiesen; vielleicht sprechen die Schutzheiligen über cornische Kirchen, Martinus, Germanus, Hilarius, für Bekehrung aus Gallien zu deren Lebzeiten. Aus den Namen anderer Schutzheiliger erhellen bretonische, wallisische, irische Beziehungen; ferner angelsächs. aus Dunstan, Werburg, Cuthberht, Menefrida, und dänische aus Olaf. Cornwall unterwarf sich der Provinz Canterbury 925–40; seine keltischen Denkmäler beginnen frühestens mit dem 5., die ags. mit dem 10. Jh. Jene stehen Bretagne und Wales näher als Irland; es sind 17 Grabsteine (Pfeiler von 3–9 Fuss, die Hübner, Corpus inscr. christ. beschrieb; die Capital-Uncialschrift nennt meist nur den Namen, manchmal mit „ic iacit“) und 220 Grenz- oder Andachtkreuze mit Bandverschlingung ornamentirt, bisweilen in scotischer Minuskel beschrieben: so begegnet „Doniert“, d. i. wohl der 872 ertrunkene cornische Kleinfürst Dungerth. – S. Columbanus, De saltu lunae e cod. Sangall. 250 s. IX, edirte Gabr. Meier in Jahresber. der… Erziehungsanstalt Maria-Einsiedeln 1886 f. [NA XIII, 406]. – G. Schirmer, Zur Brendanus-Legende Lpz. Hab.-Schr. 1888 beginnt mit der irischen Legende und verfolgt deren mehr als tausendjährige Geschichte in den Literaturen Englands, Frankreichs und Deutschlands bis zur Gegenwart. – Tho. Olden, The holy scriptures in Ireland 1000 years ago… from the Würtzburg glosses (Dublin 1889), erklärt den Inhalt der Interlinear-Glosse zu Epistolae Pauli, die Stokes für Philolog. Soc. 1887 zuletzt herausgab, culturgeschichtlich. Der „Gesetzlehrer“ erscheint dem Iren als „beschäftigt, Gesetze mit Königen zu fassen“, die Taufe als dreifaches Eintauchen. Angehängt ist eine Quellenkunde frühester irischer Theologie. So Ac. 4. V. 89, 303. – Wh. Stokes (Ac. 12. I. 89, 26) beschreibt und collationirt unter kelt. Hss. des Vaticans auch Palatin 830, das Autograph des Marianus Scotus.


Sonstiges Keltisches vor 1100. Hugo Schuchardt, Romanisches und keltisches. Ges. Aufs. (Berl. 1886. 8°) druckt S. 317 bis 426 seine geistvollen „keltischen Briefe“, zuerst aus Nordwales 1875 an die Allgem. Zeitung 1876/78 geschrieben, wieder ab. Sie beziehen sich meist auf Land, Leute und Sprache, aber auch auf deren Alterthümer. – Sophie Bryant, Celtic Ireland [–1172], 1889: stoffreich, ohne Urquellen, oft unkritisch; Saturday R. 20. VII. 89, 79; Ath. 215. – H. d’Arbois de Jubainville et J. Loth, Cours de littérat. celtique III, IV (Par. 1889) = unten S. 507, Z. 14, Nr. 2. – Zimmer, GGA 1887, 153, tadelt d’Arbois’, Catal. de la littérature épique de l’Irlande als fast nur aus gedruckten Katalogen [507] entnommen. Er beschreibt die auch historisch wichtige Hs. Bodley, Rawl. B 502, s. XII und zeigt, wie um 1100 ein älterer Sagenkreis in Irland herrsche, der seitdem von der Ossiansage verdrängt werde. – De Vit, Quali Britanni abbiano dato il proprio nome all’ Armorica in Francia, ed. 3, ampliata (Fir. 1889). – Aeltestes irisches Recht, das besonders durch Bussbücher auch England beeinflusste, behandelt d’Arbois: L’antiquité des compositions pour crime en Irlande (Nouv. rev. hist. de droit XI (1887), 67, La saisie, La peine du vol, en Irlande (ib. XII, 1888, 303; 307; 729), La procédure du jeûne; Note sur le duel conventionnel dans l’antique procédure celtique, (Acad. des Inscriptions 21. VI. 89). Derselbe kritisirt RC 16. IX. 89, 153: 1. The text of the Mabinogion and other Welsh tales from the Book of Hergest ed. Rhys and J. G. Evans (Oxf. 1887), 2. Les Mabinogion traduits par J. Loth [worin auch Walliser Triaden, Genealogieen, Gaueintheilung um 1270, Annales Cambriae; R. Celt. X, 256. 370], 3. Black book of Carmarthen s. o. S. 227.


Allgemeine engl. und angelsächs. Geschichte. Von J. R. Green, Hist. of the English people, erschien eine französ. Uebers. von Monod und eine deutsche von Kirchner; ich zeigte beide an DLZ 1888, 1564, bez. 1889, 675. – Von Winkelmann’s Angels. (vgl. meine Anz. DLZ 20. XII. 84) erschien eine ital. Uebersetzung; s. diese Zeitschr. I, 513. – Von Bierbaum’s Hist. of the english language and liter. erschien 2. Aufl. Heidelb. 1889, die W[ülker] CBl. Sp. 1116 empfiehlt. – Jean Roemer, The origins of the English people and of the English language (New York 1888. 8°) enthält nach v. Jagemann, Modern language notes 1888, p. 139, phantastische Einfälle; namentlich der Einfluss des Holländischen, das die Kenter im 6. Jh. gesprochen haben sollen, werde übertrieben, und auf die anerkannt besten Bücher englischer Sprachwissenschaft keine Rücksicht genommen. – Die angelsächs. Könige, deren Name mit Aethel- beginnt, fanden gute Biographen (z. B. Ethelred II an Hunt) in Dictionary of national biography ed. L. Stephen XVIII (1889).


Engl. und angelsächs. Kirchen- und Literaturgeschichte im Allgemeinen. Will. Hunt, The English church in the Middle ages (1888, Epochs of Church hist. XI) betrifft, laut der ausführlichen und lobenden Analyse durch S[chirmer], Anglia XII, 1889, 216, das Verhältniss zu Papstthum und Staat 600–1377. – Paleographical society vollendete 2 Series, ed. Bond, Thompson, Warner. Von den 100 Facsimiletafeln betreffen Englands MA.: Nr. 14–17, 20 f., 33, 37, 39–42, 54, 56 ff., 60, 65 f., 69–76, 80, 91, 94, 98 f. – Die latein. Psalmenerklärung in irischer Hand etwa [508] 9. Jhs. im Codex Vatic. Palatin 68 bietet northumbr. (und irische) Glossen und f. 46 a: „Edilberict filius Berictfridi scripsit hanc glosam“. So Wh. Stokes, Ac. 25. V. 89, 361. – Englische Bibelillustration im 9.–13. Jh. besprach R. James, ib. 364. – Biblische und patristische Quellen zu angelsächs. Literatur weist nach Ernst Voigt, Z. für dt. Philol., hg. Zacher XX (1888), 363, als Nachtrag zu Ebert’s Gesch. der Lit. des MAs., III. – J. Kail, Ueber die Parallelstellen in der angelsächs. Poesie, Anglia XII, 21 (1889), warnt mit Recht, aus gleichlautenden Formeln in zwei verschiedenen Dichtungen auf Beeinflussung durch den früheren Dichter oder gar auf Identität beider Dichter zu schliessen. Er weist vielmehr einen Volksschatz poetischer Wendungen als in England allgemein benutzt nach, der theilweise dem sächsischen, ja hochdeutschen verwandt ist. Dennoch will er vorsichtig unter dem Gleichlautenden nur weniges als westgerman. Erbe und das übrige auf andere Art erklären, die auch gegen die Voreiligkeit der philolog. Nachweiser von Quellen ma. Autoren zur Warnung dienen kann.


Engl. und angelsächs. Kunst und Wirthschaft. Edw. A. Freeman’s Skizze der Gesch. der engl. Baukunst ist Baedeker’s „Great Britain“ 1887 vorgeheftet. – „Is it certain that the Anglo-Saxon coins were always struck at the towns named on them?“ beantwortet Smith, The numismatic chronicle 1888. – O. E. Pell, Ancient and modern weights (Archaeolog. rev. III, July 89, 316), berechnet auf das Eingehendste Gewicht, Landmass, Bodenertrag, z. Th. nach angelsächs. Münzen und dem Domesday book. – J. Fred. Hodgetts, The smith and wright (The Antiquary 1887, July–Sept. 1, 61, 96), überblickt Metallarbeit und Handwerk, namentlich in angelsächs. Zeit. – Hans Lehmann, Ueber die Waffen im angelsächs. Beowulf, Germania, hg. Bartsch 31 (1886) 486, zeigt, welchen Werth Waffen für den Rang des Mannes besassen. Brünne und Helm waren selten und vielleicht noch von Cnut nicht dem mittleren Than als Heergeräth zugemuthet. Im 8. Jh. war Schild, Speer, Bogen und Pfeil die nothwendige Bewaffnung, ein Schwert hatte nicht jeder, Helm und Brünne nur der Vornehme. Verf. meint, die „wunderbaren“ Waffen seien vom Süden nach dem Nordwesten eingeführte Stücke; der fremde Kaufmann musste selbst mit solchen versehen sein [der nordische Seefahrer ist allerdings Krieger und Händler]; er gab also Anlass zu heimischer Nachbildung. Auch aus Beute und Vergrabenem entnahm der Angelsachse Erzeugnisse höherer Schmiedekunst. Verf. sammelt die Stellen der angelsächs. Gesetze über Waffen und ihre Namen.


Sammlung angelsächs. Urkunden. Bradley (Ac. 12. I. 89, 28), kritisirt Earle’s Land-charters and other Saxonic documents, [509] billigt die Verwerfung der Mark- und Gautheorie für England und die Annahme der Entstehung des Manor schon mit der germanischen Einwanderung, erklärt mehrere angelsächs. Wörter in den Urkunden, bestätigt, dass Hood der Name eines Waldgeistes war, und erst später Robin, dem Führer der Geächteten, anhaftete. – W. H. Stevenson, Engl. Hist. R. April 89, 354, kritisirt dasselbe Buch. Zur Echtheit der Urkunden werde künftig mehr die Phonologie als die Geschichte Kriterien liefern. Das angelsächs. ga ist nicht unser Gau, sondern Endung des gen. plur. Für das Dasein der Gutsherrschaft schon im 6. Jh. sprechen die Orte, welche heissen nach einer Person, doch schwerlich des wechselnden Bauermeisters, sondern des Grundherrn: Bamborough, Cnobheresburg, Tunnacæstir, Hrofcester. Doch sei Privateigenthum an Dörfern nicht entstanden, wie Earle meint. Gegen dessen, von Coote stammende, Annahme eines Fortbestehens römischer Colonien spreche der deutsche Name der Dörfer. St. hält fest an german. Dorfgemeinschaften nach massenhafter Austreibung der Eingeborenen. – Earle’s Buch zeigt auch an Saturday Rev. 23. III. 89, 352 und erklärt, Burgred’s Urkunde für London a. 857 sei fraglicher Echtheit und jedenfalls von Aelfred 889 ignorirt. – F. Y. P[owell] kritisirt (Law quart. Rev. April 89, 205) Earle und verwirft dessen Einfall, 12 hynde und 6 hynde bedeute Häuptling von 120 und 60 Mann; er rühmt das Buch im Ganzen mehr als mir, DLZ 1889, 167, möglich war.


Das angelsächs. Recht will Karl von Amira (GGA 1888, S. 41) dem deutschen näher stellen, als Brunner’s DRG I, die er bespricht, es thut: da es im Charakter eines der deutschesten blieb, allein nationales Gewand trug und, neben dem langobard., Schöpferkraft am deutlichsten erwies, obwohl es ererbte Denkweise, selbst unter neuen Culturbedingungen, zäh bewahrte. Das Dasein der Schwurbrüderschaft [s. u. S. 513] im Wesentlichen erhelle auch aus dem „Wedbrođer“ der ags. Annalen [zu a. 656, aber Interpolation 12. Jhs.!]. Er stimmt Steenstrup bei, die Angelsachsen hätten vor dem 9. Jh. kein Gottesurtheil [damals der früheste Beleg: Sweet, Oldest Texts, 176]; dies sei überhaupt nicht urgermanisch, geschweige indogermanisch. [Im Glauben daran hat mich jedoch neuerdings befestigt A. Kaegi, Alter… germ. Gottesurtheils, Festschr. z. 39 Vers. dt. Philol. Zür. 1887.] Dass nur mit Zustimmung des Volkes [die aber auch Brunner nur ideell fordert] das Volksrecht gesetzlich abzuändern war, bestreitet Amira, für die Angelsachsen, theilweise mit Unrecht. Vgl. auch Sickel, GGA 1888, S. 457. [Zu bemerken, dass Brunner’s Rechtsgesch. auch für angelsächs. Verfassung fortan zur grundlegenden Einleitung zu dienen hat, ist nur wegen der obigen Zeile 25 vielleicht [510] nicht überflüssig. Dort verstehe ich S. 74, Z. 15: „Zahle er mit seinem Wergeld“.]


Polit. Versammlungen und Körperschaften. G. Laur. Gomme, Open-air assemblies, Antiquary Dec. 1887, 233. Verf., der in „Primitive folkmoots“ [1880] die archaische Natur der Volksversammlung im Freien nachwies, trägt nach: auf besonderen Hügeln fanden Gericht und Königswahl in Irland statt, Einsammlung des „Wrothsilver“ (das er ableitet vom angelsächs. ward [custodia] oder worđ [Strasse] oder weorđi [Feld] oder rother hryder [Rinder]!) von den Hintersassen zu Knightlow, Courtleet und Musterung auf Greenhill in Lichfield, Hundredmot auf Moot Hill zu Driffield, mehrere Hundertschaftsversammlungen in Leicestershire. Als sich das Hundred Goscote spaltete, holte das neugebildete Gericht zu jeder Sitzung ein Stück Rasen vom Hügel, wo das frühere stattgefunden hatte. – Wilh. Sickel, Die meroving. Volksversammlung (MIÖG II. Ergbd., 319), meint, Beda II, 5 bezeichne den angelsächs. König als den Inhaber der gesetzgebenden Gewalt; auch wird ein Beirath der Witan in Hlothhaere’s Gesetz nicht erwähnt. [Ich finde ihn für Aethelberht in Beda’s „cum consilio sapientium“; die Eingangszeile zu Aethelberht’s Gesetz kann nicht ursprünglich sein, beweist also nicht dagegen; ja, in der Erwähnung Augustin’s bewahrte sie vielleicht sogar die Spur des Ausdrucks seiner (jedenfalls vorauszusetzenden) Beistimmung, der in der uns verlorenen, aber wohl von Beda ausgeschriebenen Einleitung des Gesetzes gestanden haben mag. Allerdings könnte Sickel sich auf Aelfred berufen, der jenes „sapientium“ durch „snotera“ (= Kluger) übersetzt, was wohl niemals technisch Witan bedeutet; allein Aelfred verfehlt den Sinn auch sonst durch Wörtlichkeit.] – Auf altgerman. Traditionen zurückgehende Schaaren von tausend Mann zu finden in des Ordric Vitalis multis milibus hominum dominatu praeeminebat VIII, 23, hält Sickel, Zur german. Verfassungsgesch., MIÖG I Ergbd. (1885), 19, für möglich. [Da damalige Schriftsteller, wo sie über ihr Land und Zeitalter (wie hier über die Normandie 11. Jhs.) reden, genau erkennen lassen, ob sie 100 oder Hundertschaft meinen, da ausserdem hier von der Regierung vieler Tausende, keineswegs von Anführung die Rede ist, scheint mir dieser Einfall gänzlich abzuweisen. Im Beowulf 2195 versteht „Siebentausend“ auch Brunner, RG I, 117 als sieben Tausendschaften, aber die letzte Ausgabe des „Beówulf“ von Heyne und Socin (1888, S. 110. 278) als die Zahl von Geldstücken, nicht Menschen oder Hiden. Wenn Beda III, 24 das Land der Süd- und Nordmercier auf 5000 bezw. 7000 Hiden angibt, so benutzt er Schätzungen der Gauumfänge, deren uns erhaltene Liste zwar oft die runde Summe [511] von 1000 verwendet, aber auch häufig nur nach Hunderten rechnet, nie die geringste Spur von Tausendschaften verräth. Chiliarchus konnte nicht anders als durch thusendes ealdor glossirt werden. Vgl. Schröder DRG 30; Brunner DRG 133. – Will. F. Allen, „The village community and serfdom in England“, in Transactions of the Academy of Wisconsin VII. – G. L. Gomme, Malmesbury as a village community (Archaeologia L, 1887, 421), zeigt merkwürdige Spuren uralter Bodengemeinschaft einer Anzahl von Geschlechtern (auch jährlicher Hufenverloosung), die in mehreren technischen Zahlenverhältnissen an das südwalliser Dorfsystem erinnert und, da allerdings sich hier eine britische Feste zwischen Mercien und Wessex besonders lange erhalten hat, auf keltischen Ursprung deute. – T. W. Shore, Traces of old agricultural communities in Hampshire, Antiquary, Febr. 1888, 51, zeigt Spuren alter Dorfgemeinschaften, die z. Th. im Domesday erscheinen als Bauerschaften, welche allein auf ihrem Manor sitzen, so dass also eine Herrschaft, wenigstens in territorialer Beziehung, nur dem Namen nach da ist.


Angelsächs. Königthum. Dass die Angelsachsen Königsgut und Staatsgut trennen, während bei den Franken, deren Reichsgründung den Staatsbegriff des MAs. beeinflusst, nicht das Volk, sondern der König Staatsgut und Herrenloses in Besitz nimmt, führt Heusler, Institutionen des deutschen Privatrechts I, 309 aus. [Unter den vielen fränkischen Einflüssen der Normannenzeit erfährt England im 11. Jh. die Wandlung des Folkland in Terra regis.] – St. A. Moore, A hist. of the Foreshore and the law relating thereto, behauptet, das Recht der Krone auf alles jenseits der Hochwassermarke an See gelegene Vorland sei erst unter Elisabeth erfunden; bis dahin habe jedes Gut an der Küste das Ebbeland mitumfasst. Die dafür angeführten Documenta beginnen mit angelsächs. Zeit; die Juristen des 13. und 14. Jhs. stimmen zu Moore’s Ansicht; nach Ath. 22. VI. 89, 788. – Hub. Hall, The king’s peace, Antiquary Nov. 1888, p. 185, zeigt, wie in angelsächs. Zeit die Friedenserhaltung theils (im Gottesfrieden) rein, theils halb kirchlich basirt, Staat und Kirche unauflöslich verquickt, die Befriedung der Kirche und des Erzbischofs der des Königs mindestens gleich gewerthet war. Die Belege aus angelsächs. Recht sind zahlreich; die Gesammtanschauung scheint gegen die (ja allerdings oft aus Finanznoth, aber heilsam, wirkende) Krone voreingenommen. Ueber Steuer- und Wirthschaftspolitik finden sich gute Winke in diesem nur zu kurzen Ueberblick. – Karl Lehmann, Abhandlungen zur german., insbesondere nordischen Rechtsgesch. (Berl. 1888), behandelt unter „I. Die Gastung der german. Könige; ein Beitrag zur Urgesch. der Steuern“, p. 74: „Die angelsächs. Feorm“. Die Rundreise des [512] Königs behufs persönlicher Regierung verpflichtet, für diese Wohlthat der Beamten- und Richter-Controle, sämmtliche Unterthanen (nicht bloss die Empfänger von Folkland) zur Lieferung von Naturalien (nicht Herberge), die u. a. pastus, refectio, victus, feorm heisst. Diese Pflicht begegnet schon in der ältesten Literatur als Gebrauchsrecht. [Amira’s überscharfe Entgegnung (GGA 1889, 267) erschüttert dies nicht, weist nur nach, dass Lehmann’s Belege für die Zeit vor dem 8. Jh. gefälscht seien, vielleicht von weniger allgemeiner Leistung reden und nicht alle Staaten betreffen; vgl. Maurer, Lit. Cbl. 1888, 1269.] Neben dem König haben die Fürsten, dann später auch Beamte (Gerefen, Hofbediente, Gesandte) diesen Anspruch auf Verpflegung. Eine feste Begrenzung des zu erhaltenden Gefolges auf 12, der jährlich zu liefernden Convivia (Tagesnahrungen) auf 2 begegnet zwar nur einzeln, berührt sich aber mit nordischem Rechte, beruht also wohl auf urverwandtem Brauch. Schon im 8. Jh. hängt die Firma nicht mehr am persönlichen Erscheinen des Königs, sondern kann anderen zugewendet, dann auch mit Geld abgelöst werden, birgt also den Keim einer Steuer. Cnut schafft die Gastung als Unterthanenpflicht ab: die Tafelgutsvögte sollen des Königs Unterhalt aus dessen Gütern bestreiten und werden, falls sie dazu ferner Beiträge eintreiben, mit Wergeld gestraft.


Gilde und Stadt. Corn. Walford, Gilds: their origin, constitution, objects and later history (1888) wird Saturday R. 23. II. 89, 227 als Neudruck der Artikel in Walford’s Antiquarian bezeichnet und getadelt, weil Verf. die religiöse Gilde von den anderen trennen und sie aus römischen Collegia opificum ableiten möchte und überall in den Ursprüngen, besonders über den deutschen Stahlhof, unklar Verschiedenes vermenge. Werthvoller seien die späteren Abschnitte, namentlich die alphabetische Liste der Städte mit Gilden und deren Hauptsatzungen. Mit Recht lehnt Sat. R. Ableitung des Wortes aus dem Keltischen ab [es bedeutet ursprünglich Opferschmaus]. – In den ältesten westsächs. Gesetzen begegnen „Gegildan“ als Wergeld schuldig, falls einer der Ihren Todtschläger geworden ist; bei Ine begreifen sie die Sippe ein, bei Alfred haften sie hinter ihr. In diesen Zahlungspflichtigen eine Genossenschaft im Sinne der späteren Gilde (wie u. a. Waitz, Dt. Verf.-G. und Salvioni, Gilde Inglesi 1883, empfahlen) zu sehen, scheute man sich bisher, theilweise weil man (so Gross, Gilda mercatoria[167] sie aus dem Gedanken christlicher Bruderpflicht [513] entsprungen hielt. Nun hat aber Pappenheim, Die altdän. Schutzgilden, (1885) für diese nicht nur heidnischen Ursprung, sondern auch Blutrache als Kern der Gildenpflicht erwiesen. [Auch Lehmann (DLZ 1886, 1141), Amira (GGA 1886, 663), Maurer (Krit. Vierteljs. 28, 344), Gierke (Lit. Cbl. 1887, 210), Jastrow (JBG für 1883, II, 415) nehmen dies an.] Daraus folgt, dass die Gilde nicht im Gefolge angelsächs. Geistlicher erst zu Cnut’s Zeit aus England nach Dänemark kam. Solchen Import aus England weist auch Amira ab [nochmals GGA 1889, 263 gegen Lehmann DLZ 1888, 965]; und dass die Gilde ihren Aldermann, der allgemein niederdeutsch sei, nicht aus England zu holen brauchte, bemerkt Krause, JBG VIII, II, 141. Maurer hält englische Beeinflussung [in späterer Ausbildung des Einzelnen] hier und bei Olaf Kyrri’s Gildenumgestaltung in Norwegen für möglich. Die Gilde mit Pappenheim (neuerdings in „Altnorweg. Schutzgildestatut“) aus der Blutsbrüderschaft abzuleiten, lehnt Maurer allein entschieden ab; nur den Erweis des Uebergangs zwischen den zwei Einrichtungen vermissen andere. Das heidnische Opfergelage, nach Maurer die einzige Grundlage der Gilde, könnte nach Amira vielleicht als Nebenelement gelten: es war ein Theil des heidnischen, auch von der Schwurbrüderschaft geforderten, Todtencults, der beim Gildegelage später nachwirkte. [Doch betrifft diese Frage mehr die german. Vorgeschichte als die angelsächs. Verfassung.] – Ueber die englischen Gilden, besonders in religiöser Beziehung, handelt G. Uhlhorn, Die christl. Liebesthätigkeit im MA. (Stuttg. 1884), 401 ff., 509, 513 (über engl. Spitäler im MA. 192, 211, 265). – C. M. Clode, The early hist. of the Merchant Taylors Company I. (1889), neuerer Forschung fern, identificirt diese, die Edward I. gründete, mit der Gilde; Sat. R. 647, der letztere vor 1216 aufgelöst scheint. – Für die Stadtverfassung Englands gilt, wie für die der anderen Länder im MA., Haftung der Gemeindeglieder für Schulden der Gemeinde: aus der altdeutschen Genossenschaft, die keine jurist. Person röm. Rechts, deren Vermögen gemeinsames Vermögen der einzelnen Genossen sei [dagegen wendet sich Heusler, GGA 1889, 320; vgl. auch Jastrow, MHL XVII, 324], erklärt dies Sohm, Die deutsche Genossenschaft (Sep.-A. aus Festgabe für Windscheid) Lpz. 1889, S. 21 (159).


Besitz- und Erbrecht. Laveleye, La propriété primitive dans les townships écossais, Revue socialiste 1889, p. 449. – Fustel [514] de Coulanges (RQH XXIII, 424) leugnet, dass die Theorie vom ursprünglich gemeinschaftlichen Grundeigenthum (Marksystem) geschichtlich bewiesen sei oder auf Dörfer in Schottlands Nordwesten sich stützen könne; denn hier ist nur der Besitz (die Bebauung) collectiv, aber das Obereigenthum individuell. Dass die angelsächs. Gesetze nicht das geringste Anzeichen für Gemeinschaft des Landeigenthums enthalten, kann ich nicht zugeben. Wohl aber bezeichnet er es richtig als Hypothese, wenn allgemein Englands Grossgut als Zerstörer einer früheren Ackergemeinschaft freier Bauern angenommen wird. – Opet, Die erbrechtl. Stellung der Weiber in der Zeit der Volksrechte [Untersuch, zur D. St.- u. RG hrsg. v. Gierke XXV. Breslau 1888], findet im angelsächs. Erbrecht [m. E. irrig] völlige Gleichstellung der Geschlechter. Dass Frauen Land erben und vererben können, steht fest; richtig bezeichnet Verf. ihren Ausschluss aus Folcland als durch Schmid nicht bewiesen. Die Fragen aber, ob es Land gäbe, das nur auf Männer vererbe, und ob Töchter erst bei Fortfall von Söhnen Land erben, verneint Verf. Allein, was er anführt, ist z. Th. ungenau verstanden: in Hlothaere 6 heisst „he“ Sohn; in Ine 38 bleibt der Hauptsitz ungetheilt; in Hist. Eli. haben Schwestern erst nach des Bruders Tode geerbt [Verf. liest schlechten Text; „duarum“ steht in Anglia Christ.-Ausgabe]; Cnut 72 betrifft keine Theilung und in Wilhelm 34 wird nur letztwillig verfügbares Vermögen gemeint, also z. B. nicht Stammgut; auch versteht die alte Versio unter „enfants“: „pueri“, wie Young (Essays in Anglos. law, die Vf. nicht kennt): Söhne. Was gegen Gleichstellung der Weiber spricht, Gavelkind und Glanvilla VII, 3 (Socagium), hat Vf. nicht erwähnt. – Karl Lehmann (DLZ 1889, 1021) rühmt im Ganzen Opet’s Arbeit, lehnt aber dessen Ergebniss u. a. auch für das angelsächs. Recht ab, da dieses der sächsisch-langobardisch-scandinavischen Gruppe, die die Weiber zurücksetzt, zugehöre und die Familie vaterrechtlich aufbaue. – Edw. Peacock „Borough English“ (Dublin rev. July 88, 43), d. h. Jüngsten-Erbrecht in Land. Es greift (im Gegensatz zum Common law, wonach der älteste Sohn Land erbt) Platz auf einigen Gütern nur wenn Söhne vorhanden, auf anderen bei deren Fehlen auch unter Töchtern, auf noch anderen sogar bei kinderlosem Erblasser unter dessen Brüdern; an einigen Orten ergreift es auch Freigut, an anderen nur Copyhold. Der Name ist nachnormannisch: in Nottingham vererbte ein Theil des Bodens im 14. Jh. so, im Gegensatz zum „Burgh-Francoyes“, dem französ. Landbesitzrecht; dabei bedeutet „Burg“ nur Gutshof, nicht Stadt. In Britannien ist Borough English im Norden nicht, im Südosten, und zwar auf Gütern germanischen Namens, besonders oft nachweisbar. Also erhellt kein Grund es für keltisch [515] zu halten, besonders da es in Asien und Europa weit verbreitet ist. Ebenso wenig darf es als Rest unfreien oder feudalen Landbesitzes gelten oder gar mit Mercheta mulierum verbunden werden: dies ist Zahlung der Unterthanin an den Herrn für Heirathserlaubniss, keineswegs ein (überall nicht nachgewiesenes) Jus primae noctis. Verf. halt Borough-English für arisch und erklärt es dadurch entstanden, dass nach vielen Erbtheilungen jedes Stück Land schliesslich nur Einen nährte, der Vater je den älteren Sohn, sobald derselbe erwachsen war, auf Landsuche hinausschickte und so den Jüngsten als Erben des Heims zurückbehielt. – G. Laur. Gomme, On archaic conceptions of property in relation to the laws of succession and their survival in England (Archaeologia L 1887, 195.) Neben der herrschenden Primogenitur fristen Spuren uralten Erbrechts ein Dasein in Ortsgebräuchen, die Rechtsvergleichung erhellen soll. [Bei aller Anerkennung für Gelehrsamkeit und Spürsinn scheint mir der Grundsatz missachtet, Ursprünge der Einrichtungen zunächst bei den Ahnen, dann erst bei den Vettern des betr. Volkes zu suchen: Gilde und Brautbier dürfen aus aussereuropäischer Nahrungsgemeinschaft mindestens nicht unmittelbar erklärt werden.] Die fortschreitende Landnahme der Angelsachsen erfolgte nicht durch neue Einwanderer, sondern durch abgeschichtete jüngere Söhne der ersten Erobererfamilien. Von einstigem Tödten der Alten stamme das Setzen auf den Altentheil (Grimm) und die Keule an deutschen Stadtthoren (für Väter undankbarer, ins Erbe gesetzter Kinder), die englische Parallelen hat. Von einstiger Untheilbarkeit jeden Grundstückes sei das gemeinschaftliche Eigenthum am Boden auch im Domesday ein Rest [es kann doch auch andere Ursache haben]. Die Gilde sei ursprünglich ein Geschlecht mit Gemeineigenthum [?]. Der Dörfler unter Ine besitzt sein Bündel von Ackerstreifen untheilbar, nicht [gegen Seebohm] weil der Herr es so aufrecht erhält, sondern weil Ahnengut noch keine Theilung duldet. Diese mindestens aufschieben wolle [?] das Erbrecht der Wittwe an einigen engl. Gütern; von der Unveräusserlichkeit des Bodens [?] stamme der Eintritt der Sippe in Vorkauf, Vormundschaft, Familienstiftung durch Landurkunde bei den Angelsachsen; nach Primogenitur gehe die Erbfolge viel früher in der Familienhäuptlingschaft als im (noch ungetheilten) Landbesitz; sie entstamme aber, ebenso wie das Jüngstenrecht, der Landuntheilbarkeit, von der selbst, wenn Erbtheilung aufkommt, ein Rest [?] bleibt in der Erhaltung der Hofstelle. Mutterrecht lebt auch in England noch spurenhaft. Da das Jüngstenrecht in den Gegenden meist verbreitet ist, deren Ortsnamen auf germanische Ursiedlung deuten, so folge, dass die Engländer des Südostens die älteren Söhne westwärts zur Neusiedlung schickten, wodurch [516] der Jüngste daheim Familienhaupt ward. Dahin wirke auch das sonst schon erstorbene Mutterrecht nach [??].


Jos. Freisen, Gesch. des kanon. Eherechts bis zum Verfall der Glossenlitteratur (Tüb. 1888), bietet einem künftigen Kirchenrecht der Angelsachsen eine werthvolle Vorarbeit. Zur Auflösung der Desponsatio 163, zur Ehe Unfreier 286, Unmündiger 310, Impotenter 334, Verwandter 389, 402, 408, 474, 511 ff., Büssender 570, Ungläubiger 640, Verwittweter 658, 669, 673, zum Keuschheitsgelübde 690, Cölibat 734 ff. und zur Ehescheidung 786 vergleicht Verf. älteste engl. Rechtsquellen, meist aber nur Bussbücher, während er Aethelred’s Gesetz gegen Verwandtenehe nicht erwähnt, und dessen Inhalt nur nach Amira erklärt 421. Eine Quellenuntersuchung beabsichtigte er nicht. Im Theodor von Canterbury II, 12, 25 erklärt er tertia propinquitas als germanischen Ausdruck für den römischen 7. Grad; mit „in lege“ [einfach Leviticus XVIII] sei Leo des Isauriers Ekloge citirt; S. 408. [Wenn gleich nicht ganz aus Theodor’s Feder, entstand das Buch doch in England um 700 (laut Haddan and Stubbs, Councils III, 173, die Verf. leider nicht kennt), also sicher von Leo unbeeinflusst.] Dass Halitgar den Pseudo-Theodor benutzte, S. 452 – umgekehrt wie man bisher annahm –, ist unbewiesen. Verf. sucht und sagt unbefangen die Wahrheit, z. B. dass, auch in England, im 9. und 10. Jh. der Concubinat als erlaubt galt. Mindestens dem angelsächsischen Recht nicht gemäss ist die [Heusler, Instit. II, 285 verwandte] Ansicht S. 110 f., dass die altdeutsche Ehe nur durch Beilager geschlossen ward, während Verlobung und Trauung nur das Mundium über die Frau gäben, welches zwar erst Rechtswirkungen schaffe, aber zur Ehe nicht nothwendig sei. Gregor’s II. Brief an Bonifaz erlaubte 726 dem Gatten einer zur Ehe durch Krankheit Unfähigen sich anderweit zu verheiraten; die „Barbaren“, die damit geschont werden sollten, hielten Gratian und Spätere irrig für Engländer, S. 331, wohl unter Einfluss des [mit Unrecht] angezweifelten Schreibens von Gregor I. an Augustin von 601 und der daran anknüpfenden Fälschungen, S. 379 ff.


Einzelnes nach Zeitfolge vor Aelfred. Ueber die Einwanderung der Mercier in England fehlen Nachrichten. Müllenhoff DA. II, 98 f. (was ten Brink Beowulf 221 billigt) verbindet die Gründung Merciens mit der Uebersiedelung des altangl. Königsgeschlechts, die um 575 die englische Einwanderung abschliesse. In der mercischen Königstafel erscheinen die alten Angelnnamen Offa, Waermund, Eomaer; auch die Sagen festländischen Ursprungs von Offa, auf die Beowulf 1931 und Widsith 35 anspielen, und die später bei den Dänen angenommen wurden, erhalten sich in Mercien laut Vitae Offae des 13. Jhs. – Nach Friesen, die mit Sachsen aus Britannien zurückgewandert [517] waren, sei, Grössler zufolge, der Gau Friesenfeld benannt; so Hahn, JBG für 1886 (1889) II, 35. – Gregor des Gr. frühesten Versuch, die Angelsachsen zu bekehren, setzt schon 576 an Wolfsgruber, Vorpäpstl. Lebensper. Gregor’s. Augsburg 1886. – J. A. Sparvel-Bayly, Antiq., Nov. 88, p. 203 behandelt St. Hilderferth (672–80 Bischof von Meaux) und dessen Verehrung zu Swanscombe (Kent). – Edw. Consitt, Life of s. Cuthbert (1887), bezeichnet Dublin R., April 87, 437 als katholisch und topographisch werthvoll; die R. bemerkt, für Beda’s Prosabiographie des h. Cuthbert seien Stylvorbild Gregor’s Dialoge und Vita Benedicti. – Ebenfalls hagiographisch gehalten, aber ausführlicher ist Charles [Eyre] archbishop of Glasgow, „Hist. of St. Cuthbert“, 3. [wenig geänderte] Aufl. 1887; Dublin R. July 87, 197. – Das (nach Wattenbach, NA VIII, 343 durch Wilfrid von York, wohl in Italien um 675 hergestellte) Heinrich dem VIII. (nach demselben durch Wolsey) überreichte Evangeliar, mit Gold auf Purpur geschrieben, das den Bibliotheken Douglas, Hamilton, endlich dem Berliner Museum gehörte, wird von Trübner in Strassburg feilgeboten (Voss. Ztg 5. V. 89). Vgl. neuerdings Wattenbach (SB. der Preuss. Akad. d. Wiss. 1889, XI), Evangelienhs. Hamilton. Ein Facs. davon in dem Londoner Auctionskatalog von Sotheby, Wilkinson and Hodge; NA XV, 208. Fränkisch-sächsische Schrift sieht in dem Codex Delisle (vgl. eb. S. 232) und vergleicht ihn nordfranzös.-niederländ. Büchern. – Wilfrid’s Kirche zu Hexham, z. Th. mit röm. Baustoff (wohl aus Corsopitum, Corbridge) und nach röm. Muster erbaut, 1296 von den Schotten verbrannt, behandelt Ch. Cl. Hodges, „Ecclesia Hagustaldensis. The abbey… of Hexham“, Fol. mit 64 prächtigen Abbildungen. Der im MA. Asyl gewährende „Friedensstuhl“, einst wohl Wilfrid’s Bischofsitz, copirt nach einem römischen, und Theile der Krypta sind die einzigen frühesten Reste. Das Kloster war 681–821 Bischofsitz, nach der Dänenzeit gehörte Stadt und Kirche einem Propst und erblichen Priesterstellen; 1112 ward die Augustiner-Priorei gegründet. So Fowler, Ac. 30. II. 89, 226; Ath. 19. I. 89, 89. – Die Verfassung des Concils von Hertford (nicht Hereford) 673 stellt in Gegensatz zu den anderen abendländ. Concilien Lippert, NA XIV, 12. – Ceolfrid von Jarrow, der nach Rom pilgernd 716 †, schickte dem hl. Petrus eine in England geschriebene Vulgata (die älteste vollständige der päpstlichen Bibliothek), den Codex Amiatinus der Laurentiana [so verbessere oben S. 222; Facs. in Paleograph. Soc. II, 65 f.]. Darüber s. Rossi, La biblia offerta da Ceolfrido abbate, Rom 1888 (vgl. Röm. Quartalschr. für christl. Alterth. II); Hort, Ac. 19. I. 89, 41; Le moyen âge 1888, 17. – Dahmen, Das [!] Pontificat Gregor’s II. [518] (Düss. 1888) bezweifelt mit Unrecht, dass 719 Bonifaz zuerst aus Rom abgesandt wurde, wiederholt aber, dass Ine die Schola Anglorum[168] und den Romschoss eingesetzt[169] habe. Die Verbindung beider Stiftungen untereinander und mit Ine wird erst seit dem 13. Jh. berichtet. Den Empfehlungsbrief für Tatwin spricht Verf. richtig Gregor II. ab, doch ohne ihn sonst anzuzweifeln, und den Jaffé ² 2156 verwerthet er nicht. – H. Grisar, Die christl. Inschriften Roms im früheren MA. (ZKTh 1889, 99), weist nach, wie Aldhelm, Bonifaz und Alcuin röm. Inschriften kannten, und Aldhelm’s Verse dort angebracht wurden, in Anknüpfung an De Rossi’s Inscr. christ. Romae VII. saec. antiquiores II. (1888). Die Grabschrift Ceadwalla’s von Wessex, die u. a. Ermold Nigellus benutzt, und die Gregor’s I. erklärt S. 125. Ueber die Sylloge röm. Inschriften, die Beda und Aldhelm benutzten, s. S. 150. – Dass Eddi Stephan des Sulpic Vita Martini [vgl. oben I, 180] benutzte, behauptet M. Manitius, NA XV, 195. Allein die angeführten Worte entstammen vielmehr der Vita s. Cuthberti, wie Raine, in der neuen Ausgabe des Eddi, Historians of York (Rolls Ser. 1879) I, 2 längst angab. – Ein (angelsächs.-?) irisches Evangeliar, das einst Tours gehörte, beschreibt Delisle, Catal. des mss. Libri et Barrois, Par. 1888. – Ueber angelsächs. Hss., die Bonifaz und seine Schule herüberbrachte, handelt Schepss, Die ältesten Evangelienhss. der Würzburger Univ. Bibl. [vgl. oben S. 506] S. 22 f., 30 f. – „Die angebliche Unechtheit der Predigten des hl. Bonifatius“ hält Nürnberger (NA XIV, 111) durch Hahn nicht bewiesen. Bonifaz’ Briefe an Eadburg und Ecberht zeigen seine Thätigkeit als Prediger. Die Predigten benutzen Beda nicht, weil sie verfasst seien, bevor Bonifaz ihn las, zeigen anderen Styl als die Briefe, weil sie sich an Ungebildete, Neubekehrte wenden, sprechen nicht von Rom, weil Bonifaz zuerst Heidenbekehrer, dann erst hierarch. Organisator sei. In den 15 Sermonen fehlt mancher Zug des Bonifaz, vielleicht weil er in den übrigen Predigten gestanden habe. Doch werde ihm üble Laune überhaupt mit Unrecht vorgeworfen. – Erscheinungen von 1886 über angelsächs. Dichter in latein. Sprache, besonders insofern sie karolingische Poesie beeinflussten, bespricht Hahn, JBG IX (1889) II, 28. Er sammelt auch S. 30 die in biograph. und theolog. Lexicis verstreuten Artikel über Angelsachsen [519] des 7.–9. Jhs. – Traube’s Karoling. Dichtungen (s. o. S. 199 f.) lobt und ergänzt E. D[ümmler] NA XIV (1889), 446. – Traube, NA XV, 228 will ebenfalls Craik nicht als Aethelwulf’s Heimath (s. o. S. 200) gelten lassen. – Jahrbücher des fränk. Reiches unter Karl dem Gr. von S. Abel, bearb. von B. Simson, I: 768–88, (Lpz. 1888) sind besonders für Englands Literatur und Kirche wichtig, durch die angelsächs. Fortsetzer der Bonifazischen Mission (S. 114 bis 119, 284 f., 275 ff., 427, 451, 541, 591, 608 f., 653 ff.) und die Correspondenzen Alkuin’s 390–3 und Lul’s 209 f., 530 ff. An diesen Stellen und 486 werden auch scotische Geistliche im Frankenreich erwähnt. Zu dem falschen Brief an Offa (S. 501) vgl. Mon. Germ. XXVIII, 97, 506. – F. Hawkins kritisirt (Acad. 6. IV. 89, 230) J. I. Mombert, A hist. of Charles the Great [wo Englisches fehlt nach Sat. R. 224], und meint, „das einzige neuere Buch über ihn sei das von James“. [Und Abel-Simson?]. – Der Name Cynedrida begegnet in Formel 93 des Liber diurnus Roman. pont. ed. Sickel (1889), der ihn auf König Offa’s Gemahlin deutet und die Formel auf Hadrian’s I. Urkunden für Mercien um 786 zurückführt; GGA 1889, 615. – Von König Ecgberht von Kent 765-91 zeigte Montagu der Numismatic Soc. zwei Silberpfennige mit den Münzernamen Babba bez. Udd, die früher als Münzen Ecgferth’s von Mercien (796) galten; Ath. 2. III. 89, 284. – Ernst Dümmler, Gesch. des ostfränk. Reiches, 2. Aufl. Leipzig 1887 f., unentbehrlich für die Dänenzüge im Allgemeinen, berichtet I, 197, 302; III, 232 f., 352 über die nach England (842–92); ferner II, 73; III, 5, über ags. Rompilger, die westsächs. Königin Judith und die scot. Geistlichen Clemens, Donat, Dungal, Elias, Johann, Israel, einen Laoner (III, 55 f., 683), Mark, Martin, Moengal, Sedul [I, 416,31 lies: Westsächsischen]. – Angelsächs. Gesch. betreffen manchmal die „Regesten des Kaiserreichs 751–918. Nach J. F. Böhmer bearb. von E. Mühlbacher“ I (Innsbr. 1889): z. B. Nr. 261, 322 ff., 423 c, 962 a, 1813 b, 1816 a. – Den Feldzug von 851 versteht Saturday R. 19. I. 89, 67 so: Im Frühjahr besiegte Aethelstan, der Unterkönig von Essex, die Dänen zu Sandwich. Darauf landeten die Dänen mit 350 Schiffen aus Friesland, plünderten Canterbury, fuhren die Themse hinauf, besiegten Beorhtwulf von Mercien, der London schützen wollte, plünderten dieses und strebten nun gen Winchester, wurden aber bei Ockley so besiegt, dass sie England 20 Jahre [etwas!] in Ruhe liessen. – W. de Gray Birch, The Danes in England to the battle of Brunanburh 937 and the rebuilding of London 886 (Journ. British archaeol. assoc. Dec. 88, 326), weist auf die Urkunden seines Cartular. Sax. 332, 533 f., 537, 561, 727 als historisch wichtig: darin erscheint [520] gegen die Dänen ein sonst unbemerkter Tribut und Trinoda necessitas geleistet, und London in Stein gebaut; Bruningafeld identificirt er mit Brunanburh. Die Zusammenstellung ist fleissig, entbehrt aber der Kritik (Chronologie!) und Benutzung neuer Literatur. – J. F. Hodgetts beschloss seine volkstümlichen Aufsätze „On the Scandinavian elements in the English race“ IV (Antiquary Oct. 86, 137) über Haus, Wirthschaft, Ehe, Thing, Recht – mindestens letzteres nicht auf der Höhe der Wissenschaft.


Angelsächs. Epik. Zur Entstehung des Beowulf verzeichnet Wülker (Anglia XI, 319) ten Brink’s Ergebniss (s. o. S. 197) und lehnt das in Gr. Sarrazin’s Beowulf-Studien (Berlin 1888) ab (Anglia XI, 536 und CBl 2. III. 89, 315). Sarrazin meint, die Sage entsprang am Göta-Elf, ward früh in Dänemark gedichtet und um 700 vom Skalden Starkad überarbeitet. Der uns erhaltene Beowulf sei im Wesentlichen Cynewulf’s Uebersetzung von jenem dänischen Epos. – Hofer, „Ueber die Entstehung des angelsächs. Gedichtes Daniel“, Anglia XII, S. 158, weist nach, dass die Dichter eine latein. Septuaginta-Uebersetzung benutzten, also vor der Alleinherrschaft der Vulgata lebten, das römische Brevier brauchten, also Geistliche waren und, wohl um 750, northumbrisch schrieben. – Alb. S. Cook edirt und übersetzt Judith, an Old English epic fragment (Bost. 1888), wofür die Angelsachsen sich vielleicht interessirt hätten wegen Aethelwulf’s Frau Judith aus Frankreich. Dass Aethelwulf’s Lehrer Bischof Swithhun von Winchester dies Gedicht verfasst, und Aelfred es von seiner Stiefmutter Judith (nicht Osburg) als Belohnung für das Lesenlernen erhalten habe, ist leere Phantasie. So auch Ath. 16. II. 89, 211; W[ülker], Anglia XI, 541. – J. Zupitza’s Ausgabe von Cynewulf’s Elene erlebte 1888 3. Aufl. Der latein. Text der Legende ist beigegeben [vgl. dazu Brenner, Kölbing’s Engl. St. XIII, 480], das Angelsächsische neu collationirt. – Die früher Caedmon genannte Dichtung paraphrasirt die Vulgata so, dass sie Himmel und Erde der Bibel in die Formen des Angelsachsenstaats etwa des 9. Jhs. kleidet. Diese bekannte Thatsache beleuchtet Alfr. Heinze, Zur altengl. Genesis, Berl. Diss. 1889, S. 26 ff.


Angelsächs. Geschichte seit Aelfred. Aug. Schmidt, Untersuchungen über König Aelfred’s Bedaübersetzung, Berl. Diss. 1889. Aelfred selbst habe um 890, nach Gregor’s Cura pastoralis und vor dem Orosius und Boetius, die Kirchengeschichte Beda’s übertragen. Sein Buch ist von den angelsächs. Annalen nicht benutzt. Eine Auslassung (S. 15) lässt erkennen, welche Hs. Beda’s er vor sich hatte. Die Auslassungen bezwecken sonst Kürzung und Volksthümlichkeit. Daher fehlen Briefe, Verse, Vorenglisch-Britisches, Scotenkirchliches, [521] Nordenglisches, Wiederholungen, Etymologien von Ortsnamen und das nur für Beda’s Zeit Interessante. Die nur zu geringen Zusätze ergänzen die (z. B. südengl.) Gesch. nicht, sondern wollen bloss erklären; Aelfred arbeitet schnell [nicht flüchtig; Wülker, Anglia XII, 477] und noch nicht frei genug, um eigene Abschnitte wie im Orosius einzuschieben oder gar die Vorlage (wie später den Boetius) fast selbständig umzuwandeln. Die Ueberschriften sind bisweilen erweitert aus dem Capitel-Inhalt, so dass also der Uebersetzer erst ein Stück weiter gelesen haben muss, bevor er reproducirte. [Verf. meint, Wheloc habe die Rubrikenliste vor seiner Ausgabe nicht in der Hs. vorgefunden: allein eine solche geht z. B. Aelfred’s Gesetzen in den Hss. stets voran.] Im Ganzen folgt der König mühsam dem latein. Wortlaut, oft dem englischen Idiom zuwider, manchmal mit Missverständniss. Nur setzt er an vielen, aber nicht allen Stellen, wo Beda von seiner Gegenwart spricht, die Vergangenheit oder lässt die Stelle fort oder fügt „sagt Beda“ hinzu; S. 23 f., 31–41. Will er also Zustände, die er wie Beda im Präsens erzählt, als Ende 9. Jhs. bestehend angeben? Bei mancher Stelle ist es möglich diese Absicht anzunehmen, z. B. bei der über noch vorhandene Römerreste in Britannien. [Ueber die Bisthümer, Kirchenreliquien, Bestehen der Klosterculte, weibliche Thronfolge (Matriarchat) bei den Picten hat dagegen m. E. Aelfred nur den Beda wörtlich oder gedankenlos übersetzt. Gerade weil er Aethelberht’s Gesetze citirte und umarbeitete, konnte er sie unmöglich als zu seiner Zeit noch geltend ausgeben wollen.] Verf. dient zwar wesentlich der Literaturgeschichte, besonders Aelfred’s, hilft aber auch künftiger Quellen-Untersuchung, die vollständig (und zwar chronologisch verzeichnend oder typographisch Eigenes in der Aelfredausgabe hervorhebend) festzustellen haben wird, was der Geschichtsforscher, der den Beda kennt, aus Aelfred’s Uebersetzung hinzulernen kann. – Aelfred hat nach Wilhelm von Malmesbury eine angelsächs. Uebersetzung des Psalters unvollendet hinterlassen. Wichmann, Aelfred’s angelsächs. Uebertragung der Ps. I–L (Anglia XI, S. 19), beweist, dass dies Werk mit Theil I der von Thorpe 1835 gedruckten Hs. Paris 8824 identisch ist. Diese Hs., vom Anfang 11. Jhs., enthält den lateinischen Text, dem Psalterium Romanum nahestehend, daneben von anderem Schreiber (und nicht aus diesem Latein, noch auch aus Hebräischem oder Griechischem übersetzt, noch auf Commentare fussend) eine angelsächs. Uebertragung. Und zwar alliteriren Ps. 51 ff., gehören dem Anfang 10. Jhs. und bilden das Bruchstück einer einst vollständigen poetischen Paraphrase [von der ein im 12. Jh. geschriebenes Fragment in „Eadwine’s Canterbury Psalter“ (ed. Harsley für Early Engl. text soc. 1889) von G. Stephens (Ac. 6. IV. 89, 240) nachgewiesen wird]. [522] Psalm 1–50, hier in westsächs. Form um 1000, zeigt Spuren früheren Sprachzeitalters und ähnelt in Stil, Wortschatz, Erklärung den Uebertragungen Aelfred’s. Besonders in den Zusätzen spricht aus dem Uebersetzer kein Geistlicher, sondern ein adlicher Held, dem jedes zu besiegende Uebel als der aus dem Lande zu verjagende Feind, der „Fels“ als Thron, das „Erbe“ als „mein Reich, Land“ erscheint: also aller Wahrscheinlichkeit nach Aelfred selbst. – Ueber die 1884 auf dem Forum Romanum gefundenen angelsächs. Münzen, die englisch-römische Beziehung um 945 beweisen, handelt Lützow’s Z. XIX, Beibl. 7. – Logeman gibt unter „Anglosaxonica minora“ Anglia XI, 97, Sündenbekenntniss vom Ende 10. Jhs., eine Weltalterberechnung bis a. 1099 mit einer Liste der Bischöfe von Winchester bis Walchelin (1070–98), ein Fragment, in dem St. Grimbald [von Winchester, † 903] vorkommt. – Die Berechnung der Weltalter von Adam bis Christus steht in Heft I der Anglia XI. viermal nach nur sprachlich abweichenden Hss., ohne Versuch das Original herzustellen: und auf S. 174 nochmals das S. 4 Gedruckte aus demselben Vespasian DVI f. 69 b: auf dass man erkenne, wie verschieden zwei Anglisten drucken. – A. Napier (Anglia XI) druckt angelsächs. prosaische Stücke, meist theolog. und physikal. Inhalts. S. 3: Fasten an drei Freitagen befreit jeden von Höllenstrafe „ausser den Herrenverräther“ [diesem bestimmt das angelsächs. Recht seit Aelfred den Tod]; S. 4 ff.: Berechnung der Jahre von Adam bis zur Sündfluth, Roms Erbauung und (S. 10) „jetzt von Anbeginn 6132 Jahre bis Ostern, d. i. 4 Non. Apr., und ist Schaltjahr und Ind. 15“, d. i. also 1032. – Aus Aethelwold’s verlorenem „De consuetudine monachorum“ fertigte Aelfric bald nach 1005 einen angelsächs. Auszug, den Schröer, Kölbing’s Engl. Stud. IX (1886), 290 edirt. – W. Stokes, Acad. 12. I. 89, 26, druckt aus Vatican Christina 338 eine angelsächs. Beschwörung (um 1100) gegen das Fieber. – G. E. Klemming, Hymni, sequentiae et piae cantiones in regno Sueciae olim usitatae. Sancti Sueciae (Holmiae 1885, 16°), bringt aus liturgischen Drucken um 1500 Gesänge auf die Engländer David [den Apostel von Westmanland, † 1082] und Sigfrid von Wexiöe, „gesandt von dem mit Olaf [Schosskönig] eng verbündeten [!] Anglie rex Mildredus“ [d. i. Aethelred II]. – Mit Swen († 1014) fuhr nach England der Gefolgsritter Skarthi, der dann bei Schleswig fiel. So erklärt Liliencron, Corresp.-Blatt für Anthropol. IV, 25 nach Thorsen, De Danske Runemindesmaerker 104, folgende Runenschrift eines südlich vom Danewirke gefundenen Steines: „König Suin setzte Stein nach Skarthi, seinem Heimdegen, der war gefahren westwärts, nun aber ward todt bei Hithabu.“ – Cnut und Eadmund wurden 1016 „feolagan and wedbrođra“. [523] Diese Eidbrüderschaft bildete Cnut’s Sohn Harthacnut nach in der Erbverbrüderung mit Magnus von Norwegen; Amira, GGA 1889, 264. – Dass eine angelsächs. Hand Johann’s XIX. Privileg für Naumburg von 1032 (Jaffé-Löwenfeld Reg. pont. 4099) gefälscht habe, hält Bresslau, NA XIV (89) 442 aufrecht. – W. de G. Birch edirte „The Anglo-Saxon charter of Edward Cf. to Coventry with facs. and translation“ 1889. 8°. – Um 1056 ward zu Deerhurst (Gloucesters.), wo auch die Pfarrkirche sächsisch ist, eine Capelle gebaut, die Middleton, Archaeologia L (1887), 66 beschreibt. – Die Orkney-Sage (d. i. Geschichte der Orcaden-Grafen bis 1064 und deren Nachfolger St. Magnus, Rognwald von verschiedenen Verfassern) und andere nordische Stücke über St. Magnus, die Schlachten von Stamfordbridge und Senlac und Edward den Bek. edirte G. Vigfusson, „Icelandic sagas and other histor. documents rel. to the settlements and descents of the Northmen on the British isles“ (Rolls-Ser.) I. 1887. Das Leben Dunstan’s von dem Benedictiner Arne (dem Sohn des Bischofs Lorenz, † 1331) steht im Band II, der die Sagen von Hakon V. und Magnus VII. von Norwegen und isländ. Annalen 1392–1430 enthält. Sir G. Dasent wird die engl. Uebersetzung in Band III f. liefern.

Berlin, im Sommer 1889.

F. Liebermann.     

Anmerkungen

  1. Vorbemerkung. Dank dem freundlichen Entgegenkommen des Herrn Berichterstatters ist die Redaction in der Lage, die mittelalterliche Geschichte Englands in einem Umfange zu berücksichtigen, welcher die dieser Abtheilung sonst gesteckten Grenzen weit überschreitet. Der übrige Inhalt der Zeitschrift wird dadurch in keiner Weise verkürzt, vielmehr der Umfang des Jahrgangs entsprechend verstärkt werden. Die Redaction glaubt in diesem Falle die Schranken ihres sonst festzuhaltenden Programms ausnahmsweise durchbrechen zu sollen, da einerseits nur für wenige Gebiete auswärtiger Geschichte eine derartige Behandlungsweise überhaupt in Frage kommen dürfte, und andererseits gerade die Literatur über englisches Mittelalter seit Jahren in der deutschen Berichterstattung besonders vernachlässigt worden ist.
  2. S. 43: Geschichte und verwandte Studien; 80: Schwierigkeiten des geschichtl. Studiums; 117: Die Art des geschichtlichen Beweises; 156: Urquellen; 191: Class. und ma. Schriftsteller; 226: Hilfsquellen [darunter Urkunden!]; 261: Schriftsteller unserer Zeit; 296: Geographie und Reisen; 329: Index.
  3. Die Beispiele historischer Irrthümer sind daher krass gewählt: dass um das Jahr 1000 Russen von Constantinopel durch die Türken abgeschlagen wurden, oder dass die Lex Salica Frankreichs Thronfolge ordne.
  4. Diplomatik wird nicht, Paläographie kaum erwähnt.
  5. Matheus Paris darf nicht „liberal“ heissen; der Papst, der den Scipionensarg im Vatican birgt, nicht „der unfehlbare Räuber“.
  6. Z. B. dass 1086 Feudalismus eingeführt worden sei.
  7. S. 22. 164 lies „Hersfeld“. Lambert wird zu günstig beurtheilt.
  8. Chronologie S. 21, 201.
  9. Kunst 27.
  10. D. h. gegenschlägig: in jedem Distichon kehrt der Beginn das Hexameters als zweite Hälfte des Pentameters wieder; ausserdem bilden die Anfangsbuchstaben der Distichen das Alphabet.
  11. Ueber beide Mss. vergl. Hardy Descr. Cat. I, 515. Ueber die Rouener Hs. vergl. Warren, Leofric Missal.
  12. „Swithun noster; corpora mederi“ 55, 14; 21.
  13. Dessen Vita Acta sanct. Oct. XI, 943.
  14. Vergl. Hardy I, 39 f.; Haddan and Stubbs, Councils and eccl. doc. I, 36.
  15. Vielleicht bietet Fredegar zu a. 577 den historischen Kern. Nicht gesehen habe ich: Le Gouvello, Vie de S. Méréal ou Méloir, Redon 1880.
  16. Daru, Hist. de Bretagne I, 179 setzt 799, aber offenbar nur durch diese Legende [mittelbar] beeinflusst.
  17. Auch sind Herigeri Gesta Tungr. citirt. H[older]-E[gger] im N. Archiv XII, 234: „im XI. Jh. wohl im Kloster St. Hubert in den Ardennen geschrieben.“
  18. Englische Quellen gedenken seiner nicht.
  19. Vergl. über diesen Südwalliser Haddan I, 149; II, 1, 75 f.
  20. S. 117. Hieraus erhellt Abfassung vor 900; auch ist II, 21 vor Ankunft der Normannen geschrieben. Nach 600, da Gregor I. benutzt ist; vergl. auch II, 11 „multis annis“.
  21. Viele Hss. ausser den von Plaine genannten bei Hardy I, 141.
  22. Die Sprache hat der Schreiber modernisirt.
  23. Acta SS. Nov. I, 709 und Hardy I, 179 ff.
  24. R. Wülker, Lit. Centrbl. 16 II 1889, 251.
  25. Nur als einzelne Nachklänge vorepischen Styls, nicht als Regel, wird strophische Gliederung des Beowulf stellenweise zugegeben.
  26. Besonders in westsächs. Namen nachweisbar.
  27. Weil nach der Auswanderung der Sachsen.
  28. Hierin und im Namen ähneln Mythos und Sage.
  29. Inhalt: Bibel, Hieronymus, Origenes, Augustin, Pseudo-Augustini sermones, Ambrosius, Isidor, Leo I., Gregor I., Sergius’ I. Urkunden, Cereal, Agnellus, Faustus, Caesarius, Beda, Scintillae (Beda Colon. VII, 370), Donat u. a. Grammatiker, Codex canonum (Dionyso-Hadriana?), sog. Theodori Poenitentiale; Passiones martyrum, Juliana, Caecilia, Agnes, Agatha, Eugenia, Potitus; Liturgica, Bonifaz’ Conscriptio sententiarum, Burchardi homiliae u. s. w.
  30. N. Archiv VII f. XI. Katholik 1881, 15; 1882, 63. Neisser Gymn. Progr. 1883.
  31. Seebohm’s u. a. Arbeiten über Landverfassung erschienen später.
  32. Im Einzelnen: Die engl. Verfassung, allerdings nicht keltisch oder romanisch, müsste nicht sowohl als ags. denn als germanisch dastehen: Verf. unterschätzt den normann. Einfluss; der Name Angelsachsen ist doch nicht bloss modern; nicht alle Angeln verliessen Deutschland; die frühesten engl. Gesetze sind nicht lateinisch; in den Literaturanfängen ist Canterbury vernachlässigt; Totemismus folgt aus Thiernamen noch nicht; nicht aller private Grundbesitz entstammt dem Buchland.
  33. Soetbeer, Forschungen z. D. G. I. II. IV. VI.
  34. a b Leider fehlt fortlaufende Zählung.
  35. Aus der Tremisse entstehe „Thrymse“, der Name vielleicht ursprünglich für diese Goldmünze, später für einen ganz anderen Rechnungswerth. Vergl. Richthofen, Zur Lex Saxonum.
  36. Das Wort, unser „Schatz“, ist nicht etwa von scæt zu trennen.
  37. Virchow, Zs. für Ethnologie 29 [1889] S. 32 vergleicht glücklich mit der britischen Entstellung römischer Vorbilder die Nachahmung des Shilling in goldähnlichem Messing, zunächst zum Schmuck, durch die heutigen Südafrikaner.
  38. Etymologie aus „Pfand“ ist streitig.
  39. Ihr allmähliches Sinken im folgenden Jh. bedeutet nicht bloss Rückgang der Cultur, sondern auch massenhaftere Anfertigung.
  40. Nur in der Zeichnung werden nebenbei auch Kaisermünzen und Sceattas fernerhin copirt. Einmal ist Ludwig des Fr. Goldsolidus nachgeahmt.
  41. Ich fürchte, mancher sonderbare Namen bei Keary entstand aus Verprägung oder aus Verlesung (so Wintred aus Wihtred); die Buchstaben sind oft mehrdeutig. Warum sollen die Münzer anders geheissen haben als die Zeugen der Urkunden, die Verf. zu wenig benutzt?
  42. Die Etymologie „Abschnitt“, nämlich vom Edelmetallring, ist bestritten.
  43. Vf. folgt hier nur Schmid, G. der Ags.
  44. Vergl. Sige-Semund, Dege-Daiemond; aber Huđhere kann nicht absichtlich statt Guđhere stehen.
  45. II reicht bis 1878.
  46. On the Céli-dé (1860) und Life of St. Columba 1874.
  47. Councils and eccles. doc. rel. to Great Britain II.
  48. Celtic Scotland 1876–80.
  49. Auch Grub’s erst 1861 erschienenes Werk.
  50. Scotland under her early kings 1862.
  51. Scotch legal antiquities 1872.
  52. Essays [übs. von Locher, Zur Gesch. des MA.s. 1886: Beziehungen zwischen England und Schottland].
  53. Die Echtheit der Bussbücher z. B. wird gar nicht untersucht, der Altus-Hymnus für Columba einfach in Anspruch genommen.
  54. Was S. 925 aus „Anselmus Migne 154“ (lies Eadmer 159, besser bei Raine, Lives of York I, 168) citirt wird, entstammt nur Beda.
  55. Ebenso für Ninian Ailred.
  56. z. B. Beda S. 33; ferner S. 90 [„mit Schilfrohr bedachte“]; S. 103 nicht „Vater Jocelyns“, sondern Bischof Jocelyn von Glasgow; S. 170 nicht „verschwiegen“, sondern gescheit; S. 240 nicht „auf sieben Jahre zu vertheilen“ , sondern sieben statt sechs Jahresrenten einzuziehen; 294 nicht „Teppich von Köln“, sondern Arrastapete mit Darstellung der hl. drei Könige.
  57. Columba in S. Peter zu Rom!
  58. Klerikerehe und Bischofsweihe durch einen Bischof sollen von Anfang an als Unregelmässigkeiten gegolten haben.
  59. Edward’s I. Politik, sich Schottland zu unterwerfen, erfährt (moralisch gegründeten) Tadel, Bonifaz’ VIII. gleiche Absicht nicht.
  60. Seiten lang wird Tytler, Scotland from Alex. III (1879) ausgezogen.
  61. Der ganze Abschnitt ist zu verbessern aus meinen Anglonorm. Gquellen 287.
  62. Dass K. Wilhelm Arbroath Becket weihte, kommt vor, aber nicht dass dies gleich nach seiner Gefangenschaft geschah, welche am Tage, nachdem sich Heinrich II. am Sarge Becket’s gedemüthigt, begonnen hatte. – Das Londoner Concil vor dem Legaten 1268 und das Perther werden erwähnt, aber nicht, dass letzteres bedeutet, Schottland sei an ersteres nicht gebunden. – Dass „Schottlands Palladium“, der Stein von Scone, „zu London ist“, wäre wenig wichtig: er bildet einen Theil des brit. Krönungsstuhls zu Westminster.
  63. Darüber die tüchtigen Schriften: Obser, Wilfrid d. A.; Weber, Verhältniss Englands zu Rom 1237–41.
  64. S. 175 (wo statt „Schottisch“ Englisch, statt „unglücklich“ glücklich zu lesen); S. 190.
  65. S. 1: St Alban’s nicht „Cistercienser“; 87: statt „Südpicten“ Scoten in Südirland; 172: Wilhelm I. mit II. verwechselt; 173: „Südgrenze seit 1093 bis 1707“ [auch seitdem!] blieb nicht so (Berwick ward englisch); 183 f.: lies Heinrich I. statt II.; 112 und stets: lies Hagustald; 115: Durhamer Ornament an arabische (!) Kunst erinnernd; „Walciodor“ ist Valcourt; 161: K. Edmund nicht vom „Mordstahl“, nicht von „Ardric“, nicht „1017“ niedergestreckt; 149, 153: Die ganz verwirrte Gesch. Cumbrias ist – z. B. aus Freeman, Norman Conquest – zu verbessern.
  66. Die Mission der Merovingerzeit wird nicht erhellt. Eine vlämische Gesandtschaft gegen Middelburgh 1425 s. S. 273; Hussitenverbrennung 1433 S. 277; Heirath Maria’s von Geldern 1449 S. 287; Basler Concil S. 291; Propst Johann Husemann von Soest macht 1474 dem Eb. von St Andrews den Process S. 300.
  67. Vetera mon. Hibern. atque Scot. 1864.
  68. Concilia Scotiae 1866.
  69. S. 11¹ hatten Frühere richtig „diversarum“, wie die p. 87 wiederholte Ueberschrift; Birch setzt aus der Hs. „diviciarum“!
  70. Wohl aber durften Giles’ Emendationen S. 18¹. 37¹ im Text bleiben! S. 45, Z. 14 streiche „in“ und „non“.
  71. Freeman, Norman Conquest II, 439; 443. III, 518.
  72. Mit deutschen Prügeln (vergl. Mon. Germ. SS. XXVIII, 603).
  73. Vergl. Freeman IV, 41; Will. Pictav. ed. Giles S. 155.
  74. Freeman III, 515; 758 und Rad. Coggeshale S. 1.
  75. Die Italiener verkauften solche damals auch anderen Kirchen; Stubbs, De inv. S. XVI.
  76. Streiche S. 152, Z. 3 v. u. „the man of“; mit „mistress“ S. 153, 4 ist Rouen gemeint; 118, Z. 2 v. u. lies „emperor“ für „king“; 136, Z. 9 v. u. fehlt ein Satz; Z. 7 v. u. statt „but grieves to find that“: „selbst beklagenswerth, beweint er“; Z. 4 v. u. statt „one of their own stock“ lies „their own race“.
  77. Die ungedruckten, späteren Stücke dieser Hs. sind S. III verzeichnet.
  78. Hlosa, dessen Bedeutung „Schafstall“ ich, Gerefa S. 11, nur vermuthete, ist hier belegt.
  79. Besonders wird die Wichtigkeit des Lehenwesens stark überschätzt: des Königs Hoheit und die normannische Curia regis waren keineswegs bloss höhere Staffeln baronialer Herrschaft und Curie. Auch S. 35 Siegelung der Writs ist zu verbessern. Abzweigung von King’s Bench und Common Pleas aus der Curia regis wird zu früh datirt.
  80. Die Urkunden zeigen von da an eine Lücke bis in die Neuzeit, der S. 80 ff. gewidmet sind.
  81. Dies Hauptergebniss bestätigt Holthausen, DLZ Jg. 1888, Sp. 1713.
  82. Wilhelm Fitz Stephen 248; Trivet 162; Robert von Brunne 195; Higden und Trevisa 83 f., 285; Froissart 39, 212; Whethamstede 242, 325; T. Livius Forojul. 332; Zeitschilderer: Occleve 217, 220 ff.; Netter 346; Pecock 346.
  83. Wohl nur dem Wechsel im Wortschatz zu Liebe erscheinen unnöthige Fremdwörter: wie „delikat“ 4. 125. 163. 272. 297. 310 für „heikel“. Die geistvolle Darstellung vermeidet glücklich die Klippe neuester Literaturhistoriker, die gepresste Ueberfülle an Vergleichen.
  84. S. 5–33. 95. 103. 227. 343.
  85. S. 51. 63. 75 f. 102. 111. 121. 206.
  86. Feinsinnig spürt Brink auch den nur vielleicht möglichen Zusammenhängen zwischen Stimmung der Schriften und Zeitgeschichte nach.
  87. S. 128 f. 144. Die Umwälzung von 1386 ff.: S. 122/5/7; von 1397: 205; Richard II. 103. 137; s. auch 250. 277; Anna von Luxemburg 87; Johann von Gent 76 ff.; Heinrich IV. 203. 207. 213. 217 f.
  88. 257. 277 f. 285. 292. 311.
  89. Deschamps 199; Christine von Pisa 217; Grandson 200.
  90. Dante, Petrarca (mit Voltaire verglichen 53), Boccaccio 65 ff. 90, Chaucer über südeuropäische Fürsten der Zeit S. 184.
  91. 100 f. 326. 331 f.: Poggio und Enea Silvio in England.
  92. Ein historisches Schauspiel, Befreiung von den Dänen S. 306.
  93. Heinrich V. 99. 218 f. 223–8. 241. 292; Heinrich VI. 237. 242 f. 292; Richard III. 292. 303; Humphrey von Gloucester 236 f. 243, 323 Warwick 237; Lady March 240; Johann Graf Worcester 335; Erzb. Arundel, Cardinal Beaufort 330 u. a. Prälaten 334; A. de Muleyns 331 (wo Z. 24 lies „Leben durch Pöbelaufruhr“ statt „Haupt auf dem Schaffott“).
  94. Vergl. Streatfeild, Lincolnshire and the Danes, London 1884, 8°.
  95. Dass die Urkunde authentisch, soll aus Duckett, Hist… of S. Pancras at Lewes (Sussex archaeolog. collections XXV), worin manches für Local- und Culturgesch. Wichtige, folgen (Athenaeum 27. X. 88, 559), aber vergl. Round, Athenaeum 17. XI. 88, 663.
  96. Revue des Questions hist. Jan. 88, 286.
  97. Ueber Plummer’s Ausg. von dessen Governance of England, mit Einleitung über 1399–1483, s. Revue histor. Sept. 88, 160.
  98. Vergl. Round in Archaeolog. review 5. VII. 88.
  99. Neubauer tadelt, dass Leges Edwardi Conf. 29, 48 übersehen sind. Allein [sog.] Theodori Poenitentiale ist nicht englisch.
  100. Hardy-Le Neve, Fasti eccl. Angl. I, 492. 509. 532. Household of Swinfield (Camden Soc. 1854) p. XCVIII.
  101. S. z. B. Index zu Hardy, Fasti u. Delpit, Docum. franç. I, 17.
  102. Vergl. Mon. Germ. SS. XXVIII 638. 655.
  103. Unter Ewald’s Arbeiten ist „Walram von Naumburg“ nicht erwähnt.
  104. Im Einzelnen: S. 1, 3 „Popular laws“ wird man nicht als „Volksrechte“ verstehen; diese heissen drüben noch Leges Barbarorum; 3, 13 Hlothaere and Eadric; 4, 15 Greatanleg. 23 mutual pledge (st. corporation); 6 letzte Z. Welsh (st. Westphalian); 11, 5 associations (st. federal); 13, 9 v. u. asetnisse; 15, 7 v. u. procedure (st. law); 15¹ zu streichen: Robertson behandelt Verfassung und Charta, nicht das Rechtsbuch Heinrich’s, das er nach 1189 (!) ansetzt; 18, 16 electiones; 27¹ Scrutton, Influence of Roman law (s. oben S. 211) zu erwähnen.
  105. Die neuere Aufl. habe ich vergeblich aus England bestellt.
  106. Statt Cithara setzt Aelfred: „Harfe“; allein den Angelsachsen war die „Cytere“ nicht ganz unbekannt.
  107. Ausnahme p. XLVIII, wo Wilhelm Fehler hineincorrigirte.
  108. Nach der Margamer Hs. Reg. 13 D. 2, s. XII med. wie Hardy und Waitz, Mon. Germ. SS. X, 451.
  109. Ausser Englischen drei Pariser. Die aus Gude’s Nachlass durch Leibniz für Wolfenbüttel erworbene ist jetzt in Oxford, All souls coll. 35. [In Wolfenbüttel liegt jetzt kein Malmesbury. Freundl. Mitth. von Herrn Dr. v. Heinemann.] Autograph, das für Pontifices vorhanden, S. CXXXI, oder Archetyp fehlt für Reges. Mehrere Hss. haben zwei Recensionen zur Vorlage gehabt.
  110. S. 131, 3 v. u. lies: „Old“; 153, 3 v. u.: 417.
  111. Mit Jaffé Reg. 1642 meint Stubbs, der Eingeladene sei Beda.
  112. Ein Bearbeiter Wilhelm’s des 12. Jhs. kannte dessen Quelle selbst; p. LI. Ueber die dänische Ballade von der Rettung Gunhildens, der Frau Heinrich’s III., durch „Memmering“ vergl. Metcalfe, Englishman and Scandinavian, 438.
  113. Adhuc viventis § 132; illius diei 133 und das Präsens in den Versen. – Die Schwertverleihung, die Wilhelm als Ritterschaffung versteht, wird die germanische Wehrhaftmachung sein.
  114. S. XIII, CXXI. Es stützt sich einzig auf den autographen Jeremiascommentar, dessen Prolog den Verf. als quadragenarius bezeichnet, und in dem der Strauss beschrieben wird „qualem in Anglia vidimus tempore Henrici regis, externorum monstrorum appetentissimi“. Ist dies – was doch kaum unbedingt sicher – nach Heinrich’s I. Tode (1135) geschrieben, so halte ich es für spätere Zufügung: Wilhelm überarbeitete ja auch andere Werke mehrfach. Stubbs möchte „quadragenarius“ als „40–50 Jahre alt“ dehnen [dies geht nicht, weil „medietas 80“ dabei steht] oder meinen, Wilhelm habe durch oftmaliges Hören des Wunders von 1096 sich nur eingebildet, Augenzeuge zu sein [es steht aber im Gegensatz zu dem vor eigener Erinnerung Geschehenen]: einem Fünfundzwanzigjährigen traut man eben schwerlich solche Geschichtswerke zu. Ferner aber im Einzelnen: über Aelfgifu [G. pont.] „quondam cecini“; im Prol. zu Reg. II ist Verfs. pueritia lang vergangen, juventus lang begonnen; Anselm († 1109) „omnes quos quidem viderimus sapientia et religione praestaret“, wo das „videre“ ein „urtheilend Miterleben“ bezeichnet; im Prol. zu I verspricht er, als wichtigen Bestandtheil des damals nur bis 1120 geplanten Werkes, „quae vidi“: wie wenig konnte der Fünfundzwanzigjährige erlebt haben!
  115. S. o. S. 461 f.; ferner Stubbs S. XX ff. Dazu Faricii V. Aldelmi; Will. Pictav. § 240; Epigramma Serlonis; Anastas S. CXLVI; Raban S. CXXIX; Ivo Carnot. S. CXXX. – Zu Malmesbury’s damaliger Literaturgeschichte: Verse unter dem Rundschreiben über den Tod Bruno’s des Karthäusers 1101; das bei Hardy I, 667 genannte Werk ist später. – Von Wilhelm’s mündlichen Gewährsmännern nennt einige Waitz, Mon. Germ. SS. X, 450, n. 6, dazu Stubbs S. XVII.
  116. Orderic nennt ihn „Irensis“, was „Scotus“ und „Scotigena“ bei Wilhelm bez. Ekkehard vielleicht nur näher bestimmt. Dagegen zum anderen keltischen Zweige setzt ihn das „Walensis“ der späten Annalen von Worcester, was sie aber vielleicht nur aus seiner folgenden Geschichte schlossen: David ward als Kelte durch Einfluss des Fürsten von Gwynedd 4. April 1120 für Bangor durch Canterbury geweiht, starb vor 1140. (Haddan and Stubbs, Concils I, 314, 345. Dazu Henr. Huntingdon ed. Arnold S. 10.) Trithem’s Nachricht wird also von Wattenbach, Dt. Gq. II (1886), 86 richtig bezweifelt. Die Titel der Bücher David’s erfand Bale wahrscheinlich nur theilweise aus Malmesbury. Dass David auch sonst in der Literatur des 12. Jhs. benutzt ward, wies Guleke, Forsch. z. Dt. Gesch. XX (1880), 406 nach.
  117. Dass er in dessen Briefadressen die Initialen, nicht immer richtig, ergänzte, bemerkte ich N. Archiv IV, 16.
  118. S. XXV, CXXXI–XL. Stubbs verwerthet Haenel’s Forschungen bis 1844. [Neueste Literatur bei Conrat (Cohn), Gesch. der Quellen Röm. Rechts im Ma. (1889) I, 42. – Die von Stubbs vergeblich gesuchte De Guill. Malm. cod. legis Rom. Wisig. diss. a. C. Witte, für ihre Zeit rechtsgeschichtlich werthvoll, seitdem überholt, bemerkt S. 23 Wilhelm’s rein historische, nicht praktisch-juristische Absicht.]
  119. Praecentor heisst er in später Quelle S. XL. [vielleicht weil gewöhnlich dieser die gelehrte Arbeit des Klosters besorgte].
  120. Er wollte sie anfangs nur bis 1120 führen, begann sie aber etwas später; S. XIX, XXXI, XLIV.
  121. S. XC ff. [und dazu s. die Indices zu Hardy II, III. Wilhelm wird (wie Huntingdon) von Galfrid von Monmouth als gleichzeitiger Autor erwähnt, hat also absichtlich den Walliser Fabulisten verschmäht].
  122. S. XXX. Dass er kein voller Glastonienser wurde, folgt aus dem Schweigen der sonst so ruhmredigen Adam, Johann und Anonymi (Hardy III, 150, 308) von Glastonbury.
  123. Zwischen den beiden Büchern der V. Dunstani (über die Stubbs, Memorials of St. Dunstan zu vergl.) entstand De antiq. Glaston.; S. XXIX.
  124. Die Historia erhielt noch einige Correcturen vom Verf.; aber die meisten Varianten gehören den Abschreibern.
  125. S. XLIII gegen Liverani.
  126. S. XXXII, CXV ff.
  127. Bruchstück S. XXXVIII.
  128. Bruchstück G. pont. S. 187.
  129. S. XXVII, CXVII, wo Stücke gedruckt sind. Doch ist dies vielleicht nur Wilhelm’s Quelle.
  130. Birch S. 433.
  131. Prolog und Rubriken S. CXXIII.
  132. Prol. und Epilog. S. CXX.
  133. S. CXXXI.
  134. Schliesst: „Henricus, filius eius, ann. 50; hic deiectos a filio suo Henrico. Qui 20 annis post patrem regnans, habuit filiam Henrici regis Angliae, quae post mortem mariti nupsit filio comitis Andegavensis;“ S. CXXXV.
  135. S. XXVI, CXXVIII. Der angeredete Robert ist ein „frischer Mönch“, nicht der Graf. Abfassung geschah nach 1134, da Hildebert todt war.
  136. S. CXLI f. Prolog und Epilog.
  137. S. LXXII.
  138. Ed. Hardy § 297, Anm. aus Ms. Claudius, das Stubbs p. LXXIII beschreibt. Zwei andere Hss. erster Ausgabe lesen; „Desunt leges eiusdem (des Eroberers), continentes fere 1 folium“, was aber an den Rand und auch in Arundel 35, von etwa 1130, erst (laut freundl. Mittheilg. von Herrn Thompson, Librarian of the British Museum) um 1200 geschrieben ist.
  139. Ed. Schmid, Gesetze der Angelsachsen 353.
  140. Savigny Zs. 1883, Germ. 132, wo ich diese theilweise Ueberlieferung bei Hardy übersehen habe.
  141. S. meine Schrift zu den Gesetzen der Angelsachsen, S. 4.
  142. S. CXII, Z. 1 lies „omnis“.
  143. „Misbeodan“ in 2 eher „to do wrong“ als „hurt“; in 3 fehlt Z. 9 das lehnrechtlich wichtige „of me and my heirs“, Z. 11 „justiciar“; 10 v. u. keineswegs bloss „his“ oath, sondern Eid [oft mit Helfern] im Gegensatz zu anderen [normannischen] Beweismitteln; 7 v. u. statt „nor lodging delivered by force“ lies: „without lodging being paid for“.
  144. Lücken unseres Wissens sollte Niemand übertünchen: zur Erklärung von Heinrich’s II. schliesslichem Sturz erscheint eine „Erschöpfung der Machtmittel“ – woher?
  145. Stammte nicht einige Freigeisterei von den Anjous, Wilhelm II., Mathilde?
  146. Die drei zu Norwich erschienenen Werke „Pedes finium rel. to… Norfolk from 3 Richard I. to [1216]“ 1881, „A short calendar of the Feet of fines for Norfolk in the reigns of Richard I., John, Henry III. and Edward I.“ 1885, und „A short calendar of the Feet of fines for Norfolk in the reigns of Edward II. to Richard III.“ 1885, habe ich nicht gesehen.
  147. Für angelsächsische Zeit, die nur oberflächlich berührt wird, sollten Birch’s Cartularium wegen Vollständigkeit und die Ancient charters in the British Museum wegen zuverlässigen Textes gerühmt werden.
  148. Nicht gesehen habe ich WPWPhillimore, How to write the hist. of a family (1887, 8°), ICCox, How to write the hist. of a parish or other place (3. ed. 1887, 8°) und Geo. W. Marshall, The genealogist’s guide, … topogr. and biograph. works (2. ed. 1885, 8°). In H. Godwin, The English archaeologist’s handbook (Oxf. 1867, 8°) sind meist Ausgrabungen, Bau- und Bildwerk berücksichtigt, doch auch alphabetisch Englands Stifter (erst nach Orten, dann nach Orden) mit Datum und Gründer und Burgen verzeichnet. Jos. Foster Collectanea genealogica I. (1882) betrifft meist Neuzeit, enthält aber auch „Gray’s Inn“, d. i. Urkunden für diese Londoner Juristeninnung seit 1308 und Verzeichniss der in den Heroldslisten u. a. Hss. enthaltenen Stammbäume. Vor P. F. Hodgson’s „How to trace your own pedigree or a guide to family descent“ (Lond. 1889) warnt Saturday review 20, VII, 89, 69.
  149. Er müsste alle Ortsnamen bringen, auch Pollard 27; Germany siehe Almain.
  150. Dieses werthvolle Buch habe ich nicht gesehen.
  151. Die zweite Ausgabe von 1861 sah ich nicht.
  152. z. B. „abettum abiudicatio abrocator acquisitum acra“.
  153. Für ein einzelnes Stift findet man noch immer am meisten in Tanner’s Notitia monastica, die der Neuausgabe von Dugdale’s Monasticon und den Localgeschichten gewöhnlich zu Grunde liegt, aber von jenen selten völlig ausgenützt ward.
  154. Oesterley’s, Deutschen nächstliegender, „Wegweiser durch… Urkk.-Samml.“ II. (1886), 295, der im besonderen Theil für die Zeit seit dem 13. Jh. höchst dankenswerth ist, leidet im allgemeinen Theil weniger an Unvollständigkeit als am Mangel jeder logischen Anordnung, Kritik und Beschreibung der verzeichneten Bücher. Das zur ersten Einführung recht brauchbare Verzeichniss Hardy’s, Descr. Catal. III, 329 war zu erwähnen, oder noch besser zu übersetzen.
  155. Seine „Hist. of the diocese of Norwich“ erschien für Soc. for prom. Christian knowledge 1884. Vgl. diese Zs. II, 218 f.
  156. Otto IV. war 1214 nicht Johann’s einziger Neffe; ein Bremer sprach damals kein Neuhochdeutsch.
  157. Ich folge Jessopp’s Anordnung.
  158. A. 1312 Vicare und Caplane „spectaculis publicis, ludibriis et coreis, immo teatricalibus ludis inter laicos frequencius se immiscent“.
  159. Excerpte aus anderen Urkunden und Geschichten für 657–1593 gab Fowler in Bd. I. dieser Memorials, Surtees Soc. 74 (1882) und „Acts of Chapter of Ripon 1452–1506“, meist Strafprocesse, in Nr. 64, 1875.
  160. Heft 7 (1872), Theil I der „Originals and analogues of Chaucer“ enthält: „Tale of Constance from the French chronicle of Nicholas Trivet“ [vgl. ten Brink, Engl. Lit. II, 162]; Heft 9 (1874), Theil II der „Essays on Chaucer“: „John of Hoveden’s Practica Chilindri“, beide ed. Brock.
  161. So, je einsilbig, misst Verf. seine Namen auch S. 122.
  162. West, Hist. of Furness, habe ich nicht gesehen.
  163. Hardy, Descr. Catal. I, 34, 63, 207; II, 285, 452.
  164. Mon. Germ. SS. XXVIII, 555.
  165. Report of the… Public records 1875, S. 161.
  166. Verlagsort: London, wo ich nicht Gegentheiliges bemerke.
  167. Richtig trennt dieser Gilde und Stadt: jede erhält ein besonderes Privileg [so 1158 für Winchester; Archaeologia XLIX (1885), 214]. Dass im Norden die Gilde vor der Stadtverfassung besteht, nicht specifisch städtisch sei, betont Amira, GGA 1889, 281 gegen Lehmann, Zs. für Handelsrecht XXXII, 606. Die Verbindung beider gründe sich nicht auf das Gericht, sondern vielleicht auf den Rath: und vielleicht desshalb werde die Gildenhalle zum Rathhaus [z. B. in London].
  168. Dies, hier aus [sog.] Matth. Westmonast. (Ende 13. Jhs.) citirt, entstammt Rog. Wendover. Nach Malmesbur. Reg. II, 109 war Offa der Stifter.
  169. Im 12. Jh. erzählt. Gegen beide Nachrichten Mon. Germ. SS. XXVIII, 21. Huntingdon IV, 21 datirt den Romschoss von Offa, Malmesbur. Pont. 179 von Aethelwulf, beide mit theilweisem Grund.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: W. Siehe auch Korrekturhinweis in DZfG Bd. 5, S. 456.
  2. Vorlage: Cooldige
  3. Vorlage: parlament
  4. Korrektur in DZfG Bd. 4, S. 169: Lies 1385–1765.
  5. Vorlage: unterstüzt