Neuere Literatur zur Geschichte Englands seit 1485

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Autor: Wolfgang Michael
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Titel: Neuere Literatur zur Geschichte Englands seit 1485
Untertitel:
aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 9 (1893), S. 124–153.
Herausgeber: Ludwig Quidde
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr
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Erscheinungsort: Freiburg i. Br.
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Quelle: Scans auf Commons
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Neuere Literatur zur Geschichte Englands seit 1485.


Vorbemerkung. Die meisten der hier besprochenen Publicationen sind im Jahre 1891 erschienen. Daneben ist noch einiges Frühere nachträglich berücksichtigt; auch schon einzelne 1892 gedruckte Schriften konnten zur Besprechung kommen. Einige dem Referenten erst kürzlich zugegangene Bücher müssen der Würdigung im nächsten Berichte vorbehalten bleiben. Diejenigen Schriften, welche dem Ref. nicht zugänglich waren, sind im allgemeinen nur mit dem Titel genannt. In einzelnen Fällen sind nach Besprechungen in anderen Zeitschriften einige thatsächliche Angaben hinzugefügt. Ref. behält sich vor, auf einzelne dieser Publicationen in einem späteren Berichte noch einmal zurückzukommen.


Allgemeines. Ein Abriss der gesammten Geschichte Englands findet sich in einem Handbuche von G. Wendt[1]. Dasselbe könnte selbst in dieser Kürze weit Besseres leisten, weist auch eine bedenkliche Anzahl von Irrthümern, schiefen Ausdrücken und Druckfehlern auf. Die Darstellung der Verfassung soll besser sein.

Ein ausgezeichnetes Hilfsmittel, man könnte sagen: ein Handbuch der Englischen Geschichte, hat Gardiner erscheinen lassen[2]. Der 2. und 3. Band behandeln die Zeiten der neueren Geschichte. Nach den besten einschlägigen Werken – für die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts liegen natürlich die eigenen Forschungen des Verfassers zu Grunde – wird in einfacher, anspruchsloser Erzählung der Verlauf der Englischen Geschichte zur Anschauung gebracht. Neben den wichtigeren Ereignissen der politischen Geschichte werden auch die bedeutendsten verfassungsgeschichtlichen Wandlungen mitgetheilt, auch Literatur- und Culturgeschichte nicht ganz unberücksichtigt gelassen. Der letzteren sollen auch die zahlreichen Illustrationen dienen, die nach freier Auswahl in den Text eingeschaltet [125] sind. Zum Zwecke augenblicklicher zuverlässiger Belehrung wird das Buch nicht nur für den Anfänger von Nutzen sein.

Als Beilage zu dem zuletzt besprochenen Werk dient ein ebenfalls von Gardiner herausgegebener Schulatlas zur Englischen Geschichte[3], der eine grosse Anzahl von Karten und Schlachtplänen bietet. Auch der Zusammenhang mit der Geschichte des Continents wird veranschaulicht. Ein Irrthum (S. 43 und 51) ist dem Referenten aufgefallen: Schwedisch-Pommern hat immer zum Reiche gehört, lag also nicht ausserhalb der Reichsgrenze.

Einen wichtigen Beitrag zur Englischen Wirtschaftsgeschichte bietet eine Reihe von Vorträgen des verstorbenen Thorold Rogers, welche sein Sohn unter dem Titel „Die industrielle und commercielle Geschichte von England“ veröffentlicht hat[4]. Es handelt sich bei diesem Buche, wie der Herausgeber sagt, weniger um die Mittheilung neuer Thatsachen oder die Verkündigung neuer Theorien, als um die Klarstellung der von Rogers bei seinen Arbeiten befolgten Methoden. So können diese Vorträge passend als vorbereitende Lectüre für das Studium der bekannten wirthschaftsgeschichtlichen Werke des Verfassers dienen. Der Herausgeber hat an dem sachlichen Inhalt der Vorträge nichts geändert, selbst da nicht, wo der Standpunkt des Verfassers veraltet ist. Im einzelnen werden die Fragen der modernen Volkswirthschaft, namentlich in England, erörtert, und dabei wird die historische Entwicklung zum Ausgangspunkt genommen. Denn die Kenntniss der historischen Thatsachen hält auch er für unentbehrlich zum Verständniss nationalökonomischer Fragen. Eine vortreffliche Einleitung zum Ganzen gibt der erste Vortrag, welcher in markigen Zügen ein Bild der gesammten Wirtschaftsgeschichte Englands entwirft. Die Eigenart des Verfassers kommt dabei schon voll zum Ausdruck. Die wirthschaftliche Entwicklung ist ihm alles, er sieht in der Geschichte fast nur sie. Die Regierungen Heinrich’s VIII., Eduard’s VI. und Maria Tudor’s sind ihm schlechtweg „elend und verderblich“. Er spricht von der Verlogenheit Clarendon’s, wenn dieser die parlamentlose Zeit von 1629 bis 1640 als eine glückliche bezeichnet. Auch zeigt sich schon hier des Verfassers harte Unduldsamkeit gegen entgegenstehende Ansichten, der grimmige Spott, mit dem er die Vertreter derselben überschüttet. [126] Der Schluss ist, dass Britischer Gewerbfleiss und Erfindungsgeist ihren Platz in der Welt auch ferner behaupten werden. „Der Deutsche“, so fährt er fort, „ist über das Stadium eines Nachahmers, und dazu eines nicht besonders ehrlichen, nicht hinausgekommen“. Wir werden dieses Urtheil über Deutschlands Industrie mindestens als ungerecht bezeichnen dürfen.

In Macmillan’s Verlage erscheint eine Geschichte der Englischen Literatur in 4 Einzeldarstellungen. In den beiden bisher veröffentlichten Bänden haben Saintsbury und Gosse unter den nicht ganz genauen Bezeichnungen Elizabethan Literature[5] und 18th Century Literature[6] die Epochen von 1560–1660 und von 1660–1780 dargestellt. Beide Verfasser gelten als Autoritäten auf den von ihnen hier wieder behandelten Gebieten und, wie nicht anders zu erwarten, liefern sie zwei vortreffliche Handbücher, die auch dem Historiker werthvoll sein werden. Dieselben sind dazu unterhaltend geschrieben und gewähren eine angenehme Lectüre. Saintsbury legt das Hauptgewicht auf die Würdigung der literarischen Erzeugnisse als solcher; ihr Inhalt ist ihm weit nebensächlicher. Damit hängt es auch wohl zusammen, dass von der politischen Geschichte so wenig die Rede ist. Obwohl der Kreis der berücksichtigten Autoren besonders weit ist, so hat der Verfasser sie doch sämmtlich gelesen. Dabei war es nun unvermeidlich, dass den grossen Helden der Literatur verhältnissmässig wenig Raum gegönnt wird; der Verfasser unterlässt es auch, Proben aus ihren Werken zu geben, während viele andere durch Auszüge vertreten sind. In der Feststellung der Daten erklärt er sich von Anderen abhängig. Sein Urtheil über die formale Seite der besprochenen Schriften erscheint zuweilen recht streng. Man lese nur, was er über Milton’s Prosa und selbst über Clarendon schreibt. – Gosse geht mehr als Saintsbury auf den Inhalt der Werke ein. Auch er gibt durchweg nur seine eigenen Eindrücke wieder. Dabei kann es nicht fehlen, dass er oftmals von der herkömmlichen Auffassung abweicht. So scharfe Worte über den moralischen Unwerth Defoe’s – nicht nur seiner Persönlichkeit, sondern selbst seiner Schriften – wird man wohl nicht oft lesen. Auch das Urtheil über Hume’s Geschichtswerk ist auffallend hart; der Autor scheint dabei stark unter dem Eindruck seiner politischen Anschauungen zu stehen.

[127] Nicht zugänglich waren mir bisher zwei Werke von Seeley[7] und Walton[8].


Tudors. An erster Stelle wäre hier aus dem Jahre 1892 das Buch von Busch zu nennen: England unter den Tudors[9], das aber erst im nächsten Bericht zur Besprechung gelangen kann.

Zur Geschichte Richard’s III. und Heinrich’s VII. kommen zwei Aufsätze der EHR in Betracht. In dem ersten[10] versucht Markham zu beweisen, dass Richard unschuldig sei an den schrecklichen Mordthaten, die Mit- und Nachwelt ihm zugeschrieben hat. Heinrich VII. und die Tudor’sche Geschichtschreibung hätten die Geschichte Richard’s III. gefälscht; Heinrich VII. selbst habe erst die Söhne Eduard’s ums Leben bringen lassen. Dagegen weist in dem zweiten Artikel Gairdner[11], der Geschichtschreiber Richard’s III. und Heinrich’s VII., die Unrichtigkeit dieser Behauptung überzeugend nach. Die Quellenaussagen führen zu dem Schlusse, dass Richard der Mörder war. Wie konnte auch Heinrich Tudor hoffen, auf den Thron zu kommen, was hätte die Verbindung mit der Prinzessin Elisabeth für einen Sinn gehabt, wenn ihre zwei Brüder noch am Leben waren? Vollends die merkwürdige Vermuthung, Heinrich VII. habe die Prinzen (etwa im Juni oder Juli 1486) tödten lassen, schwebt ganz in der Luft. Nicht einmal ein Gerücht hat solches behauptet. So wird Jedermann Gairdner zustimmen. Nur in einem Punkte verfährt auch er etwas willkürlich. Nach der Schlacht bei Tewkesbury wurde Prinz Eduard, der Sohn Heinrich’s VII., auf der Flucht ergriffen und getödtet, wir können nach dem Stand der Quellen nicht mehr sagen, von wem[12]. Gairdner behauptet, Richard müsse der Mörder gewesen sein, weil ein Geringerer es nicht gewagt haben würde, sich an dem Leben eines so werthvollen Gefangenen zu vergreifen. – Die Controverse ist dann in einer Replik Markham’s und Duplik Gairdner’s noch fortgesponnen[13]. Beide halten an ihrer Ansicht fest. Bei Markham ist namentlich die Beweisführung hinsichtlich der Vermählung Heinrich’s VII. und ihrer Beziehung zum Prinzenmorde wieder höchst bedenklich. Gairdner spricht seine Verwunderung aus, dass jener die [128] Thatsache der Ermordung nicht leugnet, verweilt aber namentlich bei der Frage, auf deren Feststellung es vorher ankommt, ob nämlich die Söhne Eduard’s beim Ausgange von Richard’s III. Regierung lebten oder nicht. Gairdner führt den erneuten Beweis, dass sie schon ermordet waren.

Ueber die Verhältnisse des westlichen Englands in den Zeiten der Rosenkriege und der Tudors handelt W. H. H. Rogers[14].

In der Reihe der von Gayangos herausgegebenen Calendars, welche auf die Verhandlungen zwischen England und Spanien Bezug haben, liegt ein neuer Band vor (Vol. VI, Part I), welcher die Jahre 1538–42 umfasst[15]. Die hier zusammengetragenen Materialien stammen aus verschiedenen Europäischen Archiven. Neben Simancas hat namentlich Wien wichtige Acten geliefert. Am lehrreichsten sind wohl die Briefe des kaiserlichen Gesandten Chapuy’s in London. Der Herausgeber weist darauf hin, dass die Berichte des kaiserlichen und Französischen Gesandten Zeugniss ablegen für Heinrich’s VIII. überlegene Diplomatie. Ueber seine wahren Absichten täuschte er sie beide.

In dem letzten Bericht wurde die Veröffentlichung der Acten des Geheimen Rathes von 1542 an erwähnt. Uns liegt dieses Mal ein 2. Band zur Besprechung vor, welcher die Jahre 1547–1550, die erste Hälfte der Regierungszeit Eduard’s VI. umfasst[16]. Für die Regierungshandlungen unter dem Protectorate Somerset’s, soweit sie von dem Geheimen Rathe ausgingen, findet man hier quellenmässiges Material. Dasselbe betrifft demnach ebenso wohl wichtige politische Vorgänge, wie auch geringfügige Details der Verwaltung. Unter den Fragen der auswärtigen Politik stehen die Verwicklungen mit Frankreich und Schottland im Vordergrunde. Von Interesse für die Deutsche Geschichte ist eine Verhandlung mit den Deutschen Protestanten, während des Schmalkaldiscben Krieges, welche Subsidien von England erhalten (p. 60–61). Von den inneren Angelegenheiten ist neben der religiösen Frage besonders das Verfahren gegen Lord Seymour, den Bruder des Protectors von Bedeutung (p. 246 ff.). Eine vortreffliche Einleitung erleichtert den Ueberblick über das gebotene Material.

[129] Froude’s neues Werk über die Scheidung Heinrich’s VIII. von seiner ersten Gemahlin, Katharina von Aragon[17], soll eine Ergänzung zu des Verfassers grosser Geschichte von England bilden und wendet sich ausdrücklich an ein grösseres Publicum. Froude ist sich bewusst, dass er mit der seit 40 Jahren von ihm vertretenen Auffassung von dem Charakter und den Handlungen Heinrich’s VIII. in der gelehrten Welt allein steht. Gleichwohl verharrt er bei derselben auch jetzt noch. Wohl verwahrt er sich dagegen, als ob er, wie boshafte Kritiker ihm nachgesagt hätten, Heinrich VIII. als einen Mustergatten habe hinstellen wollen. Aber doch ist er der Ueberzeugung, der König sei bei allen seinen Handlungen nur seinem Gewissen gefolgt, eine Auffassung, welche zu der von jeher herrschenden und durch die Quellen unterstützten, aber auch ebenso zu dem natürlichen menschlichen Empfinden in so schroffem Gegensatze steht, dass Niemand ohne starke Selbstüberwindung sich in dieselbe zu finden vermöchte. Die ungünstige Beurtheilung, meint Froude, rühre daher, dass die übertriebenen Huldigungen, welche den Fürsten zu ihren Lebzeiten erwiesen werden, zur Folge haben, dass man nach ihrem Tode ihnen gern gerade die schlimmsten Dinge nachzusagen pflege. Genau genommen müsste dann aber das Andenken aller fürstlichen Personen durch die Geschichtschreibung ebenso entstellt worden sein, wie Froude meint, dass es mit dem Andenken Heinrich’s VIII. geschehen sei. Die Darstellung beginnt mit dem Zeitpunkt, wo die Aussicht, durch Katharina einen männlichen Thronfolger zu erzielen, geschwunden war, und führt bis zur Heirath mit Johanna Seymour, welche den ersehnten Thronfolger gebar. Viele einzelne Punkte werden kritisch erörtert, z. B. die (von Froude natürlich geleugnete) Liebschaft Heinrich’s mit Maria Boleyn, der Schwester seiner nachmaligen Gemahlin Anna Boleyn. Der Verfasser weist darauf hin, dass Volk und Parlament alle Schritte des Königs billigten und unterstützten. Nach den zahlreichen, seit dem Erscheinen seines grossen Werkes erfolgten Veröffentlichungen neuer Quellen sind und bleiben ihm noch heute die Parlamentsacten mit ihren Preambeln die beste, die wahre Quelle zur Geschichte Heinrich’s VIII. Im übrigen baut er dieses Mal seine Darstellung wesentlich auf den in den Calendars niedergelegten Materialien auf; die Berichte des kaiserlichen Gesandten Chapuys nehmen dabei einen hervorragenden Platz [130] ein. Wo aber dieser Ungünstiges über den König meldet (z. B. p. 344), sucht Froude sein Zeugniss zu widerlegen.

Zur Geschichte der religiösen Bewegung sind Publicationen von Jacobs[18] und Pollen[19] zu verzeichnen. Leben und Schriften des Sir Thomas More behandelt Bridgett vom katholischen Standpunkt aus[20].

Im Jahre 1581 erschien in London eine Abhandlung unter dem Titel „A Compendious or Briefe Examination of Certayne Ordinary Complaints of Divers of our Countrymen in these our Dayes, by W. S. gentleman.“ W. S. war früher einmal als William Shakespeare, zuletzt allgemein als William Stafford gedeutet worden. In der EHR[21] weist Miss Elizabeth Lamond auf die bisher nicht beachtete Existenz zweier Handschriften der Abhandlung hin. Durch Vergleichung derselben mit dem Druck von 1581 kommt die Verfasserin in scharfsinniger Untersuchung zu dem Resultat, dass die Schrift schon im Herbst 1549 verfasst sei; es handle sich also eigentlich nicht um die Zustände unter Elisabeth, sondern unter Heinrich VIII. und Eduard VI. Der Autor war vermuthlich John Hales. Derselbe kann freilich den Druck nicht selbst besorgt haben, da er schon 1572 starb; statt seiner that es jener W. S., dessen Identität nicht mehr festzustellen sein wird. – Eine Edition, welche die Verfasserin dieses Aufsatzes besorgte, können wir leider nur dem Titel[22] nach aufführen.

W. A. B. Coolidge hat die Vorlesungen herausgegeben, welche der 1890 verstorbene A. L. Moore an der Universität zu Oxford über die Geschichte der Reformation in England und auf dem Continente zu halten pflegte[23]. Sie beruhen auf dem Studium einer sehr umfangreichen Literatur. Dem Deutschen fällt die fleissige Benutzung Ranke’scher Werke auf.

Eine gut geschriebene Biographie der Königin Elisabeth ist [131] in der Staatsmänner-Serie erschienen[24]. Der Verfasser Beesly gibt freilich mehr eine „aus der Vogelperspective entworfene“ Geschichte Englands unter Elisabeth, als eine eigentliche Lebensbeschreibung der Königin. Das Bild derselben tritt nicht mit voller Klarheit hervor. Ihre Schwächen werden nicht geleugnet; das Endurtheil aber soll sich aus ihren Erfolgen ergeben. Wenige Herrscher, sagt der Verfasser treffend, haben so grosse Schwierigkeiten zu bekämpfen gehabt und wenige haben sie so siegreich überwunden: darin liegt der Massstab für ihre Beurtheilung. Die wichtigsten Ereignisse ihrer Regierung sind mit gründlicher Kenntniss zur Darstellung gebracht. Verhältnissmässig ausführlich ist die Geschichte Maria Stuart’s erzählt. Beesly glaubt unbedingt an ihre Mitschuld bei Darnley’s Ermordung und bei Babington’s Verschwörung. Die Englische Regierung, sagt er, war im Recht, Maria gefangen zu halten. Wohl gelungen ist die Erzählung von Elisabeth’s Verhalten vor der Hinrichtung der Schottenkönigin. Eine kritische Note behandelt die bekannte Erzählung von dem an den Kerkermeister Maria’s gestellten Ansinnen, sie zu ermorden. Der Verfasser liebt es, in seine Darstellung zuweilen Vergleiche mit Ereignissen der neuesten Tagesgeschichte einzuflechten, die nicht immer glücklich erscheinen (z. B. p. 141–142 die Englischen Katholiken, welche trotz der päpstlichen Bannbulle gegen Elisabeth derselben gehorsamten, und die Französisch gesinnten Elsässer, welche sich der Deutschen Herrschaft fügen). Die Charakteristiken einzelner Persönlichkeiten sind vortrefflich. Mehrfach polemisirt Beesly gegen Froude.

M. Creighton, der Bischof von Peterborough, theilt in der EHR[25] drei Actenstücke mit, welche sich auf die Excommunication der Königin Elisabeth beziehen. In dem ersten handelt es sich um die Absicht, durch das Tridentiner Concil die Excommunication aussprechen zu lassen; im zweiten und dritten um die bekannte Auslegung, welche die Bulle Pius’ V. durch Gregor XIII. erfuhr.

Das Verhältniss Elisabeth’s zu ihrem Günstling Lord Leicester behandelt E. Bekker[26] auf Grund umfangreichen gedruckten Materials. Dudley soll seine Gemahlin gewaltsam beseitigt haben und Elisabeth der Mitschuld verdächtig sein. – Dasselbe Thema behandelt ein in dieser Zeitschrift (V, 121–138) erschienener Aufsatz von Brosch, der sich zum Schlusse auch mit Bekker auseinandersetzt.

[132] In der EHR hat M. Oppenheim eine ausführliche Beschreibung der Kriegs- und Handelsflotte unter Elisabeth gegeben[27]. Die Anzahl der Schiffe, ihre Grösse, Bemannung, Kosten, das Verhältniss der Kriegs- und Handelsflotte zu einander u. a. m. werden behandelt.

Das Leben Drake’s hat J. Corbett für die „English men of action“-Serie geschrieben[28]. Die Darstellung ist lebendig und ansprechend, namentlich bei der Schilderung bedeutender Momente, wie der Besiegung der Armada. Ob es wahr ist, dass die Seeschlacht bei Gravelingen der grossen Masse der Engländer unbekannt ist? Vielleicht der Name. Die unüberwindliche Armada kennt doch in England wohl jedes Kind. Das Hauptverdienst an dem Siege schreibt der Verfasser Drake zu. Neben gedrucktem ist auch viel handschriftliches Material benutzt, namentlich aus den Schätzen des Record Office.

Einer Biographie von Walter Raleigh, der auch eigene Forschungen zu Grunde liegen sollen, kann vorläufig bloss Erwähnung geschehen[29].

In die Geschichte Schottland’s in der ersten Jugendzeit der Maria Stuart führt eine Biographie des Cardinals Beaton von Herkless[30]. Beaton war der bedeutendste Vorkämpfer des Katholicismus in Schottland, der aber auch die ganze Lasterhaftigkeit der schottischen Geistlichkeit vor der Reformation in seiner Person verkörperte. Er war der heftigste Gegner Heinrich’s VIII. von England, der dem Protestantismus in Schottland den Boden zu bereiten suchte. So spielen auch Momente der allgemeinen Europäischen Geschichte, namentlich derjenigen von Frankreich und England, in dieses Leben herein. Beaton ist dadurch bekannt geworden, dass er den Untergang George Wishart’s, des Märtyrers herbeigeführt hat. Dafür ward er selber im Jahre 1546 ermordet. Die Darstellung ist sehr allgemein gehalten; wo historische Kritik zu üben ist, gibt sich eine gewisse Unsicherheit kund (z. B. S. 299–300).

Eine dreibändige Geschichte der Regierung Maria Stuart’s hat M. Philippson erscheinen lassen[31]. Nicht eine Biographie der Schottenkönigin will der Verfasser geben; was ihm die Herausgabe [133] eines umfangreichen Werkes gerechtfertigt erscheinen lässt, sind zwei bedeutsame Fragen, auf welche er Antwort geben will. Einmal gilt es ihm, die Geschichte des Kampfes zwischen Katholicismus und Protestantismus in Schottland und ganz Grossbritannien zu schreiben. Und ferner will er zeigen, wie unter Elisabeth und durch ihre Staatsmänner an die Stelle der althergebrachten Feindschaft zwischen England und dem meist mit Frankreich verbündeten Schottland die Tendenz der Verschmelzung beider Länder zu einem einzigen Staate trat. Die Bedeutung dieses Gesichtspunktes ist einleuchtend, zumal wenn man bedenkt, dass die Vereinigung der beiden Länder eine wesentliche Bedingung für die Macht des modernen Grossbritannien war. Man könnte wünschen, diese Betrachtung bis zur Thronbesteigung Jacob’s I. oder gar bis zur Aufrichtung der Realunion im Jahre 1707 fortgesetzt zu sehen. Der Verfasser bricht mit Maria’s Gefangenhaltung in England ab. Der doppelte Kampf, erklärt er, war in diesem Augenblicke entschieden, ihre Gefangenschaft und ihr tragisches Schicksal hatte auf ihn keinen Einfluss. Der erste Band gibt einen Ueberblick über die frühere Geschichte Schottlands und die Verhältnisse daselbst während der Minderjährigkeit Maria’s. Er bringt eine anmuthige Schilderung ihrer Jugend und Ehe am Französischen Hofe und schliesst mit ihrer Fahrt nach Schottland. Der zweite Band führt bis zu der verhängnissvollen Vermählung mit Darnley, der dritte und Schlussband bis zur definitiven Gefangenhaltung Maria’s in England. Ueber ihre Persönlichkeit urtheilt der Verfasser milde. Sie könne nur innerhalb ihrer Umgebung richtig gewürdigt werden und diese war die verworfene schottische Aristokratie des 16. Jahrhunderts. – Der Verfasser hat in ausgedehntem Masse das gedruckte Material herangezogen und ausserdem noch eigene handschriftliche Studien in London, Florenz und Rom angestellt, auch einige Stücke im Anhang mitgetheilt.

Mit dem Inhalte des ersten Bandes von Philippson’s Werk deckt sich theilweise eine Darstellung der Jugendgeschichte Maria Stuart’s, welche de Ruble gegeben hat[32]. Nach einer kurzen Darlegung der Verhältnisse Schottlands nach dem Tode Jacob’s V. folgt eine ausführliche und anziehende Schilderung des Lebens und der Erziehung, welche Maria Stuart, „l’enfant la mieux douée de son temps“, am Französischen Hofe in Gemeinschaft mit den Kindern Heinrich’s II. genossen hat. Auch ihre Vermählung mit dem Dauphin Franz, die kurze Zeit ihres Französischen Königthums wird geschildert. [134] Mit ihrer Ueberfahrt nach Schottland bricht die Erzählung ab. Dem Verfasser sind bei diesem Bande seine ausgedehnten Studien zur Geschichte Anton’s von Bourbon zu statten gekommen, z. B. bei der Darstellung des Todes Heinrich’s II.

In dem Streit über die Schuld Maria Stuart’s, über Echtheit oder Unechtheit der Cassettenbriefe, ist ein Ende nicht abzusehen. Zuletzt hatte sich Henderson in einer 2. Auflage seines in dieser Zeitschrift schon früher besprochenen Buches über die Cassettenbriefe[33] nicht nur abermals für die Echtheit aller acht Briefe ausgesprochen, sondern sich auch mit den entgegenstehenden Ansichten von Skelton und Philippson auseinandergesetzt. Der letztere sucht dagegen in einer ausführlicheren Recension[34] Hender- son’s Argumente zu widerlegen. Das Buch von Henderson hat sonst viel Zustimmung gefunden (vgl. z. B. HZ 65, 173–177). – Im Anschluss an dasselbe vertheidigt auch eine Abhandlung von H. Forst[35] die Echtheit der Cassettenbriefe. Der Verfasser bringt die Gründe in Erinnerung, wesshalb Murray und die aufständischen Schottischen Adligen das Beweismaterial gegen Maria nicht schon im Juni 1567 veröffentlicht und ihr Vorgehen dadurch gerechtfertigt haben. Das lange Zurückhalten der Cassettenbriefe sei also nicht als Argument gegen ihre Echtheit anzuführen. Der Verfasser stellt sich nun auf den Standpunkt Bresslau’s, der sämmtliche Briefe mit Ausnahme des längsten und schlimmsten für echt erklärt hat. Forst geht aber weiter und bringt auch für die Echtheit des langen Glasgow-Briefes neue Argumente. Dann aber kommt er zu dem auffälligen Ergebniss, dass aus der Echtheit aller Cassettenbriefe noch nicht der Schluss zu ziehen sei, dass Bothwell bei der Ermordung Darnley’s „nur Anweisungen Maria’s befolgt habe“. Will er sie damit von der Mitschuld freisprechen? Wir könnten ihm nicht zustimmen. Ob Maria von allen Einzelheiten des Mordplanes genaue Kenntniss besass oder nicht, ist eine Frage von untergeordneter Bedeutung. Nur darauf kommt es an, ob sie um die beabsichtigte Ermordung wusste und dieselbe billigte. Das aber ist durch den langen Glasgow-Brief – wenn er nämlich echt ist – unzweifelhaft bewiesen. Der Historiker darf sich auch nicht scheuen, aus den von ihm gewonnenen Resultaten die Consequenzen zu ziehen. – Zuletzt hat über die Cassettenbriefe wieder Philippson geschrieben im dritten Bande seiner oben [135] erwähnten Geschichte Maria Stuart’s. Er beharrt bei seiner früheren Ansicht und fügt (p. 286) noch zwei weitere Argumente gegen die Echtheit der Briefe hinzu. Auf S. 288 polemisirt er auch gegen Forst. – B. Sepp gibt (HJb 4 p. 778–84) noch einmal die bereits von Henderson (aber mangelhaft) gedruckte Declaration Morton’s über die Auffindung der Cassettenbriefe.

Endlich bemerken wir noch, dass auch der nordische Historiker Storm acht Vorlesungen über Maria Stuart veröffentlicht hat[36][WS 1], die in populärem Tone gehalten, aber auf wissenschaftlicher Grundlage aufgebaut sein sollen. Er erklärt sämmtliche Cassettenbriefe (und ebenso die Correspondenz mit Babington) für unecht. So stehen die entgegengesetzten Ansichten sich noch schroff gegenüber.


Die Stuart’s und die Revolution. Die gesammte Geschichte Englands unter den Stuart’s, von der Thronbesteigung Jacob’s I. bis zur Vertreibung Jacob’s II., behandelt der zweite Band[37] einer von M. Brosch verfassten Fortsetzung des Lappenberg-Pauli’schen Werkes in der Sammlung von Heeren-Ukert[38]. Der Verfasser gibt eine Darstellung, welche das Bekannte kurz zusammenfasst, ohne in den mitgetheilten Thatsachen oder in der Auffassung wesentlich Neues zu bringen. Das gedruckte Material und die neuere Literatur sind hinreichend verwerthet. Dazu kommen die in den Schriften des Verfassers mit Vorliebe herangezogenen Venezianischen Relationen – Brosch hat seinen Wohnsitz in Venedig –, welchen sich oft interessante Züge entnehmen lassen. Im allgemeinen haben sie doch keinen anderen Werth, als dass sie zu den übrigen Quellen hie und da ergänzende Details liefern oder die Stimmung in wichtigen Zeitpunkten gut zu schildern wissen. Was sie an selbständigen neuen Nachrichten bieten, ist wenig, auch sind die Berichte der verschiedenen Gesandten von ungleichem Werth. Ein Pesaro, Contarini, Giavarina scheinen manchmal Wichtiges mittheilen zu können, Sarotti ein klares Urtheil in politischen Dingen zu besitzen; ein Valaresso scheint unzuverlässig und gibt oft nur das Gerede des Volkes wieder. Im allgemeinen weiss der Verfasser die historische Entwicklung wohl verständlich zu machen. Er zeigt, wie das Wesen Karl’s I. und Laud’s den streng protestantischen Engländern verhasst sein und den Verdacht katholisirender [136] Tendenzen erregen musste. Der zuerst in Schottland entstehende Conflict, seine Ursachen und sein Verlauf bis zur Einberufung des Parlaments werden kurz, aber einleuchtend dargestellt. Ebenso wie das lange Parlament, gegen Strafford einig, erst durch die kirchliche Frage gespalten wird und wie diese dem Könige eine Partei verschafft. Die Geschichte der Revolution hat der Verfasser theilweise aus seinem Buche über Cromwell wiederholt und sich sonst im allgemeinen – wie nur gutzuheissen – an Gardiner angeschlossen. Cromwell’s Laufbahn freilich findet in Brosch’s Buche keine genügende Behandlung. Auch das Conservative in seiner Natur hätte stärker betont werden sollen. Bei den Conflicten mit seinen Parlamenten hat doch bei ihm stets auch das sehnliche Verlangen mitgespielt, wieder zu einer legalen Regierungsform zu gelangen. Für die Auflösung des langen Parlaments (1653) hätte des Referenten Darstellung in der HZ[39] nicht ohne Begründung unbenutzt bleiben sollen. Wichtige Vorgänge werden oft nur oberflächlich erwähnt; so die Pulververschwörung und Strafford’s Process; von seiner glänzenden Vertheidigung wird kein Wort gesagt. Verdienstlich sind dagegen die Ausführungen (Cap. 3 u. 12) über die Begründung und Ausdehnung der Englischen Herrschaft in aussereuropäischen Gebieten. Nicht ohne Anspielung auf moderne Tagesfragen berichtet der Verfasser, wie mit den colonialen Anfängen der Engländer in Indien sogleich reiche Gewinne verbunden waren. Unangemessen scheint das Verweilen bei pikanter Situation S. 421–422. Man vergleiche damit nur einmal Ranke’s vornehme Schreibweise (Werke XVIII, 145) bei der Erzählung der Sache.

Das früher angezeigte Buch von Thornton über die Geschichte des Hauses Stuart ist in 2. Auflage erschienen[40]. In der Vorrede rechtfertigt der Verfasser den Kritikern gegenüber seine gemässigte Haltung. Er weist noch besonders auf den Umstand hin, dass auch in den von ihm veröffentlichten Stuart Papers keinerlei Beweis für die Absicht Oxford’s und Bolingbroke’s (der Minister der Königin Anna) zu finden sei, dem Prätendenten zum Englischen Throne zu verhelfen. Schon in seinem Buche „The Brunswick Accession“ hatte Thornton die Behauptung aufgestellt, dass es den Tory-Ministern nur darum zu thun war, sich im Amte zu erhalten. Durch die Stuart Papers hält er dies vollends für erwiesen.

Eine als Handschrift gedruckte Geschichte der Französischen Linie der Stuart’s (d’Aubigny) hat Lady Elisabeth Cust verfasst[41], [137] welche durch ihren Vater, den verstorbenen Grafen Darnley, dieser Linie selbst entstammt.

Ueber die Anfänge der Vereinigten Staaten handelt A. Brown[42].

G. W. Prothero veröffentlicht in der EHR Auszüge aus dem Kassenbuch eines jungen Mannes, der um 1620 in Oxford studirte[43].

In einem früheren Bericht (DZG Bd. VI S. 105) ist schon einmal hingewiesen worden auf Green’s Mittheilungen aus den Acten der Commission, die in den Jahren 1643–1660 mit den der siegreichen Revolution sich unterwerfenden Royalisten zu verhandeln hatte. Dem 1. Bande, welcher die allgemeinen Massregeln der Commission zum Gegenstande hatte, sind inzwischen zwei weitere gefolgt und ein 4. Band soll die Publication abschliessen. Diese Bände enthalten in chronologischer Reihenfolge eine genaue Aufzählung aller in Betracht kommenden Fälle, der zuletzt erschienene 3. Band[44] für die Jahre 1647–1650. In etlichen tausend Fällen sehen wir, wie die Anhänger des Königs, je nach Art und Umfang ihres Vermögens mit Geldbussen belegt werden und wie sie dafür ihre Freiheit oder die Aufhebung der Beschlagnahme ihrer Güter erhalten, oft auch, wie die verwickelten Verhältnisse des Besitzers einer grösseren Zahl von Gütern in den Acten der Commission Jahre lang immer wiederkebren. Zur Erlegung der Bussen mussten viele Royalisten einen Theil ihres Grundbesitzes veräussern; eine beträchtliche Masse Englischen Bodens hat in jenen Zeiten den Besitzer gewechselt. Der Schlussband wird hoffentlich auch Register bringen, welche die Uebersicht über das ungeheure, von der Herausgeberin verarbeitete Material zu erleichtern geeignet sind.

Eine höchst werthvolle Quelle zur Geschichte der Englischen Revolution ist neu erschlossen durch die Veröffentlichung des 1. Bandes der Clarke Papers, welchen C. H. Firth im Auftrage der Camden Society herausgegeben hat[45]. Die hier abgedruckten Aufzeichnungen [138] des Secretärs Will. Clarke beziehen sich vorwiegend auf die Verhandlungen zwischen Armee und Parlament und auf die im Rathe der Officiere geführten Debatten, in dem entscheidungsreichen Jahre 1647. Das schliessliche Resultat war der Sieg des Heeres, sein Marsch nach London, in letzter Linie der Process gegen den gefangenen König und seine Hinrichtung. „Der besondere Werth der Clarke Papers“, so sagt der Herausgeber in der Einleitung, „liegt in dem Umstande, dass sie die Geschichte des Heeres während derjenigen Periode aufhellen, wo seine politische Bedeutung am grössten war. An der Hand derselben vermögen wir der Geschichte des Conflictes zwischen Parlament und Armee genauer zu folgen und richtiger als bisher die Ursachen der Revolutionen von 1647 und 1648 zu würdigen. Die Briefe offenbaren uns die Stimmungen in London und in der Armee im Verlaufe des Conflicts. Die Correspondenz der militärischen Geschäftsträger (Agitators) zeigt, wie die Erhebung in der Armee begann und wie sie durchgeführt wurde. Die Debatten des Rathes der Armee veranschaulichen in höchst charakteristischer Weise die politischen Ansichten der Soldaten, die Zwistigkeiten, welche unter ihnen entstanden und den Charakter der militärischen Führer. Sie sind geeignet, mehr als einen dunklen Abschnitt in Cromwell’s politischer Laufbahn aufzuklären und rechtfertigen die hohe Werthschätzung, welche Ireton’s Fähigkeiten durch seine Zeitgenossen erfuhren“. In den mit hohem sittlichem Ernst geführten Debatten der Officiere finden wir die politischen Theorien der Zeit klar zum Ausdruck gebracht, selbst manche Anschauungen, die wir sonst erst dem 18. Jahrhundert, im besonderen der Französischen Revolution zuzuschreiben gewohnt sind. Da ist viel die Rede von dem angeborenen Recht (birthright) und den natürlichen Rechten eines jeden; vor allem das Wahlrecht zum Parlament wird dahin gerechnet. Fast noch auffälliger erscheint es, wenn die Officiere des Revolutionsheeres – 100 Jahre vor Rousseau – von dem Vertrage reden, auf den die Regierung ursprünglich gegründet sei. Der König, sagt Cromwell, ist König durch Vertrag. Von hohem Interesse ist natürlich alles, was der Band an Reden Cromwell’s enthält. Manche Gedanken sind schon hier ausgesprochen, die in den bekannten von Carlyle veröffentlichten Reden wiederkehren, so p. 370, dass das Parlament nicht ständig (perpetual) sein dürfe, was bei Carlyle Speech I und III so ausführlich begründet wird, um die Auflösung des langen Parlaments zu rechtfertigen[46]. Der Herausgeber führt in der Einleitung noch aus, wie Cromwell’s Anschauungen dahin gehen, dass es weniger [139] auf die besondere Form der Regierung ankomme als darauf, dass sie den Wünschen des Volkes entspreche, wie er die Anwendung von Gewalt dem Parlament gegenüber, wenn auch nur im Nothfalle, für zulässig erklärt, wie er sich in seinen Handlungen durch das Wohl des Volkes allein bestimmen lässt. Gardiner, der für den 3. Band seiner Geschichte des Bürgerkrieges sowohl die gedruckten als die noch ungedruckten Clarke Papers schon benutzen konnte, schreibt (Preface p. VI): „,Im ganzen genommen zeigen uns diese Clarke Papers recht die conservative und bedächtige Seite in Cromwell’s Charakter, und zugleich versetzen sie uns auch mitten unter die Armee, in welcher Cromwell lebte und webte“.

Unter den darstellenden Werken, über die wir zu berichten haben, nimmt an Bedeutung der 3. Band der Geschichte des Bürgerkrieges von Gardiner[47] den ersten Platz ein. Das Werk ist damit zum Abschlusse gekommen und als ein Ganzes betrachtet führt die Darstellung Gardiner’s nunmehr bis zur Hinrichtung Karl’s I. Der vorhegende Band umfasst die Jahre 1647–1649 und weist alle Vorzüge auf, welche schon die früheren auszeichneten, die breite wissenschaftliche Grundlage, die eindringende Forschung, das massvolle Urtheil, die anziehende Darstellung und die Weite des Blickes. Er führt uns ein in den Conflict zwischen dem Parlament mit seiner presbyterianischen Mehrheit und der Armee. Der Sieg der letzteren, die sich durch die Ernennung militärischer Unterhändler (Agitators) gleichsam in eine politische Körperschaft verwandelt hat, vollzieht sich durch eine Reihe von Handlungen, die wesentlich als Gewaltstreiche erscheinen. Der gefangene König wird – nach dem Auftrage Cromwell’s, wie Gardiner beweist – durch den Cornet Joyce aus der Obhut des Parlaments in diejenige der Armee übergeführt, diese setzt sich in den Besitz der Hauptstadt und endlich nach der Besiegung der Schotten folgt die Ausstossung einer Anzahl von Mitgliedern des Unterhauses durch „Pride’s Purge“. Zwischen beiden Parteien steht der König, beide unterhandeln mit ihm, beide werden durch ihn hintergangen. Als das Unterhaus völlig dem Willen des Heeres unterworfen ist, wird das zuerst durch Ireton angeregte gerichtliche Verfahren gegen Karl beschlossen. Seine Hinrichtung betrachtet Cromwell als eine „grausame Nothwendigkeit“. Gardiner selbst scheint ähnlich zu urtheilen. Er kennzeichnet den Unterschied zwischen Karl I. und Karl II. Jener kämpft für sein Recht, dieser für den Besitz der Herrschaft. Karl I. musste beseitigt werden, damit Raum wurde für die Aufrichtung [140] des constitutionellen Systems. Aber freilich nicht durch das Schwert, das nur zerstören, nicht aufbauen kann, konnte dies geschehen, sondern erst durch die lange und mühevolle Arbeit der Späteren. Ueber Cromwell theilt Gardiner wiederholt Meinungen und Urtheile der Zeitgenossen mit; er leugnet, dass er ein Heuchler gewesen, zeigt aber auch, wie naheliegend dieser Vorwurf war. In Gardiner’s Augen ist Cromwell weder ein von Gott inspirirter Held noch ein Ungeheuer, sondern ein tapferer, ehrlicher Mann, der das Beste seiner Mitbürger will. – Von den benutzten handschriftlichen Quellen sind am wichtigsten die Clarke Papers; für die Darstellung der socialen Verhältnisse zur Zeit des Bürgerkrieges sind die Papiere der Familie Verney und die Geschichte dieser zu Grunde gelegt, deren Haupt Sir Ralph Verney bei Edgehill mit der Fahne des Königs in der Hand gefallen war[48]. Die häufigen Einschaltungen von Quellenstellen thun doch der künstlerischen Wirkung des Buches keinen Eintrag.

Aus den „Tanner Manuscripts“ in der Bodleiana hat C. H. Firth einige Stücke veröffentlicht[49], welche sich auf die letzte Parlamentsauflösung Cromwell’s am 4. Februar 1658 beziehen. Ranke hatte dieselben übrigens schon benützt und mit einiger Freiheit auch eine Stelle daraus citirt (Werke XVII, 189 u. 190).

R. W. Ramsey gibt in der EHR eine nothwendigerweise kurze Lebensbeschreibung der Elisabeth Claypole[50], der Lieblingstochter Cromwell’s, deren frühzeitiger Tod auch des Protectors Ende beschleunigt hat. Die Nachrichten über sie sind dürftig – nur ein einziger ihrer Briefe ist erhalten – immerhin lassen sie eine Vorstellung gewinnen von der liebenswürdigen und von allen geliebten Persönlichkeit, welche die Zierde des Cromwell umgebenden Kreises gewesen ist. Wir erfahren auch, dass der Einfluss ihrer milden Fürsprache auf die Entschliessungen ihres Vaters nicht ohne Bedeutung war.

Das Leben des tapferen und unglücklichen Marquis von Montrose hat neuerdings durch M. Morris eine vortreffliche Bearbeitung gefunden, welche in der Sammlung der „English men of action“ erschienen ist[51]. Sie ist mit Rücksicht auf den grösseren Leserkreis derselben populär gehalten, beruht aber gleichwohl auf gründlicher Kenntniss der Quellen und der einschlägigen Literatur. Dass Montrose [141] eine Tochter der Königin von Böhmen heimzuführen wünschte, wie die Kurfürstin Sophie in ihren Memoiren erzählt, will Morris nicht glauben (p. 197), ebenso wie schon Köcher dies als unglaubwürdig bezeichnete. Referent würde die Nachricht nicht so ohne weiteres verwerfen. Im ganzen leistet diese Biographie, auch nach dem grösseren Werk von Napier, das natürlich fleissig benutzt ist, noch Tüchtiges; auch ist sie höchst anziehend geschrieben. In der Auffassung seines Helden ist der Verfasser durchaus selbständig.

Einen Einblick in die Lage der Englischen Gesellschaft zur Zeit des Bürgerkrieges gewähren die Mittheilungen, welche Lady Verney aus den Papieren von Claydon House gemacht hat[52]. Die Verney’s waren eine vornehme Englische Familie, deren Schicksale mit den politischen Ereignissen der Zeit eng verknüpft waren. Die Veröffentlichung wird durch eine Vorrede Gardiner’s eingeleitet, welcher die Verney Papers auch für seine Geschichte des Bürgerkrieges verwertet hat[53].

F. A. Inderwick behandelt die socialen Verhältnisse, im besonderen den Rechtszustand, in England zur Zeit der Commonwealth[54].

Beachtenswerth ist ein Artikel von John G. Dow in der EHR, welcher die bedeutendsten politischen Schriftsteller der Englischen Revolution zum Gegenstande hat[55]: Hobbes als Vertreter der unantastbaren Rechte des Monarchen, dessen Befehle vom Volke Gehorsam heischen, selbst wenn diese Befehle lauten, dass das Volk Gott fluchen oder sterben solle; Algernon Sidney, den Märtyrer der Freiheit, der des Volkes Recht auf Empörung verkündet[56]; neben ihm Harrington, der manche Gedanken ausspricht, die erst im 19. Jahrhundert feste Gestalt gewannen; endlich Milton, den Idealisten und Republikaner, der gleichwohl in Cromwell den Hort der neugewonnenen Freiheit erblickt. Der abfälligen Beurtheilung Cromwell’s durch Dow würde Referent sich nicht anschliessen.

Zur Geschichte Karl’s II. ist die Veröffentlichung des 1. Bandes der Essex Papers zu erwähnen[57]. Dieselben umfassen die Zeit, wo Graf Essex Vicekönig von Irland war, der 1. Band die Jahre 1672 [142] bis 1675. Diese Correspondenz, aus welcher der Herausgeber eine Auswahl mittheilt, bildet heute einen Theil der reichhaltigen Stowe Collection in der Manuscripten-Abtheilung des Britischen Museums. Die Briefe sind in erster Linie von Bedeutung für die Angelegenheiten Irlands, bieten aber auch viel Interessantes zur allgemeinen Englischen Geschichte, im besonderen zur Charakteristik des Hofes Karl’s II.

J. R. Tanner gibt in seinem Artikel „Pepys and the Popish Plot[58] Mittheilungen aus den Manuscripten der Pepys-Bibliothek im Magdalene-College, Cambridge. Dieselben beziehen sich auf die Geschichte der papistischen Verschwörung im Jahre 1678.


1688–1815. Den Bericht eines Augenzeugen über die Seeschlacht bei La Hogue im Jahre 1692 veröffentlicht W. C. Boulter in der EHR[59].

In Holländischer Sprache ist eine Biographie der Königin Maria II. von England, der Gemahlin Wilhelm’s III., erschienen[60]. Ausser einer kurzen Lebensbeschreibung, die gleich nach ihrem Tode 1695 in England veröffentlicht wurde und heute zu den Seltenheiten gehört, und abgesehen von der tendenziösen Skizze in Strickland’s „Lives of the Queens of England“ war bisher eine Biographie dieser Fürstin kaum vorhanden. Auch nach den Arbeiten Fruin’s hat der Verfasser eine besondere Behandlung des Lebens der Königin Maria nicht für überflüssig gehalten. Sein Buch ist voller Begeisterung für seine Heldin geschrieben; das persönliche Moment steht dabei fast durchaus im Vordergrunde. In umfangreichem Masse sind die gedruckten Quellen (namentlich die in den letzten Jahren erschienenen) benutzt; aber auch nur solche. Lake’s Diary ist nach den Citaten bei Strickland u. a. verwerthet. Von Maria selbst ist freilich auch nur wenig Handschriftliches erhalten.

In seinem Aufsatze „Die Dynastie Hannover auf dem Britischen Königsthron“[61] hat Referent einige Resultate der archivalischen Studien angedeutet, welche er zum Zwecke einer ausführlichen Behandlung der Englischen Geschichte im 18. Jahrhundert unternommen hat.

W. C. Sydney gibt in seinem Buche über England und die Engländer im 18. Jahrhundert[62] Darstellungen aus der socialen [143] Geschichte Englands, besonders zur Zeit Georg’s III. Auch handschriftliche Quellen sind benutzt, darunter namentlich die Place Mss. im Britischen Museum, auf welche übrigens schon Lecky hingewiesen hatte[63], und die Aufzeichnungen einiger in England reisender Fremden.

Die Geschichte der Englischen Politik beim Ausgange des Spanischen Erbfolgekrieges hat eine gründliche Behandlung gefunden in dem Buche von O. Weber über den Frieden von Utrecht[64]. Der Verfasser hat sich bereits bekannt gemacht durch seine Habilitationsschrift „Die Quadrupelallianz vom Jahre 1718“, in der er die diplomatischen Verhandlungen zwischen den grösseren Staaten Europas in den Jahren 1716–1721 zur Darstellung gebracht hat. In ähnlicher Weise hat er dieses Mal die Verhandlungen der Grossmächte 1710–1713 beschrieben. Da das 1713 (und 1714) nicht ganz vollendete Friedenswerk durch jene späteren Abmachungen seinen Abschluss fand, so schliessen sich die beiden Untersuchungen gewissermassen an einander an. Es ist aber kein Zweifel, dass der Verfasser in dem letzterschienenen „Frieden von Utrecht“ mit weit grösserer Sicherheit und Virtuosität aus den Materialien der Archive den Gang der Verhandlungen zusammengestellt hat als in der „Quadrupelallianz“, die an thatsächlichen Irrthümern eine nicht geringe Zahl aufweist. Für die Darstellung des Utrechter Friedens hat er die einschlägigen Acten der Archive zu Wien, London, Paris und im Haag benutzt und aus ihnen eine gründliche und anschauliche Darlegung der diplomatischen Verhandlungen entwickelt. Mit ebenso viel Fug wie sein Buch über die Quadrupelallianz hätte er auch das vom Utrechter Frieden einen Beitrag zur Geschichte der Diplomatie im 18. Jahrhundert nennen dürfen, denn eben hier offenbart sich recht die ganze Verlogenheit und Hinterhältigkeit dieser Diplomatie. Von dem Verhalten Englands gilt dies namentlich in Bezug auf die heimliche Anknüpfung mit Frankreich. In den ersten Kapiteln, die zu den besten des ganzen Buches gehören, zeigt uns der Verfasser, wie die ersten Anregungen zum Friedensschlusse von England ausgingen und wie doch die Englischen Staatsmänner ängstlich den Schein zu vermeiden wünschten, als ob sie es seien, die unter Verletzung der Bündnissverträge den Frieden suchten. Frankreich muss Vorschläge machen, sie selbst geben an, worin dieselben zu bestehen haben, um sie alsdann den Generalstaaten als französische Eröffnungen mittheilen zu können. Was die [144] allgemeine Beurtheilung des Utrechter Friedens betrifft, so hat der Verfasser es versucht, dem Standpunkt der Tory-Minister, die ihn schlossen, gerecht zu werden, aber im ganzen überwiegt bei ihm doch die ungünstige, die Whiggistische Auffassung.

L. Wiesener’s neueste Publication bringt wichtige Aufschlüsse über die Beziehungen zwischen England und Frankreich in der Zeit der Regentschaft des Herzogs von Orléans[65]. Die Darstellung beruht, wie schon auf dem Titelblatt gesagt ist, wesentlich auf Englischen handschriftlichen Quellen; in erster Linie sind natürlich die Acten des Record Office benutzt. Diese sind freilich vielfach lückenhaft; im besonderen sind die Berichte des Englischen Gesandten in Paris, Lord Stair, ganz unvollständig erhalten. Einen Ersatz dafür boten dem Verfasser die Papiere, welche sich auf Schloss Oxenfoord bei Edinburg im Besitze des heute lebenden Grafen Stair befinden[66]. Auch einzelne Stücke der Handschriften des Britischen Museums sind verwerthet; doch sind dem Verfasser dabei die in der Stowe Collection befindlichen Briefe Stair’s an Robethon, den Privatsekretär Georg’s I., entgangen, welche ihm für einzelne Partien noch Ergänzungen, vielleicht auch hier und da Berichtigungen geliefert haben würden. Es berührt uns seltsam, wenn der Verfasser für sein Französisches Publicum den erwähnten handschriftlichen Quellen gedrucktes Material[67], wie es sich in den Hardwicke Papers oder in Coxe’s Leben Walpoles findet, als gleich unbekannt an die Seite stellt. Der Verfasser nennt sein Buch den ersten Theil eines grösseren Werkes. Der vorliegende Band führt bis zum Abschlusse der Tripelallianz am 4. Januar 1717 zwischen England, Frankreich und Holland. Er behandelt zuerst die Beziehungen Georg’s I. zum Herzog von Orléans in den letzten Zeiten Ludwig’s XIV., erzählt u. a. (p. 35), wie König Georg dem Herzog seine Hülfe anbieten liess, um ihm nach dem Tode Ludwig’s die Regentschaft zu verschaffen, und wie im entscheidenden Augenblick England in der That seine Hand im Spiele gehabt zu haben scheint. Des Regenten Haltung gegenüber dem Hause Hannover ist gleichwohl im Anfang wenig entgegenkommend; zu Zeiten begünstigt er im Geheimen die Sache des Prätendenten. Er wird erst zuverlässiger, als Georg die [145] Rebellion niedergeschlagen hat und die Herrschaft der Whigs durch die Septennial Act vom Jahre 1716 stark befestigt erscheint. Mit der beginnenden Annäherung tritt auf Französischer Seite Dubois in den Vordergrund. Ihn nimmt der Verfasser gegen die seit Saint-Simon hergebrachten Verlästerungen in Schutz. Er erklärt auch, dass das Englische Bündniss nicht Dubois’ Gedanke war, sondern von Englischer Seite angeregt wurde, ja dass Dubois auch auf Französischer Seite erst später hervortritt. Die Verhandlungen, die dann im Haag, in Hannover, in London und Paris geführt wurden, werden in voller Ausführlichkeit erzählt; dabei wird viel Quellenstoff in den Text eingeschaltet oder anhangsweise mitgetheilt. Die Bedeutung der Tripelallianz erblickt der Verfasser endlich darin, dass durch sie Frankreich zuerst seine durch die Schläge des Spanischen Erbfolgekrieges verlorene Freiheit der Bewegung zurückerlangt habe. Referent theilt diese Ansicht nicht. Die Französische Politik gerieth 1717 in starke Abhängigkeit von England. Der Regent musste sich an Georg I. anschliessen, um an ihm eine Stütze zu haben gegen die Ansprüche Philipp’s V. von Spanien. Gleich im folgenden Jahre tritt dieses Verhältniss klar heraus: die Quadrupelallianz von 1718 war ein Werk der Englischen, nicht der Französischen Politik.

Eine Geschichte der Flibustier[68] wäre zu nennen wegen der Beziehungen zur Geschichte der Britischen Besitzungen in Mittelamerika.

In der populären Sammlung der „English men of action“ hat D. Hannay das Leben des Admirals Rodney beschrieben[69], der im Amerikanischen Unabhängigkeitskriege die Englische Flotte siegreich befehligt hat. Der Verfasser stellt Rodney freilich hinter Blake und Nelson, erklärt aber den Seesieg bei Dominica für wichtiger als den bei Trafalgar. Freilich verschweigt er auch nicht, dass der Anstoss zu dem entscheidenden Entschlusse während der Schlacht nicht von Rodney, sondern von Sir Charles Douglas ausging. Auch auf die Bedeutung dieser Schlacht für die Entwickelung der Kriegskunst zur See weist er hin. – Auf ein Werk über die Regierung Georg’s III.[70] kann dieses Mal nur verwiesen werden. Auch eine Biographie John Wesley’s[71] blieb dem Referenten unzugänglich.

Die glänzende Biographie Pitt’s, welche Lord Roseberry [146] für die Serie der „Twelve English Statesmen“ geliefert hat[72], zeigt recht deutlich, dass es immer sein Gutes hat, wenn das Leben eines Staatsmannes von einem Manne geschrieben wird, der selber in der praktischen Politik an hoher Stelle sich bethätigt hat. Roseberry wird seinem Helden so vollkommen gerecht, weil er sich in seine Lage zu versetzen weiss und die Schwierigkeiten, welche Pitt zu überwinden hatte, richtiger würdigt als ein anderer Biograph. Er verwirft die sonst geläufige Anschauung, dass Pitt’s Verwaltung bis 1793 rühmenswerth, die spätere voller Missgriffe gewesen sei. Nur die Umstände seien verändert gewesen. Pitt bewährte sich vorzüglich in Friedenszeiten, wie sein Vater Chatham als kriegführender Minister am grössten war. Roseberry schildert, wie Pitt sich gegen den Krieg mit Frankreich sträubte – dazu treffliche Bemerkungen, wie jeder Krieg, den ein Englischer Minister führt, für seine Stellung nur nachtheilig sein kann. So lange wie möglich suchte er Englands Stellung zur Revolution unter dem Gesichtspunkte zu betrachten, dass Frankreich seine inneren Angelegenheiten nach eigenem Belieben gestalten möge: endlich wird ihm der Krieg aufgedrängt; er muss seine Reformen aufgeben. Das Bild Pitt’s tritt scharf heraus, aber auch Fox, Addington und andere Persönlichkeiten sind prächtig gezeichnet. Die Darstellung wird ausserordentlich belebt und anziehend durch die oft eingeschalteten Betrachtungen des Verfassers über öffentliche Zustände von damals und heute; aus den feinen Bemerkungen über parlamentarische Beredsamkeit und wie anders Pitt’s Aufgabe gestellt wäre, wenn er in unserer Zeit lebte, spricht ebenso sehr der Politiker, wie der Historiker. Alles dieses wirkt doppelt anziehend bei einem Buche, dessen Autor bei dem Englischen Publicum ebenso viel Interesse erregt wie sein Gegenstand. Kein Wunder, dass vom November 1891 bis zum Februar 1892 drei Auflagen erscheinen mussten.

Zwei Bücher W. C. Russell’s beschäftigen sich mit Nelson[73] und Admiral Collingwood[74].

A. H. Craufurd hat das Leben seines Grossvaters, General Craufurd, geschrieben[75], welcher als Führer der „Leichten Division“ in den Kämpfen Wellington’s in Spanien berühmt geworden ist. Die Darstellung beruht im wesentlichen auf der officiellen und privaten [147] Correspondenz des Generals, welche im Besitze des Verfassers befindlich und grossentheils ungedruckt ist. Vieles wird im Wortlaut mitgetheilt. Mit dem Denken und Fühlen der gemeinen Soldaten ist der Verfasser wohl vertraut. Besonderes Interesse hat er für die Anekdoten und kleinen Züge aus der Geschichte des Helden und seiner Division; dieselben sind sorgfältig gesammelt. Das Buch hat für die Geschichte des „Halbinsel-Krieges“, wie die Engländer sagen, seinen Werth.

Zur Geschichte des Feldzuges von Belle-Alliance ist neues Material bekannt geworden durch die „Waterloo Letters[76]. Bevor William Siborne seine bekannte „History of the War in France and Belgium in 1815“ schrieb, richtete er zum Zwecke dieser, sowie eines von ihm angefertigten und noch erhaltenen Modells des Schlachtfeldes von Belle-Alliance, an alle noch lebenden Officiere, welche an dem Feldzuge theilgenommen hatten, die Aufforderung, ihm im einzelnen mitzutheilen, welche Rolle die Heeresabtheilungen, bei denen sie sich befanden, in den entscheidenden Kämpfen spielten. Unter den Hunderten von Briefen, welche ihm infolge davon zugingen, hat nun sein Sohn H. T. Siborne eine Auswahl getroffen und veröffentlicht. Es ist dadurch also möglich gemacht, die in dem oben genannten Werke gegebene Darstellung in vielen Fällen auf Grund des ihr zu Grunde liegenden Materials zu prüfen. Aber auch abgesehen davon hat das Buch seinen Werth, da es unzweifelhaft viel Neues bringt. Freilich gehört immerhin eine recht genaue Kenntniss der Thatsachen dazu, um sich unter dieser Menge von militärischen Details zurechtzufinden. Der Herausgeber hat das Seinige gethan, um dem Leser die Mühe zu erleichtern. Die Briefe sind in der Anordnung nach den einzelnen Truppentheilen zusammengestellt und jeder Gruppe sind einige kurze Erläuterungen über die Bewegungen derselben vorangeschickt. Noten am Rande dienen zum leichteren Verständniss des Textes. Und endlich sind eine Anzahl von Karten und Plänen hinzugefügt, um die allgemeine Situation und die Stellungen der einzelnen Truppenkörper in den entscheidenden Momenten zu veranschaulichen.


Irland. Eine Zusammenfassung der Kirchengeschichte Irlands in den letzten zwei Jahrhunderten (1690–1890) bietet der 3. Band des vom katholischen Standpunkte aus geschriebenen Buches von Bellesheim[77]. Die gedruckte Literatur ist in umfangreichem [148] Masse verwerthet, dazu auch Handschriftliches in London und Rom. Auf die harte Behandlung der Irischen Katholiken im 18. Jahrhundert folgt die Union mit England, von den Katholiken gefördert, welche im Parlamente des Vereinigten Königreichs die Emancipation durchzusetzen hoffen. Das Aufhören des Irischen Parlaments, erklärt der Verfasser, sei seiner Corruption wegen nicht bedauerlich gewesen. O’Connell, der die Emancipation durchsetzt, wird als Befreier des Irischen Volkes gefeiert. Das Weitere führt auf die Streitfragen und Kämpfe, welche noch die Gegenwart und nächste Zukunft erfüllen. Die Irische Bodenfrage, sagt Bellesheim, kann „nur in Verbindung mit der Religion ihre befriedigende Lösung empfangen“.

W. O’Connor Morris behandelt in EHR[78] die Geschichte Irlands in den letzten Zeiten vor der Union mit England. In dieser Periode stellte sich die Verdorbenheit der Irischen Institutionen heraus; der Aufstand von 1798 liess in England die Union als Nothwendigkeit erscheinen. Pitt setzte sie durch, aber die von der Irischen Nation erhofften Reformen vermochte er nicht mehr auszuführen. Seine Haltung in dieser Frage war wenig glücklich. – Dasselbe Thema haben mehrere Artikel von A. Zimmermann zum Gegenstande[79]. Hier findet man ein hartes Verdammungsurtheil über die Union.


1815–1890. Es überwiegen für die neueste Zeit noch mehr als in den übrigen Perioden biographische Arbeiten, einschliesslich der Publicationen von Briefen, Memoiren etc. Die Prinzessin Karoline von Wales hat einen Italienischen Biographen gefunden, dessen Buch wir nur citiren können[80].

Im Verlage von Sampson, Low, Marston u. Co. erscheint eine Sammlung von Biographien der bedeutendsten Englischen Minister seit der Thronbesteigung der Königin Victoria. Es liegen vor die Biographien von Aberdeen[81], Palmerston[82], Peel[83], Gladstone[84], Salisbury[85].

[149] In der 12. English-Statesmen-Serie ist das Leben Peel’s erschienen[86], eine ausgezeichnete Biographie. Für die Würdigung seines Helden steht dem Verfasser der Satz obenan, dass Peel niemals Parteimann gewesen sei. „Dem Namen nach ein Tory, war er in Wahrheit ein Staatsmann“. Seine Parteineigungen ordnet er stets dem Staatswohl unter. Er überwindet sich selbst indem er die Katholiken-Emancipation durchführt.

Die Veröffentlichung der Privatcorrespondenz Robert Peel’s[87] liefert einen wichtigen Beitrag zum Verständniss der umfassenden Wirksamkeit dieses Ministers. Gerade die privaten Briefe pflegen den besten Einblick in die Motive der Staatsmänner zu gewähren. Der vorliegende 1. Band, dem zwei weitere folgen sollen, führt bis zum Jahre 1827. Die hier mitgetheilten Briefe handeln vorwiegend von den Angelegenheiten Irlands; die wenigsten waren schon vordem bekannt.

Unter dem Titel „Disraeli and bis day“ hat Sir William Fraser eine Sammlung von Geschichtchen aus dem Leben Beaconsfield’s veröffentlicht[88]. Neben einander finden sich Bonmots von zwei Zeilen und lange Beschreibungen von Unterhausdebatten. Das Buch bietet eine recht amüsante Lectüre und bringt über die Parlamentsverhandlungen wohl auch manche Einzelheiten, die man im „Hansard“ vergeblich suchen würde.

Anzureihen sind hier noch H. Lake’s persönliche Erinnerungen an Beaconsfield[89] und eine Sammlung Gladstone’scher Reden[90].

In der neueren Englischen Kirchengeschichte spielt die sogenannte Oxforder Bewegung eine bekannte Rolle. Sie stellte sich auf den Boden der Anglikanischen Kirche. Newman ist die bedeutendste darin hervortretende Persönlichkeit. Er und einige andere traten schliesslich zum Katholizismus über. Eine Beschreibung jener religiösen Bestrebungen bietet das Buch des verstorbenen Dechanten Church[91]. [150] Es soll nicht eigentlich eine Geschichte derselben geben, sondern den Bericht eines Zeitgenossen, der den Handelnden nahe gestanden hat und ihnen besser gerecht werden möchte als die übrigen Schriften über den Gegenstand, welche sich der Bewegung gegenüber meistens schlechtweg absprechend verhalten. – Gleichzeitig ist auch eine Publication aus Newman’s Correspondenz erfolgt[92].

Von hohem Interesse für das Englische Leben seit fast einem halben Jahrhundert ist eine in 2 Bänden veröffentlichte Sammlung von Briefen, welche früher in der Times erschienen waren[93]. Schreiber derselben war Lord Sidney Godolphin Osborne, ein directer Nachkomme des berühmten Grossschatzmeisters Godolphin unter Königin Anna. Eine vortreffliche Einleitung des Herausgebers erleichtert die Uebersicht über den mannigfaltigen Inhalt. Osborne’s Correspondenzen in der Times waren nicht ohne Einfluss auf den Gang der öffentlichen Angelegenheiten Englands. Sie enthielten die Ansichten eines geistvollen Mannes, der bei scharfem politischem Urtheil ein warmes Herz für die Bedürfnisse des Volkes hatte, dem jeder Eigennutz fremd war und der sich niemals scheute, für seine Ueberzeugungen einzutreten. An Widerspruch hat es nicht gefehlt, aber Osborne war ein streitbarer Mann, Meister in der politischen Controverse. Alle wichtigen Fragen der neuesten Englischen Geschichte werden in diesen Briefen beleuchtet; die Aufhebung der Kornzölle und die Stellung der Kirche, die Irische Frage und der Krimkrieg, Frauen- und Kinderarbeit, sociale Probleme u. a. m. Osborne hielt zu keiner bestimmten Partei, sondern ging seinen eigenen Weg. Hinsichtlich Irlands war er strammer „Unionist“, Gegner von Home Rule. In seinen wirthschaftlichen Anschauungen war er entschiedener Freihändler. Die Veröffentlichung dieser Briefe zeigt recht deutlich die ungeheure Bedeutung der Tagespresse im öffentlichen Leben des Englischen Volkes.


Indien. Auf die von der Clarendon Press in Oxford veröffentlichte Serie der „Rulers of India“ ist in einem früheren Berichte bereits hingewiesen worden[94]. Die Sammlung ist für einen grösseren Leserkreis berechnet; gleichwohl sind die einzelnen Biographien durchaus als wissenschaftliche Leistungen zu bezeichnen. Die Verfasser [151] sind tüchtige Kenner Indiens und haben fast regelmässig ausser bekanntem Material noch unbenutzte handschriftliche Quellen, officiellen oder privaten Charakters, ihren Biographien zu Grunde gelegt. Dem Referenten liegen dieses Mal fünf Bände der Sammlung zur Besprechung vor.

Zunächst eine Biographie des Lord Cornwallis[95]. Dieser hat fast ein halbes Jahrhundert hindurch in der Geschichte Englands eine hervorragende Rolle gespielt. Als junger Officier hat er einige Schlachten des siebenjährigen Krieges mitgemacht, später im Amerikanischen Kriege mehrere Erfolge davongetragen, musste aber 1781 mit einem Heere von 8000 Mann bei Yorktown die Waffen strecken. 1786–1793 war er Generalgouverneur von Indien, 1798–1801 Höchstcommandirender in Irland, 1801 wurde er zur Friedensunterhandlung nach Frankreich geschickt und am 25. März 1802 unterzeichnete er den Frieden von Amiens, 1805 ging er noch einmal als Generalgouverneur nach Indien, wo er im selben Jahre starb. Als „Ruler of India“ hat er sich einen Namen gemacht durch die Besiegung des feindlichen Sultans von Mysore, Tippoo Sahib, des Sohnes von Hyder Ali, und durch heilsame Reformen. Er hat Ordnung in die Verwaltung gebracht, namentlich die Besteuerung und die ländlichen Eigenthumsverhältnisse neu geregelt; die Ostindische Compagnie hat er für eine wirkliche Regierung des Landes fähig gemacht, indem er ihre Beamten in Administratoren verwandelte, während sie vordem bloss Kaufleute gewesen waren. Der Verfasser war ehemals Secretär im Departement des Auswärtigen der Indischen Regierung, ist also mit den Verhältnissen des Landes wohl vertraut. Die Correspondenz von Cornwallis war vorlängst erschienen; auch sonst hat dem Verfasser gedrucktes Material in reichem Masse und auch ungedrucktes zur Verfügung gestanden. So scheint die schlichte Darstellung auf solidem Grunde zu beruhen.

Das Leben des Viscount Hardinge[96], über das wir weiter zu berichten haben, ist von seinem Sohne verfasst, eine mit Liebe geschriebene Biographie. Der Sohn ist auch Privatsecretär des Vaters in Indien gewesen, hat die Ereignisse, welche er erzählt, grossentheils miterlebt; oft kann er über wichtige Vorgänge als Augenzeuge berichten. Im übrigen beruht seine Darstellung, die sich oft zu farbenreicher Schilderung erhebt, wesentlich auf handschriftlichem Material, [152] u. a. auf der Privatcorrespondenz Hardinge’s. Viele Briefe desselben sind ganz oder theilweise der Erzählung eingefügt und bilden mit ihrer schwungvollen Sprache eine Zierde des Buches. Lord Hardinge hatte sich zuerst in den Napoleonischen Kriegen hervorgethan. An Blücher’s Seite verlor er bei Ligny die linke Hand; Wellington beschenkte ihn mit dem Degen des Imperators. Nach zwanzigjähriger Wirksamkeit im Parlament wurde er 1844 als Nachfolger Ellenborough’s zum Generalgouverneur von Indien ernannt. Die Umstände zwangen ihn zu kriegerischen Thaten. In mehreren Schlachten besiegte er die feindlichen Sikhs im Pendschab und durch den Vertrag von Lahore unterwarf er neues Gebiet der Britischen Hoheit. Doch auch durch Werke des Friedens ist seine Herrschaft ausgezeichnet; auf seine Anregung wurde die Riesenarbeit des Gangescanals in Angriff genommen.

In diese Serie hat auch ein Band Aufnahme gefunden, der die Thätigkeit der beiden militärischen Führer behandelt, welche an der Spitze der Englischen Armeen den furchtbaren Aufstand der Sepoys im Jahre 1857 bewältigten, Colin Campbell und Hugh Rose[97]. Als Lord Clyde und Baron Strathnairn wurden sie später in den Adelsstand erhoben und zu Feldmarschällen ernannt. Campbell führte den Oberbefehl im Norden, Rose auf dem südlichen Kriegsschauplatz. Der letztere hatte seine erste militärische Ausbildung in Berlin erhalten, wo er als Sohn des Englischen Gesandten Sir George Rose im Jahre 1801 geboren war. Der Verfasser hat als Secretär Rose’s an dem Kriege selbst theilgenommen; vielfach schreibt auch er als Augenzeuge. Daneben sind auch andere Hilfsmittel zu Rathe gezogen, namentlich Rose’s Correspondenz. Die Ursachen des Aufstandes sind kurz angedeutet, der Verlauf des Kampfes, namentlich im Süden, ist ausführlich und anschaulich geschildert, ein besonderes Capitel behandelt die Begründung der neuen Ordnung in Indien.

In die Zeit des grossen Militäraufstandes führt uns auch die Biographie des Lord Canning[98]. Derselbe wurde im Jahre 1856 als Nachfolger Dalhousie’s[99] Generalgouverneur von Indien. Während des Aufstandes, dessen Bekämpfung er wesentlich den militärischen Behörden überlassen wollte, hat er in Indien und England um seiner Ruhe und Zurückhaltung willen viel Anfeindung erfahren. Trotzdem blieb er im Amt und wurde der erste Vicekönig von Indien, [153] nachdem die Ruhe hergestellt war und die Englisch-Ostindische Compagnie die Regierung der Krone allein hatte überlassen müssen. Mit der Beseitigung des schwerfälligen Doppelregiments begann für Indien eine neue Zeit. Unter Canning’s Verwaltung und theilweise durch ihn wurden heilsame Reformen durchgeführt, die Neugestaltung des Regierungsapparats, die Ordnung der zerrütteten Finanzen, die Reorganisation der Armee. Der Verfasser hat seiner Darstellung wesentlich bisher unbenutzte handschriftliche Quellen privaten Charakters zu Grunde gelegt. Die Erzählung ist ansprechend und fesselnd, der Styl elegant. In der Vertheidigung seines Helden ist der Verfasser vielleicht etwas zu weit gegangen.

Endlich hat der Herausgeber der Sammlung, W. W. Hunter, für dieselbe ein Leben des Lord Mayo geschrieben[100]. Mayo, der als das Muster eines Indischen Vicekönigs geschildert wird, bekleidete diesen Rang von 1869–1872. Im letztgenannten Jahre wurde er auf einer der Andamaneninseln von einem dorthin deportirten Verbrecher ermordet; die schreckliche Scene ist ergreifend geschildert. Als Vicekönig hat er im Innern eine neue Finanzverwaltung eingeführt und den Ausbau des Eisenbahnnetzes angeordnet. Nach aussen ist seine Politik massgebend geworden, welche darauf gerichtet war, einen Damm unabhängiger, aber befreundeter Staaten zwischen den Englischen und Russischen Besitzungen in Asien aufzurichten. Der Verfasser hatte schon 1876 eine grössere zweibändige Biographie des Lord Mayo veröffentlicht. Aber die gegenwärtige Darstellung ist nicht nur eine kürzere Fassung jener, sondern beruht daneben auf dem Studium der Acten des India Office und der Familienpapiere Mayo’s, sowie auf persönlichen Mittheilungen der Wittwe des Vicekönigs. Auch hat der Verfasser den Ereignissen selbst persönlich nahe gestanden.

Freiburg i. B.

W. Michael.     



Anmerkungen

  1. G. Wendt, England; seine Gesch., Verf. u. staatl. Einrichtungen. Lpz., Reisland. 1892.
  2. A Student’s History of England from the earliest times to 1885; by S. R. Gardiner. 3 vols. Longmans Green. 1890–91. à 4 sh.
  3. A School Atlas of Engl. History, ed. by S. R. Gardiner; a companion atlas to the „The Student’s Hist. of E.“ Longmans Green. 1891.
  4. The industrial and commercial history of England (Lectures delivered to the University of Oxford). By the late James E. Thorold Rogers. Ed. by his son Arthur G. L. Rogers. Fisher Unwin 1892.
  5. George Saintsbury, A History of Elizab. Lit. (1890. 2. Aufl.) 7 sh. 6 d.
  6. Edm. Gosse, A History of 18th Cent. Lit. 1889. 7 sh. 6 d.
  7. J. R. Seeley, The growth of British Policy. Cambridge 1891.
  8. Clifford Walton, History of the British standing army. London 1891.
  9. Bd. I. K. Heinrich VII. 1485–1509. Stuttg., Cotta. 1892.
  10. Richard III.; a doubtful verdict reviewed. EHR 6, 250 ff.
  11. Did Henry VII. murder the princes? EHR 6, 444 ff.
  12. Vgl. Pauli Engl. Gesch. V S. 409 Note 2.
  13. Richard III. and Henry VII. Reply from Mr. Markham, Rejoinder from Mr. Gairdner. EHR 6, 806 ff.
  14. W. H. H. Rogers, The strife of the Roses and days of the Tudors in the West. Exeter 1891. Vgl. DZG Bd. 8 pag. E179.
  15. Vgl. Nachrr. ’91, 57a (Bd. 5 p. 229).
  16. Acts of the Privy Council of England. N. S. Vol. II: 1547–1550, ed. by J. R. Dasent. Stat. Office 1890. Inzwischen ist schon ein 3. Band erschienen, auf den wir noch zurückkommen werden.
  17. The divorce of Catherine of Aragon; the story as told by the Imp. Ambassadors resid. at the Court of Henry VIII.; In usum laicorum; by J. A. Froude; being a suppl. vol. to the author’s „Hist. of England“. Longmans Green. 1891.
  18. H. E. Jacobs, The Lutheran movement in England during the reigns of Henry VIII. and Edward VI. and its literary monuments. Philadelphia 1891.
  19. J. H. Pollen, Acts of the English martyrs hitherto unpublished; with a preface by J. Morris. London 1891. Rec.: EHR 7, 165–8.
  20. T. E. Bridgett, Blessed Thomas More. Life and writings of Sir Th. M. London 1891.
  21. The date and authorship of the „Examination of Complaints“ attributed to Will. Stafford. EHR 6, 284–305.
  22. „A discourse of the Commonwealth of thys Realm of England“ etc. ed. by Eliz. Lamond. Cambridge. 1891.
  23. Vgl. Bibliogr. ’91, 586.
  24. Queen Elizabeth, by Edw. Spencer Beesly. Macmillan. 1892. 2 sh. 6 d.
  25. The excommunication of Queen Elizabeth. EHR 7, 81 ff.
  26. Ernst Bekker, Elisabeth u. Leicester. Beitr. z. G. Englands in den Jahren 1560–62. (Giess. Studien V) Giessen, Ricker. 1890.
  27. The royal and merchant navy under Elizabeth. EHR 6, 465–85.
  28. Sir Francis Drake; by Julian Corbett. Macmillan 1890. 2 sh. 6 d.
  29. W. Stebbing, Sir Walter Raleigh. Oxford, Clarendon Press. 1891.
  30. Card. Beaton, priest and politician; by John Herkless. Edinb. and London, Blackwood. 1891. 7 sh. 6 d.
  31. Histoire du règne de Marie Stuart; par Martin Philippson. Paris, Bouillon. 1891–92. 3 Bde.
  32. La première jeunesse de Marie Stuart par le baron Alph. de Ruble. Paris, Huard et Guillemin. 1891.
  33. T. F. Henderson, The casket letters and Mary Queen of Scots. 2 ed. Edinb., Black. 1890.
  34. RH 46, 61–7.
  35. H. Forst, Beiträge zur Gesch. der Maria Stuart. (HZ 66, 241–70.)
  36. Gust. Storm, Maria Stuart. Otte Forelaesninger. Christiania 1891.
  37. Ueber den 1. Band vgl. die Anzeige in dieser Zeitschrift Bd. V p. 231.
  38. Geschichte von England, v. Moritz Brosch. VII. Band. Gotha, Perthes. 1892.
  39. HZ 63, p. 56–78.
  40. The Stuart Dynasty: Short studies of its rise, course and early exile; by Percy M. Thornton. Ridgway 1891.
  41. Some account of the Stuarts of Aubigny in France (1422–1672); by Lady Eliz. Cust (Privately printed at the Chiswick Press). Vgl. DZG 8, p. E169.
  42. A. Brown, The genesis of the United States (1605–1616). London 1891.
  43. A Seventeenth-Century Account Book. EHR 7, 88–102.
  44. Calendar of the proceedings of the Committee for Compounding etc. 1643–1660, Cases, 1647–June 1650; by Mary Anne Everett Green. Stat. Office 1891.
  45. The Clarke Papers; selections from the Papers of Will. Clarke, Secretary to the Council of the Army 1647–49, and to General Monck and the Commanders of the Army in Scotland, 1651–1660; ed. by C. H. Firth. Vol. I. Camden Society 1891.
  46. Vgl. ferner p. 332 Note a; p. 381 Note a und b.
  47. History of the Great Civil War, 1642–1649; by Samuel R. Gardiner. Vol. III. 1647–1649. Longmans Green. 1891.
  48. Vgl. unten.
  49. Letters concerning the dissolution of Cromwell’s last parliament, 1658. EHR 7, 102–110.
  50. Elizabeth Claypole. EHR 7, 37–47. Zu erwähnen ist auch: Stanley J. Weyman, Oliver Cromwell’s Kinsfolk. EHR 6, 48–60.
  51. Montrose; by Mowbray Morris. Macmillan. 1892. 2 sh. 6 d.
  52. Memoirs of the Verney Family during the civil war, compiled by Lady Verney, with a preface by Mr. S. R. Gardiner. London 1891.
  53. Vgl. oben.
  54. The Interregnum: Studies of the Commonwealth. Sampson Low. 1891.
  55. The political ideal of the English Commonwealth. EHR 6, 306–30.
  56. Die „Discourses concerning Government“ (nicht „Discourse on Government“) sind doch nicht Sidneys einzige Schrift.
  57. Essex Papers; ed. by Osmund Airy. Vol. I. 1672–1679 (scheint ein Druckfehler, statt 1675). Printed for the Camden Society 1890.
  58. EHR 7, 281–290.
  59. Contemporary account of the battle of La Hogue. EHR 7, 111–113.
  60. Maria II. Stuart, Gemalin van Willem den Derden. Histor. biographische Schets door F. J. L. Krämer. Utrecht, Beijers. 1890. 3 fl. 25.
  61. Nord u. Süd 1891, Dec.
  62. England and the English in the eighteenth century; Chapters in the soc. hist. of the times. 2 vols. Ward & D. 1891.
  63. History of England in the 18. century VI, 222–23.
  64. Ottocar Weber, Der Friede von Utrecht; Verhandlungen zw. England, Frankreich, dem Kaiser und den Generalstaaten 1710–1713. Gotha, Perthes. 1891.
  65. Le Régent, l’abbé Dubois et les Anglais. D’après les sources britanniques; par Louis Wiesener. Hachette 1891. 7 Fr. 50.
  66. Auf dieselben war schon im zweiten Report der Royal Comm. on hist. Mss. verwiesen worden. p. 188 ff.
  67. Von neuerer Litteratur hätte das Buch v. O. Weber über die Quadrupel-Allianz vom Jahre 1718 (Wien 1887) nicht ganz unberücksichtigt bleiben sollen.
  68. The Story of the Filibusters, by James Jeffrey Roche. London, Fisher-Unwin. 1891.
  69. Rodney; by David Hannay. Macmillan 1891.
  70. J. H. Anderson, History of George IIIds Reign. Longmans 1891.
  71. Canon Overton, John Wesley (in d. Serie: English leaders of religion). Methuen 1891.
  72. Pitt; by Lord Roseberry. Macmillan 1892. 2 sh. 6 d. Vgl. R. B. Brett, Lord Roseberry and M. Pitt. 19. Century 1892, Jan.
  73. W. C. Russell, Nelsons Words and Deeds. A selection from his despatches and correspondence. Sampson Low. 1891.
  74. W. C. Russell, The life of Admiral Lord Collingwood. Methuen 1891.
  75. General Craufurd and his Light Division; by the Rev. Alex. H. Craufurd. Griffith Farran.
  76. Waterloo Letters; a selection from orig. and hitherto unpubl. letters bearing on the operations of the 16., 17. and 18. June 1815; ed. by Maj. Gen. H. T. Siborne. London 1891.
  77. Alph. Bellesheim, G. d. kath. Kirche in Irland etc. III. Bd. 1690–1890. Mainz, Kirchheim. 1891. 17 M. 40.
  78. Ireland 1793–1800. EHR 6, 713–35.
  79. Zur Geschichte Irlands am Ende des vorigen Jahrhunderts. HPBll Bd. 168.
  80. C. Cinelli, Carolina di Brunswick principessa di Galles. Pesaro 1891.
  81. A. Gordon, The Earl of Aberdeen 1891.
  82. Marq. of Lorne, Viscount Palmerston 1891.
  83. J. Maccarthy, Sir Rob. Peel 1891.
  84. G. W. E. Russel, The biography of the right hon. W. E. Gladstone 1891.
  85. Traill, The Marquess of Salisbury 1891.
  86. J. R. Thursfield, Macmillan 1891. 2 sh. 6 d.
  87. Sir Robert Peel; in early life 1788–1812, as Irish Secretary 1812–1818 and as Secretary of State 1822–27; from his priv. corresp.; published by Visc. Hardinge and the right hon. A. W. Peel, ed. by C. S. Parker. London 1891.
  88. 2. ed. Kegan Paul 1891. 9 sh.
  89. H. Lake, Personal reminiscences of Benj. Disraeli, Earl of Beaconsfield. Cassel. 3 sh. 6 d.
  90. The speeches and public addresses of W. E. Gladstone; ed. by A. W. Hutton and H. J. Cohen.
  91. The Oxford Movement. Twelve years 1833–1845; by R. W. Church. Macmillan. 12 sh. 6 d.
  92. Letters and correspondence of John Henry Newman during his life in the English Church; ed. by Anne Mozley. Longmans 1891.
  93. The Letters of S. G. O. a series of letters on public affairs written by the Rev. Lord S. G. Osborne and publ. in the Times 1844–1888; ed. by Arn. White. 2 vols. Griffith Farran. 42 sh.
  94. DZG Bd. VI p. 111.
  95. The Marquess Cornwallis; by W. C. Seton-Karr. Oxford, Clarendon Press. 1890. 2 sh. 6 d.
  96. Viscount Hardinge; by Charles Viscount Hardinge. Oxford, Clarendon Press. 1891. 2 sh. 6 d.
  97. Clyde and Strathnairn; by Maj. Gen. Sir Owen Tudor Burne. Oxf. 1891. 2 sh. 6 d.
  98. Earl Canning; by Sir H. S. Cunningham. Oxf. 1891. 2 sh. 6 d.
  99. Dalhousie’s Biographie ist schon früher in der Serie der Rulers of India erschienen, von dem Herausgeber derselben, Sir W. W. Hunter selbst verfasst.
  100. The Earl of Mayo; by Sir W. W. Hunter. Oxf. 1891. 2 sh. 6 d.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage (in der Anmerkung): Otto