Noch ein Schatz auf dem Protschenberge
In der Gegend des Protschenberges, wo vor alten Zeiten das von den Franken gegen die Wenden erbaute Grenzhaus oder Schloß stand, ehe noch die gegenüberstehende Ortenburg angelegt wurde, befindet sich unten am Fuße des Berges eine sehr berufene, mehrere Abtheilungen enthaltende Höhle, von der die Sage geht, daß die ehemals theils die Seidau, theils eine in der Stadt nach [172] ihnen benannte Gasse in Menge bewohnenden Juden darinnen ihre Schätze und Kostbarkeiten aufbewahret hätten, um dieselben bei den gegen sie verhangenen Verfolgungen zu sichern, zur Zeit der Noth davon Gebrauch zu machen und sie gelegentlich nach und nach unbemerkt fortzuschaffen. Da nun aber ihre Vertreibung plötzlich, gleich einem Dieb in der Nacht gekommen, so hätten sie sich eilig – glücklich genug das Leben erhalten zu haben – wegbegeben, und so die Schätze – deren Lagerstelle nur wenigen bekannt gewesen – verlassen müssen. Diejenigen, welche Wissenschaft davon gehabt, wären gestorben oder verdorben, und so ruhten diese Reichthümer noch im Schooße der Erde.
Am Tage Ursula des 1618ten Jahres – fährt die Sage fort – ging der Seidauer Martin Recke in diese Kluft und gelangte an eine mit mehrern Riegeln und Schlössern verwahrte eiserne Thüre. Plötzlich vernahm er ein starkes Rauschen, gleich einem vom Felsen herabstürzenden Wasserfall, und bemerkte, wie sich Schlösser und Riegel von selbst lösten. Ein furchtbarer Knall erfolgte, den Bauer ergriff die größte Angst und Bangigkeit, zitternd und bebend enteilte er der Höhle, die sich vor seinen Augen verschloß und deren Stelle und Eingang er nachher nimmer fand.