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Pariser Bilder und Geschichten/Die Ritter vom Kronleuchter

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Textdaten
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Autor: Ludwig Kalisch
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Titel: Die Ritter vom Kronleuchter
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 49, S. 782–784
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Die Pariser Claque
Pariser Bilder und Geschichten
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[782]
Pariser Bilder und Geschichten.
Die Ritter vom Kronleuchter.
Von Ludwig Kalisch.


Man hat schon sehr viel über die Claque in den Pariser Theatern gesprochen, man hat aber dabei so viel Dichtung unter die Wahrheit gemischt, daß das größere Publicum bis auf den heutigen Tag nur höchst verworrene Begriffe von diesem sonderbaren Institut hat. Ich will es daher versuchen, das Pariser Claquenwesen in einigen scharfen Umrissen zu schildern.

Die Pariser Theaterclaque datirt ungefähr vom Anfange dieses Jahrhunderts, wo einer der darstellenden Künstler auf den Gedanken kam, sich den Erfolg zu kaufen. Er vertheilte nämlich bei seinem jedesmaligen Auftreten eine große Anzahl Freibillete und war dann sicher, applaudirt zu werden. Seine Collegen, die sich anfangs diesen Erfolg nicht erklären konnten, ahmten, als sie die Ursache desselben erfuhren, das Beispiel nach, und so hatte bald jedes Theater seine Claqueurs.

Von einer Schaar zusammengeraffter Claqueurs bis zur organisirten Claque, die unter dem Befehl eines Oberhauptes, eines „Chef de Claque“, steht, ist aber noch ein sehr weiter Weg. Diese Organisation entstand erst zur Zeit, als Scribe auftrat. Scribe war bekanntlich mit seinen ersten dramatischen Hervorbringungen nichts weniger als glücklich. Er war darüber doppelt bestürzt, denn er fühlte sich als Autor verletzt und sah auch seine Hoffnung vereitelt, sich durch seine Muse eine Erwerbsquelle zu eröffnen. In seiner Verzweiflung hätte er auch vielleicht dem ferneren Umgang mit Thalien entsagt, wenn er nicht einen tröstenden [783] Freund in seinem Barbier gefunden hätte. Dieser Barbier hieß Porcher und war ein sehr geriebener Mann. Er erkannte Scribe’s fruchtbares, schmiegsames Talent besser, als Scribe selbst, und wiederholte jeden Morgen, so oft er die Wangen des jungen Dichters einseifte, daß diesem eine glänzende Laufbahn bevorstünde, wenn er unverdrossen und möglichst viel producirte. Die Abgunst des Publicums würde sich endlich in Wohlwollen verwandeln; nur müßte man das Publicum fortwährend bearbeiten und zwar durch eine beständige, trefflich disciplinirte Claqueurtruppe.

Scribe, dem durch das oratorische Talent seines Bartscheerers ein Licht aufgegangen war, verkaufte ihm seine billets d’auteur, die Billete nämlich, die jedem dramatischen Dichter und Componisten bei der jedesmaligen Aufführung seiner Stücke von der Direction gegeben werden. Porcher organisirte eine Claque, welche sehr tüchtig darauf losarbeitete, die drohenden Niederlagen abzuwenden suchte und, wenn ein Stück einschlug, den Erfolg desselben vermehrte. Zu gleicher Zeit fand Scribe einen andern Freund in einem Herrn Sauton, der ihm Geld vorschoß und ihm sogar ein Cabriolet kaufte. Porcher, auf den ich später noch zurückkommen werde, ist als reicher Mann gestorben, und was Sauton betrifft, so hat ihn Scribe später als Chef de Claque in der großen Oper anstellen lassen. Die andern Pariser Theater folgten dem Beispiel und hatten bald jedes seinen Chef de Claque, der zum Theaterpersonal gehört und jeden Abend mit größerem oder geringerem Erfolg operirt.

Der Chef de Claque ist eine sehr wichtige Person und muß mannigfaltige Eigenschaften besitzen, wenn er sein keineswegs leichtes Amt gut versehen und sich unentbehrlich machen will. Er muß sehr gewandt, sehr intelligent, sehr rührig sein. Er muß ein gewisses musikalisches und poetisches Gefühl besitzen; er muß nicht nur die Fähigkeiten jedes Mitgliedes des Theaterpersonals kennen, sondern auch den Geschmack, die Launen, die Vorliebe und die Vorurtheile seines Publicums, denn jedes Theater hat seine Habitués, die sich von denen der andern Theater unterscheiden. Der Chef de Claque fehlt bei keiner Theaterprobe, die er mit der größten Aufmerksamkeit begleitet. Wird ein neues Stück zur Aufführung vorbereitet, so verdoppelt er seine Aufmerksamkeit und schont kein Mittel, um dem Werk einen glänzenden Triumph zu verschaffen. Der Abend einer ersten Vorstellung gleicht einer entscheidenden Schlacht. Er verstärkt daher seine Truppen und vertheilt sie so geschickt, daß manche von ihnen sich unter dem unparteiischen Publicum befinden, ohne daß dasselbe es merkt. Er umgiebt sich mit seinem tüchtig einstudirten Generalstab, er bezeichnet seinen Feldherren, den sogenannten „Surveillants“, wo sie angreifen, wo sie in der Defensive verharren sollen, und wartet nun als Generalfeldmarschall mit seinem großen Stock, seinem Marschallstabe, auf die Eröffnung der Schlacht. Der erste Act beginnt. Der Chef hat die Augen überall und erforscht die Stimmung des Publicums. Sobald dieses eine Neigung zum Applaus verräth, giebt er mit seinem Stock ein Zeichen und über hundert Hände setzen sich in Bewegung. Zeigt sich im Gegentheil das Publicum unzufrieden, so hütet sich der Chef de Claque gar sehr, durch ein voreiliges Applaudiren den Widerspruch des Hauses hervorzurufen und ein Zischen und Pfeifen zu veranlassen, denn das sind Töne, die seine eigene Ohnmacht verrathen. Er läßt in solchen Fällen seine geschickt vertheilten Claqueurs die Sache des Autors nur durch einzelne abgebrochene Phrasen vertheidigen. Der Eine murmelt: „Das ist doch gar nicht so übel!“ Ein Zweiter brummt: „Recht wacker! Sehr gut!“ Ein Dritter behauptet, es sei eine Intrigue im Spiel und schreit: „à la porte les siffleurs!“ (hinaus mit den Zischern!).

Sobald der erste Act vorüber, begiebt sich der Chef de Claque auf die Bühne und stattet dem Director und dem fieberhaft aufgeregten Autor den Bericht ab. Hat er einen Triumph zu melden, so übertreibt er denselben in den pompösesten Redensarten. Ist der Erfolg unentschieden, so spricht er dennoch von einem glänzenden Siege, schüttet aber in das Feuer seiner Begeisterung einige Tropfen kalten Wassers. Er bemerkt nämlich, daß man für die folgende Vorstellung Manches abzuändern habe, daß eine gewisse Stelle zu schwach, eine andere zu stark betont sei, daß man in einer Scene etwas hinzufügen, in einer andern etwas wegschneiden müsse. Während eines jeden Zwischenactes fährt er mit seiner Berichterstattung in dieser Weise fort. Wird das Stück beifällig aufgenommen, so hat er leichtes Spiel. Er beglückwünscht den Autor, versichert ihm, daß seit Jahren solch’ ein glänzender Erfolg nicht erlebt worden, und erhält von ihm, was man in der Theatersprache ein „Bouquet“ nennt, nämlich ein Geldgeschenk. Manche Autoren und Componisten zeigen sich in der Freude ihres Herzens sehr großmüthig. Meyerbeer soll indessen bei derartigen Gelegenheiten sich nicht sonderlich freigebig bewiesen haben, und was den Maestro Verdi betrifft, so hat er die süße Gewohnheit, gar nichts zu geben.

Hat das Stück blos einen succès d’estime, so spricht der Chef de Claque dennoch von einem bedeutenden Erfolg, der mit den folgenden Vorstellungen wachsen würde. Wenn aber das Stück entschieden Fiasco macht, wenn unter Zischen und Pfeifen der Vorhang fällt und das Publicum unwillig das Haus verläßt, so spricht der Chef de Claque von Cabalen, von boshaften Ränken einiger hämischen Feinde, die seinen Bestrebungen entgegen gearbeitet – kurz, er sucht das Unglück so viel wie möglich zu bemänteln, da jede Niederlage zum Theil der Unzulänglichkeit seiner angewendeten Mittel zugeschrieben wird. Die glänzenden Siege sind indessen in den großen Pariser Theatern – und von diesen ist hier besonders die Rede – eben so selten wie die schmählichen Niederlagen. Es wird nicht oft ein Werk aufgeführt, das dem Autor die Unsterblichkeit verbrieft, oder bei der ersten Aufführung zu Tode gezischt wird. Wie dem aber sei, der Chef de Claque steht sich sehr gut, viel besser als die meisten Theaterdichter, ja, nicht selten viel besser als der Director, den er wohl zuweilen aus peinlichen Finanznöthen befreit. Der Chef de Claque muß nämlich in seinem eigenen Interesse für das Fortbestehen des Theaters arbeiten, dem er seine Wirksamkeit widmet. David, der Chef de Claque an der großen Oper, ist ein sehr wohlhabender Mann. Diese Anstalt, welche den officiellen Titel Académie impériale de musique führt, bewilligt, wenn ich nicht irre, dem Chef de Claque sechszig Plätze für jede Vorstellung. Obgleich er nun der Pariser Armencommission zehn Sous für jeden Platz zu entrichten hat, so bleibt ihm doch noch ein hübscher Profit übrig. Rechnet man zu dieser Einnahme noch die Honorare hinzu, die er von den Componisten, von den Künstlern und besonders von den Debütanten erhält, so wird man leicht begreifen, daß sein jährliches Einkommen bei Weitem größer ist, als das irgend eines berühmten Professors an der Sorbonne oder am Collège de France, daß die Claque sich besser rentirt als die Wissenschaft.

Kommen wir jetzt auf die billets d’auteur zurück.

Vor der Epoche Scribe’s wurden dieselben von den Directoren nur für die Freunde des Autors gegeben. Die Autoren verkauften zwar diese Billete, wenn sie Geld brauchten, aber sie thaten dies aus Schamgefühl nur im Geheimen. Scribe war der Erste, der seine billets d’auteur offen verkaufte. Seit jener Zeit wird mit diesen Billeten nicht nur Handel getrieben, sondern sie locken überhaupt die Speculationslust. Der Autor, der, je nach dem Umfange seines Werkes, für jede Vorstellung desselben eine größere oder geringere Zahl solcher Billete von der Direction empfängt, verkauft diese zu einem Preise, welcher von seinem Namen und besonders von dem Beifall bestimmt wird, dessen sich das Werk erfreut. Es giebt jedoch Theaterdichter, die ihr Anrecht auf die billets d’auteur nicht nur für die Stücke verkaufen, die sie bereits geschrieben, sondern auch für alle dramatischen Kinder, die sie künftig zeugen werden. Die Wittwe des bereits erwähnten Porcher treibt diese Speculation, die freilich nicht immer glücklich ist; denn wenn der Autor, dem sie das Recht abgekauft, mit der dramatischen Muse einen Wechselbalg zur Welt bringt, so wird natürlich viel Geld verloren; auch sinken diese Billete im Werthe während der Sommersaison. Indessen sind alle diese Umstände wohl erwogen, und so kommt es, daß Frau Porcher ein bedeutendes Vermögen besitzt und gar manchem berühmten dramatischen Dichter sehr häufig aus der Geldklemme hilft.

Wir haben bis jetzt blos von dem Feldherrn, von dem Chef de Claque, gesprochen; sprechen wir nun ein Wort von seiner Armee, von der Claque selbst.

Man glaubt gewöhnlich, daß diese aus lauter Lumpengesindel zusammengesetzt sei und für ihre Arbeit bezahlt werde. Das ist aber ein großer Irrthum. Die Claque besteht aus Theaterfreunden, die ihrem Kunstsinn keine schweren Opfer bringen können, aus Schreibern, Notariatsgehülfen, Ladendienern, welche ihren Platz unter dem Preise bezahlen, dafür aber die Verpflichtung übernehmen, den Befehlen der Chefs zu gehorchen und die Hände tüchtig [784] anzustrengen. Diese Individuen bilden freilich den edlern Theil der Claque; im übrigen Theil befinden sich allerdings gar manche nichtsnutzige Lungerer, stämmige Burschen mit breiten schwieligen Händen, die einen Theaterabend hindurch darauf lospauken können, ohne sich sonderlich zu ermüden. Sie treiben sich in allen den Theatern benachbarten Kneipen herum, wo sie von dem Chef de Claque oder von seinen Gehülfen aufgesucht werden. Indessen müssen auch diese Leute ihren Platz bezahlen. Man sieht, die Claque wird tagtäglich frisch geworben. Der Fall jedoch, daß kein Claqueur aufzutreiben wäre, ereignet sich niemals. Paris ist so groß und die Schaulust der Franzosen so gewaltig, daß man nicht nur beständig eine genügende Anzahl Claqueurs findet, sondern daß man täglich die bereitwilligen Dienste unzähliger Individuen ablehnen muß.

Eine Viertelstunde vor der Eröffnung des Hauses vereinigen sich sämmtliche Claqueurs in einem dunkeln Theater-Corridor, wo sie der Chef oder einer seiner Adjutanten in Reih’ und Glied aufstellt, zählt und mustert. Sobald das Haus geöffnet wird, tritt er an ihrer Spitze in den Saal, wo er sie im Parterre unter den großen Lüstre vertheilt, daher sie auch vom Volke „Les chevaliers du lustre“ (Die Ritter vom Kronleuchter) genannt werden. Diejenigen, welche zu stolz sind, um sich dem Kern der Claque anzuschließen, setzen sich etwas abseits, müssen aber doch die übernommene Verpflichtung erfüllen. Geschicht dies nicht, so erhalten sie künftig kein Billet mehr. Sie werden von den Surveillants genau bewacht. Nachdem ihnen die Verhaltungsbefehle noch einmal eingeschärft, harren sie ruhig der Dinge, die da kommen sollen.

Da man seit einiger Zeit in vielen Theatern fast das ganze Parterre in Sperrsitze verwandelt hat und in einigen neuen Theatern die Beleuchtung durch eine Glasdecke fällt und der Kronleuchter unterdrückt ist, so befindet sich dort die Claque im letzten Rang, oder, wie man in Deutschland sagt, im „Paradies“. In diesen Theatern kommt der Segen von oben, aber er betäubt darum nicht weniger.

Man darf nicht glauben, daß das Publicum von dem Claquenwesen erbaut sei oder dasselbe ergebungsvoll dulde. Im Gegentheil, die Claque ist allgemein verhaßt, und es vergeht kaum ein Abend, ohne daß die lebhaftesten Protestationen gegen diese gedungenen Beifallsbezeigungen laut würden. Der Unwille gegen dieselbe ist sogar einst so stark geworden, daß einige Theater, und unter ihnen auch die große Oper, sich genöthigt sahen, sie zu unterdrücken. Allein diese Centimanen blieben nicht lange im Schooße des Tartarus. Die Künstler, die nicht mehr die süße Ohrenweide genossen, protestirten gegen die Protestationen des Publicums, und die „Chevaliers du lustre“ erschienen wieder mit neu gesammelten Kräften. Die Freunde der Claque, die Künstler nämlich, vertheidigen dieselbe durch unzählige Gründe. Sie behaupten, das Publicum sei zu gleichgültig, zu kalt, zu träge, um seinen Beifall mit den Händen zu bekunden; nichts sei aber für einen Künstler fürchterlicher, als das Schweigen des Hauses. Die Claque, behaupten sie ferner, sei ein probates Mittel gegen die Cabale, der sonst Thür und Thor geöffnet würde. Der sonderbarste Grund aber für die Nothwendigkeit der Claque ist der sanitätische. Die Anhänger der Claque behaupten nämlich steif und fest, der Künstler könnte nicht oft genug athmen, wenn er nicht applaudirt würde; während des Applauses habe er Zeit, Athem zu schöpfen. Da nun das Publicum sehr launischer Natur und an manchen Abenden das Chiragra zu haben scheine, so würden ohne Hülfe der Claque die armen Künstler den Athem verlieren. Keiner dieser Gründe ist jedoch stichhaltig. Das Italienische Theater in Paris hat keine Claque und wird dennoch von keiner Cabale beunruhigt; auch hat man niemals gehört, daß dort einem Tenor oder einer Primadonna aus Mangel an Applaus der Athem vergangen. Der Hauptgrund für das Bestehen der Claque liegt in dem unwiderstehlichen Bedürfniß der dramatischen Künstler, um jeden Preis gelobt zu werden. Ob das Weihrauchfaß von reinen unbezahlten oder von unreinen gedungenen Händen geschwungen werde, gleichviel! wenn es nur geschwungen wird und der Dampf tüchtig qualmt. Seien wir indessen nicht zu strenge gegen die Mimenwelt! Ich habe Kaiser und Könige gesehen, deren Züge sich sichtbar erheiterten, wenn sie bei den Schlagwörtern in ihren öffentlichen Reden von dem Publicum applaudirt wurden; und wer wollte darauf schwören, daß die bloße Vortrefflichkeit des oratorischen Werkes diesen Applaus hervorgerufen? – Die bezahlten Claqueurs datiren nicht von diesem Jahrhundert und sind auch nicht in Paris entstanden. Man weiß, daß der grausamste aller Tyrannen, der zugleich der erbärmlichste aller Komödianten war, daß Nero bei der Rückkehr von seiner Kunstreise nach Griechenland bekränzt und im Purpurgewand triumphirend in Rom einzog, daß mehrere tausend besoldete Claqueurs seinen Siegeswagen umschwärmten und ihn als den ersten aller Mimen ausposaunten. Er begnügte sich nicht damit, die Welt zu beherrschen; er wollte auch noch die Bretter beherrschen, welche die Welt bedeuten.

Die Pariser Theaterclaque hat, beiläufig gesagt, auch den Beruf, das Staatsoberhaupt bei seinem Eintreten in die Loge schreiend und klatschend zu begrüßen.

Alle Pariser Theater, das Italienische ausgenommen, haben ihre Claque, das Théâtre français eben so wohl wie das kleinste Vaudeville-Theater, und es wird kein Stück von Corneille oder Molière gegeben, ohne daß „die Ritter vom Kronleuchter“ ihre oberen Extremitäten in Bewegung setzen. Außer der Claque in den Theatern giebt es auch eine Claque in der Presse. Gewisse Theater werden von gewissen Blättern immer gelobt, und diese Blätter wissen warum. Es giebt sogar eine Theaterzeitung, die für das Vorrecht, in allen Schauspielhäusern während der Zwischenacte feil geboten zu werden, den Directionen gegenüber die Verpflichtung übernommen, alle Dichter, alle Componisten, alle Sänger und Sängerinnen, alle Schauspieler und Schauspielerinnen und, wie es sich von selbst versteht, die Directionen stets mit Lob zu überschütten. Klappern gehört nicht nur zum Handwerk, sondern ist selbst ein Handwerk, das mehr als jedes andere einen goldenen Boden hat.