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Paul Dietze’s letztes Schicksal

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Titel: Paul Dietze’s letztes Schicksal
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aus: Die Gartenlaube, Heft 37, S. 612
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1872
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[612] Paul Dietze’s letztes Schicksal. Wir haben in Nr. 33 die Notiz gebracht, daß wir dem vermißten Zwerg aus Neudorf bei Dresden auf der Fährte seien. Darauf hin erhielten wir gleichzeitig aus Königsberg i. Pr. und Danzig die Nachricht, daß der Menageriebesitzer Kaufmann, der Sohn jenes Panoramenbesitzers, in dessen Dienst Paul Dietze als Zwerg gegangen, sich soeben auf dem Danziger Dominikmarkt befinde. Während wir nun eben auf die Antwort der Danziger Polizeibehörde warteten, die wir um Nachforschung bei dem etc. Kaufmann ersucht, überrascht uns ein Schreiben aus dem „Auswärtigen Amt“ in Berlin, in welchem „im Auftrage des Reichskanzlers“ uns Folgendes mitgetheilt wird:

Berlin, den 23. August 1872.     

Die in Nr. 22 des laufenden Jahrganges der ‚Gartenlaube‘ unter der Rubrik ‚Wer kann Auskunft geben?‘ enthaltene Notiz über Paul Dietze, Sohn einer Wittwe in Sachsen, hat dem kaiserlichen Consulat zu Constantinopel Anlaß gegeben, über den Verbleib des Genannten Erkundigung einzuziehen.

Bereits bei einer früheren Gelegenheit, vor etwa zwei Jahren, war dem kaiserlichen Consulat von dem zu Pera wohnenden Commis Michael Salomonowitsch mündlich zur Anzeige gebracht worden, daß ein österreichischer Unterthan Namens Jehiel Stern dem Serail einen Zwerg, der Paul Dietze heiße, verkaufen wolle. Dies Geschäft ist angeblich aus dem Grunde damals nicht zu Stande gekommen, weil Dietze durch das Consulat gewarnt worden ist und er sich auch nicht entschließen wollte, zum Islam überzutreten. In Erinnerung dieses Umstandes hat das kaiserliche Consulat den etc. Salomonowitsch neuerdings über die ferneren Schicksale des Paul Dietze vernommen. Salomonowitsch erklärte: Der etc. Dietze sei von Pera nach Adrianopel, von da nach Larsa in Rumelien gereist und dort gestorben. Diese Nachricht wollte Salomonowitsch durch den türkischen Unterthanen Salomon Fortuna erhalten haben, der mit dem vorgenannten Jehiel Stern beim Tode des Dietze zugegen gewesen sei. Es ist demgemäß auch der Salomon Fortuna vernommen worden und hat erklärt: er habe bis vor einem Jahre das Casino zu Larsa bewirthschaftet. Im Herbste des Jahres 1870 sei der jüdische Handelsmann Stern in Begleitung eines aus Preußen gebürtigen Zwerges Namens Karl Dietze nach Larsa gekommen, um dort im Casino Vorstellungen zu geben. In Larsa sei Dietze plötzlich in Folge eines Nervenfiebers gestorben und auf dem griechischen Kirchhofe beerdigt worden. Sämmtliche im Nachlaß des etc. Dietze vorgefundenen Papiere und alle sonstigen zum Nachlaß desselben gehörigen Effecten will Salomon Fortuna den Beamten des kaiserlich russischen Consulates zu Larsa übergeben haben, da dasselbe es übernommen hatte, wegen Auslieferung des Nachlasses an das angeblich zunächst gelegene deutsche Consulat zu Salonik Sorge zu tragen.

Der Redaction gebe ich die weitere entsprechende Veranlassung mit dem Bemerken anheim, daß ich bereit bin, auf Wunsch der Mutter des verstorbenen Karl Dietze Schritte zur Erlangung des Nachlasses desselben einzuleiten.

Der Reichskanzler.
Im Auftrage:
v. Bülow I.

Von dem leider so schmerzlichen Inhalt dieses Schreibens haben wir der armen alten Mutter des Paul Dietze sofort Kunde gegeben. Das Schreiben des „Auswärtigen Amts“ selbst aber hat für uns seinen besondere Werth als ein Zeugniß aus dem „neuen deutschen Reiche“, daß der einst im Ausland so schutz- und hülflose und darum verachtete Deutsche nun der Würde des Reichs angemessen vertreten ist und selbst der Aermste draußen fühlen muß, daß Deutschland wieder eine Fahne und ein Schwert hat, das ein starker Arm führt.