Pentheus (Meyer)
Pentheus.[WS 1]
Sie schreitet in bacchisch bevölkertem Raum
Mit wehenden Haaren ein glühender Traum,
Von Faunen umhüpft,
Um die Hüfte den Gürtel der Natter geknüpft.
Ein flüsterndes rücklings geworfenes Haupt –
„Ich opfre mich Dir.
Verzehre, Lyaeus, was menschlich in mir!“
„Agave![WS 2]“ ruft’s und der bacchische Schwarm
„Weg, trunken Gesind!
Erwach und erröthe, verlorenes Kind!
Du dienst einem Gaukler!“ Im Schutz des Gewands
Verhüllt er den Busen, entreißt ihr den Kranz –
Sie schlug! Aufstöhnt der das Leben ihr gab.
„Ich glaube den Gott! Ich empfinde die Macht!
Ich strafe den Frevler der Götter verlacht!
Wer bist du, Gesicht?
Er betrachtet sein Kind. Er erstaunt. Er erblaßt.
Er entspringt, von entsetzlichem Grauen erfaßt.
Er flieht im Gefild,
Ein rennender Läufer, ein hastendes Wild.
Erhebt sie den Weidruf, das helle Geschrei:
„Zur Jagd! Zur Jagd!“
– „Wir folgend dir, blonde, begeisterte Magd!“
Sie jagen den König, Agave voraus,
Am andern Gestad,
Sie stürzt sich mit jubelnden Sprüngen ins Bad.
Aufspritzen die Wasser. Er wirbelt den Staub
Mit bebenden Füßen. Sie hetzen den Raub –
Ein Felsengestein ohne Pfad, ohne Thor.
Die Sonne versank und die Wolke verglimmt.
Er eilt und er schwankt und er keucht und er klimmt –
Am Fuße der Wand
Am Grate des Berges verfärbt sich die Glut,
Im Schatten des Berges verströmt sich das Blut,
Nacht schwebt heran
Und erschrickt und verhüllt was Agave gethan.