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Perebenda

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Taras Schewtschenko
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Titel: Perebenda
Untertitel:
aus: Франко І. Твори. Т. 52., S. 747–749
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1882
Erscheinungsdatum: 2008
Verlag: Наукова думка
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Erscheinungsort:
Übersetzer: Iwan Franko
Originaltitel: Перебендя
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
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[747]
Perebenda


Der alte, blinde Perebenda,
Er ist bekannt bei jedermann,
Er ist ja überall zu Hause
Und spielt auf seinem Theorban.

5
Wer aber spielt und singt, den kennt man,

Dem danket man bei jeder Frist,
Denn er zerstreut der Menschen Kummer,
Obwohl sein Herz der Kummer frißt.
Tagsüber unter freiem Himmel

10
Und unterm Sternenzelt bei Nacht,

Kein Haus noch Heim ist sein auf Erden,
Er spottet das Geschick und lacht
Des alten Hauptes, doch was tut das?
Ist seine Sorge doch so klein!

15
Er setzt sich und stimmt an sein Liedchen:

«O rausche nicht, du grüner Hain!»
Und singend denkt er, wie verwaist
Er in der Welt steht und alleine,
Und trauert manchmals insgeheim,

20
Daß keiner sieht, der Alte weine.

So ist er stets, der Perebenda,
Der alte, wunderliche Mann:
«Vom Tschalyj» singt er, auf einmal
Hebt lustig er ein Tanzlied an,

25
Am Weideplatze mit den Mädchen

«Den Hryć» die Frühlingsmelodei,
Im Wirtshaus «von der Schenkerstochter»
Und «von der Serbensklaverei»;
Mit Eheleuten bei dem Gastmahl

30
(Wo böse Schwiegermutter haust),

Da singt er «von der Zauberpappel»
Und dann «Der Wind im Walde braust»;
Am Marktplatz von dem «armen Lazar»
Und von des Reichen böser Tat,

35
Dann singt er traurig, wie der Russe

Die Sitscha einst zerstöret hat.

[748]
So ist er stets, der Perebenda,

Der alte, wunderliche Mann,
Mit Lächeln hebt er an zu singen,

40
Doch bald zu weinen fängt er an.

Es weht der Wind auf breiter Steppe,
Er rauschet meerwärts, zum Liman.
Am Kurhan sitzt der blinde Spielmann
Und spielt auf seinem Theorban.

45
Die Steppe rings, ein breites Meer

Voll Leben, Blumen, Tiergewimmel,
Voll Kurhanhügel; fern, da fern
Verschwimmt die Steppe mit dem Himmel.
Der Steppenwind spielt mit dem Haupthaar

50
Und mit dem Schnurrbart, grau und lang,

Dann legt er sich zu seinen Füßen,
Zu lauschen seinem Zaubersang,
Wie seine blinden Augen weinen,
Von Wonne bebt des Sängers Herz,

55
Es lauscht der Steppenwind gar stille,

Dann rauscht er stürmisch himmelwärts.

Wohl verbirgt er sich, der Alte,
In der Steppe auf den Hügeln,
Daß die Winde seine Worte

60
Weit zerstreun mit ihren Flügeln,

Daß sie keine Menschen hören,
Denn es sind ja Gottes Laute,
Freier führt mit Gott das Herz hier
Das Gespräch, das innig traute.

65
Reiner tönt zu Gottes Preis hier

Der Gesang und der Gedanke,
Fliegt herum im Weltenraume
Ohne Halt und ohne Schranke,
Wie ein Adler grau und mächtig

70
Schwebt er überm Erdengraus,

Schlägt den Himmel mit den Schwingen,
Ruht sich auf der Sonne aus,
Fragt die Sonne, wo sie schlafe,
Wie sie morgens sich erhebe,

75
Lauscht dem Meer, wovon es murmle,
[749]
Fragt den Berg, warum er bebe?

Und sogleich gen Himmel wieder,
Denn voll Elend ist die Erde,
Hat kein Plätzchen, keine Ruhstatt,

80
Nichts als Spott, nichts als Beschwerde

Für den Sänger, welcher klar sieht
Der Natur, des Lebens Tiefen,
Weiß, wovon die Quellen murmeln,
Wo die Sonnenstrahlen schliefen.

85
Fremdling ist er unter Menschen,

Einsam wie die Sonn’ am Himmel.
Zwar ihn kennt die dunkle Menge,
Denn sie sieht ihn im Gedränge.
Aber wüßten sie, wie einsam

90
Er am Kurhan singet dort,

Wie er redet mit dem Meere,
Sie verlachten Gottes Wort,
Würden einen Narr ihn schelten,
Würden ihn von sich vertreiben:

95
Ist das Meer dein Freund, so lieber

Magst du bei dem Meer auch bleiben!

Wohl tust du dran, mein guter Sänger,
Daß du die Steppenfreiheit liebst
Und deinen Sang und deine Trauer

100
Anheim dem Steppenwinde gibst!

So singe fort, du guter Adler,
So lang noch frisch und jung dein Herz,
Das Volk erfahre niemals deine
Geheime Trauer, deinen Schmerz!

105
Und daß das Volk dich nicht verlache,

So tu ihm seinen Willen gleich,
Spring, Diener, wie der Herr dir pfeifet,
Dazu ist auch der Herr so reich!
So ist er stets, der Perebenda,

110
Der alte, wunderliche Mann,

Beginnt ein Hochzeitslied zu singen
Und gleich ein Tanzlied fängt er an.