Perebenda
Der alte, blinde Perebenda,
Er ist bekannt bei jedermann,
Er ist ja überall zu Hause
Und spielt auf seinem Theorban.
Dem danket man bei jeder Frist,
Denn er zerstreut der Menschen Kummer,
Obwohl sein Herz der Kummer frißt.
Tagsüber unter freiem Himmel
Kein Haus noch Heim ist sein auf Erden,
Er spottet das Geschick und lacht
Des alten Hauptes, doch was tut das?
Ist seine Sorge doch so klein!
«O rausche nicht, du grüner Hain!»
Und singend denkt er, wie verwaist
Er in der Welt steht und alleine,
Und trauert manchmals insgeheim,
So ist er stets, der Perebenda,
Der alte, wunderliche Mann:
«Vom Tschalyj» singt er, auf einmal
Hebt lustig er ein Tanzlied an,
«Den Hryć» die Frühlingsmelodei,
Im Wirtshaus «von der Schenkerstochter»
Und «von der Serbensklaverei»;
Mit Eheleuten bei dem Gastmahl
Da singt er «von der Zauberpappel»
Und dann «Der Wind im Walde braust»;
Am Marktplatz von dem «armen Lazar»
Und von des Reichen böser Tat,
Die Sitscha einst zerstöret hat.
Der alte, wunderliche Mann,
Mit Lächeln hebt er an zu singen,
Es weht der Wind auf breiter Steppe,
Er rauschet meerwärts, zum Liman.
Am Kurhan sitzt der blinde Spielmann
Und spielt auf seinem Theorban.
Voll Leben, Blumen, Tiergewimmel,
Voll Kurhanhügel; fern, da fern
Verschwimmt die Steppe mit dem Himmel.
Der Steppenwind spielt mit dem Haupthaar
Dann legt er sich zu seinen Füßen,
Zu lauschen seinem Zaubersang,
Wie seine blinden Augen weinen,
Von Wonne bebt des Sängers Herz,
Dann rauscht er stürmisch himmelwärts.
Wohl verbirgt er sich, der Alte,
In der Steppe auf den Hügeln,
Daß die Winde seine Worte
Daß sie keine Menschen hören,
Denn es sind ja Gottes Laute,
Freier führt mit Gott das Herz hier
Das Gespräch, das innig traute.
Der Gesang und der Gedanke,
Fliegt herum im Weltenraume
Ohne Halt und ohne Schranke,
Wie ein Adler grau und mächtig
Schlägt den Himmel mit den Schwingen,
Ruht sich auf der Sonne aus,
Fragt die Sonne, wo sie schlafe,
Wie sie morgens sich erhebe,
Und sogleich gen Himmel wieder,
Denn voll Elend ist die Erde,
Hat kein Plätzchen, keine Ruhstatt,
Für den Sänger, welcher klar sieht
Der Natur, des Lebens Tiefen,
Weiß, wovon die Quellen murmeln,
Wo die Sonnenstrahlen schliefen.
Einsam wie die Sonn’ am Himmel.
Zwar ihn kennt die dunkle Menge,
Denn sie sieht ihn im Gedränge.
Aber wüßten sie, wie einsam
Wie er redet mit dem Meere,
Sie verlachten Gottes Wort,
Würden einen Narr ihn schelten,
Würden ihn von sich vertreiben:
Magst du bei dem Meer auch bleiben!
Wohl tust du dran, mein guter Sänger,
Daß du die Steppenfreiheit liebst
Und deinen Sang und deine Trauer
So singe fort, du guter Adler,
So lang noch frisch und jung dein Herz,
Das Volk erfahre niemals deine
Geheime Trauer, deinen Schmerz!
So tu ihm seinen Willen gleich,
Spring, Diener, wie der Herr dir pfeifet,
Dazu ist auch der Herr so reich!
So ist er stets, der Perebenda,
Beginnt ein Hochzeitslied zu singen
Und gleich ein Tanzlied fängt er an.