Polnische Dichtung in deutschem Gewande/Mont Blanc

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Autor: Władysław Tarnowski
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Titel: Mont Blanc
Untertitel:
aus: Schweizer-Skizzen (in: Polnische Dichtung in deutschem Gewande, Seite 29–31)
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1865
Erscheinungsdatum: 1891
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Erscheinungsort:
Übersetzer: Albert Weiß
Originaltitel: Oda na widok Mont Blanc
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
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[29]
IV. Mont Blanc.


Im Gold- und Demantschmuck der Sternenkrone,
Als Bergfürst prangst du auf dem Wolkenthrone,
 Mont Blanc!

[30]
Dem Vater Himalaja schickst empor
5
Den Morgengruß du mit der Stürme Chor;

Als Bruder küßst du niedre Berggestalten,
Hüllst bis zum Knie in grüner Wälder Falten
Wie in den Mantel deine Majestät,
Von muntrer Quellen Silbersaum benäht,

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Die thalwärts rinnen voller Jugendlust!

Abstreifst du von der stolzen Riesenbrust
Das Schneegewand, daß drunter der Granit,
Der nach der Krone strebt, zum Äther sieht –
Im Gold- und Demantschmuck der Sternenkrone,

15
Als Bergfürst prangst du auf dem Wolkenthrone,

 Mont Blanc!

Dein Haupt das Reich der Wolken überragt,
Daß sich hinein nicht Blitz noch Donner wagt,
So weithin, wie der Engel, den entsendet

20
Jehovah, daß den Blick ins Land er wendet‚

Ob Keiner Kronen höher trägt, als Er,
Ob keine Perle dort auf tiefstem Meer
Die Schläfen ziere drunten irgendwem,
Wie Ihm im Blau das Sternendiadem!

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Zur Jungfrau, die verschleiert mondenlang,

Hinüber blickst du, starr und sehnsuchtsbang –
Im Gold- und Demantschmuck der Sternenkrone
Verharrst du schweigend auf dem Wolkenthrone,
 Mont Blanc!

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Doch lüftet ihr den Schleier je einmal

Und küßt sie auf die Stirn ein Sonnenstrahl,
Dann wogt die Brust dir voller Seligkeiten,
Und als – Lawine stürzt ihr Kleid zu Zeiten
Zum Abgrund, wirft Demanten um sich hell,

35
Die zu der Jungfrau Füßen trägt der Quell;

Als Kandelaber über Fels und Kluft,
Dort hängen sie‚ erstarrt in eis’ger Luft –
Ob dir zu Füßen Wald und Woge braust –
Ob eine Welt von Ungethümen haust –

40
Im Gold- und Demantschmuck der Sternenkrone

Verharrst du schweigend auf dem Wolkenthrone,
 Mont Blanc!

Stumm in die Wolken hüllst du dich im Schmerz,
Bis du erweicht der Jungfrau Felsenherz,

[31]
45
Bis sie dir küßt die Stirn im Windeswehen,

Darauf Jahrtausende geschrieben stehen,
Bis sie des Ruhmes Vogel schickt, den Aar,
Dein Haupt zu grüßen mit dem Schwingenpaar –
Dann atmest du mit allen Wäldern auf,

50
Dann klopft dein Herz in aller Quellen Lauf,

Ob dir zu Füßen Wald und Woge braust,
Ob eine Welt von Ungetümen haust –
Prangst ewig jung du auf dem Wolkenthrone
Im Gold- und Demantschmuck der Sternenkrone,

55
 Mont Blanc!