Zum Inhalt springen

Prinz Karneval (Die Gartenlaube 1889/9)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Ida John
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Prinz Karneval
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 145
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[145]


Prinz Karneval.

Im Wald noch schläft die Anemone;
Kein Lied belebt das stille Thal,
Und sacht um Fels und Baumeskrone
Spinnt Einsamkeit den Märchenstrahl.

5
Doch heimlich hinter Band und Schleier

Pulst jungen Wachsens erste Spur;
Im Sturme küßt, ein kühner Freier,
Der Lenz die träumende Natur.

Da regt sich rings ein hold Erwachen,

10
Von Schöpfungshauchen zart umbebt,

Und tausend Wunderaugen lachen
Uns grüßend an: die Freude lebt!
„Prinz Karneval“ entfliegt der Hülle,
Die seine Hoheit schwer umfing;

15
Frei schwebt in Glanz und Lichtesfülle

Des Jahres schönster Schmetterling.

Er gaukelt, lauter Duft und Flimmer,
Als König in der Freude Reich;
Die Welt verklärt sein goldner Schimmer:

20
Erlaubt ist alles, alles gleich.

Und steht im Schwarme trunkner Zecher
Ein freudlos Menschenkind allein,
Reicht Liebe ihm den vollen Becher:
Ein Zug, – und Himmel werden sein!

25
Mit Schellen und mit Pritsche lärmend

Durch alle Gassen streift der Witz;
Zur Leuchte wird, in Thorheit schwärmend,
Unsinnigster Gedanken Blitz.
Und spräng’ das letzte Glas in Scherben,

30
Was thut’s? Was brechen sollte, brach!

Fürs Heute muß das Gestern sterben;
Was morgen kommt, wer fragt danach?

Nur wer im Rausche der Verblendung
Dem Spiele zugesellt die Schuld,

35
Dem wird zum Fluch der Freude Sendung,

Der schaut sie nicht, des Königs Huld.
Rein sei die Hand, Lichtfluth zu schenken;
Dann deckt mit seiner grauen Ruh’
Kein Aschermittwoch das Gedenken

40
An einzig schöne Stunden zu.
Ida John.