Zum Inhalt springen

Pro domo

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Rudolf Lavant
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Pro domo
Untertitel:
aus: Rudolf Lavant Gedichte
Herausgeber:
Auflage: 3. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1965
Verlag: Akademie Verlag
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons,
S. 73–74
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[73]
Pro domo


Könnt’ ich mir selbst und meinem innern Triebe
Mich überlassen, würd’ ich harmlos singen
Von Blumen, Sternen und von Schmetterlingen,
Von Waldesrauschen und von Wein und Liebe,

5
Denn jeder Windhauch bringt in mir zum Tönen

Wie eine Äolsharfe das Empfinden,
Und bis mir einst im Tod die Sinne schwinden,
Häng’ ich am Zarten, Lieblichen und Schönen.

Was für aparte Dinge ich empfunden

10
Beim Pirolflöten und beim Finkenschlagen,

Wie eine Blume still ich heimgetragen,
Die ich in tiefem Waldversteck gefunden,
Wie wunderlich zu Mute mir gewesen,
Wenn unter mir die raschen Wasser rannen

15
Und Nebelschleier um den Pfad sich spannen –

Es lohnte sich wahrscheinlich, es zu lesen.

Und wenn die Wiedergabe mir gelänge
Der Stimmungsschatten meiner Lebensreise –
Ich bin gewiß, daß meiner Lieder Weise

20
Unsäglich süß und dennoch traurig klänge

Und daß von traumhaft zwingenden Gewalten,
Die selten tauchen aus den stummen Tiefen,
In denen sie im Unbewußten schliefen,
Ich fürs Bewußtsein manchen festgehalten.

25
Doch wollt ich auf der stillen Steige suchen,

Um mich der Traumwelt ganz zu überlassen,
So schlug ans Ohr der Notschrei mir der Gassen,
Der Ruf nach Brot, das Jammern und das Fluchen,
Und heiß im Auge brannten mir die Tränen,

30
[74]
Und angesichts so schrecklichen Verschuldens,

So kalten Hohns und unerhörten Duldens,
Ballt’ ich die Faust und knirschte mit den Zähnen.

Wär ich ein Dichter, wenn ich kühl ertrüge
Den Lauf der Welt, die Herrschaft der Gemeinheit,

35
Den gift’gen Spott auf jedes Strebens Reinheit,

Den Sklavensinn, die Feigheit und die Lüge?
Müßt ich nicht selbst unsäglich mich verachten,
Wär auf die Sprengung der verhaßten Bande,
Wär auf die Sühnung der verjährten Schande

40
Gerichtet nicht mein Sinnen und mein Trachten?


Denn ehern sind, gewaltig sind die Zeiten,
Und wen sie wie ein Frühlingssturm ergreifen,
Der kennt nur eine Pflicht: sein Schwert zu schleifen
Und für die Wahrheit und das Recht zu streiten;

45
Der läßt, wenn’s sein muß, in den Tod sich hetzen,

Wie ins Exil auf einer fremden Erde,
Daß frei das Volk, das wunderreiche, werde,
Muß er an alles auch sein Alles setzen.

Drück ich in kühles Moos die Stirn auch heute,

50
So ist es nur, weil mich zu stetem Ringen

Die eigne Kampflust und die Gegner zwingen,
Weil ich mitunter der Erschöpfung Beute.
Doch ist zu mir, wie fern auch, der Trompeten
Mahnen und Werben nie umsonst gedrungen –

55
Ich bin noch immer hastig aufgesprungen,

Um festen Muts in Reih und Glied zu treten.


Anmerkungen (Wikisource)

Ebenfalls abgedruckt in:

  • Der Wahre Jacob 1898 Nr.309 Seite 2732