RE:Herakles/VI

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VI. Kapitel
Wesen und Bedeutung des Herakles im Kult
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aus: RE:Herakles
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von: Otto Gruppe
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[1007]

Dem späteren Altertum war H. vor allem Schutzherr der Athletik (z. B. Schol. Theokr. II 121 c), die er auch erfunden haben sollte (Plin. n. h. VII 205. Ioh. Malal. 204, 16 N.), und der Palaistra (z. B. Synes. ep. 32 = Epistol. p. 653, 35 H.). In hellenistischer und römischer Zeit gab es wohl kaum ein Gymnasion oder eine der Schaustellung körperlicher Kraft und Gewandtheit dienende Anstalt, die nicht einen Altar, eine Statue (vgl. z. B. die des Skopas im sikyonischen Gymnasion, Paus. II 10, 1) oder wenigstens eine Herme (vgl. z. B. ein anderes sikyonisches Gymnasion, ebd. 7; in Elis, ebd. VI 22, 5; H.-Hermen scheinen nach Cic. ad Att. I 6, 2, vgl. 10, 3 zu ornamenta γυμνασιώδη zu gehören) besessen hätte. Eine große Zahl der erhaltenen H.-Darstellungen, namentlich der unverhältnismäßig zahlreichen Hermen, stammt wahrscheinlich aus Ringschulen und den für athletische Kämpfe bestimmten Schauräumen. So sehr stand H. als Gott der Palaistra fest, daß auf einer Gemme die μεγάλη Τύχη τοῦ ξυστοῦ von ihm Löwenfell und Keule entlehnt (Furtwängler bei Roscher Myth. Lex. I 2183, 11ff.). Als Vorbild der Knaben wird H. in den Gymnasien bisweilen als Knabe dargestellt (z. B. CIG 5984 b. Visconti Bull. com. I 21ff. Taf. II; Hercules pusillus, Mart. III 47, 4). Städte, in denen es keine Gymnasien und Amphitheater gibt, sollen nach Vitruv. I 7, 1 die Heiligtümer des H. in der Nähe des Circus anlegen. Wie in Sparta die weiblichen Palaistriten unter den Schutz der Helena (Theokr. XVIII 24. Kaibel Herm. XXVII 256), so stellten sich an vielen Orten die männlichen Athleten unter den Schutz des H., vgl. z. B. den Brief Hadrians an die σύνοδος ξυστικὴ τῶν περὶ τὸν Ἡρακλέα ἀθλητῶν (IG XIV 1054 b. 1055 b; vgl. 1105. 1107. 1109). Die Waffen des Circuskampfes und die zum Gebrauch der Palaistra dienenden Geräte (z. B. die strigilis, Arch. Anz. 1904, 215) werden dem H. geweiht. Namentlich in Athen sind die Heiligtümer, soweit ihre Lage sich ermitteln läßt, meist mit Gymnasien verbunden oder wenigstens in der Nähe von Sportplätzen gelegen; vielleicht ist auch in diesem Punkt die spätere Sitte durch die attische mitbestimmt; doch lag diese Entwicklung des H.-Bildes von vornherein nahe, und sie war zum Teil schon eingetreten, ehe Athens Einfluß übermächtig wurde. Von den großen Agonalfesten galten [1008] die Olympien (o. S. 916, 63) und die Nemeen (o. S. 911, 53) wohl schon im 7. Jhdt., als von H. gestiftet: vielleicht auch die Isthmien, falls diese nicht erst später ein korinthischer Machthaber auf den künstlich dem tyrischen Stadtgott ausgeglichenen H. zurückgeführt hat (o. S. 921, 41). Dem H. zuliebe soll zeitweilig der Fichtenkranz durch den nemeischen Sellerie verdrängt sein (Plut. quaest. conv. V 3, 3). Auch von den späteren Sportfesten waren viele dem H. geweiht (z. B. in Eretria, Πρακτικά 1890, 95. Am. Journ. arch. 1896, 176, 17; vgl. 183. SIG² 935, 17; in Tralles, Kaibel Ep. 946, 3) und oft nach ihm genannt (vgl. z. B. Ἡρακλέους ἆθλοι Kaibel Ep. 492, 5; agon Herculeus in honorem Magni Alexandri, Hist. aug. Alex. Sev. 35); unter den zahlreichen H.-Festen der hellenistischen und der Kaiserzeit (s. o. S. 1004, 38) sind gewiß viele mit Kampfspielen verbunden gewesen. Natürlich wirkte dies auf den Mythos zurück: an vielen Orten wurde von Kampfspielen des H. berichtet; er galt als großer Ringkämpfer und Pankratiast (Cass. Dio LXXIX 10), als Kampfpreis im Pankration empfängt er bei Orph. Arg. 583 einen silbernen Mischkrug. Auf einem etruskischen Spiegel (IV Taf. 335, 2 S. 79) hebt er den Epiur im Ringkampf hoch, und den Adramyles (s. o. S. 956, 51), Antaios (s. o. S. 988, 35) und andere sollte er im Ringkampf besiegt haben. Über den Ringkampf mit Zeus s. o. S. 917, 14. Sein Ringkampf mit Theseus freilich blieb nach Ptolem. Heph. bei Phot. bibl. 151 a 35 unentschieden, und von Elatos und Pherandros wurde er nach Duris (s. o. S. 917, 17) besiegt. Im Lauf sollen ihn die Boreaden übertroffen haben (Semos FHG IV 495, 18 bei Schol. Apoll. Rhod. I 1304), dagegen errang er im Hippodrom mit Hilfe des Wunderrosses Arion nach Schol. Hom. Il. XXIII 546 einen Sieg über Kyknos. Iolaos soll bei den Rennspielen sein Wagenlenker gewesen sein (Paus. V 8, 4). Als Schutzherr der Palaistra wurde H. früh nicht nur neben Hermes, sondern auch neben die Gottheiten gestellt, denen die Fürsorge für die Erziehung der Jugend anvertraut war, also namentlich neben Athena (u. S. 1096), und die Musen (u. S. 1101, 53). Er wurde nicht allein allgemein Pfleger der männlichen Jugend, die ihm die Haare opferte (? o. S. 1006, 42) und in Athen am Kureotistage der Apaturien nach der Musterung die Oini(a)st(e)ria darbrachte (s. o. S. 926, 15), sondern auch selbst idealer Ephebe. So ist denn schon im 5. Jhdt. H. in die alte pädagogische Allegorie vom Scheideweg (angedeutet bereits bei Hesiod. ἐ. κ. ἡ. 287) eingeführt worden (vgl. außer Böttiger Hercules in bivio, Leipzig 1829 und der phantastischen Untersuchung von Schultz Philol. 1909, 488 die Göttinger Diss. von Alpers Hercules in bivio 1912). Dieser auf Prodikos zurückgeführte Mythos wird mit Abwandlungen in den Namen der dem Helden entgegentretenden Frauen und einzelnen Zutaten (z. B. Einführung des Hermes, Dio Chrys. I p. 65f.; anderes bei Alpers 47) unzähligemal bei Schriftstellern erwähnt (z. B. von Xen. mem. II 1, 21. Athen. XII 2 p. 510 c. Schol. Aristoph. νεφ.. 361. Cic. off. I 32. 118; vgl. ad fam. V 12, 3. Socrat. ep. 13 p. 618, 37 H. Philostr. 63 p. 486, 34 H.; s. auch die Inschrift IG XIV 1004 und über einen Mimus Paupertas des Laberius Crusius Neue [1009] Jahrb. XXV 96) und in der bildenden Kunst dargestellt, s. z. B. Welcker Ant. Denkm. III 310ff.; Kl. Schr. II 466ff. Kluegmann Ann. d. Inst. 1871, 19f. (Mon. d. Inst. IX Taf. 26, 3). Gerhard Antike Vasenbilder II 33, 6; Etrusk. Sp. IV 342f. S. 86f.; wenn in Erythrai Arete und Aphrodite laut der Inschrift Abh. Akad. Berl. 1909, 48, 4; vgl. 51, 68) am fünften Monatstag verehrt werden, so mag diesem Kultverein zwar eine umgedeutete barbarische Trias zugrunde liegen (v. Wilamowitz ebd. 55), aber schwerlich wären gerade diese Namen gewählt worden ohne den H.-Mythos, in dem die Hedone leicht durch Aphrodite ersetzt werden konnte.

Der Schutzherr der Jugendbildung galt später zugleich allgemein als Bringer der Kultur, die er durch die Bezwingung der dem Menschen feindlichen Naturgewalten ermöglicht haben sollte. Die jüngere Sage läßt ihn die Straße von Gibraltar durchbrechen und dadurch die Schiffahrt auf dem Okeanos ermöglichen (Sen. H. O. 1240. Pomp. Mela I 5; vgl. Plin. n. h. III 4): dieser vielleicht durch Poseidonios (v. Wilamowitz Her. II² 100) zur Herrschaft gelangenden Ansicht stand freilich die umgekehrte entgegen, daß er die Straße verengte, damit die Ungeheuer des Okeanos nicht in das Mittelländische Meer gelangen könnten (Diod. IV 18). Mehreren Flüssen sollte er einen andern Lauf gewiesen haben, teils um Sümpfe auszutrocknen, teils um dürre Wüsten zu befruchten (Aristid. XL 5 K.); so schafft er nach Diod. IV 18. Sen. H. F. 286ff. dem thessalischen Peneios, nach Opp. κυν. 115ff. dem Orontes einen Durchbruch, sperrt freilich auch nach Diod. a. a. O. den Orchomeniern zur Strafe den Kephisos ab, so daß der Kopaissee entsteht und viele Ansiedlungen zerstört werden. Schon die Augeiassage (u. S. 1049, 54) hatte von abgeleiteten Flüssen berichtet. Spätere übertragen dies auf andere Flüsse, abgesehen von den schon früher erwähnten auf einen sizilischen Fluß Thy(m)bris (Schol. Theokr. I 118 b; der Name ist in den Hss. verschieden überliefert und war es schon zur Zeit des Eustath. Dion. per. 350). Man erklärte die Prometheussage, indem man den ,Adler‘ auf einen Fluß dieses Namens bezog, den H. abgelenkt habe (Schol. Theokr. VII 76/77 h. Herodor. FHG II 34, 23 und Agroitas ebd. IV 295, 6 bei Schol. Apoll. Rhod. II 1248); auch dem Aroanios sollte H. (wie es scheint, durch einen Kanal) die Strömung verbessert haben (Paus. VIII 19, 4), ebenso dem Acheloos nach der rationalistischen Auslegung des Mythos vom abgebrochenen Horn (Diod. IV 35. Schol. Stat. Theb. IV 106; vgl. Maass Österr. Jahresh. 1906, 167 und o. Bd. I S. 216, 40ff.). Nach Hesiod, ἀσπ. 29 hatte Zeus ihn als Heiland für die Menschen gezeugt, nach Aristid. or. XL 2 K., damit Land und Meer einträglich würden; nach Pind. Nem. III 23ff. bezwang der Held die wilden Tiere des Meeres und erforschte Wasser und Land (vgl. Isthm. IV 55), nach Eurip. Ἡρ. μ. 400 machte er das Meer für Ruderschiffe fahrbar. Wilde Tiere des Landes hatte ihn schon der Dodekathlos bezwingen lassen; die hellenistische Zeit hat das weiter ausgeführt. Auf der Fahrt zu Geryones sollte er Kreta (Diod. IV 17), auf dem Hesperidenzug Libyen (Schol. Apoll. Rhod IV 1396, subscr. Pherekyd.) von wilden Tieren gesäubert [1010] haben; man glaubte, daß er Wölfe und Diebe von den Fluren abwehre (Anth. Pal. IX 72. 237, 5. Anth. Plan. IV 123, 2). Selbst die Überwindung der kleinen natürlichen Menschenfeinde wurde ihm zugeschrieben: auf sein Gebet sollten die Götter das Gebiet zwischen Rhegion und Lokroi von lästigen Zikaden gereinigt haben (o. S. 994, 61), und auf die Vertreibung der Heuschrecken, die im Oetagebiet dem H. Κορνοπίων zugeschrieben ward (Strab. XIII 1, 64 p. 613), bezieht sich wohl auch dies Insekt, das auf Münzen von Thasos und Tarent im Feld neben ihm erscheint. In Erythrai wehrte H. als Ἰποκτόνος den (Reb)wurm ab, auf einer Insel im Pontos sollten die Mäuse die dem H. heiligen Weintrauben nicht beschädigen (Aelian. nat. an. VI 40), in Olympia ließ ihn die Sage einen Tempel des fliegenabwehrenden Zeus stiften (Paus. V 14, 1; vgl. Klem. προτρ. II 38, 4 p. 33 Po.), in den römischen Herculestempel drang keine Fliege (Plin. X 79). Nach Rom ist diese Vorstellung wie die Ausgleichung des Saturnus und Kronos wahrscheinlich von Olympia her gekommen, nach diesem Festplatz vielleicht von Tyros her (u. S. 1107). – Als Bekämpfer der dem Lande feindlichen Naturgewalten erscheint H. auch unter den Göttern des Landessegens (Zoega Bass. ril. II 115. O. Jahn Arch. Beitr. 62, 34). Als eine Hungersnot ausgebrochen war, gebot das Orakel den Sikyoniern, dem Apollon, H., der Artemis und Athena Statuen zu errichten (Plin. n. h. XXXVI 10). Auch das Füllhorn konnte, nachdem H. vorübergehend in den eleusinischen Kreis aufgenommen war und dies Attribut erhalten hatte, auf die von ihm erhoffte Segensfülle bezogen werden (Müller Handb. d. Archäol. 411, 5). Vgl. auch o. Bd. VIII S. 592, 57ff.

Aber nicht bloß mittelbar durch die Überwindung der natürlichen Feinde sollte H. die Kultur ermöglicht haben, er galt auch geradezu als Kulturbringer, als Erbauer von Straßen (z. B. am Aornossee Diod. IV 22), als Gründer von Städten (z. B. Abdera, Herculaneum, Herakleia Pontike, Kallatis, Kios, Kroton, Nakoleia, Nikaia, Perinthos, Sagunt); als Stadtgründer, wie es scheint, stellt ihn eine Münze des Commodus (Müller-Wieseler Ant. Denkm. LXXI nr. 396), der als neuer H. ein neues Rom gründen wollte, mit Stier und Kuh pflügend dar. Er sollte zuerst Tote begraben (Schol. Hom. Il. I 52), auch die Leichen der Gefallenen zur Bestattung herausgegeben (Plut. Θησ. 29. Aelian. var. hist. XII 27. Oxyrh. Pap. 1241 III 12ff. = Bd. III S. 103) und durch gute Gesetze oder Waffengewalt die Staaten zur Vernunft gebracht (Aristid. XL 4; vgl. 6 K.), z. B. in Rom die Menschenopfer für Saturn abgeschafft haben (Dion. Hal. ant. I 38. Plut. quaest. Rom. 32. Ovid. fast. V 625ff.). Plutarch (μουσ. XL 4) nennt ihn κεχρημένος μουσικῇ. Als Schüler des Linos kannte ihn wohl schon das 6. Jhdt.; sf. Vasenbilder (Heydemann Gr. Vasenb. III 2 S. 3; Kluegmann Comm. Momms. 265, 5) stellen ihn zitherspielend dar. Dieser Typus wurde dann noch einmal im 1. Jhdt. v. Chr. sehr beliebt; so ergänzt z. B. Furtwängler bei Roscher Myth. Lex. I 2182, 12ff. (vgl. Friederichs-Wolters 1431) den Torso vom Belvedere, der nahe dem Theater des Pompeius gefunden ist. Für diesen Platz war in der [1011] Tat der musizierende Held geeignet, doch wurden vielfach auch der ausruhende H. und andere Typen des H. zum Theaterschmuck verwendet. – Das Alphabet hatte H. nach Plut. gen. Socr. 7, wie es scheint, in Ägypten unter Proteus’ Herrschaft gelernt und seine Kenntnis unter den Griechen verbreitet. Selbst die Wissenschaften wurden auf ihn zurückgeführt; die prudentiores bezeichnen ihn nach Serv. Aen. VI 395 mente magis quam corpore fortis; Stoiker rechnen ihn zu den Philosophen (Sen. dial. II 2, 1), die Kyniker erhoben ihn zu ihrem Patron (Weber Leipz. Stud. 1887, 251. Crusius Rh. Mus. 1889, 311; vgl. Apul. flor. 22; apol. 22), wobei sie die von H. bezwungenen wilden Tiere als Laster deuteten; der Mythos von der Verwundung Heras, die der späteren Zeit als ἀήρ galt, ward darauf gedeutet, daß Dunst und Nebel die klare Überlegung verdunkeln (Schol. Townl. Hom. Il. V 392). Im Kreise des Chiron (u. S. 1017, 45) und Atlas (Plut. Ei ap. Delph. 6) sollte H. gelernt haben; bei jenem dachte man vermutlich besonders an die Heilkunst, deren Kenntnis man dem Helden ebenfalls zuschrieb, bei diesem an die Astronomie, auf welche die Himmelssäulen bezogen wurden (s. u. S. 1072, 12) und die Mantik (Astrologie?; vgl. Herodor. bei Klem. στρ. I 15. 73; μαντικώτατος ὁμοῦ καὶ διαλεκτικώτατος nennt Plut. Ei ap. Delph. 6 den H.). Als ,Astrologus‘ (d. h. Astronom) sollte H. sich am Tage einer bevorstehenden Sonnenfinsternis in die Flammen gestürzt haben (Fest. ep. 100, 14 M.). Nach den ἐκλ. ἱστορ. bei Cramer Anecd. Par. II 380 hatte H. die Philosophie namentlich in den Westländern gelehrt. Auch andere Wissenschaften sollte er betrieben haben, z. B. die Geographie (Plut. frg. 24 = Stob. flor. LIII 14) und die Logik (Plut. Ei ap. Delph. 6). Schließlich wurde H. als großer Gelehrter den Mythendeutern des späteren Altertums zum Symbol der höchsten Weisheit (ὁ γνήσιος καὶ φιλόσοφος νοῦς Klem. (ὁμιλ. VI 16), sogar zur Weltvernunft (Korn. 31), zum (λογισμός, der die (κακία überwindet (Tzetz. chil. II 259ff.), während er freilich andern Stoikern (τὸ πληκτικὸν καὶ διαιρετικόν des Weltgeistes war (Plut. (Ἰσ. 40).

Von einer andern Seite her ist H. Schutzherr der Thermen geworden (Aristoph. (νεφ. 1050 mit Schol. Athen. XII 6 p. 512 f. Ps.-Plut. prov. Al. 21. Aristid. XL 20 K. Eustath. Il. XXII 444 p. 1279,3; vgl. Od. VIII 248 p. 1594, 17. Phot. Hesych. Suid. s. (Ἡράκλεια λουτρά; anderes wird im folgenden erwähnt werden. Vgl. auch Gerhard Ant. Vasenb. II 162, der auch das albanische Relief bei Zoega Bass. ril. II Taf. LXX hierherzieht). Selbst die künstlichen Thermen der späteren Zeit scheinen öfters unter H.’ Schutz gestellt worden zu sein, da mehrere Statuen von ihm in der Nähe solcher Anstalten gefunden sind, z. B. der farnesische H. bei den Caracallathermen. Aber vorher waren dem H. die natürlichen Warmbäder, die als heilkräftig galten, geweiht. Als Heilquelle hat wohl die Ἡράκλειος κρήνη vor dem Hippolytosheiligtum in Troizen (Paus. II 32, 4) gegolten; nicht unwahrscheinlich bringt Wide Troezen. sacr. 89 die Schwefelthermen von Methana mit dem H.-Kult der Stadt in Verbindung; in Geronthrai wird dem H. eine Quelle wegen einer wunderbaren Heilung gestiftet (IG V 1, 1119). Der H. Μακίστιος steht wohl in Beziehung zu dem ,Heilfluß‘ Ἀκίδων [1012] (Strab. VIII 3, 21 p. 348) in Triphylia. Über die Thermopylen vgl. Peisandr. frg. 7 bei Schol. Rav. Aristoph. νεφ. 1050. Zenob. VI 49. Harpokr. s. Θερμόπυλαι. In dem nach den Thermen genannten lindischen Hafen Thermydrai spielt eine Sage, die ein H.-Fest erklären will (o. S. 962, 41). Viel erzählte man von Thermalbädern des H. in Lydien, wo er am Hyllosfluß geheilt sein sollte (Panyas. frg. 17. Schol. Apoll. Rhod. IV 1149) und wo die Flüsse nach Schol. Townl. Il. XXIV 616 für ihn warme Quellen strömen ließen (vgl. o. S. 972, 36), und in Phrygien (o. S. 977, 64). Viele dem H. heilige Quellen sind in Italien überliefert oder zu erschließen, z. B. bei Kyme und Baiae (Strab. V 4, 6 p. 245. Stat. silv. III 1, 10; vgl. Berl. philol. Wochenschr. 1911, 1003), Caere (Liv. XII 1, 10), Allifae (CIL IX 2338), Patavium (Claud. id. VI 25). Selbst in Ungarn finden sich H.-Quellen (CIL III 1563–1573); vgl. im allgemeinen Roscher Rh. Mus. 1898, 177ff. Die Annahme liegt nahe, daß die Heilquellen deshalb dem H. geweiht waren, weil dieser dem späteren Altertum als Heilgott galt; indessen scheint das Verhältnis eher das umgekehrte gewesen zu sein. Es ist schwerlich bloßer Zufall, daß an den Orten, wo die Sage von der Überwindung des Geryones spielt, in Lydien, in Chaonia, bei Baiae, bei Patavium und in den Thermopylen sich warme Quellen finden (u. S. 1064, 10); diese sind wahrscheinlich früher dem Geryones geweiht gewesen, und erst der Dichter, der von dessen Überwindung durch H. sang, hat sie dem H. zuliebe von einer Gottheit erschließen lassen, sei es von Zeus, der nach Schol. Hom. Il. XX 74 für den durstigen H. durch einen Blitzstrahl den Skamandros der Erde entlockt, oder von Athena, von der es später oft heißt, daß sie für H. Quellen hervorströmen ließ (Peisandr. frg. 7 bei Schol. Aristoph. νεφ. 1050. Ps.-Plut. prov. Alex. 21. Zenob. VI 49. Hesych. s. Ἡράκλεια λουτρά. Suid. s. Ἡράκλειος ψώρα. Cod. Ath. 1083 in S.-Ber. Akad. Münch. 1910, 17), z. B. in Himera (Schol. Pind. Ol. XII 27 b. c) und an den Thermopylen (Peisandr. frg. 7 Ki.), oder von Hephaistos (Ibykos frg. 46 bei Schol. Aristoph. νεφ. 1052. Apostol. VIII 66. Suid. s. Ἡράκλεια λουτρά), oder von Nymphen, die in Lydien (Panyas. frg. 17 Ki.) und in Sizilien (Diod. IV 23) dem H. Quellen erschlossen. Vielleicht ließ auch der alte Dichter des Liedes von H. und Eurystheus den H. selbst die Quelle herausschlagen, etwa mit der Keule, wie dies später von den λουτρὰ Ἡρακλέους im Dryoperland (Anton. Lib. 4; vgl. Strab. IX 4, 2 p. 425) und von der Entstehung des Ciminischen Sees in Etrurien (Serv. Aen. VII 697) erzählt wurde, oder mit dem Fuß, wie nach Apoll. Rhod. IV 1445ff. den Quell bei den Hesperiden in Afrika. Später galt H. für einen Quellfinder (Plut. cum princ. philos. esse I 7; vgl. Paus. II 32, 4. Jahn Arch. Beitr. 62, 34. Legrand Bull. hell. 1893, 88). Schon das alte Epos läßt ihn auf der Argofahrt aussteigen, um Wasser zu holen (in Magnesia nach Hesiod. frg. 154 Rz.² bei Schol. Apoll. Rhod. I 1289 oder in Kleinasien, vgl. Pind. Pyth. IV 303. Diod. IV 44); man erzählte, daß er im Wasserholen siegreich einen Wettkampf mit Lepreos bestand (Zenod. bei Athen. X 2 p. 412 a. Aelian. var. hist. I 24; vgl. das rf. Vasenbild aus Altamura Ann. d. Inst. 1877 [1013] Tav. W. Jatta ebd. 410ff.). Öfters wird auf Vasenbildern, Spiegeln und auch geschnittenen Steinen (z. B. bei Furtwängler Gemmen Taf. VIII 39) H. Wasser schöpfend oder wenigstens nahe einer Quelle (vgl. Etrusk. Sp. II Taf. 135 = III S. 129) dargestellt; nach Hartwig Her. mit Füllh. 15ff. hängt es damit zusammen, daß H.-Heiligtümer oft (z. B. am Melas, Paus. IX 38, 6) in der Nähe von Quellen angelegt waren.

Der Schutzherr der Heilquellen konnte leicht zum Schutzherrn aller Heilungen werden. Als solcher erscheint er z. B. in Geronthrai (IG V 1, 1119, 2f.), Hyettos (Paus. IX 24, 3) und Rom (Lyd. mens. IV 46) und wird mit Hermes, Hygieia, Asklepios u. a. Gottheiten der Ärzte in der bildenden Kunst dargestellt (z. B. Ἐφ. ἀρχ. 1894 Taf. VII; vgl. Skias ebd. 138ff.); wegen dieser Eigenschaft ist er wohl auch dem ägyptischen Chonsu (o. Bd. III S. 2371, 61f.) gleichgesetzt worden (o. S. 987, 3) und in diesem Sinn hat man ihn zum Schüler des Chiron gemacht (Plin n. h. XXV 66; vgl. das sf. Vasenbild Archäol. Ztg. 1876 Taf. XVII. Kluegmann ebd. 199). Als Arzt sollte er nach der rationalistischen Erklärung bei Plut. ἐρωτ. XVII 18 Alkestis vom Tode befreit haben; die Überwindung des Geras (o. Bd. VIII S. 1241, 36ff.), die mindestens seit dem Ende des 6. Jhdts. in der bildenden Kunst dargestellt ist, und die schon bei Hesiod. θεογ. 952 = Od. XI 604 bezeugte Vermählung mit Hebe setzen Vorstellungen voraus, die der des Heilenden jedenfalls nahe stehen. Ausdrücke, die ihn allgemein ,Abwehrer‘ Ἀλεξίκακος, Ἄλεξις, Ἀπαλεξίκακος, Κηραμύντης, Σωτήρ usw., s, o. S. 1001ff.) oder ἀρῆς ἀλκτήρ (Hesiod. ἀσπ. 29), Geber der ἀλκὰ ἀμαχανιᾶν δυσβάτων (Pind. Nem. VII 96), ἀλεξητήρ κακῶν (Kaibel Ep. 831, 12f.) nennen, werden zum Teil insbesondere dem Heilgott gelten, der νούσων θελκτήρια πάντων bringt (Orph. hymn. XII 14) und mit seinen Pfeilen die bösen Keren vertreibt (ebd. 16). Als Heilgott ist H. in den apotropäischen Zauber gekommen (z. B. Diod. V 64), in dem ihn z. B. der Spruch ὁ τοῦ Διὸς παῖς καλλίνικος Ἡρακλῆς | ἐνθάδε κατοικεῖ, μηδὲν εἰσίτω κακόν (Diog. ep. 36 p. 249 H. Diog. Laert. VI 50. Kaibel Ep. 1138 aus Pompeii. Klem. στρ. VII 4. 26; latein. Übersetzung Anth. lat. II 23; anderes bei Weinreich De dis ignot. 12ff.; vgl. 46) anruft. H. erscheint deshalb als Schützer eines Ortes (Anth. Pal. IX 237. Anth. Plan. IV 123) und als Grenzhüter (z. B. mit Hermes, Anth. Pal. IX 316); als solcher stand er z. B. auf dem Koryphongebirge (Paus. II 28, 2) und auf der Grenze zwischen Arkadien und Messenien (Paus. VIII 35, 2. Hartwig Her. mit Füllhorn 19ff. vergleicht die tegeatische Verbindung des H. mit Hermes und den Charites, IG V 2, 95). Wenn Eitrem Opferrit. u. Voropfer 286 aus mehreren – freilich nicht einwandfreien – Spuren (z. B. Hellan. bei Schol. Lykophr. 469. Eurip. Ἡρ. μ. 1331) mit Recht erschlossen hat, daß auch dem H. wie sonst dem Hermes Steinhaufen geweiht waren, so galten diese vielleicht ursprünglich dem Hüter der Grenzen. Indessen ist die Hilfe in der Not und deren Abwehr eine so allgemeine Eigenschaft fast aller griechischen Gottheiten und Heroen, daß sie H. leicht auch auf anderem Wege als dem hier angegebenen zukommen [1014] konnte. Zahlreiche Heroen mit kriegerischen Namen wurden um die Abwehr von Krankheiten und andern Leiden gebeten (Gruppe Griech. Mythol. 452f.); es war daher natürlich, daß man sich auch an den gewaltigsten Kämpfer, an H., wandte, der überdies an die Stelle von manchen unter ihnen getreten war. Auch die Idaioi, deren einer dem H. in Olympia gleichgesetzt wurde, müssen, wie die Namen zeigen, neben andern Funktionen auch die von Heilgottheiten gehabt haben. An andern Stellen, z. B. in Hyettos kann H. nachträglich an die Stelle eines älteren Gottes der Gesundung getreten sein; und vielleicht waren Heilungen schon an dem Heiligtum der Gottheit üblich, in deren Dienst H. von Anfang an gestanden hat: der Hera von Argos. So ist es denn begreiflich, daß H. auch durch andere Mittel heilt, als durch Thermen, z. B. durch Traumorakel, die wenigstens oft, wenn auch nicht ausschließlich, zu Heilungen dienten. Es sind nicht gerade viele Zeugnisse, die davon erzählen, daß H. im Traum erschien (vgl. Keil Syll. inscr. Boeot. S. 100), und manche von ihnen gehen nicht den griechischen H. an, z. B. Tac. ann. XII 13 (Verethragna?), Porphyr, zu Horat. sat. II 6, 12 (römisch?); allein in Athen soll H. dem Sophokles (o. S. 928, 60) geweissagt, in Theben Leonidas (Plut. Herodot. malign. XXXI 12) im H.-Tempel eine Traumvision gehabt haben: daß auch in Erythrai H. Inkubationsorakel gab, folgert Furtwängler bei Roscher Myth. Lex. I 2138, 12 aus der Geschichte vom blinden Fischer Phormion (Paus. VII 5, 7). Über den Traum des Myskelos s. Ovid. met. XV 19ff. Da Baityle oft zu Inkubationen dienten, ist vielleicht auch der λίθος ἀργός im H.-Tempel zu Hyettos zu diesem Zweck benützt worden. Ferner werden mehrere Heilpflanzen (Murr Pflanzenw. in der griech. Myth. 217ff.), z. B. Herakleion panakes (Plin. n. h. XXV 32), Herakleion siderion (ebd. 34), das Verwundungen heilen sollte, nach H. genannt und sollen ebenso wie die Apollinaris herba (ebd. 35) von ihm zuerst ,gefunden‘, d. h. wohl als heilkräftig erkannt sein; vermutlich sind sie einst in seinem Kult zu Heilungen verwendet worden. Ein anderes wenigstens durch den Namen mit H. verbundenes Heilmittel, das Ἡράκλειον ἅμμα (o. Bd. VIII S. 594f.), sollte bei Verwundungen heilsam sein, vielleicht auch bei der Zeugung (Fest. ep. 63, 6 s. cingulo), womit vielleicht die Sage zusammenhängt, daß Zeus seiner Mutter beiwohnte, nachdem er sie Ἡρακλεωτικῷ ἅμματι gebunden (Athenag. πρ. 20). Möglicherweise ist H. in Tegea mit der Geburtgöttin Auge (Fehrle Kult. Keuschh. 193) deshalb gepaart worden, weil er selbst die Fortpflanzung begünstigen sollte. An mehreren Stellen scheint H. Schützer der Zeugungskraft gewesen zu sein, z. B. in Thespiai, wo er wahrscheinlich an die Stelle des Iphikles getreten ist. Krankheiten, gegen die man H.’ Hilfe erflehte, waren die Kolik, zu deren Abwehr, nach Alex. Trall. de med. nat. X 1, Amulette mit dem Bilde des H. getragen wurden, und vielleicht das Alpdrücken (Sophr. frg. 70 K.; vgl. o. Bd. VI S. 21, 40; Crusius N. Jahrb. XXV 88). Vermutlich wurde einst auch die ,herakleische Krankheit‘, d. h. die nach den Vorstellungen mancher antiker Ärzte zugleich als Hautkrankheit auftretende Epilepsie (ἱερὰ νόσος, comitialis morbus) an Kultstätten des H. geheilt; die [1015] tyrischen Wachtelopfer (s. o. S. 1006, 20) scheinen darauf zu deuten, daß auch am Heiligtum des Melkart solche Kuren geübt wurden (Gruppe Hdb. 1277f.). Doch erklären die Griechen die Benennung der Krankheit nach H. davon, daß dieser selbst daran gelitten habe und unter furchtbaren Schmerzen auf dem Oeta gestorben sei (Aristot. ἱπροβλ. 30, 1 p. 953, 14. Ps.-Plut. prov. Alex. 36. Makar. IV 26. Arnob. IV 25). Auf vermeintliche Heilung von Geisteskrankheit scheinen die Sagen vom Wahnsinn des H. zu deuten; s. u. S. 1019, 18ff.

Es war natürlich, daß der Held, den die Sage die ganze bekannte Welt durchziehen ließ, Schutzherr der Reisenden wurde. Als Ἡγεμών (o. S. 1002, 21) leitet er die Auswanderer, schützt gegen Gewalttat (Hesych. s. Ἡράκλεις), seine Statue steht am Wege, schädigt die Räuber und hilft dem friedlichen Wanderer (Anth. Plan. IV 124). Er rettet aus Sturmesnot und anderer Seegefahr (Aristid. or. V 34 p. 60 Ddf. = XL 12 K. Liban. or. XVIII 186 = 1584 R.; vgl. Lobeck Agl. 1174. Welcker Gr. Götterl. II 791 f.). Auswanderer bekränzen sich mit der dem H. heiligen (u. S. 1113, 40) Pappel (Horat. carm. I 7, 23). Ebenso nahe lag es, daß sich Freigelassene in den Schutz des H. stellten, der schmähliche Knechtschaft ertragen, aber dann unsterblichen Ruhm erlangt hatte. Viele Weihungen sind dem H. auf Grund von Freilassungen gemacht worden (z. B. Ann. Brit. Sch. of Ath. XVIII 1911/12, 184 nr. 31). Seltsam ist, daß mehrere Stätten, an denen H. von ehemaligen Sklaven (oder nicht vollberechtigten Bürgern) verehrt wird, durch ihren eigenen Namen oder durch den der Geschlechtsgenossenschaft oder auch den Beinamen des H. auf den Hund hinweisen (s. o. S. 955, 19f.).

Da H. nach der Sage so viel Beute gemacht hatte, schien er auch unverhofften Handels- und anderen Gewinn zu gewähren, insbesondere gute Funde, Horat. sat. II 6, 12; Porphyr.; Pers. II 10; vgl. die Geschichte von H. Μηνυτής (s. o. S. 928, 58), wofür man ihm den Zehnten darbrachte (o. S. 1006, 30ff.). Auch beim Würfeln, in dem H. selbst nach der römischen Geschichte von Larentina Acca (o. Bd. I S. 131, 57ff.) Glück hatte, wird man ihm den Erfolg zugeschrieben haben.

Über H. als Gott der Sonne und als Gott der Zeit s. u. S. 1104, 2ff.