RE:Aedituus

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Verwalter, Tempeldiener
Band I,1 (1893) S. 465 (IA)–466 (IA)
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Aedituus. Als ältere Formen finden sich bei Schriftstellern und auf Inschriften aeditumus und aeditimus (Varro de r. r. I 2, 1. Gell. XII 10. Marquardt Staatsverw. III 214, 7. Ruggiero Diz. epigr. I 271; die Stellen lassen sich nach den Indices des CIL leicht vermehren), inschriftlich auch oft aeditus. Die Thätigkeit bezeichnet aedituens bei Lucret. VI 1273 , aeditumor und aedituor, aedituavit CIL VI 8707. (2553*). Der römische A. ist von der aedes benannt, in welcher und für welche er thätig ist (Varr. de l. l. VII 12. VIII 61. Gell. XII 10, 5. Fest. ep. p. 13; übertragen Hor. epist. II 1, 230); custos aedis (CIL III 1158. VI 435. IX 1609) scheint mit A. gleichbedeutend zu sein, jedoch sind die curatores templi, magistri fani etc. von den aeditui verschieden (Marquardt Staatsverw. I 172f. Mommsen Eph. epigr. II p. 128ff. Ohnesseit im Philolog. XLIV 527ff.). Marquardt Staatsverw. III 214ff. (vgl. Comment phil. in honor. Th. Mommseni 378ff.) nimmt zwei Arten von aeditui an, den Tempeldiener (aedituus minister), welcher das Heiligtum öffnet, schliesst und reinigt, den Fremden die Merkwürdigkeiten desselben zeigt, den Zutritt zum Tempel bewacht, und den Tempelverwalter (aedituus magister), in dessen Obhut die Einrichtung des Gebäudes mit den Weihgeschenken, dann die von Behörden und Privaten im Tempel deponierten Capitalien und Documente stehen. Aber diese Zweiteilung lässt sich nicht genügend beweisen; ein aed(ituus) mag(ister) ist nur belegt in der Inschrift eines Freigelassenen CIL VI 2212, ein aedituus minister bis jetzt noch nicht, nur eine aeditua ministra CIL VI 2213 (vgl. 2209), deren Stellung näher zu bezeichnen nicht möglich ist; der servus publicus, welcher bald aedi(tuus) a sacrario divi Aug. (CIL VI 2330b), bald nur a sacrario divi Aug. (2329. 2330a; vgl. 2331f.) tituliert wird, soll nach Marquardt ein aedituus minister sein. Da sich sonst bei den Autoren sowohl wie auf den zahlreichen Inschriften stets nur die einfache Benennung a. findet, so müsste man allgemein auf eine Unterscheidung der beiden Arten von a. in der Titulatur verzichtet haben, was höchst unwahrscheinlich ist. Vielmehr wird es nur eine Klasse von A. gegeben haben – wie auch die oben angeführten Erklärungen des Wortes beweisen –, welche sowohl mit den Verrichtungen betraut waren, die unsern Küstern obliegen, als auch Verwaltungsbeamte wie unsere Geistlichen waren, und so als Tempelverwalter (antistites) neben den Tempelpriester traten (CIL V 519 ein sacerdos im Tempel der Mater Magna neben einem aedituus, wie CIL VI 406 ein curator templi neben einem sacerdos. Dig. XXXIII 1, 20, 1 ein sacerdos, hierophylax und liberti, qui in illo templo erunt). Die aeditui wohnten im Tempel (vgl. bes. Suet. Domit 1. Tac. hist. III 74 und I 43. Varro de l. l. V 52, dazu Marquardt Staatsverw. III 154, 2. 216, 6). Je nach der Bedeutung des Tempels, welcher der Fürsorge des A. anvertraut war, oder nach der Vornehmheit [466] der Kultgenossenschaft, welche ihn bestellt hatte, war der Stand des A. ein verschiedener; es finden sich Sklaven aller Art, servi publici, Sklaven des kaiserlichen Hauses und von Privaten, Freigelassene, meist kaiserliche, Peregrine und römische Bürger; in den Zeiten der Republik bekleideten das Amt vielleicht nur freie und angesehene Bürger (Serv. Aen. IX 645). Die aedes Concordiae hat römische Bürger zu aeditui (CIL VI 2204–2208), einmal einen servus Caesaris (CIL VI 8703), dessen Titel aeditus ab Concordia lautet, während die Bürger aeditui aedis Concordiae genannt sind.

Die vornehmeren aeditui haben die Küstergeschäfte nicht in Person besorgt, sie beauftragten mit diesen Diensten Freigelassene oder Sklaven, denen aber dann neben ihnen der Titel a. nicht zukam (Dig. XXXIII 1, 20, 1); und so wird sich in Praxis oft die cura templi in die zwei verschiedenen Functionen geteilt haben, die Marquardt ansetzt. Die Inschriften haben meist nur den Titel aedituus, die Angabe des Tempels (im Genetivus oder mit den Praepositionen a und de) findet sich: CIL V 5306. 5598. VI 122 (2 aeditui Veneris hortorum Sallustianorum, dazu Eph. epigr. IV 869). 479 = XIV 32. VI 675. 2203–2211 (zu 2208 Eph. epigr. IV 868). 2329. 2330b. 4222. 4305. 4327. 5745. 8423. 8703–8711. X 6638. XIV 32. 73; vgl. auch Tac. hist. III 74. Varro de r. r. I 2, 1. Orelli 2445. Über den aedituus der fratres Arvales (Sklave des Collegiums) vgl. Henzen Acta p. IX und 139. In einem corpus militum (in einer Militärstation) war natürlich ein Soldat (ein Peregrine) A. CIL III 5822 aedituus singularium = aedituus alae II Flaviae singularium (vgl. a. a. O. S. 1156); ein Veteran nennt sich (CIL III 1158) aedis (sc. Victoriae Augustae) custos c(ivium) R(omanorum) leg. XIII; vgl. dazu CIL IX 1609 (factus custos imp.) Antonino aedis sa(crae) und VI 406. Die XVI aeditui (aedis) Castoris et Pollucis in Tusculum (oder aeditui Castoris et Pollucis Augustales oder Augustales aeditui CIL VI 2202. XIV 2620. 2629. 2637. 2639. 2918) mit einem magister und einem curator haben dem Kaiserkult und dem Kult des Castor und Pollux obgelegen, wie die seviri Augustales in den Municipien, welche auch neben dem neuen Kaiserkulte schon bestehende Götterkulte beibehielten. Schneider de sevirum Aug. munerib. Giss. 1891, 33ff. Ohnesseit a. a. O. S. 531. Vgl. νεωκόροι und Marquardt a. a. O. 214, 8.

Nicht nur in den Tempeln, sondern auch in andern öffentlichen Gebäuden waren aeditui (Hausmeister) verwandt, so im atrium Libertatis als Hüter der tarentinischen und thurinischen Geiseln (Liv. XXV 7); Serv. Aen. IX 645 nennt sogar den servus atriensis in Privathäusern aedituus, wofür sonst keine Zeugnisse vorhanden sind. Ferner findet sich ein a. collegii tabernaclariorum CIL VI 5183b, ein a. in einem collegium funeraticium VI 10291, ein aediti(mus) corporis fabrum navalium Portensium (oder Ostiensium) XIV 256, 179, ein aed. vern(arum) Ant(iatium) X 6638, ein a. libertorum et familiae VI 9102, ein a. (servus) familiae Africanae Eph. epigr. V S. 751. – Der a. sepulcri Sergiae familiae (Orelli 2447) ist gefälscht; vgl. CIL VI 2553*.