RE:Alexandros 10

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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A. III., der Große von Makedonien, Sohn Philippos II. und der Olympias
Band I,1 (1893) S. 1412 (IA)–1434 (IA)
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10) Alexandros III., der Grosse, von Makedonien, Sohn Philippos II. und der Olympias, Tochter des Molosserkönigs Neoptolemos, wurde geboren im J. 356 v. Chr. = Ol. 106, 1, nach Plut. Alex. 3 am 6. Hekatombaion (Loos), unmittelbar nach der Einnahme von Potidaia. Sein Geburtstag soll zusammengetroffen sein mit dem Brande des Artemistempels zu Ephesos, mit einem Siege des Philipp zu Olympia und einem Siege des Parmenion über die Illyrier (Plut. a. O.); er fällt aber in Wahrheit wohl erst in den Herbst d. J. (vgl. Arr. VII 28, 1; anders Unger Philol. XLI 82, 6). Der Einfluss seiner leidenschaftlichen und ehrgeizigen Mutter Olympias scheint nicht ohne Bedeutung gewesen zu sein, vor allem für die Erweckung der Ruhmbegierde in des jugendlichen A. Seele, welche später durch die eifrige Lectüre der homerischen Gedichte gestärkt wurde. Achilleus wurde sein Vorbild (vgl. Plut. Alex. 5. 8 u. s.). Von der grössten Bedeutung wurde für A., dass ihm sein Vater den Aristoteles zum Lehrer gab (unter dem Archontate des Pythodotos = Ol. 109, 2, wie Diog. Laert. V 10 berichtet; Ol. 109, 3 nach Bergk Rh. Mus. XXXVII 362). Es war vor allem wichtig für die Bildung des künftigen Herrschers, dass er durch [1413] den grossen Philosophen nicht allein mit dem hellenischen Geistesleben vertraut gemacht und so der geistigen Kultur der Hellenen näher gerückt, sondern namentlich auch in die Kenntnis des politischen Lebens und der politischen Theorien von Hellas durch den grössten Kenner derselben eingeführt wurde. A. hat auch später Dankbarkeit und Pietät seinem grossen Lehrer bewahrt, ein Verhältnis, welches erst in den letzten Lebensjahren des Königs getrübt wurde (Plut. Alex. 8). Doch scheint der Einfluss des Aristoteles sich mehr auf die allgemeine Ausbildung der geistigen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften A.s erstreckt zu haben, als dass er sich in bestimmten, für A.s späteres Leben und seine Regierung massgebenden Anschauungen und Grundsätzen erkennen liesse (anders Nissen Rh. Mus. XLVII 165). Seine politische und militärische Befähigung soll A. schon während der Regierung seines Vaters bewährt haben; während der Belagerung von Byzantion durch Philippos war er nach Plut. Alex. 9 mit der Statthalterschaft über Makedonien betraut; die abgefallenen Maider unterwarf er und gründete hier eine Stadt Alexandropolis (Plut. a. a. O. Steph. Byz. s. Ἀλεξάνδρεια 3); an dem Siege bei Chaironeia, wo er den ἱερὸς λόχος der Thebaner in Auflösung brachte, schrieb man ihm einen hervorragenden Anteil zu (Plut. Alex. 9. Diod. XVI 86). Das Verhältnis zu seinem Vater wurde während der letzten Zeit von dessen Regierung durch die Ehe des Philippos mit Kleopatra, der Nichte des Attalos, so getrübt, dass A. sogar zeitweiligen Aufenthalt in Illyrien nahm (Satyros frg. 5 bei Athen. XIII 557 d = FHG III 161. Plut. Alex. 9f. Iust. IX 7. Arr. III 6. 5f. Plut. apophth. Philipp. 30).

Nach der Ermordung des Philippos durch Pausanias trat A. selbst im Alter von 20 Jahren die Regierung an unter dem Archontate des Pythodelos, Ol. 111, 1 = 336 v. Chr. (vgl. Arr. I 1, 1. Diod. XVI 91, 1), unter sehr schwierigen Verhältnissen, da er seinen Thron anderen Bewerbern gegenüber, dem lynkestischen Fürstenhause und dem Amyntas, dem Sohne des Perdikkas (vgl. [Plut.] de fort. Alex. I 3), und vor allem gegen Attalos, den Oheim der Kleopatra, welcher seine eigenen ehrgeizigen Pläne durch sein Eintreten für den unmündigen Sohn des Philippos und der Kleopatra zu verdecken suchte, behaupten musste (Diod. XVII 2, 3). Attalos, welcher von Philippos mit Parmenion zur Vorbereitung des Perserzuges nach Kleinasien gesandt worden war, hatte sich in Unterhandlungen mit Athen eingelassen (Diod. XVII 2, 4. 5, 1), in Athen wie im übrigen Griechenland erwachten neue Hoffnungen auf Beseitigung der makedonischen Herrschaft (Aesch. III 160. Diod. XVII 3, 1ff.), im Norden drohten die Grenzvölker Makedoniens (Diod. a. O. Plut. Alex. 11. Arr. Ι 1, 4). Die durch Philippos errungene Grossmachtstellung Makedoniens schien gefährdet und in der Umgebung des A. selbst mochte zum Teil die Sachlage in diesem Lichte erscheinen (Plut. a. O.). A. wurde aller dieser Schwierigkeiten durch ausserordentliche Schnelligkeit und Energie Herr, wobei ihm die Treue der bewährtesten Feldherren des Philippos, des Parmenion in Asien, des Antipatros in Makedonien, wertvolle [1414] Dienste leistete. Den Attalos liess er aus dem Wege räumen, in Makedonien, wo er, wie Iust. XI 1, 10 berichtet, das Volk durch Befreiung von Abgaben sich besonders geneigt machte, verschaffte er sich allgemeine Anerkennung; noch im J. 336 marschierte er, nachdem er sich am Ossa einen Weg gebahnt hatte, unter Umgehung des von den Thessalern besetzten Tempepasses (Polyaen. IV 3,23) nach Thessalien, liess sich von den Thessalern zum Oberhaupt ernennen (Diod. XVII 4. 1. Iust. XI 3, 1. Rühl Jahrb. f. Philol. CXXXVII 114. Schlosser Übers. d. Gesch. d. a. W. I 3, 930), zog dann nach den Thermopylen, hielt einen Amphiktyonenrat ab, liess sich von demselben die Hegemonie über Griechenland übertragen und veranlasste durch drohende Entfaltung seiner Heeresmacht die Athener, Gesandte an ihn zu schicken, nachdem er vorher Theben in Schrecken gesetzt hatte. In Korinth vereinigte A. die Gesandten der griechischen Staaten, mit Ausnahme von Sparta, erneuerte hier den von Philippos und den Hellenen abgeschlossenen Landfriedensbund und liess sich, wie vorher sein Vater, zum Oberfeldherrn der Hellenen gegen Persien ernennen (Arr. I 1, 2f. Iust. XI 2, 5. Diod. XVII 4, 9; die Vereinbarungen, die damals zu stande kamen, sind in der pseusodemosthenischen Rede über die Verträge mit A. enthalten).

Im Frühjahr 335 wandte sich A. nach Norden, um für die Zeit seiner langen Abwesenheit auf dem persischen Feldzuge die Grenze Makedoniens gegen die Illyrier und Triballer zu schützen (Arr. I 1, 4ff.). Er zog von Amphipolis aus, Philippi links lassend, überschritt den Nestos und gelangte nach einem Marsche von 10 Tagen an den Balkan. Er forcierte hier durch ein geschicktes Manöver (Arr. I 1, 8ff. Polyaen. IV 3, 11) den Hauptpass (Arr. I 1, 8), welchen die freien Thraker besetzt hatten, und wandte sich dann gegen die Triballer. Die Richtung des Zuges A.s lässt sich nicht genau feststellen; die Ansicht, dass er die bekannte Strasse über das Plateau von Sofia eingeschlagen habe, ist unwahrscheinlich, vor allem lässt sich damit kaum Arr. I 3, 3 in Einklang bringen. Wir werden danach wohl annehmen müssen, dass A. weiter östlich den Balkan überschritt, wahrscheinlich den Tschipkapass, den hervorragendsten unter den centralen Balkanpässen (vgl. die Beschreibung desselben durch H. Barth Zeitschr. f. Erdk. XV 321ff. Droysen Hellen. I 1² 120, 3; zu der Ansicht von A. Schaefer Demosth. III² 106, 2, dass A. über einen der östlichsten Balkanpässe gegangen sei, scheint die Beschreibung bei Arrian nicht recht zu passen; der von Arr. I 2, 1 erwähnte Fluss Lyginos, gewiss nicht der Isker, wahrscheinlich aber auch nicht das von Roesler Rumän. Stud. 20, 2 vermutete Flüsschen Ljig, ist schwer zu identificieren). Nach Überschreitung des Balkan zog A. gegen die Triballer, deren ursprünglich westlichere Wohnsitze damals viel weiter nach Osten verschoben gewesen sein müssen, vielleicht, wie Niebuhr vermutet (Kl. Schr. I 375), zum Teil infolge der keltischen Invasion (vgl. auch Strab. VII 305. Zippel Röm. Herrschaft in Illyrien 31f.). Er besiegte die Triballer (Arr. I 2, 4ff.) und gelangte [1415] zum Donaufluss, vermutlich in der Nähe des heutigen Silistria. Von hier aus unternahm er einen ‚Rekognoszierungszug‘ in das Gebiet der jenseits wohnenden Geten, die er durch kühne Überschreitung der Donau völlig überraschte (Arr. I 3, 5ff. Strab. VII 301). Der Zug sollte wohl zugleich die Donaugrenze sichern, einem ähnlichen Zwecke, wie später die Unternehmungen gegen die Skythen am Iaxartes, dienend. Nach der Rückkehr zur Donau nahm A. die Unterwerfung der Triballer und der anderen an die Donau angrenzenden Völkerschaften entgegen und empfing eine Gesandtschaft der Kelten (Arr. I 4, 6ff. Strab. a. O.). Darauf schlug er den Weg nach dem Gebiet der Agrianer und Paioner ein; da traf ihn die Nachricht von dem Abfall des illyrischen Fürsten Kleitos, des Sohnes des Bardylis, welch letzterer von Philippos unter makedonische Oberhoheit gebracht worden war. Er beherrschte die südöstlichen, am Devolflusse (Ἐορδαικός Arr. I 5, 5) wohnenden Illyrier (nach der Vermutung Zippels Röm. Herrschaft in Illyrien 27 war dies der Rest des alten Encheleerreiches) und hatte sich mit dem Taulantierkönig Glaukias verbündet und die wichtige Stadt Pelion, welche, in der Nähe des Devolflusses gelegen, die Verbindung zwischen den Thälern dieses Flusses und des Erigon und Haliakmon beherrschte (vgl. die für die Topographie dieser Gegend wichtige Stelle des Liv. XXXI 39f.), besetzt und bedrohte somit unmittelbar die westlichen Landschaften Makedoniens. Auch die weiter nördlich wohnenden Autariaten drohten, wie dem A. gemeldet wurde, mit einem Angriff, doch wurden diese durch den König der Agrianer in Schach gehalten (Arr. I 5). A. marschierte am Erigonflusse entlang gegen Pelion, hatte hier verschiedene Kämpfe mit den Illyriern zu bestehen (Arr. I 6) und schlug sie zuletzt entscheidend, so dass der König Kleitos zu den Taulantiern floh. Von einer weiteren Verfolgung des Sieges wurde A. durch die Nachrichten aus Griechenland abgehalten, doch kehrten wohl die zunächst an Makedonien angrenzenden Illyrier in das durch Philippos festgestellte Abhängigkeitsverhältnis zurück, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Illyrier, welche wir nachher in A.s Heer finden (Diod. XVII 17, 4; anders Droysen I 1, 132, 2), ein vertragsmässig bestimmtes Contingent bildeten (vgl. ausser Schaefer III 110 noch Zippel a. O. 29).

In Griechenland hatte die Abwesenheit A.s im Norden, die durch falsche Nachrichten von seinen Gefahren in Illyrien, sogar das Gerücht von seinem Tode (Arr. I 7, 2. 6; vgl. auch Ps.-Demad. 17) gesteigerte Hoffnung auf Befreiung von der makedonischen Herrschaft bedenkliche Unruhen hervorgerufen. Die Thebaner hatten sich erhoben und belagerten die makedonische Besatzung auf der Kadmeia, auch sonst gährte es an den verschiedensten Punkten, namentlich in Athen, von wo die Thebaner mit Waffen unterstützt und durch Demosthenes Verhandlungen mit den Persern eingeleitet wurden (Plut. Demosth. 23. Diod. XVII 8, 5. Aesch. III 293. Deinarch. I 18); ebenso stand es im Peloponnes; namentlich die Arkader schienen bereit, den Thebanern ein Contingent zur Hülfe zu [1416] senden (Arr. I 7, 4. 10, 1f. Diod. XVII 8, 6. Aesch. a. O. Deinarch. I 18ff.). A. kam durch ausserordentliche Schnelligkeit einer weiteren Verbreitung der Bewegung zuvor; Theben fand sich bald isoliert. Der König zog wahrscheinlich über den Pass von Metzowo (anders Droysen I 1², 137, 1), in Eilmärschen nach Thessalien (Arr. I 7, 5) und erschien plötzlich vor Theben, dessen Bewohner, Unterhandlungen schmähend, sich zu hartnäckigem Widerstand entschlossen. Der ausführliche Bericht Arrians (I 7, 7ff. 8) über die Belagerung von Theben verdient in Bezug auf den militärischen Verlauf den Vorzug vor der Erzählung Diodors (XVII 9ff.), namentlich ist die bestimmte Aussage des Ptolemaios (Arr. I 8, 1), dass Perdikkas den Kampf eröffnet habe, ohne den Befehl A.s abzuwarten, nicht in Zweifel zu ziehen, aber gewiss dahin zu verstehen, dass Perdikkas einen auch von A. geplanten allgemeinen Angriff zu früh begann; im übrigen findet die Darstellung Arrians, die offenbar die Tendenz zeigt, den guten Willen A.s, Theben zu schonen, in das rechte Licht zu stellen, ihre Ergänzung in dem Bericht Diodors, (namentlich 9, 4f.); besonders ist die Absicht A.s, ein energisches Strafgericht an Theben zu vollstrecken, hier gewiss richtig hervorgehoben (vgl. auch die treffenden Bemerkungen von Ranke Weltgesch. III 2, 47ff.). A. erstürmte nach tapferer Gegenwehr die Stadt und überliess die Entscheidung über ihr Schicksal den anwesenden Gliedern des hellenischen Synedrions, das zum Teil aus Feinden der Thebaner bestand und in seiner Entscheidung wohl die Absichten des Königs zum Ausdruck brachte. Die Stadt wurde zerstört, bis auf die Kadmeia, welche eine Besatzung behielt, die gefangene Bevölkerung in die Sklaverei verkauft, der Grund und Boden mit Ausnahme des Tempelgutes den dem A. verbündeten angrenzenden Boeotern überwiesen, der Beschluss gefasst, Orchomenos und Plataiai wieder aufzubauen (Arr. I 9, 9f. Diod. XVII 14, 3f. Iust. XI 4, 7f. Plut. Alex. 11. Schaefer III 19, 1; vgl. auch Fabricius Theben, Freib. 1890). Das furchtbare Strafgericht, welches, wie ähnliche Akte aus der späteren Regierung A.s, zur Einschüchterung dienen sollte und auch diente, erfolgte wohl nicht, wie Droysen meint (I 1, 140, 2), auf Grund eines speciellen Artikels in der Bundesakte wegen Bundesbruchs (der Versuch der Thebaner gegen die Kadmeia fiel wohl nicht unmittelbar in die Sphäre der Bundesangelegenheiten), sondern allgemein auf Grund der früher und wohl auch damals (vgl. Diod. XVII 9, 5) bewiesenen Hinneigung zu den Persern, die allerdings gegen die Grundtendenz des Bundes verstiess. Die Zerstörung Thebens wirkte entscheidend auf das übrige Griechenland; man beeilte sich, dem A. seine Unterwürfigkeit zu bezeugen (Arr. I 10, 1f.); den Athenern, welche die flüchtigen Thebaner aufgenommen hatten, gelang es, die von A. geforderte Auslieferung der Führer der antimakedonischen Partei abzuwenden (Arr. I 10, 2ff. Diod. XVII 15. Plut. Dem. 23; Phok. 17; die Notiz Arrians I 10, 3 von dem Inhalt der Botschaft der Athener an A. wird wohl mit Recht von Grote XI 372, 2 und Ranke III 2, 55 bezweifelt; über die Zahl der antimakedonischen [1417] Redner, deren Auslieferung A. fordert, vgl. Schaefer III² 137, 2).

Mit Beginn des Frühjahrs 334 trat A., nachdem er den Antipatros mit der Leitung der Angelegenheiten in Makedonien und Hellas betraut hatte, den Feldzug gegen die Perser an, als Oberhaupt des hellenischen Bundes zur Rache für die Zerstörung der griechischen Heiligtümer durch die Perser (Diod. XVII 4, 9. Cic. de rep. III 15). Er führte ein Heer von ungefähr 30 000 Mann zu Fuss und gegen 5000 Reiter mit sich. Mit dieser von Ptolemaios überlieferten Zahl (Plut. de Alex. fort. I 3. Arr. I 11, 3) stimmen die meisten Angaben (bei Plut. a. 0.; Alex. 15. Iust. XI 6, 1. Diod. XVII 17, 3ff.) im wesentlichen überein; die detailierten Angaben bei Diodor zu bezweifeln liegt kein Grund vor (vgl. Beloch Bevölkerung d. griechisch-römischen Welt 215ff.) nur Anaximenes frg. 15 und Kallistenes frg. 33 = Polyb. XII 19,1 geben grössere Zahlen an Hervorzuheben ist die verhältnismässig geringe Anzahl von Truppen, welche die hellenischen Bundesgenossen als Contingent stellten. Die finanziellen Mittel A.s waren gering (Plut. Alex. 15; hieraus erklärt sich vielleicht die geringe Anzahl der ältesten Münzen A.s; vgl. Imhoof-Blumer Monn. Gr. 120f.), gering war auch das Heer, welches ihn begleitete, im Verhältnis zu der ungeheuren Macht, die es zu bekämpfen galt, aber es war ein wohlausgebildetes und kriegsgeübtes Heer, dem der königliche Feldherr das Selbstvertrauen, welches ihn selbst beseelte, mitzuteilen wusste; und das lockere Gefüge des Perserreiches hatten schon frühere Unternehmungen, vor allem der Zug der 10 000, vor Augen gestellt. Vorbereitet war der Feldzug nach Asien schon unter Philipp durch die Sendung des Attalos und Parmenion (Diod. XVII 2, 4. 5, 2). Auch der Perserkönig hatte ausser den Unterhandlungen mit einzelnen griechischen Staaten Massregeln zur Abwehr getroffen. Der Rhodier Memnon hatte, nach einem vergeblichen Versuch auf Kyzikos, nicht ohne Erfolg den makedonischen Feldherrn Parmenion und, nach diesem, Kalas bekämpft (Diod. XVII 7; vgl. auch Polyaen. V 44, 4f.); zur Zeit des Angriffes A.s stand ein Heer im nordwestlichen Kleinasien, bereit, denselben abzuwehren. Ein Versuch, die Landung A.s zu hindern, wurde von persischer Seite nicht gemacht (vgl. Diod. XVII 18, 2); der Besitz von Abydos (Arr. I 11, 6) und Rhoiteion (Diod. XVII 7, 10) erleichterte den Makedoniern den Übergang über den Hellespont. Memnon hatte einen gross angelegten Plan entworfen, dem A. selbst gegenüber sich in der Defensive zu halten, eine Schlacht zu vermeiden, aber das Land systematisch zu verwüsten und so den Gegner der Operationsbasis zu berauben, zugleich aber im Rücken der Makedonier eine kühne Offensive zu beginnen, indem man den Krieg nach Griechenland hinüberspielte, im Vertrauen auf die dort gegen Makedonien herrschende Stimmung (Arr. I 12, 9, vor allem Diod. XVII 18, 2). Der Vorschlag Memnons scheiterte an der Eifersucht der persischen Feldherren, die im Vertrauen auf ihre Reiterei die baldige Entscheidung im offenen Kampfe wünschten. So kam es am Flusse Granikos zur Schlacht, im Monat Thargelion (Mai) 334 (Plut. [1418] Camill. 19). Es war im wesentlichen ein Reiterkampf, den A., welcher aus eigener Lebensgefahr durch Kleitos errettet wurde, durch seinen ungestümen Angriff entschied (Arr. I 14ff. Diod. XVII 19ff. Plut. Alex. 16; der Anteil, welchen die thessalische Reiterei unter Parmenions Führung am Siege hatte, wird von Diod. XVII 21, 4 hervorgehoben; eine anschauliche Beschreibung des Terrains giebt Kiepert in seinem Memoire zur Karte Kleinasiens S. 55; vgl. auch Globus XXXII 263f.). Persisches Fussvolk war gar nicht am Kampfe beteiligt (Arr. I 16, 2, vgl. 14, 4; die gegenteiligen Angaben Plutarchs Alex. 16 und Diodors 21, 5f. sind irrig). Dagegen kam es zu einem heftigen Kampfe mit den hellenischen Mietstruppen, die fast völlig aufgerieben wurden (Arr. I 16, 2. Plut. a. 0.).

Als Folge dieses Sieges, den der König selbst als einen Sieg des hellenischen Bundes unter seiner Führung über die Barbaren bezeichnete, fiel dem A. fast das ganze Kleinasien zu; bedeutenden Widerstand setzten ihm nur noch die griechischen Mietstruppen in Kleinasien entgegen; es war gewissermassen ein Kampf zwischen dem auf sich selbst bestehenden und seine eigenen Zwecke verfolgenden hellenischen Söldner- und Freibeutertum und der unter makedonischer Hegemonie organisierten hellenischen Bundesgewalt. Sardes ergab sich ohne Schwertstreich. A. organisierte die Verwaltung vom hellespontischen Phrygien und Lydien (Arr. I 17, 1f. 7); als besonders wichtig tritt uns dabei die Trennung der Steuererhebung und -Verwaltung von dem militärischen Commando entgegen. Ephesos, wo die wahrscheinlich im Einverständnis mit Philipp eingerichtete demokratische Verfassung von der Partei des Memnon gestürzt worden war (Arr. I 17, 11f.), wurde jetzt auf die Kunde vom Siege am Granikos von der Besatzung geräumt. A. stellte hier die Demokratie wieder her, gab der Stadt Selbständigkeit und sandte den Lysimachos nach den übrigen hellenischen Städten an der Küste, um auch dort die oligarchischen Verfassungen, die sich an die persische Macht angelehnt hatten, zu beseitigen und die Demokratie herzustellen, unter Befreiung von Abgaben (Arr. I 18, 2; vgl. auch II 1, 4. 2, 2. Diod. XVII 24, 1). Die den kleinasiatischen Griechen durch A. gewährte Freiheit und Autonomie findet auch in dem Münzwesen ihren Ausdruck, insofern in diesen Städten keine Alexandermünzen in der Zeit A.s selbst geprägt worden zu sein scheinen (vgl. L. Müller Num. d'Alex. le Grand 68). Ob die Vereinigungen kleinasiatischer Städte, von denen wir aus der Zeit nach A. erfahren (Dittenberger Syll. 125. 137. Strab. XIV 644), die vor allem sacralen Charakter trugen, schon damals gegründet worden, ja sogar auf die Initiative A.s selbst zurückzuführen sind, wie Droysen annimmt (Gesch. d. Hellen. II 2, 386; vgl. auch I 234f.; Gesch. Alex.³ 395), erscheint doch sehr fraglich, und mit den staatsrechtlichen Folgerungen, die Droysen a. 0. andeutet, stehen solche Stellen, wie Arr. II 1, 4, namentlich 2, 2, nicht recht in Einklang. Milet nahm A. erst nach heftigem Widerstand von seiten der hellenischen Söldner (Arr. I 18f., die Erzählung Diodors XVII 22 ist im wesentlichen [1419] wertlos); von Wichtigkeit war es dabei für A., dass es seiner Flotte infolge der grossen Sorglosigkeit der persischen Führung gelang, bei der Insel Lade Stellung zu nehmen und die persische Flotte von der Communication mit Milet fernzuhalten (Arr. I 19, 3ff.). Gegen die Versuche, ihn zur Annahme einer Seeschlacht zu bewegen, verhielt sich A. abwehrend und entschloss sich nach der Einnahme der Stadt aus Mangel an Mitteln und wegen der Überlegenheit der persischen Flotte, seine Flotte aufzulösen (Arr. I 20, 1. Diod. XVII 22, 5). Das Hauptbollwerk des Widerstandes gegen die Makedonier bildete Halikarnassos, wo Memnon selbst, der von Dareios zum Befehlshaber in Kleinasien und Commandanten der Flotte ernannt worden war, den Oberbefehl führte. Erst nach einer schwierigen Belagerung (vgl. Arr. I 20ff. Diod. XVII 24ff.) nahm A. die Stadt bis auf zwei vorläufig im Besitze der Gegner verbleibende Burgen und übergab die Satrapie von Karien der dem karischen Dynastengeschlechte angehörenden Fürstin Ada, deren Entgegenkommen ihm die Besitzergreifung von Karien sehr erleichtert hatte (Arr. I 23, 7f. Diod. XVII 24, 2f.). Der Marsch nach Lykien und Pamphylien, den er nun weiter unternahm, nachdem er den Parmenion mit einem grossen Teile der Reiterei und den Bundesgenossen nach Phrygien vorausgesandt hatte, diente, wie Arrian I 24, 3 sagt, dazu, nach Besitzergreifung von der Meeresküste den Feinden die Grundlage für die Verwendung der Flotte zu nehmen. Über die an diesen Zug sich anknüpfenden topographischen Fragen vgl. die betreffenden Werke von Beaufort Karamania. Arundell discoveries in Asia Minor, 1834. Spratt, Forbes und Daniell Travels in Lycia u. s. w. 1847. Schoenborn Über einige Flüsse Lykiens und Pamphyliens, und Bemerkungen über den Zug Alexanders durch Lykien und Pamphylien, Posen 1843 und 1849. Hamilton Researches in Asia Minor 1842. Ritter Erdk. Bd. XIX. Waddington Revue numismatique 1853. v. Tschichatscheff Ergänzungsh. 20 zu Petermanns Mittlg. G. Hirschfeld Ztschr. d. Berl. Gesellsch. f. Erdk. XII 321ff. XIV 279ff.; Berl. Akad. Monatsber. 1874. Das österreichische Reisewerk über Lykien, Bd. I 1883 von Benndorf und Niemann, Bd. II 1889 von Petersen und Luschan. Gr. Lanckoronski Beil. z. Allg. Zeit. 1890 nr. 84ff.

A. gewann zunächst die Städte des Xanthosthales für sich, zog dann mitten im Winter nach dem inneren Hochlande, der Landschaft Milyas, wo er die Unterwerfung der übrigen lykischen Städte entgegennahm, von da wandte er sich, weil die Hauptstrasse von der Elmalyebene nach der Ebene von Adalia, der Gulikpass, von den feindlichen Bewohnern von Termessos besetzt war, durch das Thal des Arykandos zur Südküste nach Phaselis und marschierte von hier an der Küste die sogenannte Klimax entlang nach Norden (die beste Beschreibung hiervon bei Arr. I 26, 1f.; vgl. Strab. XIV 666f. Callisth. frg. 25; der Alexanderbrief bei Plut. Alex. 17 ist wahrscheinlich unecht). In welcher Weise sich das Verhältnis der Lykier zu A. gestaltete, darüber erfahren wir nichts Genaueres. Lykien und [1420] das angrenzende Land bis zum Tauros, also namentlich Pamphylien, wurde unter einen Satrapen, den Nearchos, gestellt (Arr. III 6, 6; vgl. I 27, 4), wie auch in persischer Zeit beide Landschaften zu einem Steuerbezirke gehörten (gegen Droysen I 1, 220f. vgl Treuber Gesch. d. Lykier 113ff.; über Alexandermünzen in Lykien vgl. Müller Num. d'Alex. 274ff. nr. 1270ff und dagegen Six Rev. num. 1886, 434f.).

Nachdem A. den grössten Teil Pamphyliens, jedenfalls die gesamte Seeküste gewonnen hatte (Arr. I 26f.), setzte er seinen Marsch nach Pisidien fort, wo die Stadt Selge mit ihm ein Freundschaftsbündnis schloss, Sagalassos mit Gewalt genommen wurde; von da zog er am See Askania (Buldursee) vorbei über Kelainai durch Phrygien, welches er unter die Verwaltung des Antigonos stellte, nach dem am Sangarios gelegenen Gordion, wo im Frühjahr 333 sich die aus Makedonien ihm zugeführten Truppen mit ihm vereinigten (Arr. I 28f.; die Zahl der Truppen etwas abweichend von Arr. I 29, 4 überliefert durch Kallisthenes bei Polyb. ΧΠ 19, 2; über das Quellgebiet des Sangarios vgl. Perrot Exploration archéologique de Galatie 151ff.). Die Lage von Gordion ist nicht weit von Pessinus (Bela-Hissar), wahrscheinlich etwas westlich von Sangarios zu suchen; ungefähr trifft wohl die Annahme von Ramsay Hist. geogr. of Asia Minor 225 das Richtige. In dieser alten phrygischen Königsstadt löste A. den berühmten Knoten (die verschiedenen Traditionen hierüber bei Arr II 3, 1ff. Plut, Alex. 18. Curt. III 1, 14ff. Iust. XI 7, 15f.; vgl. Rühl Ztschr. f. österr. Gymn. XXXIII 811ff.), wodurch er in den Augen der Phryger gewissermassen eine Legitimation seiner Herrschaft erhielt, eine Erfüllung eines alten Orakels, die gewiss zugleich auch für die Makedonier besonderes Interesse hatte (vgl. Herod. VIII 138).

Unterdessen hatte Memnon in Ausführung seines Kriegsplanes wichtige Unternehmungen im aegaeischen Meere begonnen, die wegen der gespannten Stimmung in Hellas eine grosse Gefahr für A. enthielten; er hatte Chios und fast ganz Lesbos gewonnen. Aber bei der Belagerung von Mytilene starb er, ein schwerer Schlag für Dareios, der jetzt erst selbst die Offensive gegen A. zu ergreifen beschloss (Diod. XVII 29f. 31, 3. Curt. III 2, 1). Die Perser hatten zunächst aber weitere Erfolge, gewannen Mytilene und das wegen seiner Lage wichtige Tenedos, stellten „auf Grund des antalkidischen Friedens« das alte Verhältnis zu Persien her unter Beseitigung der unter dem Schutze A.s eingerichteten freien Verfassungen. Dem gegenüber hatte A. die Reorganisation seiner Flotte verfügt, und Antipatros im Bereiche des hellenischen Bundes Rüstungen zum Schutze Griechenlands gemacht (Arr. II 1f., vgl. III 2, 3ff. Curt. III 1, 19ff.).

Von Gordion zog A. nach Ankyra, wo er die Unterwerfung der Paphlagonier entgegennahm, die dem Satrapen vom hellespontischen Phrygien unterstellt wurden; dann setzte er seinen Marsch durch Kappadokien, welches einen Einheimischen als Satrapen erhielt, nach Kilikien fort (Arr. II 4, 2ff.; vgl. auch App. Mithr. 8). Der Hauptpass über den Tauros, der Gülek-Boghas, [1421] wurde infolge der unzureichenden Verteidigung durch die Perser von A. leicht gewonnen (der Bericht des Curt. III 4, 3ff. ist unrichtig; vgl. dagegen Arr. II 4, 5). So gelangte er nach Tarsos, wo er aus schwerer Krankheit durch den Arzt Philippos errettet wurde (Arr. III 4, 7ff. Plut. Alex. 19. Curt. III 5f. Iust. XI 8. Diod. XVII 31, 4ff. Val. Max. III 8 ext. 6). Von da sandte er den Parmenion voraus zur Besetzung der kilikisch-syrischen Thore am Golf von Iskenderun; er selbst wandte sich nach Westen gegen die Bewohner von Kilikia Tracheotis. Die Satrapie von Kilikien übergab er bald darauf dem Balakros, der wohl die Unterwerfung der kilikischen Bergvölker weiter führen sollte (Arr. II 12, 2; vgl. Diod. XVIII 22, 1).

Unterdessen hatte Dareios ein grosses Heer gesammelt und jenseits des Amanos bei Sochoi auf einer ausgedehnten Ebene aufgestellt. Er verliess aber, in blindem Vertrauen auf seine Überlegenheit (vgl. auch Aesch. III 164), diese so günstige Stellung trotz der Mahnung des Überläufers Amyntas (Arr. II 6, 3ff. Plut. Alex. 20; unrichtig Curt. III 8, 1ff.) und marschierte durch den amanischen Pass in die schmale Küstenebene von Issos (über die Topographie dieser Gegend vgl. ausser Kinneirs Journey through Asia Minor namentlich Mützell Ausg. d. Curtius 85ff. 99ff. Ainsworth Journ. of Roy. Geogr. Soc. VIII 185ff. Kiepert Karte v. Kleinasien v. 1844 Grote XII 312ff. K. J. Neumann Jahrb. f. Philol. CXXVII 535ff. Globus XXXIV 231ff.). A. war dem Dareios entgegengezogen und hatte den Strandpass (von Merkes), die syrisch-kilikischen Thore, überschritten, im Begriff, von hier aus, wohl über den Pass von Beilan, die syrischen Thore, den Persern in die Ebene entgegenzugehen, als er erfuhr, dass der Perserkönig in seinem Rücken über den Amanos in die Ebene von Issos eingerückt sei und an dem südlich von dieser Stadt gelegenen Flusse Pinaros lagere. A. kehrte darauf um und lieferte, im Maimakterion (Nov.) 333, seinem Gegner die Entscheidungsschlacht bei Issos, die über den Besitz der östlichen Mittelmeerländer zu seinen Gunsten entschied (der Hauptbericht bei Arr. II 8—11; daneben wichtig die Darstellung des Kallisthenes bei Pol. XII 17ff., die in manchen Punkten durch Arrian gerechtfertigt wird; die Kritik des Polybios schiesst über das Ziel hinaus; vgl. ferner Plut. Al. 20. Diod. XVII 33ff.; über den Bericht des Curt. III 9ff. vgl. Kaerst Forsch, z. Gesch. Alex. 44ff.). Der Sieg wurde durch den energischen Angriff A.s selbst auf Dareios herbeigeführt; nur der Kampf mit den griechischen Mietstruppen des Perserkönigs und des linken Flügels des makedonischen Heeres mit der persischen Reiterei blieb lange unentschieden. Mit dem erbeuteten Lager der Perser fielen auch die Mutter und Gemahlin des Dareios und zwei Töchter desselben in die Hände der Makedonier.

A. sandte nun den Parmenion nach Damaskos, der die reichen, dort aufgehäuften Schätze in Besitz nahm, betraute den Menon mit der Satrapie von Syria Koile (Arr. II 13, 7; vgl. auch Curt. IV 8, 11) und wandte sich selbst der phoenikischen Seeküste zu, um dieses für die [1422] Entfaltung der maritimen Kräfte des Perserreiches wichtigste Gebiet zu occupieren. Die hervorragendsten Städte, wie Arados, Byblos, Sidon ergaben sich ihm, und die bedeutenden Folgen hievon zeigten sich bald darauf bei der Belagerung von Tyros darin, dass nach der Unterwerfung des gesamten Küstengebietes auch die Flotte der phoenikischen Seestädte und der kyprischen Könige die Perser verliess und zu A. überging (Arr. II 20, 1ff.). Tyros war zwar zuerst dem A. bereitwillig entgegengekommen (Arr. II 15, 6; vgl. auch Curt. IV 2, 2), aber das Verlangen des Königs, ihn in die Stadt zu lassen, um im Melkartheiligtum dem Stadtgotte, dem tyrischen Herakles, zu opfern, wies es ab, da es eine Art von Neutralität bewahren zu können hoffte (Arr. II 16, 7). Da A. die Verhandlungen abbrach, entschlossen sich die Tyrier zum äussersten Widerstande, im Vertrauen auf die Festigkeit ihrer Stadt, vielleicht auch in der Hoffnung auf Unterstützung von Karthago (Diod. XVII 40, 3; vgl. auch Meltzer Gesch. d. Karthager I 521, 80; die Bedeutung des religiösen Momentes, das aber doch zugleich auch wieder mit dem politischen sich eng berührte, betont zur Erklärung der Weigerung der Tyrier Noeldeke Aufsätze z. persischen Geschichte 83, 1).

Nach siebenmonatlicher schwerer Belagerung eroberte A. Tyros im Hekatombaion (wahrscheinlich August) 332 (Arr. II 24, 6. Plut. Al. 25); ein furchtbares Strafgericht traf die Bevölkerung; der grösste Teil derselben, soweit er dem Tode entronnen war, wurde in die Sklaverei verkauft. Die späteren Schicksale der Stadt berührt Strab. XVI 757; über die Topographie von Tyros vgl. die die neueren Forschungen zusammenfassende Übersicht bei Pietschmann Geschichte d. Phönizier 60ff. Die Hauptberichte über die Belagerung Arr. II 18ff. Diod. XVII 40ff.; über die Darstellung des Curtius IV 2ff. vgl. Glück de Tyro ab Alexandra Magno oppugnata, Königsberg 1886. Kaerst Forsch, z. Gesch. Alex. 49ff.; vgl. ferner auch Plut. Al. 24. Iust. XI 10, 10ff.

Kurz vor der Einnahme von Tyros hatte Dareios seinem Gegner Friedensanerbietungen gemacht, denen zufolge er ihm das Land bis zum Euphrat abtreten wollte; A. hatte aber dieselben abgelehnt, entschlossen, um die Herrschaft über das gesamte Perserreich zu kämpfen (Arr. II 25, 1ff.; Neumann a. 0. 546 bezweifelt die Richtigkeit der Nachricht von Friedensverhandlungen; vgl. dagegen Kaerst Forsch, z. Gesch. Alex. 7ff.). Bisher hatte er im wesentlichen solche Landschaften gewonnen, die durch ihre Lage, wie durch geschichtliche Entwicklung und Kultur in naher Beziehung zu Hellas standen; jetzt galt es für ihn, die eigentlichen Kernlande des persischen Reiches anzugreifen.

Von Tyros aus wandte sich A. zunächst südwärts nach Ägypten: auf dem Wege dahin hatte er von der wichtigen Stadt Gaza noch einen hartnäckigen Widerstand zu bestehen, den er erst nach zweimonatlicher Belagerung überwand (Arr. II 26f. Diod. XVII 48, 7 ; eine sehr rhetorische Beschreibung bei Curt. IV 6, 7ff.; vgl. Heges. frg. 3). Der Bericht des Josephos (ant. XI 313ff.) über einen Besuch A.s in Jerusalem ist sagenhaft, trotz der Versuche von Henrichsen Theol. Stud. u. [1423] Krit. 1871, 458ff. und Blümner Büdinger Festschrift 1872, ihn zu retten.

Der Zug nach Ägypten stand weniger in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bekriegung des Perserreiches, als die Occupation der phoenikischen Seeküste, obgleich das, was über den Überläufer Amyntas erzählt wird, zeigt, dass auch dieses Land den Gegnern A.s noch als Grundlage für Unternehmungen diente (Arr. II 13, 2ff. Diod. XVII 48, 2ff. Curt. IV 7, 2ff.). Wichtiger war wohl das Prestige, welches dem makedonischen Könige aus der Unterwerfung des alten Pharaonenreiches erwachsen musste. In Ägypten fand A. keinen Widerstand, das Land war von dem grössten Teile der persischen Truppen entblösst, da der Satrap von Ägypten an der Schlacht bei Issos teilgenommen hatte (Arr. II 11, 8); die Antipathie der Bevölkerung gegen das persische Regiment erleichterte die Besitzergreifung. A. marschierte von Pelusion, wo er seine Flotte traf, nach Memphis, von da nilabwärts nach der kanobischen Mündung und gründete an dem See Mareotis die Stadt Alexandreia (Arr. III 1. Plut. Al. 26; unrichtig setzen Diod. XVII 52. Curt. IV 8, 1ff. Iust. XI 11, 13 dies nach der Rückkehr vom Ammonion). Von da marschierte er nach dem Heiligtum des Ammon, bis Paraitonion, wo ihm die Kyrenaier ihre Huldigung darbrachten (Diod. XVII 49, 3. Curt. IV 7, 9), an der Meeresküste, dann quer durch die Wüste nach dem Tempel (vgl. Arr. III 3f. Plut. Al. 26f. Diod. XVI 49ff. Curt. IV 7. Iust. XI 11). Die Unternehmung bedeutete an sich durch ihr Gelingen viel für A.; noch wichtiger war, dass ihn die Priester des Ammon für den Sohn des Gottes erklärten; damit wurde die göttliche Sanction gegeben für eine neue Politik und Weltstellung A.s, die ihn weit über die Grenzen des makedonischen Volkskönigtums und die Stellung des Oberhauptes des hellenischen Bundes hinaushob (über den Aufenthalt A.s in Ägypten vgl. noch Wiedemann Gesch. Ägyptens 721ff.; über den Besuch des Ammonheiligtums Blümner Progr. d. Gymn. zu Büdingen 1868. Parthey Abh. Akad. Berlin 1862, 131ff.). Die Unterwerfung der östlichen Küstenländer des Mittelmeeres erhielt nun noch ihre Vollendung dadurch, dass jetzt auch im Gebiete des aegaeischen Meeres, namentlich auf Tenedos, Lesbos, Chios, Kos, die von den Persern eingesetzten Regierungen wieder gestürzt und das makedonische Übergewicht hergestellt worden war (Arr. III 2, 3ff. Curt. IV 5, 14ff.; vgl. auch Conze Reise auf Lesbos 35ff. Droysen II 2, 363ff. [Demosth.] XVII 7). A. konnte jetzt seine Flotte, die auch dem Seeräuberunwesen auf dem aegaeischen Meere mit Erfolg entgegentrat, verwenden, um den im Peloponnes von Sparta drohenden Gefahren zu begegnen (Arr. III 6, 3; vgl. auch III 2, 4. Curt. IV 8, 15).

Nachdem A. in Memphis noch verschiedene griechische Gesandtschaften empfangen (Arr. III 5, 1; vgl. Diod. XVII 48, 6), zugleich Verstärkungen aus Griechenland an sich gezogen und die Verwaltung Ägyptens durch Verteilung der wichtigsten Functionen auf verschiedene Personen und Zurücklassung von Besatzungen in den hervorragendsten Punkten mit möglichster Schonung [1424] der einheimischen Institutionen geordnet hatte (Arr. III 5, 2ff., ungenau Curt. IX 8, 4f.) trat er im Frühjahr 331 den Marsch nach Norden an, dem Dareios entgegen, der unterdessen in den östlichen Satrapieen seines Reiches ein neues grosses Heer gesammelt hatte.

A. erreichte, nachdem er in Phoenikien die Verhältnisse der westlichen Provinzen zum Teil neu organisiert hatte, insbesondere mit grösserer Centralisation der Steuerverwaltung (Arr. III 6, 4ff.), im Sommer 331 den Euphrat bei Thapsakos, überschritt denselben ungehindert von den Persern, gelangte dann nach dem Tigris, ohne auf die Perser zu stossen, passierte diesen reissenden und schwierig zu überschreitenden Strom, wahrscheinlich bei Djesireh (vgl. darüber Ritter Erdk. XI 146ff.), und traf den Dareios in der Ebene zwischen Mosul und Erbil (Arbela). Hier kam es am 1. October 331 (Ideler Handb. d. Chron. I 347, 1; vgl. Plut. Al. 31; Camill. 19. Arr. III 7, 6. 15, 7) zur Entscheidungsschlacht bei Gaugamela, beim heutigen Kermelis unweit der Mündung des Ghazir in den grossen Zab (über das Schlachtfeld vgl. Ritter Erdk. IX 700ff. Mützell Curtius 289f. Ζolling Alexanders Feldzug in Centralasien 21ff., namentlich Petermann Mittlg. Ergänzungsh. 45, 3f. Hauptbericht Arr. III 8-15; ferner Plut. Al. 31ff. Diod. 55ff. Curt. IV 12ff., dazu Κaerst Forsch. z. Gesch. Al. 39ff. Iust. XI 13f. Polyaen. IV 3, 6. 17f. 26). Der Sieg wurde hauptsächlich wieder durch den Angriff A.s auf Dareios selbst entschieden, während Parmenion auf dem linken Flügel einen sehr hartnäckigen Angriff der persischen Reiterei zu bestehen hatte. Dareios floh nun auf der für grössere Heere schwer passierbaren Strasse nach Medien, um von hier aus die Verbindung mit den östlichen Provinzen seines Reiches zu gewinnen, indem er als Preis des Sieges bei Gaugamela dem A. Babylonien und die angrenzenden Landschaften überliess. Babylon wurde von Mazaios dem A. übergeben; dieser übertrug ihm dafür die Satrapie, indem er jedoch das militärische Commando und die Aufbringung des Tributes davon trennte und Makedoniern übergab (Arr. III 16, 3f.; vgl. auch Diod. XVII 64, 5. Curt. V 1, 43ff.). In Babylon hielt sich A. einige Zeit auf und liess seine Truppen von den vorhergegangenen Anstrengungen sich erholen; durch Pflege des alteinheimischen Kultes suchte er sich die Sympathieen der Bevölkerung zu gewinnen. In Susa, wohin er von Babylon aus zog, organisierte er die Verwaltung ebenso; auch hier suchte er seine Herrschaft durch Verleihung der Satrapie an einen Einheimischen schneller zu befestigen. Ein reicher Schatz fiel hier in seine Hände (Arr. III 16. 7ff. Curt. V 2, 8ff. Diod. XVII 65f. Plut. Al. 36).

Nachdem er neuen Zuzug aus Griechenland empfangen (Arr. III 16, 10f. Diod. XVII 65,1. Curt. V 1, 40f.), zog er nach Persis, unterwarf auf dem Wege die Uxier, deren Pass beim heutigen Mâl Amir (vgl. Spiegel Eran. Altertumskunde I 409) im Herzen des Lurgebietes gesucht wird, sandte dann den Parmenion auf der grossen „Winterstrasse“ über Râm Hormuz und Babehân nach Persis; er selbst schlug den näheren Weg über das Gebirge ein und gewann den vom Satrapen von Persis, Ario [1425] barzanes, mit starker Streitmacht verteidigten persischen Pass und damit den Eintritt in die Stammlandschaft des persischen Reiches (Arr. III 18. Curt. V 3f. Diod. XVII 67f. Polyaen. IV 3, 2; der Weg A.s und der „persische Pass“, nicht das heutige Kalab-i-Sefid, ist mit Wahrscheinlichkeit nachgewiesen von Stolze Verh. d. Ges. f. Erdk., Berlin 1883, 251ff.). In Persepolis zerstörte er die Königsburg, vielleicht „zum symbolischen Zeichen, dass die Herrschaft der Achaemeniden aufgehört habe zu existieren“ (Noeldeke Aufs. z. pers. Gesch. 84. v. Gutschmid Geschichte Irans 1). Arr. III 18, 10ff. Plut. Al. 38. Diod. XVII 70ff. Curt. V 6f.

In Ekbatana, der Hauptstadt Mediens, hatte unterdessen der besiegte Gegner A.s sein Hauptquartier aufgeschlagen, mit der Absicht, wenn der Makedonierkönig ihm folge, sich nach den östlichen Landschaften zurückzuziehen und durch Verwüstung des gesamten Landes den Feinden die Verfolgung zu erschweren (Arr. III 19, 1). A. brach jetzt, nach viermonatlichem Aufenthalt in Persis (Plut. Al. 37), wider ihn auf, marschierte durch Paraitakene bei dem heutigen Ispahan vorbei, erfuhr in Medien, dass Dareios beschlossen habe, ihm nicht Stand zu halten, sondern sich auf die Flucht nach Osten begeben habe, gelangte nach Ekbatana (Hamadan) und setzte von da aus mit dem grössten Teile des Heeres die Verfolgung des Dareios fort. Die Verwaltung von Medien übertrug er, ebenso wie vorher die von Persis und Paraitakene, einem eingeborenen Perser (Arr. III 20, 3; vgl. 18, 11. 19, 2). Als er Rhagai — in der Nähe von Teheran — passiert und die kaspischen Thore (den Sirdarra-Pass, vgl. Ritter VIII 456. Spiegel I 63. Zolling a. O. 92ff.) erreicht hatte, erfuhr er, dass Dareios von aufständischen Befehlshabern in seiner Umgebung, namentlich dem Satrapen von Baktriane, Bessos, gefangen genommen sei, und eilte in beschleunigten Eilmärschen den Fliehenden nach. Dareios war unterdessen von den Empörern zurückgelassen worden und starb zwischen Semnân und Schahrud (Hekatompylos), ehe A. ihn erreichte, im Hekatombaion (Juli) 330 (Arr. III 19ff. Curt. V 8ff. Diod. XVII 73. Iust. XI 15. Plut. Al. 42f.; vgl. Mordtmann Sitz.-Ber. Akad. München 1869 I 511ff.).

In A.s Politik trat nun die, wohl schon länger bereitete, entscheidende Wendung, seine veränderte Stellung zu Makedoniern und Hellenen immer klarer hervor. Er sah jetzt den Rachekrieg des hellenischen Bundes als beendet an; schon von Ekbatana aus hatte er die Bundescontingente in die Heimat entlassen, indem er Griechen nur noch als Söldner in seinem Dienste behielt (Arr. III 19, 5f. Curt. VI 2, 17. Plut. Al. 42). Der Sieg, den vor kurzem Antipatros über den Spartanerkönig Agis bei Megalopolis gewonnen hatte, sicherte A.s Herrschaft in Griechenland und trug dazu bei, ihn von der Rücksicht auf die Hellenen noch unabhängiger zu machen. Die Makedonier hielten den Feldzug für beendet; A. musste sie für die weitere Fortsetzung desselben besonders gewinnen (Diod. XVII 74, 3; vgl. auch Plut. Al. 38. Curt. VI 2, 15ff. Iust. XII 3, 2). Nicht mehr als Gegner, sondern als Nachfolger des persischen Königtums betrachtete sich nun A.; als solcher hatte er [1426] vor allem auch den Usurpator Bessos, der sich Artaxerxes nannte (Arr. III 25, 3. Curt. VI 6, 13), zu bestrafen. Der persische Brauch, der orientalische Begriff der Monarchie stand A.s eigener Auffassung näher, als das makedonische Volkskönigtum. Zuerst trat er den Orientalen gegenüber als persischer Grosskönig auf, liess sich von diesen als solcher verehren (Diod. XVII 77, 4ff. Iust. XII 3, 8. Curt. VI 6, 1ff. Plut. Alex. 45), versuchte aber allmählich die Formen der orientalischen Unterthänigkeit (vor allem die προςκύνησις) auch auf sein Verhältnis zu seinem Volk zu übertragen, und hieraus entstanden eine Reihe weitreichender und tiefgehender Conflicte.

A. nahm nun zunächst die Unterwerfung von Hyrkanien und den angrenzenden Landschaften am Südufer des kaspischen Meeres entgegen, übertrug diese Provinzen einheimischen Satrapen (Arr. III 22, 1. 23, 7. 24, 3. 28, 2. Curt. VI 4, 25) und trat dann nach einem erfolgreichen Zug gegen das kriegerische Bergvolk der Marder (Arr. III 24, 1ff. Diod. XVII 76, 3ff. Curt. VI 5, 11ff.; ihre Wohnsitze waren im Elbursgebirge westlich von Mazenderân bis zum Flusse Kyzil-Uzen), von Zadrakarta, der Hauptstadt Hyrkaniens (Asterabâd), die Verfolgung des Bessos an, zog durch das Gebiet der Parther, wahrscheinlich das Flussthal des Atrek aufwärts, über Susia (Arr. III 25, 1, wohl das heutige Tus bei Meshed), an der Grenze von Areia hin, um seinen Marsch auf der Strasse nach Baktra fortzusetzen, wurde aber durch die Kunde vom Abfalle des Satrapen von Areia Satibarzanes veranlasst, weiter südwärts in diese Provinz einzudringen. Die Hauptstadt Artakoana verliess Satibarzanes beim Herannahen der Feinde. A. unterwarf die Landschaft Areia, wo er in hervorragend wichtiger Lage die Stadt Alexandreia (das heutige Herât, wohl nicht identisch mit Artakoana, vgl. Strab. XI 516. Plin. VI 61. 93. Isid. Char. 15) gründete, und ebenso das angrenzende Drangiane. In der Hauptstadt dieses Landes (Prophthasia oder Phrada, Strab. XI 514. XV 723. Steph. Byz. s. Φράδα. Plin. VI 94. Ptol. VI 19, 4. [Plut.] de fort. Alex. I 5. Isid. Char. 16; die Lage entspricht vielleicht dem heutigen Farrah am gleichnamigen Flusse) kam es im Herbst 330 zu der Katastrophe des Philotas, des Sohnes des Parmenion, des Befehlshabers der makedonischen Ritterschaft. Er wurde von dem makedonischen Volksgerichte wegen Hochverrates verurteilt, wahrscheinlich — soweit es die teils sehr fragmentarischen, teils rhetorischen Berichte erkennen lassen — nicht ohne Schuld (Arr. III 26. Diod. XVII 79f. Curt. VI 7ff. Plut. Alex. 48f.). Der Process des Philotas hatte vor allem noch ein trauriges Nachspiel; A. liess den Parmenion, neben Antipatros den angesehensten aller seiner Feldherren, dem er das Commando von Ekbatana übertragen hatte, durch Meuchelmord aus dem Wege räumen (Arr. III 26, 3f. Plut. Al. 49. Curt. VII 2, 11ff. Strab. XV 724; Diod. XVII 80, 1, wohl auch Curt. VI 11, 39. Iust. XII 5, 3 berichten irrtümlich von einer Verurteilung des Parmenion). Diese Ereignisse wirkten beunruhigend auf die Stimmung des Heeres (Diod. XVII 80, 4. Curt. VII 2, 35ff. Iust. XII 5, 4f. Plut. Al. 49.).[1427]

A. durchzog von Drangiane aus weiter die Landschaft der Ariaspen oder Euergeten, die vom Etymandros (Hilmend) durchflossen wurde (Arr. IV 6, 6; vgl. Wilson Ariana 155. Spiegel II 541, 2), empfing die Unterwerfung von Gedrosien und gelangte weiter durch Arachosien nach dem Gebiete der Parapamisaden am indischen Kaukasus, dem Hindukusch, mit Beginn des Winters 330 (Strab. XV 724); er zog wohl über Kandahar (wahrscheinlich Alexandreia Arachoton) und Ghasni nach Kabul. Die Verwaltung der unterworfenen Länder übergab er zum Teil wieder einheimischen Satrapen, allerdings unter makedonischer Kontrole (vgl. Arr. III 28, 4 mit 22, 1); in Arachosia und nachher in Areia übertrug er Makedoniern die Verwaltung (Arr. III 25, 7. 28, 1. 4. 29, 5. Curt. VII 3, 5). Im Lande der Parapamisaden überwinterte er und gründete eine Stadt nach seinem Namen (Arr. III 28, 4. IV 22, 4. Strab. XV 725. Diod. XVII 83, 1. Curt. VII 3, 23. Plin. VI 61. Steph. Byz. s. Ἀλεξάνδρεια 17; die Lage der Stadt ist wohl unweit des Zusammenflusses des Ghorbind und Pankshir zu suchen). Bessos hatte versucht, durch Verwüstung des Landes nördlich vom Hindukusch dem A. die Verfolgung unmöglich zu machen, trotzdem marschierten die Makedonier unter den grössten Beschwerden nach Baktrien, wahrscheinlich nach Überschreitung eines der östlichen Hindukuschpässe über Anderab (Δράψακα oder Ἄδραψα, Arr. III 29, 1. Strab. XI 516. XV 725; über die topographischen Fragen vgl. Mützell 640ff. Wilson 179ff. Lassen II² 129, 1. Spiegel II 543, 1. Bunbury Hist. of anc. Geogr. I 490ff.). A. übertrug die Provinz Baktrien dem Perser Artabazos und überschritt dann den Oxos (Amu-darja), wohl in der Nähe des heutigen Kilif. Bessos wurde, von den bisherigen Genossen seines Abfalles verlassen, durch Ptolemaios gefangen genommen und von A. nach Baktra (Zariaspa) gesandt, wo er später von einem persischen Gerichtshofe als Hochverräter verurteilt wurde; das Urteil wurde in Ekbatana vollstreckt (Arr. III 29, 6ff. 30, 5. IV 7, 3; vgl. auch Curt. VII 10, 10). In Sogdiane, der nordöstlichsten Landschaft des Perserreiches, gewann A. ausser der Hauptstadt Marakanda (Samarkand) eine Reihe von festen Plätzen (Arr. IV 1ff. Curt, VII 6. Strab. XI 517). Vor allem lag es ihm daran, bei den angrenzenden nomadischen Stämmen, Massageten u. a., bei welchen die aufständischen Bewegungen in diesen Gegenden Unterstützung fanden, einen bedeutenden Eindruck seiner Macht hervorzubringen, und er überschritt deshalb den Syr-darja (Jaxartes), den die Makedonier fälschlich Tanais nannten, und machte einen erfolgreichen Angriff auf die Barbaren. Noch mehr diente aber dem Zwecke, diese nomadischen Stämme in Schach zu halten und die Kultur der Grenzlandschaften wider ihre Einfälle zu sichern, die Anlegung einer Stadt am Syr-Darja, Alexandreia am Tanais, wahrscheinlich das heutige Chodjend (Arr. IV 4. Curt. VII 6, 13. 25ff. 7, 1ff. Plin. VI 49. Steph. Byz. s. Ἀλεξάνδρεια 13. 18). Unterdessen war im Rücken A.s ein gefährlicher Aufstand unter Leitung des Sogdianers Spitamenes ausgebrochen, der den König nach der Niederlage einer wider Spitamenes ausgesandten Heeresabteilung veranlasste, [1428] sich selbst wider diesen zu wenden. Er durchzog und unterwarf das Gebiet des Polytimetos (Serafschan) bis in die Gegend des heutigen Bochara und brachte dann den Winter 329/8 in Baktra zu, wo er bedeutende Verstärkungen seines Heeres empfing (Arr. IV 5, 2ff. 6. 7, 2. Curt. VII 7, 31ff. 9, 20ff. 10, 11ff.). Er wandte sich darauf der weiteren Befestigung seiner Herrschaft in Sogdiane zu (Arr. IV 15, 7f. 16, 1ff. Curt. VIII 1, 1ff.); hier war es, während einer Rast in Marakanda, wo der immer sich verschärfende Gegensatz zwischen den älteren makedonischen Generalen, den Vertretern des makedonischen Wesens und Hütern der philippischen Traditionen, und A. seinen heftigen Ausbruch in der Ermordung des Kleitos fand Arr. IV 8ff. Plut. Alex. 50f Curt. VIII 1, 20ff.; vgl. Kaerst Forsch. z. Gesch. Alex. 54ff.). Die Winterrast A.s 328/7 fand in Nautaka (nach der gewöhnlichen Annahme Karshi, vgl. dagegen Mützell 664ff. Geiger Feldzug Alexanders d. Gr. In Sogdiana, Progr. Neust, a. d. H. 1884, 10ff.) statt, nachdem Spitamenes, der unermüdliche Gegner A.s sein Ende gefunden hatte. Die östlichen Satrapieen wurden zum Teil neu besetzt, doch fast durchweg mit Einheimischen, mit Ausnahme von Baktriane, mit dem wahrscheinlich Sogdiane vereinigt wurde (vgl. Diod. XVIII 3, 3. Arr. succ. Al. 36; gegen Droysen I 2, 82 vgl. v. Gutschmid Gesch. Irans 6, 2. Arr. IV 17, 3ff. 18, 2f. Curt VIII 3, 17). Die Beruhigung von Sogdiane wurde nun im Beginne des J. 327 zu Ende geführt, nachdem A. noch mehrere wichtige Felsenburgen in dieser Landschaft und den angrenzenden Gebieten genommen hatte. Auf einer derselben, der Burg des Arimazes, wohl im Gebiete des heutigen Hissar, befand sich der Baktrier Oxyartes mit seiner Tochter Roxane, welche die Gemahlin A.s wurde (Arr. IV 18, 4ff. 19; wohl dieselbe Belagerung gemeint von Curt. VII 11. Polyaen. IV 3, 29; über die andere Festung, die des Chorienes oder Sisimithres, vgl. Arr. IV 21, 3ff. Curt. VIII 2, 19ff.; auch Strab. XI 517).

Eine Reihe von Städten wurden von A. zur dauernden Sicherung seiner Herrschaft in Sogdiane und den benachbarten Gebieten angelegt (Strab. XI 517. Iust. XII 5, 13. Curt. VII 10, 15. Arr. IV 16, 3). Die Nachricht des Curtius a. O. von einem Zuge A.s nach Margiane (Merw) ist sehr wenig wahrscheinlich (vgl. auch Geiger a. O. 28ff.), es erscheint sogar als fraglich, ob hier überhaupt, wie Droysen I 2, 69, 2. ΙII 2, 214ff. nach Plin. VI 46 annimmt, auf A.s Befehl eine Stadt gegründet worden; vgl. Strab. XI 516.

Von Sogdiane aus begab sich A. nach Baktra, um hier die letzten Vorbereitungen für seinen indischen Feldzug zu treffen; in diese Zeit fällt die Verschwörung des Hermolaos, in welche der Philosoph Kallisthenes von Olynth, der Schüler des Aristoteles, verwickelt wurde (vgl. Arr. IV 10ff. Curt. VIII 5ff. Plut. Alex. 52ff.).

Die letzten Jahre hatten nicht allein den Besitz der Herrschaft über das Perserreich für A. zu einem vollständigen gemacht, sondern auch die von Vertretern des makedonischen Volkstums im Heere ausgehende Opposition gegen den König zum Stillstand gebracht. A. hatte sein [1429] Heer zu einem gefügigen Werkzeug für die weitere Fortführung seiner Weltherrschaftspolitik gestaltet; so war der Boden geebnet für den schon längere Zeit geplanten (Arr. IV 15, 5) Eroberungszug nach Indien, welchen er mit Beginn des Sommers 327 unternahm. Als Nachfolger der persischen Grosskönige hatte er auch eine grosse Anzahl von Orientalen, namentlich Bewohner der östlichen Provinzen, zum Heere aufgeboten. Die Gesamtstärke desselben wird am Hydaspes auf 120 000 angegeben (Arr. Ind. 19, 5; vgl. auch Curt. VIII 5, 4. Plut. Alex. 66).

A. zog von Alexandreia am Kaukasos nach Nikaia (nach der gewöhnlichen Annahme Kabul; vgl. dagegen Droysen III 2, 228f. Lassen Ind. Altertsk. II 133), gelangte von da zum Flusse Kophen, den er überschritt (wahrscheinlich ist dies also nicht der Kabulstrom, sondern ein nördlicherer Nebenfluss desselben, wie der Pankshir), und sandte den Hephaistion und Perdikkas voraus, mit dem Auftrage, den directen Weg nach dem Indos zu nehmen und die Überschreitung desselben vorzubereiten. Diese führten den Auftrag aus, indem sie vor allem auch die Strasse über den Kheiberpass sicherten (Lassen II 135, 3). A. selbst unterwarf unterdessen die weiter nördlich am Khonar und Pangkora gelegenen, von kriegerischen Stämmen, namentlich den Açvaka, bewohnten, gebirgigen Landschaften (Arr. IV 22, 6ff. 23ff. Strab. XV 697f. Curt. VIII 10f. Diod. XVII 84f.). Besonderen Ruhm gewann er durch die Eroberung des Aornosfelsens, den Herakles vergeblich belagert haben sollte (wahrscheinlich das heutige Rânigat, nicht weit von der Mündung des Kabul in den Indos; vgl. Cunningham Anc. geogr. of India I 58ff.). In diesen Gegenden lag auch, wie erzählt wird, ein Ort, der von Dionysos gegründet sein sollte; es lag in A.s Politik, die im makedonischen Heere gern geglaubten Gerüchte über wunderbare Züge des Herakles und Dionysos zu begünstigen (vgl. Arr. V 1f. Strab. XV 687f. Curt. VIII 10, 7ff. Diod. XVII 85. Arr. IV 28, 1f.).

Im Frühlingsanfang 326 überschritt A. den Indos; es war nun von grosser Wichtigkeit für ihn, dass unmittelbar jenseits desselben der König Taxiles ihm freiwillig seine Unterwerfung anbot, aus Feindschaft gegen den mächtigen König der Paurava (Poros), der jenseits des Hydaspes (Dschîlam) ein bedeutendes Reich beherrschte. In der Hauptstadt des Taxiles (wohl nicht weit von Raval Pindi; vgl. Lassen II 152, 2) fand A. bereitwilliges Entgegenkommen; Poros dagegen trat ihm mit bedeutenden Rüstungen entgegen (Arr. IV 3, 5ff. 8, 1ff. Strab. XV 618. Curt. VIII 12, 4ff. Diod. XVII 86, 3ff.). A. gelang es, trotz der Gegenmassregeln des Poros, den Hydaspes zu überschreiten; am jenseitigen Ufer dieses Flusses kam es im Mai 326 zur entscheidenden Schlacht, in der Poros selbst in die Gewalt seines Gegners kam. Der Sieg wurde vor allem durch den vom König geleiteten Angriff der makedonischen Reiterei auf die indische Reiterei entschieden. Hauptbericht Arr. V 9—19; vgl. auch Plut. Alex. 60. Diod. XVII 87ff. Curt. VIII 13f. Polyaen IV 3, 9. 22. Die Zeit der Schlacht wird durch Arr. V 19, 3 bestimmt; vgl. Droysen I 2, 142, 2. Zur Zeit der Sommersonnenwende [1430] wird sie nach Arr. V 9, 4 von Grote XII 51, 1 und Ranke Weltgesch. I 2, 206, 1 angesetzt, aber um jene Zeit befand sich A. am Akesines (Arr. Ind. 6, 5. Strab. XV 692). Über den Ort des Kampfes vgl. Cunningham a. O. 159ff. Poros wurde von A. nicht allein im Besitze seines Reiches gelassen, sondern dieses ihm sogar noch vergrössert.

Nachdem A. zum Andenken an den Sieg zwei Städte, Nikaia und Bukephala, gegründet und den Auftrag zum Bau von Schiffen in diesem an Schiffsbauholz reichen Lande gegeben hatte, zog er zum Flusse Akesines (Tschinab; über den einheimischen Namen Kandrabagha = Σανδροφάγος vgl. A. Weber Sitzungsber. Akad. Berl. 1890, 902f.). Das zwischen diesem und dem nächsten Flusse, dem Hydraotes (Iravati oder Ravi), gelegene Land, das zum Teil von einem anderen Könige Poros, dem Feinde des am Hydaspes besiegten, beherrscht wurde, übertrug er dem letzteren, überschritt den Hydraotes und trat in das Gebiet der freien oder königslosen Inder ein, unter denen vor allen ihm zunächst das mächtige Volk der Kathaier entgegentrat (Arr. V 20ff. Strab. XV 698f. Curt. IX 1. Diod. XVII 89, 4. 90f.; die Erzählung von dem weiter westlich gelegenen Reiche des Sopheites, Arr. VI 2, 2, passt nicht in diese Gegend; vgl. auch Lezius de Alex. M. exp. Ind. 117ff.). Die Hauptstadt der Kathaier, Sangala (vielleicht in der Nähe von Amritsar, vgl. Lassen II 168, 1), wurde erstürmt. So gelangte A. zum Hyphasis (Vipaça, heute Bias — der fünfte Strom des Pendschab, die Catadru oder der Sadletsch ist den Makedoniern damals unbekannt geblieben) mit der Absicht, von hier aus weiter, wohl bis zum östlichen Meere, vorzudringen, durch das unbekannte Wunderland, das ebensowohl den Ehrgeiz des kühnen Eroberers, wie die Phantasie des hellenisch gebildeten Fürsten, des Schülers des Aristoteles, lockte. An dem passiven Widerstande des eigenen Heeres, welches, auf das äusserste erschöpft von den klimatischen Unbilden wie den kriegerischen Anstrengungen, kein Ziel des weiteren Vordringens vor sich sah, scheiterte der Plan. A. musste umkehren, um vielleicht für günstigere Gelegenheit die Wiederaufnahme desselben zu verschieben (Arr. V 25ff. Diod. XVII 94f. Curt. IX 2f. Plin. n. h. VI 62. Iust. XII 8, 11ff.). Nachdem er zwölf grosse Altäre am Flusse hatte errichten lassen, kehrte er zum Hydaspes zurück und fuhr diesen Fluss und dann, nach der Vereinigung desselben mit dem Akesines, den letzteren mit der neugebauten Flotte herab, im Spätherbst 326 (Strab. XV 691). Er unterbrach die Fahrt durch Unternehmungen gegen die anwohnenden Völkerschaften, vor allem das grosse Volk der Maller im Zweistromland des Hydraotes und Akesines, die er angriff, bevor sie sich mit dem Volke der Oxydraker hatten vereinigen können. Bei der Erstürmung einer Stadt kam er selbst in äusserste Lebensgefahr (Arr. VI 6ff. Plut. Al. 63. Diod. XVII 98f. Curt. IX 4, 15ff. 5; die letzteren geben irrig das Gebiet der Oxydraker als Schauplatz an). Nachdem er die Unterwerfung der beiden Völker entgegengenommen hatte, setzte er seinen Zug, teils zu Lande am Indos entlang, teils auf dem Flusse selbst fort (Arr. VI 14ff. Strab. XV 701. Curt. [1431] VΙ 8. Diod. XVII 102f.). Die Kämpfe, die er hier zu bestehen hatte, wurden zum Teil durch religiöse, von den Brahmanen ausgehende Opposition veranlasst, indem diese vor allem den Musikanos, den König eines grossen und fruchtbaren Reiches (das sich an dem ehemals östlicher fliessenden Indos ungefähr von Buktur südlich bis in die Gegend von Sehwân, wahrscheinlich dem alten Sindimana, erstreckte; vgl. Lassen II 185), zum Abfall von A. veranlassten. Der in einem eigenartigen, gegen alles Fremde streng abgeschlossenen religiösen Leben und in einer fest ausgebildeten Priesterherrschaft begründete Gegensatz zeigte, wie schwer es für A.s Herrschaft war, hier feste Wurzeln zu schlagen. Dass A. aber, trotzdem er zunächst auf eine weitere Ausdehnung seiner Herrschaft über Indien verzichtete, doch die von ihm durchzogenen und unterworfenen Landschaften sich zu sichern versuchte, zeigen seine Massregeln. Die Könige des Pendschab, die er in ihrer Herrschaft beliess, vor allem der mächtige Poros, traten, wie Droysen treffend bemerkt, in ein Verhältnis zu ihm, das ähnlich dem des Rheinbundes war; durch besondere Begünstigung suchte er namentlich in dem Reiche des Poros sich ein zuverlässiges Vasallenreich zu schaffen. Die übrigen Gebiete, vornehmlich die Grenzmarken indischen Landes am Indos selbst, übertrug er Makedoniern als Satrapieen (Arr. IV 28, 6. V 8, 3. VI 14, 3. 15, 2. 4); an wichtigen Punkten legte er feste Plätze an, besonders an den Mündungen der Flüsse (Arr. V 29, 3, am Akesines, ungefähr an der Stelle des heutigen Wasirabâd; ferner am Zusammenfluss des Akesines [Pankanada] mit dem Indos und weiter südlich am Indos selbst, Arr. VI 15, 2. 4. Steph. Byz. s. Ἀλεξάνδρεια 5 — vgl. Hekat. frg. 175 — und 15. Curt. IX 8, 8. Diod. XVII 102, 4; vgl. noch Droysen III 2, 230ff.). Wie er bedacht war, das Mündungsgebiet des Indos in nähere Beziehungen zu seinem Reiche zu bringen, legen seine Unternehmungen dar; er liess Pattala (an der Stelle des heutigen Heiderabâd oder etwas weiter nördlich, vgl. Lassen II 182, 2. Wilson a. O. 207ff.), wo der Indos sich in mehrere Arme zu scheiden begann, befestigen und Schiffswerften anlegen, um hier einen Mittelpunkt für das Verkehrsgebiet des Indos zu schaffen; er fuhr selbst zunächst auf dem westlichen Arme, wo die Makedonier die Erscheinungen der Ebbe und Flut kennen lernten, dann auf dem östlichen in das offene Meer; vor allem gab er dem Nearchos den Auftrag, eine Entdeckungsfahrt auf dem indischen Ocean zu machen, um die Verbindung mit den Euphratländern herzustellen (Arr. VI 18ff.; Ind. 20f. Strab. XV 692. Diod. XVII 104. Curt. IX 9). Über den indischen Feldzug vgl. Lassen Ind. Altertumsk. II² 137ff. Cunningham Ancient geography of India I 1871. Lezius de Alexandri M. expeditione Indica, Dorpat 1887. Schuffert Programm von Colberg 1886. Lefmann Geschichte Indiens, 1890.

Gegen Ende des Sommers 325 brach A. von der Indosmündung auf. Nachdem er schon vorher von der Hauptstadt des Musikanos (wohl Alor) aus dem Krateros den Befehl gegeben, mit einem Teile des Heeres weiter nördlich nach Karmanien zu ziehen, wahrscheinlich durch die Bolanpässe [1432] über Kandahar (νgl. Arr. VI 17, 1 mit 15, 7. 17, 3. Lassen II 189, 2. I 38f.; Strab. XV 721 giebt den Weg nicht ganz richtig an), trat er mit dem übrigen Heere den Marsch, nicht weit von der Küste, durch das Gebiet der Arabiten und Oreiten und dann durch Gedrosien, die Wüste von Beludschistan, an, welchen das Heer unter unsäglichen Anstrengungen und Leiden zurücklegte (Arr. VI 21ff. Strab XV 721f.; vgl. auch Diod. XVII 104, 4ff. Curt. IX 10, 4ff. Plut. Alex. 66). Der Zug diente wohl vor allem dem Zwecke, das Küstengebiet zu recognoscieren, für die Flotte möglichst Landungs- und Proviantstationen zu schaffen und den Grund für eine gesicherte Verbindung mit dem persischen Meerbusen zu legen (Arr. VI 23, 1), wie denn auch an wichtigen Punkten Städte angelegt wurden (Arr. VI 21, 5; ferner 22, 3 — vgl. Ind. 23, 4 - Plin. VI 97. Diod. XVII 104, 8 Curt. IX 10, 7. Steph. Byz s. Ἀλεξάνδρεια 4). Daneben wollte A. durch dieses Unternehmen den Nimbus seiner Eroberungen noch steigern (Arr. VI 24, 2f. Strab. XV 722). Nach einem sechzigtägigen Wüstenmarsche gelangte A. nach Pura (wohl das heutige Puhra, vielleicht auch Banpur), der Hauptstadt von Gedrosien. Von da zog er nach Κarmanien, wo Krateros mit ihm sich vereinigte (A. kann nicht, wie Stolze a. O. 270f. meint, über Kerinân gekommen sein, da dies zu weit vom Meere abliegt; vgl. Arr. VI 28, 7; Ind 33, 6f. Bunbury I 520). A. brachte hier ein Dankfest den Göttern dar für die glückliche Beendigung des indischen Feldzuges (Arr. VI 28, 3, vgl. Ind 36, 3); dies hat wohl in Verbindung mit den im makedonischen Heere lebendigen Erinnerungen an den sagenhaften Zug des Dionysos die Veranlassung zu den bekannten Erzählungen von dem bacchischen Zuge A.s gegeben (Curt. IX 10, 24ff. Diod. XVII 106, 1ff. Plut. Alex. 67). Im Winter 325/4 langte A. in Persis an. Seine Anwesenheit im Mittelpunkte des Reiches erwies sich als sehr notwendig; es waren Missstände an den Tag getreten, die dringend der Abhülfe bedurften; es zeigte sich, dass die Organisation, welche A. seinem Reiche gegeben hatte, nicht ausreichend war, um den festen Bestand desselben zu sichern, die überall hervortretenden Sonderbestrebungen einzelner Personen und Stämme zurückzuhalten; auf der Persönlichkeit des Königs, seinen ungeheuren Erfolgen, hatte der Zusammenhalt des Reiches beruht; dieser schien jetzt durch seine lange Abwesenheit in Indien in Frage gestellt. Nicht blos, dass in den verschiedenen Provinzen die ärgsten Übergriffe der Satrapen und sonstigen von A. eingesetzten Verwaltungspersonen vorgekommen waren, es hatte sich auch ein Meder als Grosskönig aufgeworfen (Arr. VI 27, 3ff. 29, 3. 30, 1f. VII 4, 1. Plut. Alex. 68. Diod. XVII 108, 4. Curt. X 1, 1ff.). A. musste in der rücksichtslosesten Weise durchgreifen, um Ordnung zu schaffen.

Immer mehr zeigte sich jetzt der Charakter seiner Herrschaft als der einer Weltherrschaft, in der die Makedonier in der Hauptsache nur noch als wesentlichster Kern des Heeres, das Hellenische als allgemeines Kulturelement Bedeutung hatte. In Susa, wohin er sich von Persis aus begab, feierte er seine Vermählung mit der Tochter [1433] des Dareios, Barsine, und vermählte eine Anzahl von hervorragenden Makedoniern mit vornehmen Perserinnen, um eine grössere Verschmelzung zwischen Orientalen und seinem Volke hervorzubringen (Arr. VII 4, 4ff. Diod. XVII 107, 6. Iust. XII 10, 10. Plut. Alex. 70). Die jungen Asiaten (Epigonoi), die schon längst von A. ausgehoben und durchaus nach makedonischer Weise militärisch ausgebildet waren (Arr. VII 6, 1. 8, 2), bildeten jetzt einen Bestandteil des Heeres; Perser wurden in das eigentliche makedonische Heer aufgenommen (Arr. VII 6, 3ff.); kurz vor seinem Tode suchte A. durch eine Umbildung des makedonischen Heerwesens eine engere Verschmelzung der Perser mit den Mazedoniern herbeizuführen (Arr. VII 23, 3ff.; vgl. Droysen II 2, 331ff.). Die Misstimmung der Makedonier hierüber fand im Sommer 324 in Opis am Tigris einen offenen Ausbruch in einer Meuterei, als A. einen Teil seiner Veteranen in die Heimat entlassen wollte. Der Aufstand wurde beschwichtigt, als A. die asiatischen Truppen an die Stelle des makedonischen Heeres zu setzen begann. Der König söhnte sich mit seinem Heere aus, sandte ungefähr 10 000 Veteranen nach Makedonien unter dem Befehle des Krateros, übertrug diesem die Verwaltung der heimatlichen Angelegenheiten und schickte dem Antipatros den Auftrag, ihm neue Truppen zuzuführen (Arr. VII 8ff. Plut. Al. 71. Curt. X 2, 8ff. Iust. XII 11f.).

Auch den Hellenen gegenüber zeigte sich jetzt immer deutlicher die völlige Veränderung in der Stellung A.s. Er verlangte von ihnen, wie es scheint nach seiner Rückkehr aus Indien, die Darbringung göttlicher Ehren, und von den meisten Staaten wurden sie ihm wohl auch gewährt (Ael. v. h. II 19. V 12. Athen. VI 251b. Deinarch. I 94. Hyper. I frg. 8, 30f. Bl.². Val. Max. VII 2 ext. 10. Arr. VII 23, 2. Polyb. XII 12b. Vit. X or. VII 22 p. 842 d. Plut. apophth. 187 e). Weiter gebot er die Zurückführung der Verbannten in die Städte, aus denen sie vertrieben waren (Sommer 324, vgl. Diod. XVII 109. XVIII 8. Curt. X 2, 4ff. Iust. XIII 5, 2f. Deinarch I 103. Hyper. I frg. 4, 16). Man hat darin bei der grossen Zahl der Verbannten eine „im Interesse der öffentlichen Sicherheit in Griechenland unumgänglich nötige Massregel sehen wollen“ (Beloch Att. Politik seit Perikles 253; vgl. auch Droysen I 2, 274f.); indessen ist diese Auffassung vom Standpunkte der Politik A.s, der den hellenischen Angelegenheiten nur noch wenig Interesse zugewandt hatte, wohl nicht gerechtfertigt; es war ein Eingriff in die Autonomie der griechischen Staaten, wodurch sich A. eine Partei in Hellas schaffen wollte.

Von Opis begab sich A. nach Ekbatana; hier starb im Herbste 324 sein Freund Hephaistion; A. richtete ihm in Babylon die glänzendste Leichenfeier aus und liess ihn durch einen Ausspruch des Ammonsorakels als Heros verehren (Arr. VII 14, 7. 23, 6. Diod. XVII 115, 6. P1ut. Aì. .72). Während der Vorbereitungen zu der Trauerfeier unterwarf er im Winter 324/3 das räuberische Bergvolk der Kossaier im Norden von Susa (Arr. VII, 15 1ff.; Ind. 40, 6ff. Strab. XI 524. Diod. XVII 111, 4ff.), das er durch städtische Ansiedelungen an ein sesshaftes Leben zu gewöhnen [1434] suchte. Auf dem Wege nach Babylon traf ihn eine Reihe von Gesandtschaften fremder Völker, die dem Weltherrscher ihre Huldigung brachten (Arr. VII 15ff. Diod. XVII 113. Kleitarch. frg. 23; es liegt wohl kein genügender Grund vor, an einer Gesandtschaft der Römer zu zweifeln).

In Babylon war A. mit grossen Plänen zu Seeunternehmungen beschäftigt; er liess eine Recognoscierungsfahrt auf dem kaspischen Meere vorbereiten und rüstete zu einem Zuge gegen Arabien (Arr. VII 16, 1f. 19, 3ff. Strab. XVI 741); vielleicht plante er aber auch schon Unternehmungen nach dem weiteren Westen (Arr. VII 1, 1ff. Diod. XVIII 4, 4); ferner beabsichtigte er eine grossartige Völkermischung; da wurde er von einem Fieber ergriffen, wohl infolge übermässiger Anstrengungen und unregelmässiger Lebensweise, wie sie bei den ausgedehnten Trinkgelagen herrschte, und starb am 29. des Monates Daisios Ol. 114, 1 im Alter von 32 Jahren 8 Monaten (Arr. VII 24ff. Plut. Alex. 75ff.; vgl. Bauer Ztschr. f. österr. Gymn. 1891, 1ff.), wahrscheinlich am 13. Juni 323 (vgl. v. Gutschmid Gesch. Irans 163. Unger Philol. XXXIX 494). Über die Vorgänge nach seinem Tode vgl. Reicke de rebus post Alexandri M. mortem gestis, Königsb. 1887; namentlich U. Koehler Berl. Akad. Sitzungsber. 1890, 555ff.

Litteratur: Droysen Geschichte des Hellenismus, 2. Aufl. 1877. Bd. I 3. Aufl. 1880. Ranke Weltgesch. I 2, 156ff. III 2, 44ff. Niebuhr Vortr. üb. a. Gesch. II 417ff. Thirlwall History of Greece VI—VII. Grote History of Greece XI—ΧII. Schlosser Übers, üb. d. Gesch. d. a. W. I 3, 91ff. Spiegel Eranische Altertumsk. Bd. II. Holm Griechische Geschichte, Bd. III. Schaefer Demosthenes und seine Zeit, Bd. III 2. Aufl. Als kurze Charakteristik A.s beachtenswert: v. Gutschmid Geschichte Irans 1888, Freeman Historical Essays, 2 Series, 3. ed. Oxford 1889, 179ff. Mahaffy Problems in Greek History 1892. Noeldeke Aufs. z. pers. Geschichte 1887. Gervinus Gesch. d. deutsch. Dichtung I 211ff. Droysen Berl. Akad. Monatsber. 1877. O. Jaeger Progr. v. Wetzlar 1861. Zum Heerwesen A.s Rüstow u. Koechly Gesch. d. griech.. Kriegsw. 216ff. J. G. Droysen Hermes XII 226ff. H. Droysen Unters. über Alex. d. Gr. Heerwesen, Freiburg 1885; Griech. Kriegsaltert. 107ff. Krause Hermes XXV 62ff. Zur Numismatik A.s: L. Müller Numismatique d’Alexandre le Grand, Kopenhagen 1855. Imhoof-Blumer Monnaies grecques 1883, 118ff. Head HN 197ff. Bunbury Num. Chron. 1883, 1ff. Head ebenda 18ff.

Κaerst Forschungen zur Geschichte Alex. d. Gr., Stuttgart 1887. Fraenkel Die Geschichtschreiber Alex. d. Gr., Breslau 1883. Mehr populär: O. Jaeger Alex. d. Gr. Gütersloh 1892. Hertzberg Asiat. Feldz. Alex. d. Gr., 2. Aufl.

Zur Alexandersage: Zacher Pseudo-Kallisthenes, Halle 1867. Meyer Alexandre le Grand lans la littérature française du mojen âge, Paris 1886. Spiegel II 582ff. Noeldeke Beiträge zur Geschichte des Alexanderromans, Wien 1890. Über das Verhältnis A.s zu Aristoteles: Geier Alexander und Aristoteles. Oncken Staatslehre d. Aristoteles II 274ff.