RE:Bakis 1

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gottbegeisterter Prophet
Band II,2 (1896) S. 28012802
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Bakis. 1) Ursprünglich kein Eigenname, sondern die appellative Bezeichnung eines jener gottbegeisterten Propheten, deren Wirken und Bedeutung vom 8.-6. Jhdt. v. Chr. E. Rohde Psyche 349ff. in meisterhafter Darstellung geschildert hat. Die Etymologie des Wortes ist völlig dunkel; klar ist nur, dass das Zeitwort βακίζειν (Aristoph. Eirene 1072) [2802] erst von dem Namen B. abgeleitet ist wie σιβυλλαίνειν von Σίβυλλα C. Goettling (Commentatio de Bacide fatiloquo, Opuscula academica 198) stellt βακίζειν mit σαβάζειν und βακχεύειν zusammen. Schon die Alten wussten, dass der Name B. zunächst nicht eine bestimmte Person, sondern eine ganze Klasse von Menschen bezeichne, so z. B. Aristot. problem. 30, 1 p. 954 a 36 πολλοὶ δὲ καὶ διὰ τὸ ἐγγὺς εἶναι τοῦ νοεροῦ τόπου τὴν θερμότητα ταύτην νοσήμασιν ἁλίσκονται μανικοῖς ἣ ἐνθουσιαστικοῖς, ὅτεν Σίβυλλαι καὶ Βάκιδες καὶ οἱ ἔνθεοι γίγονται πάντες, ὅταν μὴ νοσήματι γένωνται ἀλλὰ φυσικῇ κράσει. Vgl. [Platon] Theages 124 D εἴποις ἂν οὖν μοι τίνα ἐπωνυμίαν ἔχει Βάκις τε καὶ Σίβυλλα καὶ ὁ ἡμεδαπὸς Ἀμφίλυτος. So war der Name B. auch ein ἐπίθετον des Peisistratos, Schol. Aristoph. Eirene 1071. Suid.

Man unterschied drei Propheten Namens B., einen boiotischen, attischen und arkadischen, von denen der erstere der berühmteste und älteste war; Schol. Aristoph. Eirene 1071; Hippeis 123. Ael. var. hist. XII 35. Cic. de div. I 34. Tzetzes Schol. Lykophr. 1278. Clem. Alexandr. Strom. I p. 398 Pott. Als Heimat des boiotischen galt der tanagraeische Flecken Eleon (K. O. Müller Orchomenos² 139). Zur Wahrsagekunst sollten ihn die Nymphen begeistert haben, für deren Geschenk diese Fähigkeit überhaupt gewöhnlich gehalten wurde, Aristoph. Eirene 1070. Paus. X 12, 11 (IV 27, 4). Der arkadische B. sollte aus der Stadt Kaphyai stammen und auch Kydas oder Aletes heissen (Philetas Ephes. beim Schol. Aristoph. Eirene 1071; Ornithes 962). Von diesem berichtete Theopompos nach demselben Scholion (FHG I 291), dass er einmal als ein anderer Melampus die Frauen der Lakedaimonier auf Befehl des Apollon vom Wahnsinn geheilt habe.

Eine grosse Anzahl von Orakelsprüchen wurde auf B. zurückgeführt; die Erzählungen Herodots und die Komoedien des Aristophanes zeigen, dass er im 5. Jhdt. zusammen mit Musaios von Athen als χρησμολόγος κατ’ ἐξοχήν galt. Dass es Onomakritos war, der alle unter dem Namen des B. laufenden Orakel verfasst habe, ist nur eine Vermutung Goettlings. Aus dem Beinamen B., den Peisistratos führte, ist nur zu schliessen, was auch sonst genugsam bekannt ist, dass zur Zeit dieses Herrschers die Orakelpoesie in hoher Blüte stand, und dass Peisistratos selbst eine grosse Vorliebe für sie hatte. Eine Sammlung der unter dem Namen des B. überlieferten Orakelsprüche hat Goettling a. a. O. 203ff. gegeben. Auch noch in späterer Zeit diente der Name B. in derselben Weise wie der der Sibylle zu allerlei Fictionen; vgl. Lukian. de morte Peregr. 29. Zur Charakteristik dieser Poesie vgl. Plut. de Pyth. oraculis 10.

[Kern.]