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RE:Birnbaum

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Baumart
Band III,1 (1897) S. 491 (IA)–498 (IA)
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Birnbaum. Die Stammformen des auch in Griechenland und Italien heute kultivierten B.s, Pirus communis L., scheinen in Griechenland Pirus elaeagrifolia Pall. mit schmalelliptischen und Pirus cordata Desv. mit herzeiförmigen Blättern, in Italien letztere die Stammform gewesen zu sein, da Pirus achras Gärtn. mit breitelliptischen Blättern aus Mittelasien zu stammen scheint. Jene Arten scheinen durch Kreuzung mit Pirus achras und, wenigstens in Italien, mit Pirus persica Pers. zur Entstehung der Kulturbirnen im Altertum beigetragen zu haben. Koch (D. Bäume und Sträucher des alt. Griechenl. 1884, 184) hält die in der Odyssee (XXIV 234) erwähnte schlanke ὄγχνη für eine besondere, sich durch hohen Wuchs auszeichnende Art, die er Pirus elata nennt; von Pirus persica Pers. behauptet er (S. 186) wohl mit Recht, dass sie in sehr früher Zeit von Syrien aus nach Unteritalien verpflanzt sei, sich von Paestum aus weiter über Italien verbreitet habe, von den Römern Tarentina (zuerst bei Cat. 7, 4) genannt sei und schliesslich in der Nähe der oberitalischen Seen, besonders bei Bergamo, sich zu der heutigen Bergamotte ausgebildet habe. Dass der B. schon in vorgeschichtlicher Zeit in Europa einheimisch gewesen ist, geht daraus hervor, dass vereinzelt Birnen in den Pfahlbauten gefunden sind, also zu einer Zeit, in der von Obstkultur sich keine Spuren finden. Heute heisst der kultivierte B. griechisch ἀπιδία, albanesisch darde, der [492] wilde ἀχλάδα, albanesisch gorítze, auf Kephalonia ἀγριαπιδιά; auf darde scheint der Name der Δαρδανεῖς, eines Volkes in Obermoesien und Illyrien, vielleicht auch der des mythischen Heros Δάρδανος zurückzugehen. In Griechenland ist die Kultur des B., weil das Klima zu heiss und trocken ist, ähnlich wie die des Apfelbaumes eine sehr beschränkte.

In der Ilias wird der B. nicht erwähnt, in der Odyssee heisst der edle Β. ὄγχνη; er findet sich im Garten des Alkinoos (VII 115), wobei zugleich seine Frucht ebenso genannt ist (120), mit dem Epitheton ‚schlank‘ (XXIV 234) in der Baumpflanzung des Laërtes (ebd. 340) und unter den Bäumen des Hades, nach deren Früchten Tantalos lechzt (XI 589). Sonst findet sich dieser Name selten, so namentlich bei Theophrast (h. pl. II 5, 6) nur ein einzigesmal, ebenfalls als Kulturbaum; ein solcher scheint auch bei Kallimachos (Hymn. in Cer. 28) und Theokrit (Ι 132) gemeint zu sein, während dies bei Rufus Ephesius (p. 89 Daremb.) zweifelhaft ist, obwohl die Frucht seiner ὄχνη ziemlich dieselbe astringierende Wirkung wie die des edeln B. (37) haben soll. Dagegen stellt Artemidoros (Oneir. I 73) sie auf gleiche Stufe mit der ἀχράς und Nikandros nennt die Frucht einer μύρτος ὄχνη wild, ἀχρὰς καρπός (ther. 512), so dass sie wohl nicht mit dem pyrum myrteum des Macrobius (sat. III 19, 6) zu identificieren ist; ein wilder B. ist auch die βάκχη desselben (Nic. ther. 512; alex. 354), zu der eine glossa Gött. bei J. G. Schneider Curae post. in ther. χειμωνικοῦ ἀπίου hat. Hesychios hat die Form κόγχνη. Der gewöhnliche Name des edeln B. ist ἄπιος, spätere sind ἀπιδέα (Geop. X 3, 6), ἀππίδιον (ebd. 22, 1), was eigentlich die Frucht bezeichnet (schon bei Rufus Eph. p. 402), und andere (vgl. Langkavel Bot. d. spätem Gr. 1866, 8). Der wilde B. heisst gewöhnlich ἀχράς (sogar achrades pyri bei Col. VII 9, 6), auch die ἄχερδος (Od. XIV 10. Soph. O. C. 1596. Pherekr. in Bekk. an. gr. p. 373, 25 u. 475, 15. Theocr. XXIV 89. Alkaios Mess. Anth. Pal. VII 536. Bekk. an. 562, 22) wird so erklärt (Etym. M. p. 181, 5. Eust. Od. XI 292. XIV 10. Bekk. an. 475, 12); auch hiess eine Tochter des attischen Heros Kolonos Ὄχνα und ein attischer Demos Ἀχερδοῦς (Steph. Byz. Bekk. an. 348, 24). Mit ἀχράς hängt offenbar der Name Ὄκρα eines Alpenausläufers zwischen Adelsberg und Wippach, welcher heute ‚Birnbaumer Wald‘ heisst, zusammen. Auch der Stadtteil von Syrakus Ἀχραδίνη war davon benannt, falls das Wort nicht orientalischen Ursprungs war. Übrigens steht ὄχνη in Ablautungsverhältnis zu ἀχράς und ἄχερδος (Ο. Schrader bei V. Hehn Kulturpfl.⁶ 595). Was den alten Namen der Peloponnes Ἀπίη betrifft, so sollte er von ἄπιος herstammen, weil die B. dort im Überfluss vorhanden seien (Istros Kyren. bei Athen. XIV 650 b. c), oder die in diesem Lande gedeihenden wilden B. nach ihm ἄπιοι (Istros Kyren. bei Steph. Byz. s. Ἀπία. Plut. quaest. gr. 51) oder die Peloponnes Ἀπία von Apis, dem Sohne des Phoroneus benannt sein (Rhianos bei Steph. Byz. s. Ἀπία. Apollod. bibl. II 1, 6. Meineke Anal. Alex. 182), ferner sich die Argiver in alter Zeit von edeln B. und die Tirynthier von wilden genährt haben (Ael. v. h. III 39) und deshalb die [493] argivischen Knaben als Βαλλαχράδαι an einem Feste gespielt haben (Plut. a. a. O.), doch soll der genannte argivische König Apis nach älterer Meinung aus Nanpaktos eingewandert sein (Aisch. Suppl. 262). Daher mag Ἀπία von dem europäischen Stammwort akvâ = Wasser herzuleiten sein, wenn auch Argos sich durch die Kultur der B. ausgezeichnet haben mag. Übrigens wurden auch die edeln Birnen Euboias gerühmt (Hermipp. bei Athen I 27f). Das lateinische Wort pirus, dem wahrscheinlich unser ‚Birne‘ nach dem 8. Jhdt. entlehnt ist, kann dem griechischen ἄπιος (ursprünglich α-πισ-ος) urverwandt sein (O. Schrader a. a. O.) und der alten Stadt Latiums, Pirae (Plin. III 59) den Namen gegeben haben.

Der wilde B. wird als strauchartig geschildert (Col. III 11, 5. Pall. I 5, 4), der sich in Italien selbst auf spärlich bewachsenem Boden finde, dornig sei, aber viele Früchte trage (Col. a. a. O.); der edle B. scheine erst durch die Kultur wie der Apfelbaum (s. d.) einstämmig geworden zu sein (Theophr. h. pl. I 3, 3); der Wildling sei kräftiger und gedrängter und von längerer Lebensdauer (Theophr. h. pl. IV 13, 1), sei knotenreicher (Theophr. I 8, 2); er schlage früher aus, weil die erzeugende Kraft, da der Baum nicht beschnitten und seine Früchte nicht abgepflückt würden, auf mehr und schwächere Teile verteilt werde, was zur Folge habe, dass die Sprossen leichter durch die Luft hervorgelockt würden (Theophr. c. pl. I 15, 2); er trage reichlichere, aber nicht so schöne (Theophr. h. pl. I 4, 1) oder fleischige Früchte (ebd. IV 13, 1), reife sie schlechter (ebd. III 2, 1) d. h. spät (ebd. Diosc. I 168. Plin. XXIII 116) im späten Winter mit Ausnahme einer Art, die sie im Spätherbst reife (Theophr. h. pl. III 4, 4), werfe vor der Fruchtreife die Blätter ab (ebd. I 9, 7; vgl. Plin. XVI 84), gehöre zu den den unterirdischen Göttern geweihten Unglücksbäumen (Macrob. sat. ΙII 20, 3). Wohl wegen seines zu Bildhauerarbeiten geeigneten Holzes war das Bildnis der Hera, welches zuerst zu Tiryns, später im Heraion bei Mykene aufgestellt war (Paus. II 17, 5), aus seinem Holz verfertigt. Die Schuster verfertigten daraus Täfelchen, an denen sie ihre Instrumente schärften (Theophr. h. pl. V 5, 1). Für die Verarbeitung wurde das Holz auch künstlich gefärbt (Plin. XVI 205).

Der edle B. hat eine starke Wurzel (Theophr. c. pl. I 3, 3), deshalb kommen aus ihr an der Stelle, wo sie der Oberfläche am nächsten ist, Sprossen hervor (ebd. 5); das Wachstum erfolgt aus den Spitzen der Triebe und aus den Seiten (Theophr. h. pl. III 6, 2), er soll bei schnellem Wachstum bald zu Grunde gehen (Plin. XVII 95) und Dornen(?) haben (Theophr. h. pl. IV 4, 2), während er (wohl der aus Kernen hervorgegangene Wildling) sie durch das Pfropfen verliere (Pall. XIV 58); die Blätter sind rundlich (Theophr. h. pl. I 10, 5. Plin. XVI 90) und mit ihnen die länglichen Blätter der Rotbuche (Theophr. h. pl. III 10, 1) und Ulme (ebd. 14, 1), die ausserdem auch spitzeren der Hopfenbuche (ebd. 10, 3; vgl. Plin. XIII 177), die grösseren und nervigeren der Erle (Theophr. h. pl. III 14, 3) und der Persea, Mimusops Schimperi Hochst. (ebd. IV 2, 5) zu vergleichen; dieser ist der B. überhaupt sehr [494] ähnlich, auch an Blüten, Zweigen und ganzem Wuchs (ebd.); die Blüten sind weiss (ebd. III 13, 3. Verg. g. II 71. Pall. XIV 55) und zeigen sich unmittelbar nach der Apfelblüte (Plin. XVI 103), nämlich heute in Attika bei der kultivierten Pirus communis L. etwa 20. März bis 20. April, bei der wilden Pirus amygdaliformis Vill. im März, bei der kultivierten Pirus malus L. etwa 10. März bis 10. April, in Italien bei den beiden ersten Arten in kultiviertem Zustande April und Mai, bei der letzten Mai und September, in Deutschland entsprechend April und Mai und Mitte April bis Ende Mai. Der Fruchtknoten ist unterständig (Theophr. h. pl. I 13, 3); die Früchte sollen aus den vorjährigen Trieben kommen (ebd, 14, 1), während diese thatsächlich ein Alter von 3–5 Jahren haben. Der Same ist in einer lederartigen, von der Fruchthülle umgebenen Haut eingeschlossen (ebd. 11, 5). Die Früchte fallen leicht vor der Reife ab (ebd. II 8, 1. Plin. XVI 109), weil ihr Stiel schwach ist (Theophr. c. pl. II 9, 3), und, obwohl der B. viele Früchte hervorbringt, vermag er sie doch nicht zu ernähren (ebd. 11, 10). So wird seine Kraft weniger erschöpft und, da er erst im spätem Alter reichlichere Frucht trägt (vgl. Plin. XVI 117), wann seine Kraft zum Wachsen abgenommen hat und er nun die Früchte besser ausbilden kann, ist er von nicht geringer Lebensdauer (Theophr. a. a. O.). Die Früchte sind wohlriechend (Theophr. de od. 5), besonders wenn sie noch nicht ganz reif sind (Theophr. c. pl. VI 16, 2), und haben einen weinartigen Geschmack (ebd. 14, 4. Plin. XV 58. 109). In Karien sollen sie mit einem salzigen Flaum bedeckt sein (Theophr. ebd. VI 10, 7). Es giebt früh und spät reifende Birnen (ebd. I 18, 3. IV 11, 2. Plin. XVII 17), sie reifen meist im Herbst, doch auch früher, andere im Winter (Plin. XVI 106); einige zweimal im Jahre reifende Sorten (Theophr. c. pl. I 13, 9. Plin. XVI 114) gedeihen in den Gegenden, wo der Herbst lange anhält (Theophr. a. a. O.). Das Holz ist dicht (Plin. XVI 211), doch in der Ebene besser als im Gebirge, wie der B. denn auch dort stets grösser ist und bessere Früchte hervorbringt (Theophr. h. pl. III 3, 2. 11, 5. Plin. XVI 77). Der B. hat von Raupen (Aristot. h. a. V 19, 11) und Würmern (Theophr. c. pl. V 9, 4. Pall. III 25, 5) zu leiden, die Früchte werden mitunter von Würmern angefressen (Theophr. n. pl. IV 14, 10. Plin. XVII 230). Unter der Kälte leidet er wenig (Theophr. c. pl. I 22, 7. V 12, 9); daher gedeihen bei Pantikapaion viele, meist frühreifende Sorten (Theophr. h. pl. IV 5, 3. Plin. XVI 137), in heissen Ländern wie in Ägypten der wilde B. gar nicht, der edle nur schlecht (Theophr. c. pl. II 3, 6).

Doch sollen nach Theophrast (ebd. III 2, 8) junge Pflänzlinge nicht die Kälte des Winters vertragen, weshalb die Anpflanzung nicht im Herbst geschehen dürfe. Mago (bei Plin. XVII 131) dagegen empfahl, die B. mit länglicher oder runder Frucht zwischen 11. November und der Winterwende, die übrigen Sorten mitten im Winter, nach dem 7. Januar, anzupflanzen; auch nach Diophanes (Geop. X 23, 2) konnten die B. mit grossen und runden Früchten, welche am Stamme selbst reiften, früher gepflanzt werden, die andern von der Mitte des Winters bis in die Mitte des Frühlings. [495] In Italien sollte der B. im Herbst, mindestens 25 Tage vor der Winterwende (Col. V 10, 17. Plin. XVII 136), in heissen Gegenden im November, in kalten im Februar angepflanzt werden, Kerne in gemässigten Gegenden im November gesät werden (Pal. III 25, 1). Die Entfernung sollte jedenfalls mehr als 9 Fuss (Theophr. h. pl. II 5, 6. Plin. XVII 88), ja 30 Fuss betragen (Pall. a. a. O. 3). Während die aus Kernen gezogenen Pflanzen Wildlinge sind (Theophr. ebd. 2, 5), Stecklinge selten anschlagen (ebd. 1, 2), weil die Enden der Zweige zu schwach und trocken sind (Theophr. c. pl. I 3, 2), kann der B. durch Absenken fortgepflanzt werden (Theophr. h. pl. II 5, 3). Da die Aufzucht durch Kerne, obwohl von den Haruspices (bei Varr. r. r. I 40, 5) und Cato (de agric. 48, 3. Plin. XVII 71) empfohlen, zu lange Zeit in Anspruch nimmt und die aus Stecklingen und Absenkern gezogenen Bäume zu kurzlebig sind, empfahl Palladius, sich der Wildlinge im Alter von 2 oder 3 Jahren zu bedienen, die natürlich ebenso wie die aus Kernen hervorgegangenen Pflänzlinge veredelt werden mussten (III 25, 2. 3. 6). Nach der Lehre der Geoponiker konnte der B. auf irgend eine der angegebenen Arten (X 22, 3. 23, 3. 4), auch aus Stecklingen (X 3, 6. 22, 4. 5. 23, 3) gezogen werden. Gepfropft sollte nach Cato (40, 2. 41, 1) entweder im Frühling oder um die Sommerwende oder in der Zeit der Weinlese, d. h. der ersten Hälfte; des October, nach Plinius (XVII 114) während der Blütezeit oder spätestens im Mai, nach Palladius im Februar und März (III 25, 6), doch auch nach der Sommerwende (Pall. III 25, 7), geäugelt nach ihm meist im August werden (IX 6); jenes soll auch heute in Italien im Frühling, dies August bis September geschehen. Während man heute in Griechenland nur auf den wilden B., in Italien meist nur auf diesen oder den aus Kernen gezogenen Wildling oder auch auf den Quittenbaum pfropft, wobei in den beiden ersten Fällen die mittlere Lebensdauer des Baumes sich auf 40–50, in letzterem bei schnellerer Entwickelung nur auf ca. 20–25 Jahre stellt, verwandte man im Altertum ausser dem wilden B. verschiedene wild wachsende Bäume zur Unterlage (Geop. X 23, 4): die Blumenesche (Verg. g. II 71. Pall. ΙII 25, 6), gemeine Esche, Apfelbaum, Weissdorn (Pall. a. a. O. XIV 59–65), Mandelbaum (Pall. III 25, 6. Geop. X 24. 76, 2), wodurch die Frucht, eine harte Haut erhalten sollte (Pall. XTV 61), Quittenbaum (Pall. Geop. aa. OO.), wodurch die Frucht den Duft des Quittenapfels erhalten sollte (Pall. XIV 65), Granatbaum, wodurch die Frucht eine rote Farbe erhalten sollte (ebd.), Kastanie, Mispelbaum (ebd.), Terpentinbaum und Sykomore, wobei im letztern Falle die Frucht rot werden sollte (Geop. a. a. O.). Das Edelreis musste, wenn es vor der Sonnenwende eingesetzt wurde, einjährig sein, wenn nach derselben, von der Spitze eines Zweiges genommen werden (Pall. III 25, 7). Schon im dritten Jahre sollte der B. Früchte bringen (Plin. XVII 95), was möglich ist, wenn er auf den Quittenbaum gepfropft ist. Wenn er keine Frucht brachte (Theophr. h. pl. II 7, 7) oder wenn er herangewachsen war (Col. arb. 24; V 10, 17) oder langsam wuchs (Pall. III 25, 4), oder um sein Gedeihen zu fördern (Geop. X 23, [496] 5), sollte unmittelbar über der Erde in den Stamm ein Keil von Eichen- oder Pinienholz getrieben werden. Auch sollte er entweder gleich nach der Anpflanzung (Pall. a. a. O. Geop. X 22, 1. 2. 23, 3) oder später (Col. a. a. O.) mit Asche oder Rindermist gedüngt, im erstem Falle auch bewässert werden. Die Bewohner von Chios behaupteten, dass die φωκίς genannte Sorte besser werde, wenn sie gestutzt werde (Theophr. c. pl. II 15, 2; vgl Plin. XVII 237), doch zweifelte Theophrast (c. pl. II 15, 6), ob dies auch der Frucht und nicht blos dem Holze nütze. Bei der Schneidelung riet derselbe (ebd. III 2, 2), nur die dürren Teile zu entfernen, da die Zweige schon an sich trocken und zart seien.

Ausser der eben genannten phokensischen und einer milesischen (Cloat. bei Macrob. sat. ΙII 19, 6; vgl. auch die ἁμασυκάδες bei Hesych.) ist uns keine griechische Sorte mit Namen überliefert, wohl weil auch im alten Griechenland wie heute die Kultur des B.s wenig betrieben wurde; doch sollten die B. der Insel Keos sehr gut sein (Aischyl. bei Athen. XIV 650 d). Von den römischen Schriftstellern[WS 1] werden 18 nach Personen oder Züchtern, 10 oder 12 nach Localitäten, 4 nach dem Geruche, 3 nach der Gestalt, 2 nach der Farbe, 3 nach der Reifezeit und 14 nach andern Eigenschaften benannte, im ganzen 54–56 Sorten erwähnt (s. das Verzeichnis bei Magerstedt Die Obstbaumzucht der Römer Sondersh. 1861, 165–169). Cato (7, 4) erwähnt das volaemum (auch Verg. g. II 88. Col. V 10, 18. ΧII 10, 4; vgl. Plin. XV 56; so genannt, weil es die hohle Hand ausfüllt nach Serv. Georg. II 88; Aen. III 233 und Isid. or. XVII 7, 67, also = Faustbirne), das Anicianum sementivum (auch Varr. I 59, 3 und Cloat. bei Macrob. sat. III 19, 6, teils nach einem Anicius, teils wohl deshalb so genannt, weil es zur Zeit der Herbstsaat, d. h. November, reifte), beide in eingekochtem Most zu conservieren, das Tarentinum (auch Cloat. a. a. O. Cels. II 24. IV 26. Col. V 10, 18. Plin. XV 61; zu den griechischen gerechnet von Plin. XV 56, aber nach Col. a. a. O. derselben Herkunft wie die syrische bei Verg. g. II 88. Mart. V 78, 14. Iuven. XI 73), musteum (vgl. Plin. XV 56; so genannt wegen der Schnelligkeit des Reifens nach Plin. XV 51), cucurbitivum (= Kürbisbirne, von säuerlichem Geschmack nach Plin. XV 55). Vergil (G. II 88) nennt das Crustuminum (auch Cloatius a. a. O. Scrib. Larg. 104. Marc. Emp. 20, 9; nicht sehr saftreich nach Cels. II 24; in erster Linie genannt von Col. V 10, 18; vgl. XII 10, 4; das beliebteste nach Plin. XV 53, auch in gekochtem Zustande ebd. XXIII 115; mit zum teil roter Haut nach Serv. g. II 88. Isid. XVII 7, 15; benannt nach der sabinischen Stadt Crustumium nach Serv. ebd.), das Syrium und volaema. Cloatius (bei Macrob. sat. III 19, 6) zählt 30 Sorten, Plinius (XV 39. 53–56. 58) 36 Sorten auf, dabei sind aber 12 Sorten des Cloatius weder von Plinius noch andern genannt. Palladius nennt keine Sorten, da die Verschiedenheit derselben keine Verschiedenheit der Kultur mit sich bringe (III 25, 4). Unter den Malerei von Pompeii finden sich beblätterte Zweige von P. communis L., leicht an ihrer äusseren Form erkennbar (Comes Darstellung der Pflanzen i. d. [497] Malereien v. Pompeii, Übers., 1895, 52). Eine Birne sieht man auch auf einer Münze von Metapont (Imhoof-Blumer und O. Keller Tier- u. Pflanzenbilder auf Münzen u. Gemmen d. klass. Altert., 1889 Taf. IX 1).

Einen Nutzen gewährten die wilden B. dem Landmanne als Futter der Schweine (Aristot. h. a. VIII 6, 8) auf der Trift (Col. VII 9, 6), auch die edeln konnten, wenn sie schlecht waren, dazu verwandt werden (Hor. ep. I 7, 19). Auch wurden die wilden Birnen von den Weinbauern als eine Art Mostwage benutzt, da sie im Most untersinken, wenn er mit Wasser vermischt ist (Geop. VI 17. VII 8, 2), was insofern richtig ist, als reiner Most bei 17° C. ein specifisches Gewicht von 1,05–1,13, die wilde Birne von ca. 1,10 hat. Aus den edeln presste man Wein (Diosc. V 32. Plin. XIV 103. Pall. III 25, 11), aus den herben oder wilden bereitete man auch Essig (Pall. a. a. O.). Die edeln wurden, wenn sie noch fast hart waren, dadurch conserviert, dass sie in ein ausgepichtes Gefäss (Col. ΧII 10, 4. Pall. ΙII 25, 8; vgl. Cat. 143, 3) gelegt, dieses mit eingekochtem Most (Cat. Col. a. a. O. Pall. III 25, 10. Geop. X 25, 1) oder gewöhnlichem Most mit oder ohne Zusatz von etwas Salz oder mit Rosinenwein (Col. Pall. a. a. O. Geop. X 25, 2) oder Weintrestern, Spreu, Getreide (Pall. III 25, 9) oder mit Honig (Coll. ΧII 10, 5. Pall. III 25, 9) angefüllt, zugedeckelt und vergipst (Col. XII 10, 4) oder an einer feuchten, harte Sorten an einer sonnigen Stelle vergraben (Pall. III 25, 8. 9), oder einfacher die Birnen in einer mit Sägespähnen gefüllten Grube bewahrt wurden (Geop. X 25, 2). Eine Art Keuschheitstrank oder Fastenbrühe, liquamen castimoniale, stellte man dadurch her, dass noch nicht reife Birnen mit Salz zerquetscht und in ein ausgepichtes Gefäss gebracht wurden, worauf sich nach drei Monaten eine angenehm schmeckende Flüssigkeit ausgeschieden hatte (Pall. III 25, 12). Das Recept für ein in einer Pfanne bereitetes Gericht, eine patina, welches aus gekochten Birnen mit Honig, Öl, Eiern, Gewürzen u. s. w. zubereitet wurde, giebt Apicius (168) an.

In medicinischer Hinsicht sollten die wilden Birnen, welche zugleich herbe und süss seien (Gal. XI 648) mehr astringieren als die edeln (Diosc. I 167. 168), besonders gedörrt (Plin. XXIII 116), doch die spät reifenden, ἀχράδες χειμέριοι, in reifem Zustande den Leib öffnen und reinigen (Ps.-Hipp. I 689 K.). Giftige Pilze sollten unschädlich werden, wenn sie mit wilden Birnen (Diosc. I 168) oder deren Stengeln (Cels. V 27, 12. Plin. XXII 99) gekocht würden, und die Asche des Holzes ihr Gift paralysieren (Diosc. a. a. O. Plin. ΧΧΙII 116). Von den edeln Birnen heisst es, dass sie reif den Leib öffnen, unreif astringieren (Diosc. a. a. O. Cels. II 30); doch sollten sie alle etwas säuerlich sein (Gal. XI 631), etwas astringieren (Gal. XI 591; vgl. Cels. II 33. Diosc. I 167) und dem Magen zuträglich sein, so das Crustuminum und Naevianum (Cels. II 24) und in conserviertem Zustande das Tarentinum und Signinum (Cels. a. a. O. Scrib. Larg. 104. Marc. Emp. 20, 9). Plinius (XXIII 115) sagt, dass alle gekochten Birnen, besonders das Crustuminum, bekömmlich seien und, in Honig gekocht, den Magen stärkten. In Most gekocht sollten wilde Birnen [498] oder unreife tarentinische und signinische den Bauchfluss hemmen (Cels. IV 26). Der Cider halbreifer Birnen wird als herbe, astringierend und magenstärkend geschildert (Diosc. V 32).

[Olck. ]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schrifsteller