RE:Castratio

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Als Verbrechen
Band III,2 (1899) S. 17721773
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Castratio als Verbrechen. Das erste Verbot der C. fällt unter Domitian, der die Castrierung von Sclaven untersagt, Cass. Dio LXVII 2, 3. Suet. Domit. 7. Ammian. Marc. XVIII 4, 5. Martial. II 60. VI 2. Dies Verbot ist wahrscheinlich (s. A. Pernice Labeo II² 87, 5) das vom Venuleius Dig. XLVIII 8, 6 erwähnte Senatusconsultum. Nerva hat das Verbot wiederholt, Cass. Dio LXVIII 2, 4; vielleicht ist mit diesem Verbot identisch das vorhadrianische (vgl. Hadrian Dig. XLVIII 8, 4, 2 constitutum est..), von Marcian Dig. XLVIII 8, 3, 4 erwähnte und von Paul. V 23, 13 gemeinte Senatusconsultum, welches demjenigen, qui hominem invitum (fehlt in Dig.) libidinis vel promercii causa castraverit castrandumve curaverit die poena legis Corneliae [de sicariis] androht. Das Hauptgesetz über die Materie stammt von Hadrian; sein Rescript im Wortlaut erwähnt Ulp. Dig. XLVIII 8, 4, 2; Hauptbestimmung: nemo liberum servumve, invitum sinentemve, castrare debet neve quis se sponte castrandum praebere debet. Hadrianische Neuerung ist wahrscheinlich die Bestrafung der C. im Falle der Einwilligung; neu ist jedenfalls die Androhung der Todesstrafe für den Einwilligenden selbst und den Arzt (a. a. O.). Bezüglich der Bestrafung des Arztes vgl. Iustin. apol. I 29, wo ein statthalterliches Dispensationsrecht behauptet wird. In der späteren Kaiserzeit ist das Verbot der C. mehrmals wiederholt worden. Constantin Cod. Iust. IV 42, 1 bedroht sie mit Capitalstrafe, Confiscation des Sclaven, an welchem, und des Hauses, in welchem sie verübt wird. Leo Cod. Iust. IV 42, 2 verbietet bei gravissima poena den Verkauf römischer Eunuchen; Iustinian endlich (Nov. 142) setzt auf C. die Strafe der Talion; kommt der Delinquent dabei [1773] mit dem Leben davon, so trifft ihn überdies lebenslängliche Deportation.

Der C. sind auf dem Gebiete des Strafrechts verwandte Operationen gleichgestellt worden, so durch Hadrian das sog. thlibias facere, Paul. Dig. XLVIII 8, 5 und namentlich die jüdische Beschneidung, s. den Art. Circumcisio. Vgl. zum ganzen auch Rein Criminalrecht der Römer 422–424.