RE:Hüttenurnen

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Aschenurnen in Form eines Hauses
Band VIII,2 (1913) S. 25182519
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Hüttenurnen, Aschenurnen in Form eines Hauses. Das Grab hatte oft eine Form, die an die Wohnung des Lebenden erinnerte. Als die Leichenverbrennung eingeführt wurde, brauchte man nicht länger das große, für eine unverbrannte [2519] Leiche nötige Grab. Für die gebrannten Knochen genügte eine verhältnismäßig kleine Urne; diese zeigte aber in einigen Gegenden die Form eines Hauses. Weil die damaligen Hütten rund oder oval waren, erhielten diese ,Hausurnen‘ eine ähnliche Form. An jeder Seite der fast quadratischen Tür sieht man zwei senkrechte, schmale, rundliche Erhöhungen, welche die zum Tragen eines Vordaches bestimmten Pfeiler bezeichnen sollen; nur stehen sie nicht, wie in der Wirklichkeit, vor der Tür, sondern sind zur Seite geschoben, damit die Tür geöffnet werden kann. In der Wand sieht man bisweilen eine vierseitige Fensteröffnung, und im Dache befindet sich oft eine kleine runde Öffnung, um den Rauch durchzulassen. Die ersten italischen Hausurnen, die aus Ton verfertigt sind und dem 12. Jhdt. v. Chr. entstammen, sind in Latium und im südwestlichen Teile Etruriens gefunden worden. Als die menschlichen Wohnungen später einen vierseitigen Grundplan erhielten, wurden auch die Hausurnen vierseitig. Aus dem letzten Jahrtausend v. Chr. sind viele solche Urnen gefunden worden. Das Material ist Ton, Stein oder Bronze. Eine solche vierseitige reich verzierte Hausurne aus silberbelegter Bronze stand in der Tomba del Duce bei Vetulonia (Montelius La civilisation primitive en Italie Taf. 188). Eine steinerne, etwas spätere Hausurne mit viereckiger Öffnung (compluvium) in der Mitte des Walmdaches ist bei Chiusi gefunden worden (Civil. primit., Taf. 226). Noch spätere, aus Marmor verfertigte Hausurnen, welche die römischen Häuser nachahmen, kommen auch vor (Civil. primit. S. 662). Im nördlichen Deutschland und im südlichen Skandinavien, welche Länder schon früh in lebhafter Verbindung mit Italien standen, hat man mehrere tönerne Hausurnen gefunden, welche der ersten Hälfte des letzten Jahrtausends v. Chr. entstammen. Die Idee, solche Urnen zu machen, ist freilich aus Italien gekommen; die Form der nordischen Hausurnen ist aber eine andere als die italienische. Montelius La civilisation primitive en Italie II (Stockholm 1905 und 1910), Taf. 133–140 [Latium], 175–188 [Vetulonia], 275 [Corneto] u. a.; Text 657f.; ders. Die vorklassische Chronologie Italiens (Stockholm 1912) 37. 44 und 65.