RE:Idalion
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Stadt auf Zypern zwischen Kition (Larnaka) und Leukusia (Nikosia) | |||
Band IX,1 (1914) S. 867–872 | |||
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Idalion. (Ἰδάλιον), epich. Ἠδάλιον, phön. אדיל, lat. Idalium, jetzt Dali, Stadt auf Kypros, im Binnenland zwischen Kition (Larnaka) und Leukusia (Nikosia) gelegen. Abgesehen von einer sehr zweifelhaften Erwähnung in einer Siegesliste Ramses’ III. zu Medinet Habu, worüber H. Brugsch Gesch. Aeg. 603f. und Oberhummer Cypern I 4f., kann als ältestes historisches Zeugnis die Erwähnung unter zehn kyprischen Königsstädten in den listen Asarhaddons 681–68 und Asurbanipals 668–26 v. Chr. gelten. [868] Dort erscheint an erster Stelle Ikistura König von Id-i-li, Oberhummer 12f. Trotz der Varianten der Lesung I-di-al, E-ti-li usw. kann mit Rücksicht auf die folgenden Namen über die Identität kein Zweifel sein. I. war also mindestens im 7. Jhdt. v. Chr. eine nicht unbedeutende Stadt unter selbständigen Königen.
Steph. Byz. s. v. nennt als Gründer Χαλκήνωρ, ein Name, der sonst nicht vorkommt und wohl mit den alten Erzminen im benachbarten Tamassos in Zusammenhang zu bringen ist. Der Name der Stadt scheint vorgriechischen Ursprungs zu sein. Über ihre Geschichte sind wir fast nur aus Inschriften und Münzen unterrichtet. Erstere sind teils griechisch in epichorischer Schrift, teils phönizisch oder doppelsprachig.
Unter den griechischen Inschriften steht an Alter und Umfang an erster Stelle die Bronzetafel von I. aus der Zeit des ionischen Aufstandes (498 v. Chr.), Collitz Griech. Dialektinschr. I nr. 60. Meister Griech. Dial. II 150ff. Meyer Gesch. d. Alt. III 304f. Wir ersehen aus der auch für die örtliche Topographie wichtigen Inschrift, daß I. damals durchaus griechisch war und der einheimische König Stasikypros von den Persern und der (phönizischen) Stadt Kition belagert wurde. Griechisch sind auch die Königsnamen der ältesten autonomen Münzen, so Γρᾶς und der erwähnte Stasikypros, Six Rev. num. ΙΙΙ 1 (1883), 316f. Doch ist zu bemerken, daß von anderen dieser König und die in der Bronzetafel erwähnten Ereignisse in die Zeit des kyprischen Aufstandes, 449 v. Chr., versetzt wird, so von Hill Cat. of Gr. Coins of Cyprus (London 1904) p. XLVIII–LIII u. 24–28, wo man die vollständigste Zusammenstellung autonomer Münzen von I. (ca. 500–425 v. Chr.) findet. Wenn Meister a. a. Ο. die große Inschrift aus dialektischen Gründen bis in das 4. Jhdt. v. Chr. herabrücken will, so ist diese Annahme historisch kaum zu rechtfertigen. Jedenfalls ist so viel sicher, daß um 449 v. Chr. Baalmekk, König von Kition, die Herrschaft über I. gewann und sich nun ebenso wie seine Nachfolger ,König von Kition und I.‘ nennt, Six a. a. Ο. 254. 324f. Erst jetzt scheint das phönizische Element in I. neben dem griechischen Bedeutung erlangt zu haben. In diese und die folgende Zeit bis um die Mitte des 3. Jhdts. v. Chr. gehören die phönizischen Inschriften CISem. I 88–94 und die Bilinguis Collitz 59 βασιλέϝος Μιλκιjάθωνος Κετίων κάτ’ Ἠδαλίων βασιλεύϝοντος – τὸν ἀνδριjάνταν τόνδε κατέστασε ὁ Ϝάναξ. [Βαάλραμ] ὁ Ἀβδιμίλκων τῶ Ἀπόλλωνι τῶ Ἀμύκλωι usw., dazu Meister a. a. O. 147ff. CISem. 88 (wahrscheinlich 375 v. Chr.). Eine Mischung phönizischer und griechischer Namen in derselben Familie zeigt die von G. Colonna-Ceccaldi Rev. arch. N. S. XXVII (1874) 89f. (= Monuments de Chypre 197) veröffentlichte griechische Inschrift vom J. 264 v. Chr., laut welcher Μνασέας Ἄωητος ὑπὲρ αὐτοῦ καὶ τοῦ υἱοῦ Γηρύσμονος dem Apollon Amyklaios eine Statue weiht. Ein Apses begegnet uns als attischer Proxenos in Tyros, CIA II 170; über den Namen Gerysmon (wohl mit Eschmun in Zusammenhang) s. CISem. I 69. [869] Durch die Herrschaft der Ptolemäer Ober Kypros war dort das griechische Element wieder mehr zur Geltung gekommen und die Grabschriften aus I. bis zur Kaiserzeit sind nunmehr ausschließlich griechisch mit griechischen Personennamen, s. Cesnola Cypern 378 nr. 27.
6. Heiligtum des Rešef Mikal. 7. Heiligtum (Aphrodite?). 8. Großer Aphrodite-Tempel. 9. Griechische Kirche. 10. Gräber.
Vgl. Ohnefalsch-Richter Kultusstätten s. 40f. und Tafel III.
Plin. n. h. V 130 und Steph. Byz. genannt. Ersterer zählt I. bereits zu den verfallenen Städten. Die Reihe der poetischen Lobpreisungen beginnt mit Theokrit. XV 100 Δέσποιν’ ἃ Γολγώς τε καὶ Ἰδάλιον ἐφίλασας. Dann folgen Verg. Aen. I 681. 692f. V 760. X 52. 86. [870] 390f. nr. 90–104. Bull. hell. III 163 nr. 2. 174 nr. 31.
In der klassischen Literatur wird I. fast nur als Kultstätte der Aphrodite erwähnt, hauptsächlich bei römischen Dichtern. Bei Historikern wird sie nirgends, bei Geographen nur von Catal. VI 2. Catull. 36, 12. 61, 17f. 64, 96. Prop. V 6, 59. III 5 (II 13) 54. Ovid ars am. III 106; met. XIV 694; fast. I 452. Lucan. VIII 716. Val. Flacc. VIII 225. Papin. Stat. Achill. 372; silv. I 2, 160. 3, 10. III 4, 21; Theb. II 287. V 63. XII 16. Claudian. X 101. XIV 1. [871] XXI 8. XXXV 16. Dracont. II 4. 150. VI 91. VII 1. 48. VIII 438. 464. 495. X 90. 110. 164. 280. 597. Ennod. Dict. 28. CIL VIII 1, 1533 b.
Für das landschaftliche Bild von I. kommt aus diesen Stellen hauptsächlich Verg. Aen. I 692ff. in Betracht: altos Idaliae lucos ubi mollis amaracus illum floribus et dulci aspirans complectitur umbra, dazu Serv. Idalium – Cypri nemus est in quo oppidum breve. Catull. 64, 96 Idalium frondosum. Stat. silv. III 4, 21 Idalios lucos. Dracont. VIII 438 nemus Idalium. Prudent. c. Symm. II 524 Idalias rosas. Auch mehrere Stellen der Bronzetafel (s. o.) deuten auf eine fruchtbare, wohlbewässerte Landschaft, ebenso wie die heutige Bezeichnung des Tales ,Paradisi‘ südlich von I.
Aus den genannten Stellen und den Funden ergibt sich, daß das wichtigste Heiligtum in I. das der Aphrodite war. Auch Münzen der Stadt tragen ihren Kopf, Six. a. a. O. 318ff. nr. 8–15. Daneben erscheint in Inschriften und auf Münzen auch Athene, Collitz nr. 60. 62 τᾶ Ἀθάνα τᾶ ἰν Ἠδαλίοι. Six 319f. nr. 10–15; ferner der phönizische Rešef-Mikal als Apollon Amyklaios, CISem. I nr. 89–94. Collitz nr. 59. Einmal erscheint CISem. nr. 88 ein Heiligtum des Melqart. In der Bronzetafel hören wir ferner von dem ,Königslande im Bezirke von Alampria‘ τᾶι ζαᾶι βασιλῆϝος τὰ ἰ[ν] το[ῖ] ἰρωνι (Ahrens Philol. 1876, 42 denkt an ῥών = awest. ravan ,Ebene, Raum‘, Meister 151 mit Deecke an sem. ir ,Stadt‘) τοῖ Ἀλαμπριjάται. Dieses literarische sonst nicht bezeugte Alampria lebt im dem heutigen Ortsnamen Alambra südwestlich von I. fort.
Bei neueren Reisenden wird I. nur selten und meist kurz erwähnt, so bei Stephan Lusignan Chorograffia di Cipro. Bol. 1573, 17. G. Mariti Viaggi I. Lucca 1769, 204f. B. Pococke Description of the East II. London 1745, 214. W. Turner Journal of a Tour in the Levant II. London 1820, 48ff. L. Ross Reisen nach Kos usw., Halle 1852, 99ff., 163. M. de Voguë Rev. arch. N. S. VI 1862, 245f. F. Unger und Th. Kotschy Die Insel Cypern, Wien 1865, 536ff. Tib. und G. Colonna-Ceccaldi Rev. arch. N. S. XX 1869, 208ff. XXI 1870, 28ff. Cesnola Cypern 64–89 (unzuverlässig). H. Lang Excavations in a temple at Dali. Transact. R. Soc. Lit. II S. XI 1878, 30-79.
Einige Klarheit in die Topographie von I. ist erst durch die Ausgrabungen von M. Ohnefalsch-Richter gebracht worden, dem wir auch den beifolgenden, von A. Carletti 1887 aufgenommenen Plan verdanken. Als gesichertes Ergebnis kann angenommen werden, daß von den beiden Stadthügeln (s. den Plan) der östliche, Muti tu Arvili, das Heiligtum der Aphrodite, der westliche, Ambilleri, jenes der Athena trug und der von Lang ausgegrabene Tempel zwischen beiden, den er irrtümlich für den der Aphrodite hielt, dem Apollon Amyklaios geweiht war. Beide Hügel, hauptsächlich aber der westliche, dienten ab Akropolen; von hier zogen Mauern nördlich gegen die Ebene hinab und vereinigten sich beim Dorfe Dali, so daß die Unterstadt ein etwa dreieckiges Gebiet von [872] bescheidenem Umfang umfaßt. Zwischen den Hügeln scheint die Stadtbefestigung einen einspringenden Winkel gebildet zu haben. Die Nekropolen finden sich im Westen, Süden und Osten der alten Stadt. Die Funde erstrecken sich von der spätmykenischen bis zur römischen Zeit. Ich habe die Stelle von I. mit Ohnefalsch-Richter im Mai 1887 besucht und darüber u. a. folgendes notiert: ,Das Tal von Dali überrascht bei der Annäherung (von Norden) durch das Grün seiner Ölbaume. Die Hügel haben die Form von Kuppen und bestehen aus einem leicht zerbröckelnden, plattigen, weichen Gestein (oligozäner Kalkmergel nach Bellamy). Cesnolas Hypothese von einem künstlichen Durchbruch zwischen den Hügeln erscheint an Ort und Stelle einfach lächerlich. Anscheinend lag einst südlich davon ein Wasserbecken, das durch die Lücke nach Norden zum Ialias, dem Hauptfluß der Insel, sich entleert. Das Profil der Hügel, sanft nach Norden, steil nach Süden zum Tal Paradisi, würde hiermit gut übereinstimmen‘. Die Mauern der Stadt sind in Form von Wällen noch an mehreren Stellen zu verfolgen; doch kann hier auf diese Einzelheiten nicht eingegangen werden. Vgl. Oberhummer ,Ancient Idalion‘ in ,The Owl‘ nr. 7, 9 (Nicosia 1888) und ,Cypern‘ (Index und Karte). Ohnefalsch-Richter hat über seine Forschungen mehrfache Berichte veröffentlicht, doch steht sein abschließendes Werk über I. und Tamassos noch aus. Vgl. seine ,Topographical Studies in Cyprus. Idalion‘, The Owl nr. 6–8 (Nicosia 1888); Die antiken Kulturstätten auf Kypros, Berlin 1891, 16ff., Taf. II/III. VII. VIII. XIII–XIV; Kypros Die Bibel und Homer, Berlin 1893, passim, s. Index 518f.; Verh. Berl. Ges. Anthr. 1899, 29–78, 298–401. Eine Zusammenstellung der Funde im Museum zu Nikosia enthält der von J. L. Myres und Ohnefalsch-Richter herausgegebene Catalogue of the Cyprus Museum, Oxford 1899, 3f. 157–160.