RE:Pedanius 9

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Secundus, L. Stadtpräfekt in Rom nach L. Volusius Saturnus 56 n. Chr.
Band XIX,1 (1937) S. 2325
Lucius Pedanius Secundus in der Wikipedia
GND: 1050783298
Lucius Pedanius Secundus in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register XIX,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|XIX,1|23|25|Pedanius 9|[[REAutor]]|RE:Pedanius 9}}        

9) L. Pedanius Secundus (L. Pedanius Plin., Pedanius Secundus Tac.) stammte vielleicht aus Barcino: in Barcelona haben sich nicht allein Inschriften von L. Pedanii gefunden, die dem [24] Libertinenstande angehörten oder aus diesem hervorgegangen waren (CIL II 4529. 4549. 4550 = Dess. 5486), sondern auch die Inschrift eines den höheren Ständen angehörigen Mannes L. Pedanius L. f. Secundus Iulius Persicus (CIL II 4513), der entweder mit unserem identisch oder ein naher Verwandter (sein Sohn?) gewesen sein wird. Der Zusammenhang des Secundus mit der anderen gleichzeitigen senatorischen Linie der Pedanii, den Salinatores, ist nicht klar; möglicherweise war Cn. Pedanius Salinator, Consul im J. 60 (Nr. 8), der jüngere Bruder des unseren; daß es zwei Brüder in diesem Hause gab, lehrt die stadtrömische Grabschrift Pedania duor(um) Pedaniorum liberta Delphis (CIL VI 5976).

P. führte die consularischen Fasces als suffectus mit Sex. Palpellius Hister (Plin. n. h. X 35) im J. 43 n. Chr., wie sich aus einem Fragment der fasti feriarum Latinarum (CIL VI 2015 = XIV 2241) ergibt, wo von den Namen der Consuln nur ... istro erhalten ist. Die Eponymen dieses Jahres waren Kaiser Claudius zum dritten- und L. Vitellius zum zweitenmal; am 1. März folgten ihnen Secundus und Hister (s. o. Bd. III S. 2794), die für den 7. März (Plin. a. O.) und für einen unbestimmten Tag zwischen 16. März und 13. April (...[A]pr. fasti fer. Lat.) als Consuln bezeugt sind.

Noch unter Claudius scheint P. zum Proconsulat von Asia gelangt zu sein. Münzen von Mostene in Lydien, die auf der Vorderseite die Brustbilder des Claudius und der Agrippina und die Legende Τι. Κλαύδιον Καίσαρα θεὰν Ἀγριππίναν, auf der Rückseite die Inschrift ἐπὶ Πεδανίου Καισαρέων Μοστηνόν tragen (Greek coins Brit. Mus. Lydia 162, 7. Imhoof-Blumer Rev. suisse de numism. VI 1896, 252, 4) oder auf dem Avers den Kopf des jugendlichen Nero mit der Legende νέον Καίσαρα, auf dem Revers ἐπὶ Πεδανίου Μοστηνῶν (Rev. suisse a. Ο. Nr. 5), sind wohl, wenn auch der Proconsultitel nicht ausdrücklich angegeben ist, unter seinem Proconsulat geprägt (Münsterberg Num. Ztschr. XLVII 1914, 70). Er hat demzufolge Asia in der Zeit zwischen der Adoption Neros (25. Februar 50) und dem Tode des Claudius (13. Oktober 54) verwaltet: entsprechend dem damals üblichen Intervall zwischen Consulat und Proconsulat (T. Statilius Taurus, Consul 44, war Proconsul von Africa im J. 52/53 oder kurz vorher, s. u. Bd. III A S. 2205).

Schließlich gelangte P. zu der angesehensten senatorischen Würde des Stadtpräfekten von Rom (Tac. ann. XIV 42). Im J. 56 war der dreiundneunzigjährige L. Volusius Saturnus im Amte gestorben (Tac. ann. XIII 30. Plin. n. h. VII 62): sein Nachfolger ist kaum Flavius Sabinus gewesen (vgl. Dessau österr. Jahresh. XXIII Beibl. 345ff.; danach o. Bd. VI S. 2611 zu berichtigen), sondern vermutlich bereits Pedanius Secundus. Er befand sich in dieser Stellung, als ihn im J. 61 einer seiner Sklaven ermordete seu negata libertate, cui pretium pepigerat, sive amore exoleti incensus et dominum aemulum non tolerans (Tac. XIV 42). In einem solchen Falle mußte nach altem, erst im J. 57 durch Senatsbeschluß noch verschärften Recht die gesamte, zur Zeit des Mordes im Hause befindliche Sklavenschaft das Verbrechen des Einzelnen mit dem Tode büßen. Es [25] handelte sich um vierhundert Personen (Tac. 43): ob diese Vierhundert das persönliche Hausgesinde des P. oder zum Teil auch das Amtspersonal des Stadtpräfekten waren, ist eine Streitfrage; doch ist zu bemerken, daß — wie allein schon die Verwendung der kaiserlichen Sklaven lehrt — in dieser Zeit sicherlich auch die Privatsklaven und die Freigelassenen des Präfekten zu amtlichen Aufgaben herangezogen wurden. Daß so viele Unschuldige für die Tat eines Einzigen büßen sollten, rief sogar in dem Rom der Neronischen Zeit Empörung hervor. In wilder Erregung rottete sich das Volk zusammen und auch im Senate machte sich eine starke Opposition geltend. Nichtsdestoweniger drang das Votum des C. Cassius, an dem Väterbrauche nichts zu ändern, im Senate durch, und unter militärischer Bedeckung wurde die Massenhinrichtung vollzogen (Tac. 42—45). Der Antrag des Cingonius Varro, daß die Freigelassenen des Präfekten, die sich im Hause befunden hatten, der Strafe der Deportation verfallen sollten, wurde von Nero inhibiert (Tac. 45). — Der berühmte Arzt Pedanius Dioskurides aus Anazarbos in Kilikien (s. o. Bd. V S. 1131 f.) wird das römische Bürgerrecht entweder durch L. Pedanius Secundus oder durch Cn. Pedanius Salinator (Nr. 8) erlangt haben.