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RE:Sokratikerbriefe

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sammlung von 35 Briefen einer einzigen Handschrift
Band S V (1931) S. 981 (EL)–987 (EL)
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GND: 4507971-7
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Sokratikerbriefe. Diesen Namen pflegt man einer Sammlung von 35 Briefen beizugeben, die, ohne Gesamt- und Einzelüberschriften, uns in einer einzigen Handschrift, aus der alle andere, auch Helmstadiensis 806, stammen, dem Cod. Vatic. graecus 64 aus dem J. 1269/70 (V) überliefert sind. (Über die handschriftliche Überlieferung s. Sykutris Phil. Woch. 1928, 1284–1295.) Die Briefe wurden mit Kommentar 1637 von Leon Allazzis (Allatius) herausgegeben, dann von J. Konr. Orelli (Leipzig 1815), von R. Hercher in seinen Epistolographi Graeci (Paris 1873) 609–633 und 1928. L. Köhler mit [982] deutscher Übersetzung und Kommentar (Die Briefe des Sokrates u. der Sokratiker, Phil. Suppl.-Bd. XX 2). Eine kritische Ausgabe fehlt noch; sie wird demnächst (nebst anderen Resten der Sokratikerepistolographie) als Einzelheft meiner Ausgabe der Epistolographi Graeci im Auctarium Weidmannianum erscheinen. Zur sachlichen Erklärung und Bewertung der Briefe sind außer Allazzis Kommentar noch R. Bentley Α dissertation upon the epistles of Phalaris, Themistocles, Socrates, Euripides (1699) 89ff. Wagner S. 540ff., der Übersetzung W. Ribbecks und O. Schering Symbola ad Socratis et Socraticorum epistulae explicandas. Diss. Greifswald 1917, heranzuziehen. Zur Sprache vgl. W. Obens Qua aetate Socratis et Socraticorum epistulae quae feruntur scriptae sint, Diss. Münster 1912 (ungenügend!). Im folgenden verwerte ich die Ergebnisse meiner Untersuchungen über Verfasser, Tendenz, Quellen, Chronologie, Sprache und Stil, die demnächst gedruckt werden sollen.

Die Reihenfolge der Briefe in V entspricht nicht derjenigen des Verfassers; das sieht man an der Stellung von XXX, der eigentlich gleich nach XXXII gehört. Allazzis hat auch diese Reihenfolge getrübt, indem er XXI–XXIII, die in V für sich vor den anderen stehen, in ihre jetzige Stellung einschob, und XXXIII. XXXIV, die gleich nach XXIX stehen, mit XXXV an letzte Stelle rückte, weil er von allen drei keine Übersetzung geben konnte – was noch bei Köhler fortwirkt. Orelli und nach ihm Hercher haben dann nach XXIV zwei gefälschte Platonbriefe (nr. 25 und 26 bei Hercher) eingeschoben, die erst Olearius aus Cod. Paris. gr. 1760 herausgab und die mit der Sammlung gar nichts zu tun haben. Diese und der Sokratesbrief 7* bei Hercher, ein kurzes Billet an Platon auf den platonischen ‚Kriton‘ bezüglich, bleiben hier unberücksichtigt.

Aus der Sammlung scheiden ebenfalls aus: XXVIII, ein echter Brief des Speusippos an König Philipp, der von dem Verfasser in seine Sammlung aufgenommen wurde (darüber E. Bickermann und J. Sykutris Speusippos’ Brief an König Philipp. Text, Übersetzung, Untersuchungen, S.-Ber. Akad. Leipz. 1928, 3 dort S. 83ff. auch die ältere Literatur; vgl. noch M. Pohlenz Herm. LXIV 55 und J. Stenzel u. Bd III Α S. 1668) – und XXXV, ein Brief eines ungenannten Verfassers an ungenannten Adressaten über das Geheimhalten der Schullehre; er gehört in die pythagoreische Literatur. Sein Dorisch weicht erheblich von dem Dorisch der Sammlung ab, und seine Zeit wird dadurch bestimmt, daß er in einem auch sonst anzutreffenden Anachronismus (vgl. z. B. den Anaxilaos des 19. Diogenes-, den Krateuas des 16. Hippokratesbriefes) den peripatetischen Philosoph des 2. Jhdts. n. Chr. Adrastos von Aphrodisias (s. Gercke o. Bd. I S. 416f. Nr. 7) neben dem Zeitgenossen Platons Kleinias dem Pythagoreer (s. Stenzel o. Bd. XI S. 617 Nr. 6), erwähnt.

Die übrigen Briefe, von deren Echtheit nach R. Bentley keine Rede mehr sein kann, zerfallen äußerlich in zwei Gruppen, die Briefe des Sokrates I–VII und die von seinen Jüngern, [983] bzw. seinen Enkelschülern VIII–XXVII. XXIX–XXXIV. Jede von diesen Gruppen rührt von einem und demselben Verfasser her, wie ich aus sachlichen Momenten (Bezugnahme aufeinander, benutzte Quellen usw.) sowohl wie aus sprachlich-stilistischen endgültig nachgewiesen zu haben hoffe.

Gemeinsam haben die Sokratesbriefe die fast ausschließliche reichliche Benutzung Xenophons (von den platonischen Schriften ist die Kenntnis der Apologie allein nachweisbar), die stark hervortretende lehrhafte Tendenz, die namentlich aus den beiden längsten I und VI zwei popularphilosophische Abhandlungen macht, die Vorliebe für kynische Gedanken und Begriffe, das Zurücktreten jedes entbehrlichen historischen Details. Der Verfasser ist ein Mann mit gesundem Sprachgefühl und nennenswerten schriftstellerischen Fähigkeiten. Er schreibt in einer reinen, reichen, aber keineswegs engherzig attizistischen Sprache; sein Stil ist voll und gepflegt und zeichnet sich durch Vorliebe für konzinne Antithesen und schön gebaute Perioden aus; er ist hierin ein Isokrateer. Zur Datierung bietet das Bücherverzeichnis im Petersburger Papyrus aus Memphis (Anfang des 3. Jahrh. n. Chr.) der Σωκρατικῶν ἐπιστολῶν συναγωγαί erwähnt (vgl. Mitteis-Wilcken Chrestomathie I 2 [1912] 182ff.), den Terminus ante quem. Wir müssen aber weit hinauf, bis ins 1. Jhdt. n. Chr. gehen, wegen der Sprache.

I hat die bereits Aristoteles (rhet. 1398 a 24) bekannte, in der Popularphilosophie wiederholt behandelte Legende von der Einladung Sokrates’ durch König Archelaos zum Gegenstand. Der Philosoph lehnt sie zum zweiten Male (§1.12) ab und bietet als Begründung dafür, erstens, daß er auf Geld gar keinen Wert lege (§ 1–4), zweitens, er sei verpflichtet, Gott zu gehorchen, der ihn für die politische Erziehung seiner Mitbürger berufen habe (5–9), drittens, er sei zum Herrschen nicht sachkundig genug und müsse sich daher bescheiden (10–12). Die Ausführungen strotzen von xenophontischen Gedanken aus den Apomnemoneumata; für den Exkurs über das Daimonion, das er mit Xenophon Gott gleichsetzt, hat der Verfasser eine besondere Schrift herangezogen, wie die Analogien mit Plutarchos de genio Socratis 581 d und Cicero de div. I 123 zeigen. Die Annahme einer Benutzung des antisthenischen ‚Archelaos‘ (J. Bernays Phokion, Berlin 1881, 114. F. Dümmler Akademika, Gießen 1889, 3ff.) läßt sich nicht beweisen. – II ist ein Empfehlungsbillet an Xenophon, sich Chaerephons, der als Gesandter nach Peloponnes geht (fortgesponnen aus Apol. 21 a), anzunehmen. – III schreibt Sokrates aus Poteidaia, um Chaerephon eine fingierte Person Mneson von Amphipolis zu empfehlen. – IV berichtet Sokrates dem Kriton über das Studium seines Sohnes Kritobulos. – V ist an Xenophon gerichtet; Sokrates teilt ihm mit, daß seine Freundschaft mit Kyros in Athen ungünstig beurteilt wird (nach anab. III 1, 4ff.), und erteilt ihm Ratschläge wie er sich im Kriege zu benehmen hat. – VI an einen nicht feststellbaren Freund (Alkibiades? Ähnliche Situation bei Plut. mor. 513 b) gerichtet, der Sokrates zwei Freunde empfohlen und seine [984] Verwunderung darüber geäußert hat, daß Sokrates den Reichtum verschmäht. Der Philosoph stellt sein bedürfnisloses Leben der Tryphe der anderen gegenüber (nach Xen. Apomn. I 6, 1–10), und setzt dem Freund auseinander, warum er sich nicht verpflichtet fühlt für das materielle Wohlergehen seiner Kinder Sorge zu tragen. Die Hypothese H. Dittmars (Aischines von Sphettos, Phil. Unters. XXI Berlin 1912, 196ff.), der, einen Einfall R. Hirzels (Der Dialog I 135, 2) weiterführend, Benutzung des Dialoges ‚Kallias‘ des Aischines annimmt, beruht auf einem Mißverständnis von Athen. 220 b. – VII an Chaerephon, der nach Theben vor den Dreißig geflohen ist, gerichtet, schildert die Beziehungen des Philosophen zu den Dreißig (aus Plat. Apol. 32 und Apomn. 12, 32ff. kontaminiert) und berichtet über die Stimmung in Athen und Sparta (nach Hell. II 3, 44) gegen die Dreißig. Sokrates macht Chaerephon auf die üblen Folgen der ἀδικία τῶν ἀρχόντων aufmerksam.

Andere Tendenzen verfolgt der Verfasser der zweiten Gruppe: lehrhafte Absichten liegen ihm fern, sein Augenmerk ist vielmehr auf historisches Detail gerichtet. Er will einen ‚Briefroman‘ schreiben, in dem alle Personen ihr in der biographischen Tradition feststehendes Individualethos zum Vorschein bringen. Diese Absicht zeigt sich auch darin, daß er den Aristippos in einer leicht dorisch gefärbten Sprache schreiben läßt (IX. XI. XIII. XVI; dagegen XXVII attisch, weil ja Aristippos auch attisch geschrieben hat, Diog. Laert. II 83, und dem Verfasser die für diese Situation passenden Notizen in attischer Sprache vorlagen, Plut. mor. 469 c. Diog. Laert. II 72 usw.). Charakteristisch ist die harmonistische Absicht, möglichst alle innerhalb des Sokratikerkreises, den er als eine Gemeinschaft auffaßt, aufgetretenen Gegensätze auszugleichen oder zu verschleiern; bloß den Gegensatz zwischen Aristippos und Antisthenes bzw. Platon konnte er nicht aus der Welt schaffen. Auch zeigt er eine latente Abneigung gegen die Kyniker, während ihm Aristippos sehr sympathisch ist. Historische, geographische und prosopographische Einzelheiten und Situationen, mit denen er geradezu prunkt, entnimmt er, wenn man von anderen sekundären Quellen absieht, erstens, aus den Schriften Platons, namentlich seinen Briefen, mit denen er über eine ausgezeichnete Vertrautheit verfügt, sodann aus Xenophon (andere uns verschollene Sokratikerliteratur hat er direkt sicher nicht gekannt), und drittens, aus einem philosophiegeschichtlichen Handbuch, das unserem Diog. Laert. stark ähnelte. Seine Sprache ist streng attizistisch, vermengt mit reichlichen platonischen Redewendungen und anderem gelehrten Gewürz. Die einfache Ausdrucksweise verschmäht er zugunsten einer komplizierteren, die mit entlegenen Formen und Wörtern (z. B. κωλύμην ποιήσασθαι für κωλῦσαι, τὸ ἡδὺ βιότευμα ἔχουσα für ἡδέως ζῶσα) arbeitet. Er will, wie es die rhetorische Theorie fordert, in einem schlichten (ἰσχνόν) Stil schreiben, erreicht es aber nicht und zeigt ein stilistisches Unvermögen, das mit seiner bemerkenswerten Belesenheit stark kontrastiert. Daß er die rhetorische Brieftheorie durchstudiert hatte, [985] zeigt sich am eklatantesten darin, daß er eine Regel, die wir sonst nur bei Cic. ad fam. II 4,1 feststellen kennen, im Brief XXXIII 1 hineingearbeitet hat.

Für seine Datierung liefern Plutarchos’ Schriften πῶς ἄν τις διακρίνειε τὸν κόλακα τοῦ φίλου (benutzt XXII und XXIII) und (wahrscheinlich) περὶ εὐθυμίας (benutzt XI. XXVII) den Terminus a quo. Außerdem hat der Verfasser die Diogenesbriefe 29 und 32 in VIII und XII, die Kratesbriefe 7 und 32 in XXI benutzt, die wir aber nicht genau datieren können. Den Terminus ante quem haben wir im 4. Jhdt. n. Chr.; denn Stobaios, der aus XII einen Satz zitiert (3, 17, 10), hat bekanntlich keinen jüngeren Schriftsteller exzerpiert als Themistios. Demnach geht man nicht fehl, wenn man den Verfasser rund um 200 (vielleicht etwas später) ansetzt. Seine Platonkenntnis und Platonverehrung macht es wahrscheinlich, daß der Verfasser mit der platonischen Schule irgendwie in Berührung gestanden hat. Hat er etwa in Athen (bzw. Alexandreia) gelebt?

VIII Antisthenes wirft Aristippos seine Tyrannenfreundschaft vor und fordert ihn auf, den Tyrannenhof zu verlassen (Benutzung des 32. Diogenesbriefes). – In seinem Antwortschreiben IX ergießt sich der Kyrenäer in spöttischen Bemerkungen über die kynische Lebensweise und ihre ‚Eudaemonie‘. – X Aeschines bittet Aristippos, sich für die Λοκροὶ νεανίσκοι (aus Plat. ep. XIII 360 a) bei Dionysios einzusetzen (veranlaßt durch Diog. Laert. II 79). – Aristippos macht in seiner Antwort XI spöttische Bemerkungen über Simon den Schuster und seinen Freund Antisthenes (vgl. Teles 12, 8ff. Hense, Plut. mor. 470f.). – XII Simon beschwert sich darüber bei Aristipnos und droht, daß er eine Peitsche für ihn und Dionysios zu schneiden bereit sei (Nachahmung von Ep. Diog. 29). – XIII Antwort des Aristippos, worin er seine Verwunderung darüber äußert, daß Simon zu Antisthenes hält, der doch durch seine Predigt gegen die Schuhe ihn aushungern lassen wird. Über diese beiden letzten Briefe s. v. Wilamowitz Herm. XIV 187ff. (vgl. auch W. Capelle De cynicorum epistulis, Diss. Gött. 1896, 9ff.), dessen Vermutung, der Verfasser hätte hier Phaidons Dialog ‚Simon‘ benutzt, sich bei genauerem Zusehen nicht halten läßt.

Über die Briefe XIV–XVII, die sich um Sokrates’ Tod gruppieren, hat J. Pavlu Χάρισμα, Festgabe des Vereins klassischer Philologen (Wien 1924) 33–42 gehandelt. In XIV berichtet Eukleides (nicht Aischines, wie man nach dem Vorgang der Byzantiner annimmt) dem Xenophon im Peloponnos über die Anklage, den Prozeß und den Tod des Meisters (mit Benutzung der xenophontischen Apologie und des ‚Phaidon‘). – Xenophon antwortet XV mit der Ermahnung, den Kampf für Sokrates’ Andenken schriftstellerisch aufzunehmen. – XVI Aristippos beantwortet aus Aegina (vgl. Plat. Phaid. 59 c) den Brief Aischines’, durch den er Sokrates’ Tod erfahren hatte. – XVII schreibt Aischines (?) an Euthydemos nach Chios über die Reue der Athener und die Bestrafung der Ankläger.

XVIII und XIX sind Einladungsschreiben Xenophons an die Sokratesjünger und Aischines, [986] ihn in seinem Gut bei Skillus zu besuchen (vgl. anab. V 3, 7ff. Diog. Laert. II 52). – XX Kebes und Simmias loben Antisthenes wegen seiner somatischen καρτερία.

XXI ist ein Trostbrief des Aischines an Xanthippe (vgl. über ihre Beziehungen Diog. Laert. II 60), der er aus Megara Unterstützungen zugehen läßt (Kratesbrief 7 u. 32 benutzt). – XXII Aischines bedankt sich bei Kebes und Simmias wegen ihrer Geschenke und spricht bescheiden über seine Schriften. – In XXIII berichtet Aischines dem Eukleides und Terpsion (nicht dem Phaidon!) über seine Einführung in den syrakusanischen Hof durch Aristippos (vgl. Diog. Laert. II 61; ausgezogen aus Plut. mor. 67 c–e).

XXIV schreibt Platon an Dion (oder Dionysios), daß er sich vor der Frevelhaftigkeit der Menschen auf sein Gut in Iphistiadai zurückgezogen hat (vgl. Staat 496 b ff. Phaid. 89 d. Olympiod. vit. Plat. 6 S. 194 H. Anonym. Proleg. 4 S. 199 H.). – XXV Phaidros beschwert sich beim verreisten Platon, daß er ihn verlassen hat, ehe er zur Vollendung seiner Bildung gekommen war (starke Benutzung des gleichnamigen Dialoges). – XXVI Kriton schreibt an Platon in Ägypten über die Sehenswürdigkeiten des Landes – ein geläufiger Gegenstand rhetorischer Übungen.

XXVII will den bei Diog. Laert. II 83 erwähnten Brief des Aristippos an seine Tochter Arete wiederherstellen. Der Philosoph schreibt aus Lipara (eine Angabe, die mit Zeller II 1⁴, 390, 1 zu bezweifeln kein Grund vorliegt; vgl. E. Antoniades Aristipp und die Kyrenäer, Diss. Gött. 1916, 16, 5), wo er todeskrank liegt, er könne nach Kyrene nicht mehr kommen, er rate ihr aber, sich mit den ἐπίσκοποι dort zu versöhnen und mit wenigem zu begnügen (vgl. Plut. mor. 469 c. Diog. Laert. II 72), oder lieber sich nach Athen zu begeben, um mit den beiden Sokratesgattinnen in Freundschaft zu leben. Vor allem muß sie sich der Erziehung des jungen Aristippos befleißigen. Den testamentartigen Charakter des Briefes hat W. Croenert Kolotes und Menedemos (Leipzig 1906) 86, 426 mit Recht betont, irrtümlich aber den Brief von den anderen abgesondert und in die hellenistische Zeit gesetzt.

XXIX ist durch eine Stelle des echten Speusipposbriefes XXVIII 12 veranlaßt; Platon empfiehlt dem jungen König Philippos ein freundliches Verhältnis zu seinem Bruder Perdikkas.

XXXI Speusippos fordert Xenokrates auf, aus Assos nach Athen zu kommen, um die Führung der Akademie zu übernehmen (vgl. Diog. Laert, IV 3). – XXXII ablehnende Antwort des Xenokrates (aus dem 4. platonischen Brief abgeschrieben, wie Hercher Herm. IV [1870] 427f. erkannte). – XXX nochmalige Einladung des Speusippos (wieder mit platonischen Fetzen durchsetzt).

Die Briefe ΧΧΧIII und XXXIV, worüber außer der erwähnten Literatur (vor allem Schering 81 ff.), noch C. Ritter Neue Untersuchungen zu Plato (München 1910, 382ff.) und J. Sykutris S.-Ber. Akad. Leipz. 1928, 3, 76ff. zu vergleichen sind, wollen zwei echte Briefe, die dem Verfasser nur noch aus der biographischen Überlieferung bekannt waren, ersetzen: einen Brief des Speusippos an Dion, gleich nach dem [987] Sturz der Tyrannis (Plut. mor. 69f.) und einen des Dionysios an Speusippos (Athen. 279 e. 567 e). Der Verfasser hat allerlei Notizen zusammengetragen, aus denen er nicht imstande war, ein einheitliches Ganzes zu bilden; die Herkunft seiner mosaikartig zusammengestellten Nachrichten läßt sich noch in den meisten Fällen nachweisen. Dem Brief des Dionysios XXXIV liegt die Fiktion zugrunde, daß er eine Antwort des verbannten Tyrannen auf den zufällig in seine Hände gekommenen Brief an Dion XXXIII sei.

Von sonstiger, dem Sokratiker zugeschriebener Briefliteratur erwähnt Diogenes Laertios II 63 eine ἐπιστολὴ πρὸς Διονύσιον des Aischines, und sind uns bei Stobaios (ein Stück schon bei Eusebios praep. evang. XIV 12) ansehnliche Fragmente aus einer Sammlung von Xenophonbriefen erhalten, deren lehrhafter Inhalt den Charakter eines ‚Briefromans‘ (so Münscher Xenophon in der griechisch-römischen Literatur Phil. Suppl.-Bd. XII (1920) 155f.) ausschließt (zusammengestellt bei Hercher 788ff.). Darunter ist ein Brief an Aischines gegen die Naturphilosophie mit boshaften Anspielungen an die sizilische Reise Platons (frg. 1), an Kriton über den Wert der παιδεία gegenüber dem Reichtum (frg. 2), ein Trostbrief an Xenophons Frau Soteira nach dem Tode seines Sohnes Gryllos (frg. 3 a b), ein Brief an Lamprokles, den Sohn Sokrates’ gegen den πλοῦτος (frg. 4 a b), an einen lakonischen Freund Aglaitadas, dem die Bildung der Seele als wertvoller als die des Körpers empfohlen wird (frg. 5), an Agesilaos mit allerlei moralischen Ratschlägen (frg. 6).

Nachträge und Berichtigungen

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Band R (1980) S. 208
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