RE:Theodora 11
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Gattin des Kaisers Iustinian I | |||
Band V A,2 (1934) S. 1776–1791 | |||
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11) Theodora, Gemahlin Kaiser Iustinians I., gest. 548 n. Chr.
Name: Theodora (Θεοδῶρα) bei allen Autoren und in den Inschriften (CIG IV 8636. 8643). Als Monogramm auf Säulenkapitellen in der vor 527 (Todesjahr Iustins I.) erbauten Sergius- und Bacchuskirche, mit dem Titel Augusta verbunden in der während der Regierungszeit Iustinians erneuerten Sophienkirche in Konstantinopel (H. Swainson Monogr. on the cap. of S. Serg. a. Bacch. at Cpol., Byz. Ztschr. IV 107 nr. 11. 12).
Leben: Als Vater T.’ wird der Tierwärter Akakios des Hippodroms von Konstantinopel (θηριοκόμος, ἀρκοτρόφος anecd. 9, 2) genannt. Er stand im Dienste der Partei der Grünen (Prasinoi). Später wurde versucht, T.’ niedere Abkunft zu verschleiern, so in der syrischen monophysitischen Literatur des Mittelalters (z. B. Chron. Syr. des Barhebraeus edd. Abbeloos et Lamy, Löwen 1872ff., vgl. Diehl Inst. et la civ. byz., Paris 1901). Man versuchte sogar eine Verwandtschaft mit dem römischen Hause der Anicii zu konstruieren, wie sie Iustinos und Iustinian auch für sich beanspruchten (Iord. Get 40). Als Ort ihrer Geburt wird zumeist Konstantinopel angenommen, von einer späten Quelle (Nikeph. Kall. XVI 39, danach auch Gibbon Decl. a. Fall VIII c. 40) die Insel Kypros als Heimat des Akakios und als mutmaßliche Geburtsstätte T.’ genannt. Das Geburtsjahr ist nicht überliefert Ludewig (Vita Iust. et Theod., Halle 1739) und Isambert (Hist de Iust. Paris 1856) haben das J. 497 errechnet. Diehl schätzt T.’ Alter bei der Rückkehr nach Konstantinopel (vor 524, sogar vielleicht einige Jahre vorher) auf 20–25 Jahre, nach Holmes (Age of Iust. a. Theod., Lond. 1905, 620, 2) könnte sie älter gewesen sein, s. u. Akakios starb unter der Regierung des Kaisers Anastasios (491–518), als seine älteste Tochter Kometo noch nicht 7 Jahre alt war (Procop. anecd. 9, 57). Für manche weiteren nicht stichhaltigen Vermutungen über T. Abstammung s. Diehl Iust. Holmes 342, 2. Die Mutter schloß eine zweite Ehe. Als dieser Mann jedoch die Aufseherstelle des Akakios nicht erhielt und sie ihre Familie dem Elend verfallen sah, nahm sie ihre Zuflucht zu dem offenbar üblichen Mittel, ihre drei Kinder, mit Blumen geschmückt, an einem Feste als Hilfeflehende in die Arena zu stellen. Darauf erbarmte sich die Gegenpartei der Grünen (Venetoi) ihrer und stellte den Stiefvater an. T. hat diese Kindheitserfahrung nicht vergessen, wie sich durch ihre spätere stete Vorliebe für diese Partei und ihren Haß gegen die Blauen zeigte.
Schon als Kind begleitete sie ihre Schwester Kometo auf die Bühne, spielte kleine Zofenrollen [1777] und wuchs so in die Theaterlaufbahn und in das damit verbundene Hetärentum hinein (anecd. 9,11: ἑταῖρα εὐθὺς ἐγεγόνει). Ihre zarte, anmutige Erscheinung machte sie zu einer beliebten Darstellerin in lebenden Bildern, in den Pantomimen kamen ihre witzigen Einfälle und ihre Ausgelassenheit zur Geltung (anecd. 9, 10. 26, 8). Ihre Spottsucht übte sie auch an ihren Mitspielern. Nach Diehl (Iust.) und Bury (II 28) hätte sie auch an einem Theater in der Straße Πόρναι (Nov. 105, 1 πρόοδον τὴν ἐπὶ τὸ θέατρον ἄγουσαν ἣν δὲ Πόρνας καλοῦσιν) ihre mimische Kunst geübt. Aus falscher Deutung dieses Theaternamens bei Ioh. Ephes. (Comm. de Beat. Orient, edd. Van-Douwen-Land 68), der sonst als Monophysit mit höchstem Lobe T.’ gedenkt, hätte sich die spätere Meinung von ihrer tiefen sittlichen Verworfenheit herausgebildet. Aber schön ihr Zeitgenosse Procop nennt sie ἀστεία διαφερόντως καὶ σκώπτρια, ἀπόβλεπτόςτε ἐκ τοῦ ἔργου εὐθὺς ἐγεγόνει und gibt krasse Beispiele ihrer Lasterhaftigkeit schon in früher Jugend. Nach seiner Darstellung war sie vollständig kompromittiert (anecd. 9, 10). Aus dieser Zeit stammt ein Sohn Iohannes, den der ungenannte Vater, die Lieblosigkeit der Mutter, die gewohnt war πάντα δὲ σχεδὸν τεχνάζουσα ἐξαμβλίσκειν (anecd. 10, 17), für das Leben des Kindes fürchtend, nach Arabien mitnahm.
Plötzlich verschwand T. aus der Hauptstadt. Sie folgte einem nicht näher bekannten Tyrier Hekebolos oder Hekebolios auf seinen Amtsposten in die afrikanische Pentapolis. Doch dauerte dieses Verhältnis nicht lange (περιύβριστό τε πρὸςτοῦ Ἑκεβολίου anecd. 12, 30). Einige Zeit schlug sie sich kümmerlich in den bedeutenderen Städten der Levante durch. In Alexandria (anecd. 9, 28) trat sie wahrscheinlich mit dem Patriarchen Timotheos, vielleicht vor seiner Erhebung, in Verbindung; da sie ihm ein dankbares Erinnern weihte, s. u., entsagte sie vielleicht durch seinen Einfluß dem Laster (Diehl L’Imp. Theod.² Paris [1904] 42). In Antiochia lernte sie den Patriarchen Severos kennen. Offenbar wanderte sie nordwärts weiter, um Konstantinopel wieder zu erreichen. Schließlich kam sie an die pontische Küste nach Paphlagonien. Holmes (p. 344) vermutet, daß sie hier unter den Einfluß der Asketen der novatianischen Katharersekte geraten und ein gewisser Wandel in ihrer Lebensrichtung eingetreten sei. Vor 524 (zu Lebzeiten der Kaiserin Euphemia, s. u.) kehrte sie nach Konstantinopel zurück. In einem Hause, nicht weit vom Kaiserpalaste, wohnte sie (Procop. de aedif. I 9, im 11. Jhdt Anon. Banduri Imp. Orient. I 3, 47) und erhielt sich durch Wollespinnen. Als Kaiserin erbaute sie an dieser Stelle die Kirche S. Panteelemon (Bury II 28).
Ihre Beziehung zu Iustinian scheint begonnen zu haben noch bevor er Aussichten auf den Thron hatte (also vor 518, Bury II 27 erschließt dies aus der Geburt einer Tochter T.’, die spätestens 515 geboren sein könne, weil deren Sohn Anastasios 547 schon heiratsfähig war. Nach der Stellung dieses Enkels am Hofe nimmt er an, daß jene Tochter, die offenbar sehr früh starb, aus diesem Verhältnis stammte. Zwingend ist diese Ansicht nicht. Diehl Imp. läßt die Zeit bis 522 [1778] für das Eingehen des Verhältnisses offen.). Iustinian faßte für T. eine tiefe Neigung, von ihrer Erscheinung, die allerdings, so sagt wenigstens Procop (anecd. 10), damals schon die Spuren eines bewegten Lebens zeigte, und durch ihre Geistesgaben und mondäne Gewandtheit gefesselt. Er wendete ihr bedeutende Reichtümer zu (δύναμιν τοίνυν ἐξαισίαν τινὰ καὶ χρήματα ἐπιείκως μεγάλα anecd. 9, 31) und erwirkte nach seinem eigenen Emporkommen von seinem kaiserlichen Oheim Iustinos für sie den Patriziat (anecd. 9, 30. Ioh. Ephes. Comm. 68). Diese Erhebung war für T.’ Zukunft ausschlaggebend. Sie räumte das Hindernis, das für Iustinian einer Ehe mit ihr entgegenstand, hinweg (das Gesetz Konstantins Cod. Iust. V 25. ll, Verbot der Heirat mit Schauspielerinnen und Frauen aus ähnlichen Kreisen für Männer vom Clarissimat aufwärts). Bury (II 29, 2) hält ohne nähere Begründung für zweifelhaft, daß Iustinos die Erleichterung dieser Eheschließung durch den Erlaß Cod. Iust. V 4, 23 de nuptiis gegen 520–524 für Iustinian geschaffen habe, wie Procop (anecd. 9, 51) berichtet. Nach der Standeserhöhung nahm Iustinian T. wahrscheinlich in den Hormisdaspalast, den er bewohnte, auf. Es kann angenommen werden, daß auch T.’ Schwestern gleichzeitig ihrem unwürdigen Leben entzogen wurden. Kometo verlobte sich mit dem mag. mil. Tzittas im Hause eines vielleicht dem Hofe nahestehenden Antiochos (Malal. XVIII 430; nach Theoph. a. 6019 und Vict. Tonn. a. 527). Auf das heftigste widersetzte sich die Kaiserin Euphemia der Heirat mit T. (anecd. 9, 47). Sie starb um das J. 524, worauf dann etwa 525 die Ehe geschlossen wurde (anecd. 10). Als Iustinian vier Monate vor Iustins Tod zum Mitkaiser ernannt wurde, ließ er T. zugleich in der Sophienkirche am Ostersonntag, 1. April 527 (drei Tage vorher, anecd. 9, 65) vom Patriarchen feierlich krönen (μετὰ τῆς γαμετῆς αὐτοῦ Θ. ἀναγορευθεῖς καὶ ἐστέφθη Chron. Pasch, a. 527. Malal. XVIII 430 αὐτίκα ἡ γαμετὴ αὐτοῦ Θ. ἀνερρήθη Αὐγοῦστα Zonar. XIV 5. Theoph. 170, 29; τῆς ἄνω βασιλείας ἀπολαυσειας, ἥν σοι παράσχοι Χριστὸς μετὰ τῆς ὁμοζύγου: Scheda regia des Agap. Diak. edd. A. Bellomo Bari 1906, c. 72). Dann wurde sie, dem byzantinischen Brauche folgend, von dem Volke im Hippodrom akklamiert (anecd. 10), wo sie ihre Laufbahn dereinst in wenig rühmlicher Weise begonnen hatte.
Mit Iustins Tod am 1. August 527 wurde Iustinian Alleinherrscher. T. heißt nun βασιλίς, βασιλίσσα, δεσποῖνα, Αὐγοῦστα Θ., Θ. Αὐγοῦστα, T. Augusta (Vict. Tun.). Es wurden keine Münzen auf ihren Namen oder mit ihrem Bilde geprägt. Ihr Name stand neben dem des Kaisers auf den Staatssiegeln (nach Diehl Iust.), in den Inschriften auf Kirchenfassaden und über den Toren von Kastellen (in S. Sergius u. Bacchus s. o., wahrscheinlich in der Hagia Sophia s. Mercati Note d’ epigr. bizant in Bessarione XXVII vol. 49 [1923]). Ihre bedeutsame Stellung als Kaiserin unterscheidet sich wesentlich von der anderer Kaiserfrauen. Nach vielen Zeugnissen übte T. die Autorität ebenso wie der Kaiser aus, vielleicht sogar in höherem Grade (Paul. Silent 58ff. Ioh. Lyd. 26, 23. Zonar. XIV 6). Zonaras nennt [1779] die Regierung Iustinians ,keine Monarchie, sondern eine Doppelherrschaft (εἰς διπλοῦν). Seine Frau war nicht weniger mächtig, vielleicht sogar mächtiger als er (τοῦ ξυνευνέτουἐπέκεινα)‘. Es ward üblich, offizielle Akte im Namen des Kaisers und der Kaiserin einzuleiten. In vielen Erlassen erscheint sie in der Eingangsformel als ἡ ἐκ θεοῦ δεδομένη) (Anspielung auf ihren Namen) ἡμῖν εὐσεβεστάτη σύνοικος, z. B. in der wichtigen Nov. 8, 1. Der Eid beim Amtsantritt wurde auf Iustinian und T. geleistet, ebd. iusiur. germanum servitium me servaturum sacratissimis DDNN I. et T. coniugi eius, ebenso Nov. 28, 5. 29,4. 30, 10. 11 Im J. 530 wurde der von Felix IV. als Nachfolger bezeichnete Papst Bonifacius domnis Augustis I. et T. angezeigt. Ebenso forderte Vigilius drei oder vier Jahre später, von Byzanz nach Rom zurückkehrend, das Pallium im Namen Iustinians und T.’ (L. Duchesne Succ. du P. Félix IV, Mél. d’Arch. et d'Hist. III 255). Der gefangene Vandale Gelimer mußte ihr dieselbe kniefällige Huldigung wie dem Kaiser leisten (τὴν ἴσην δὲ τῇ βασιλίσσῃ προσκύνησιν Zonar. XIV 7), die sie überhaupt als ihr gebührend forderte (anecd. 15, 15. 30, 23). Den Sieg über die Vandalen, auch den über die Goten feierte das Kaiserpaar gemeinsam (Procop. de aedif. I 11. 17). Fremde Gesandte machten ihr ihre Aufwartung, um zu erreichen, was sie wollten (anecd. 10, 69. 30, 24). Wenn ihr Wille mit dem des Kaisers nicht übereinstimmte, folgte man lieber ihren Anordnungen als den seinigen (Ioh. Ephes. Hist eccl. IV 6, 7). Sie brach aber auch rücksichtslos jeden Willen oder Einfluß, der den ihren zu durchkreuzen drohte (anecd. 9, 7). Auch wußte man, daß ihre Gunst den Weg zu den höchsten Ämtern eröffnete und vor Ungnade schützte (anecd. 13).
In ihrer Beherrschung kritischer Situationen zeigte sie eine Energie, die der Iustinians weitaus überlegen war. Diese tritt in auffallender Weise im sog. Nikaaufstand des Januar 532 zutage. Die Gewalttaten der Zirkusparteien nahmen ständig zu. Während aber die Verbrechen der Grünen streng bestraft wurden, blieben die der vom Kaiserpaar bevorzugten Blauen besonders infolge des Widerstandes T.’ gegen jedes Einschreiten ungeahndet, oder ihre Bestrafung fiel auf den Richter zurück. So floh ein Praefect von Konstantinopel vor T.’ Zorn nach Jerusalem, ein Comes Orientis wurde durch Geißelung bestraft, ein Statthalter von Kilikien gehängt (anecd. 17. Euagr. IV 32 für Tarsos anecd. 29. Holmes 454. Bury II 28. Gibbon VIII c. 40). Im Herbst 531 war die Beunruhigung und Verwirrung der Bevölkerung in der Hauptstadt wie in den Provinzen aufs Höchste gestiegen. Flüchtlinge vor den Räubereien und Untaten der zwei Parteien strömten in die Hauptstadt. Anfang Januar 532 kam es anläßlich der Consulatsfeier zur Krisis. Der Kaiser wurde im Hippodrom beschimpft und auch gegen T. fielen Schmähworte (Chron. Pasch, z. J.: τὰς ὑβριστικὰς φωνὰς ἃς ἔλεγον ... εἰς τῆν αὔγουσταν Θ. Bury II 39 ebd. Diehl Iust. 44 nimmt danach unrichtig an, man habe T. nicht angegriffen). Der Kaiser und sein Rat verlor alle Geistesgegenwart, es wurde alles zur Flucht vorbereitet, während fünf Tage lang in Byzanz der Aufruhr mit Mord und Brand wütete. [1780] Der kaiserliche Schatz wurde auf Schiffe verladen. Die Entfernung hätte Iustinian den Thron gekostet, schon hatten die Zirkusparteien unter dem lärmenden Beifall der Menge den Neffen Hypatios des Kaisers Anastasios zum Basileus erwählt. In diesem Augenblick höchster Bedrängnis erhob T., die dem Rat bisher nur stumm beigewohnt hatte, ihre Stimme zu einem leidenschaftlichen Protest. ,Der Herr eines Reiches dürfe den Verlust seiner Würde nicht überleben. Sie jedenfalls wolle nicht leben, wenn der Purpur verloren ginge und sie nicht mehr als Kaiserin begrüßt würde: καλὸν ἐντάφιον ἡ βασιλεία.‘ So wenigstens berichtet Procop (bell. Pers. I 24ff.). M. H. Houssaye (Rev. d. deux Mondes 1885, I 582f.) sagt, T. habe an diesem Tage ein Recht auf den Sitz im Rat erworben, den sie bis dahin nur der Schwäche des Kaisers ihren Ansprüchen gegenüber verdankte. Nach der blutigen Niederschlagung des Aufruhrs durch Belisar und Mundus wurde T. von dem Volke im Hippodrom mit stürmischen Akklamationen gefeiert (Κύριε σῶσον Ιουστινιανὸν ... καὶ Θεοδώραν τὴν αὐγοῦσταν Theoph. z. J. 6025. Ad. Vorlage:Schmidt Aufstand in Konstant u. K. Iust. Bury II 39, 66. Vgl. Hartmann Art. Belisarios o. Bd. III S. 212, 27). Gegen Iustinians Willen setzte sie damals die Hinrichtung des Hypatios und seines Bruders Pompeios durch (Zach. Rhet. IX 14 erwähnt ihr leidenschaftliches Eintreten dafür). In diesem Jahre reiste T., vielleicht um die Sicherheit ihres Machtbewußtseins zu zeigen, mit einem ungeheuren Gefolge in das Warmbad Pythiai in Bithynien (Procop. de aedif. V 3. Theoph. z. J. 6025. Malal. p. 441 setzt diese Reise in das J. 529). An jeder Etappe beschenkte sie Kirchen, Klöster und Spitäler mit reichen Gaben. Alle Versuche, sich gegen sie durchzusetzen, ihre Macht über den Kaiser und sein unbedingtes Vertrauen in sie zu untergraben, mißlangen. Solchen Widersachern bewies sie durch ihre Rache, daß sie derartige Pläne weder dulde noch verzeihe. Als der durch die Gunst Iustinians zum comes excubitorum aufgestiegene Priskos sie beleidigte und sich gegen sie erhob, führte sie seine Bestrafung mit Verbannung und Einziehung seines ungeheuren Vermögens herbei. Schließlich zwang sie ihn in den geistlichen Stand zu treten (anecd. 16, 7ff. Malal. in Hermes VI 376. Theoph. 186, 16).
Bei der Besetzung ziviler und militärischer Stellen übte sie entscheidenden Einfluß, um ihre Kandidaten unterzubringen (anecd. 17, 27); nach dem Sturze des Iohannes Kappadox wurde ihr besonderer Günstling, der Bankherr Petros Barsymas, sein sicherlich bedeutungsloserer Nachfolger als praefectus praetorio Orientis; ihr Kammerherr Narses wurde mag. militum.
Am deutlichsten wird die Art ihres Vorgehens in Personalangelegenheiten, wenn es um die Behauptung ihrer Macht ging, an dem Verfahren gegen Iohannes den Kappadokier. Das Finanzwesen des Staates, das hauptsächlich in der Geldbeschaffung für die ungemessenen Bedürfnisse des Hofes, seiner Kriege und der Anhäufung von Schätzen für das Kaiserpaar bestand, war seit 530 dem Exconsul und Patricius Iohannes anvertraut. Die Berichte der Autoren über sein schwelgerisches Leben und seine Geschicklichkeit, immer [1781] neue Einnahmequellen den geplagten Untertanen herauszupressen, werfen ein trauriges Licht auf den Mann. Auch das Begehren des Volkes im Nikaaufstand (Januar 532) vermochte nicht mehr als seine Absetzung für kurze Zeit zu erreichen. Vor Juni 533 rief Iustinian den Iohannes wieder auf seinen Posten zurück und brachte dieser das alte Steuersystem wieder zur Anwendung. Seine Unentbehrlichkeit ermutigte ihn zu dem Wagnis, das Vertrauen des Kaisers in seine Frau zu untergraben. Er ward ihr gegenüber hochmütig, fast unverschämt, bis es schließlich zum Bruche mit ihr kam (Procop. bell. Pers. I 25, 4 Θ. ἤχθετο αὐτῷ πάντων μάκθστα. Ioh. Lydus 263f.; vgl. Procop. bell. Pers. I 25, 6). Zuerst warnte T. den Kaiser vor den unerhörten Bedrückungen, die Iohannes den Steuerträgern auferlegte, wohl mit Berufung auf die Gefahr eines neuen Aufruhrs. Als dies dem Kaiser keinen Eindruck machte, suchte sie sein Mißtrauen zu wecken, indem sie den Praefecten umstürzlerischer Pläne auf den Thron beschuldigte. Iustinian wollte jedoch von der Absetzung eines Mannes nichts wissen, der sicherlich zu den tüchtigsten Beamten gehörte, ihm wichtigste Dienste erwies, und dem er offenbar wirklich freundschaftlich zugetan war. Nun ersann T. im J. 541 eine raffinierte Intrige, bei der ihr ihre eben aus Italien angekommene Freundin Antonina, Belisars Frau, mit ihrer Meisterschaft auf diesem Gebiete, zu helfen hatte (Procop. bell. Pers. I 25. Marc. Com. 544). Die Harmlosigkeit der jugendlichen Tochter Euphemia des Iohannes wurde benutzt, um den Vater in eine erfundene Verschwörung zu verwickeln, die den Minister als Helfer in Konstantinopel für eine im Heere Belisars zu dessen Befreiung von der Ungerechtigkeit Iustinians zu erregende Revolte gewinnen sollte. T. bereitete den Kaiser auf den Verrat seines Vertrauensmannes vor, und erreichte, daß Iustinian zwei Abgesandte in das Landhaus Belisars außerhalb der Stadt schickte, wo eine nächtliche Besprechung stattfinden und damit die Schuld des Iohannes bestätigen sollte. Der vom Kaiser vorher noch gewarnte Iohannes wurde tatsächlich bei der Besprechung betreten. Er flüchtete in das Asyl der Hagia Sophia. Nun bestand T. auf der Absetzung des Praefecten, Iustinian verurteilte ihn zur Verbannung nach Kyzikos und zur teilweisen Konfiskation seiner Güter, auch mußte er wie alle Bestraften das Mönchsgewand anlegen (Malal. 377). T. gab sich aber mit dem Erreichten nicht zufrieden (Procop. de aedif. 17, 38 erwähnt ihren unauslöschlichen Haß gegen ihn). Die Verbundenheit des Kaisers mit diesem Manne scheint in der Tat ein starkes Gegengewicht für T.’ Macht über ihn gewesen zu sein, so daß diese Angelegenheit für T. von ganz wesentlicher Bedeutung wurde. Einige Jahre später verstrickte sie den Verbannten in ein wirkliches Komplott dem der Bischof von Kyzikos zum Opfer fiel. Iohannes wurde wieder ergriffen, gegeißelt, seines Vermögensrestes beraubt (Procop. bell. Pers. I 24, 40; anecd. 21, 15; hier ist T. nicht genannt, aber aus anecd. 17, 40 geht ihre Urheberschaft deutlich hervor). Diesmal war des Iohannes Unschuld so evident, daß ein Todesurteil nicht möglich war. Auf T.’ Betreiben wurde er in das ferne Ägypten verbannt, [1782] wo er durch Bettel sein Leben fristete. Erst nach dem Tod der Kaiserin kehrte er in die Hauptstadt zurück (Procop. bell. Pers. II 30, 50; bell. Vand. I 13; anecd. 21, 15; vgl. Bury II 36ff. Holmes 613ff. 735).
Auch die ihr gefährlich scheinenden kaiserlichen Prinzen brachte sie zum Tode oder in Ungnade, um dem Kaiser jeden ihr nachträglichen Einfluß fern zu halten. Als Hypatios und Pompeius nach dem Nikaaufstand von Iustinian begnadigt werden sollten, bestand T. auf ihrer Hinrichtung (Zach. Rhet. IX 14). Gegen Germanos und seine Familie hegte sie tiefe Feindseligkeit (anecd. 5, 8), so daß des Germanos Schwiegersohn Iohannes im Gotenkrieg sich in Rom wegen der Anwesenheit Antoninas, T.’ Helferin und Vertrauten, nicht sicher fühlte (Holmes 635). Solche Ränke hängen sicherlich mit T.’ Wunsch zusammen, sich die Wahl eines Thronerben vorzubehalten. Dieses Privileg hatten frühere Kaiserinnen auch ausgeübt (Holmes 618, vgl. 103. 202. 318). T.’ energisches Vorgehen gegen die Ehe der Preiecta mit Artabanes mag zum Teil wenigstens auch mit diesem Motiv zusammenhängen (s. u.). Ein Hofklatsch, der Belisar als Teilnehmer an einer Besprechung der Generäle über die Thronfolge bezeichnete, veranlaßte sie, den Kaiser zur Absetzung des Heermeisters zu bewegen. Vgl. Hartmann Art. Belisarios o. Bd. III S. 231ff. Die Kinderlosigkeit ihrer Ehe war ihr schmerzlieh. Sie bat deswegen den Abt Sabas um 530, ihr vom Himmel Kindersegen zu erbitten (Cyrill. Scythop. St. Saba 70–72). Dieser Gegner der monophysitischen ,factio T. Augustae‘ lehnte die Bitte ab: ,Sie könnte nur Kirchenfeinde in die Welt setzen.‘
In der äußeren Politik ist T.’ Eingreifen ebenfalls ersichtlich. ,Der Kaiser entscheidet nie, ohne mich um Rat zu fragen‘, schreibt sie an Zaberganes (nach anecd. 11, 19). Wenn ihre Interessen dabei irgendwie in Frage kamen, sorgte sie dafür, daß die kaiserlichen Unterhändler mit auswärtigen Höfen ihre eigenen geheimen Instruktionen durchführten. Als die Gotenkönigin Amalasuntha (s. o. Bd. I S. 1715) ihren Vetter Theodahad zum Mitregenten machte und zur Einleitung von Verhandlungen mit Byzanz Iustinian den Patricias Petros nach Italien schickte (Procop. bell. Goth. I 3), soll T. diesen, den sie selbst für diese Mission empfohlen hatte, mit ihren eigenen Aufträgen versehen haben. Dies ergibt sich aus var. X 10, s. u. Amalasuntha hatte bereits vom Kaiser die Zusicherung ihrer Aufnahme in Dyrrhachium und wohl später am Hofe für den Fall ihrer Gefährdung von Seiten der ihr feindlichen Gotenpartei erhalten. Auch an T. hatte sie einen freundschaftlichen Brief geschrieben (var. X 10). T. war nach anecd. 16, 1 aus Rivalitätsgründen mit diesem Gaste nicht einverstanden; und es liefen nun neben den Vertragsberatungen mit Theodahad geheime Fäden einher, die ein Einvernehmen für die Hinwegräumung der Königin herbeiführten. Daß diese Tat von T. inspiriert wurde, wenn sie auch von Gotenhand ausgeführt wurde, läßt der Brief Theodahads (var. X 20 nam et de illa persona. Bury II 107. Holmes 609) vermuten. Mit Comparetti (Le Inedite = Anecdota in Fonti p. 1. Stor, d’It 61, [1783] 242ff.), der die Darstellung der Anecdota als bewußt erlogen darstellt, anzunehmen, daß unter illa persona der Papst gemeint sei, fällt schwer. (Vgl. Comparetti Maldicenze Procopiane II T. responsab. dell’ assass. di Amal. in Racc. d. scr. in on. di Giac. Lumbroso, Milano 1925, 72ff. und Hodgkin Italy a. h. Invad.). Auch im weiteren Verlauf der Verhandlungen verlangte T., daß die Vertragspläne zuerst ihr vorzulegen seien (var. X 10: hortamini enim ut quicquid expetendum a ... iugali vestro credimus, vestris ante sensibus ingeramus).
In den Perserkrieg griff sie gelegentlich ein, namentlich weil sie, wegen ihrer Freundschaft mit Antonina, die Unternehmungen Belisars zu kontrollieren suchte. Im J. 541 hatte Chosroes eine Expedition gegen Lazica (Kolchis Procop. bell. Pers. II 15) am Ostrand des Pontus unternommen. Durch die Einnahme der Festung Petra schuf er den Persern einen für den byzantinischen Handel am Pontus sehr nachteiligen Stützpunkt. Nun vermittelte die Kaiserin, die sich für das Blühen des Handels ebenso interessierte wie für die Erfüllung des Wunsches Antoninas, der sie für ihre erfolgreiche Hilfe zum Sturze des Iohannes Kappadox sich erkenntlich zeigen wollte, Belisar durch eine Waffenruhe an der Ostgrenze nach Konstantinopel zurückzubringen (anecd. 2, 3). Sie schrieb an Zaberganes, des Königs Chosroes vertrautesten Ratgeber, den sie von seiner Gesandtschaft am Hofe her kannte (anecd. 2, 19) und stellte ihm eine hohe Belohnung vom Kaiser in Aussicht, wenn er seinen Herrn zu maßvollen Friedensbedingungen geneigt machen würde. Nach anecd. 2, 19 wäre im Rate des Chosroes die Verwunderung über das Reich zum Ausdruck gekommen, ἣν γυνὴ διοικεῖται. Ein Waffenstillstand erlaubte Belisar, den Winter in Konstantinopel zuzubringen, wie Antonina gewünscht hatte (Procop. bell. Pers. II 19).
Ihre eigenen Familienangehörigen förderte T. und sicherte ihre Zukunft Die ältere Schwester Kometo heiratete den Armenier Tzittas, einen Jugendfreund und magister militum Iustinians (Malal. 430. Theoph. 175, 13). Auch ihre jüngste Schwester Anastasia vermählte sie. Es ist nicht überliefert, an wen T. ihre eigene uneheliche Tochter verheiratete, für deren Sohn Athanasios aber hatte sie Belisars einzige Tochter Ioannina ausersehen (anecd. 4, 37. Holmes 620, 2). Er war selbst sehr reich und am Hofe von großem Einfluß (Ioh. Ephes. hist. eccl. V 1, 7; Barhebraeus Chron. eccl. I 226). Nach T.’ Tod brach Antonina die Verlobung ab (anecd. 5, 20ff.). T.’ Nichte Sophia ward die Frau des Neffen und präsumptiven Erben Iustinians (Vict. Tun. 567), des späteren Kaisers Iustinos II. Andere Verwandte (affines) kamen zu hohen Stellungen, so Georgios curator palatii Marinae und Iohannes ex consule (Theoph. 237, 4). Der vor T.’ Abwesenheit von Konstantinopel geborene Sohn Iohannes wuchs bei seinem Vater in Arabien auf; nach dessen Tod kam er an den Hof, verschwand aber alsbald wieder, so daß angenommen wird, daß T. sich seiner entledigt habe (anecd. 17, 108. Holmes 343. 621).
Die große Novelle 8, die Iustinians Verwaltungsreform betrifft, bezeichnet in ihrer Einleitung T. [1784] als Miturheberin. Einen gewissen Anteil an diesem Gesetzeswerke wird man ihr auch zugestehen können. Ihre Fürsorgemaßnahmen für gefallene Mädchen mögen mit den neuen Vorschriften über die Bestrafung des Verführers zusammenhängen. Der Mädchenhandel hatte damals einen ungeheuren Umfang erreicht, die Prostitution war sehr verbreitet. Durch die Nov. 14 erhielten die neuen praetores publici, in denen das ehedem wichtige Amt des praefectus vigilum wieder auflebte, die Aufgabe, die Bordelle aufzuheben und ihre Unternehmer aus der Stadt zu weisen. Die Kaiserin hatte sich schon vorher bemüht, den Prostituierten beizustehen; sie kaufte sie von ihren Besitzern los, indem sie in jedem Falle einen festgesetzten Preis für sie zahlte (Malal. XVIII 40 fünf Geldstücke, offenbar nicht aurei, sondern Münzen geringeren Wertes, Ioh. Nikiu 578). An einer unverbauten Örtlichkeit am Bosporos gründete sie ein Asyl für die Mädchen, Metanoia genannt, in dieser Klostergemeinschaft fanden 500 Aufnahme (anecd. 17, 5. Das Kloster bestand noch im 11. Jhdt.). Trotz einiger Erzählungen von Verzweiflungsakten, die solche Schützlinge begingen (anecd. 17, 5. Procop. de aedif. I 9, 2ff. Bury II 32), kann man die menschenfreundliche Tendenz dieses Werkes nicht leugnen. Procop hebt sie auch hervor (bell. Goth. III 32: ἐπεφύκει γὰρ ἀεὶ δυστυχούσαις γυναιξὶ προσχωρεῖν). Nach Diehl mögen auch die Verordnungen über die Würde und Unauflöslichkeit der Ehe und die soziale Hebung der Schauspielerinnen unter T.’ Einfluß zustande gekommen sein (Nov. 117. 134, 9. 124, 1 u. a.).
T. religiöse Einstellung war wohl von Haus aus schon von Monophysitismus bestimmt. Durch das akakianische Schisma war gerade in ihrer Jugendzeit im römischen Osten, zumal auch in Konstantinopel diese Lehre ungemein verbreitet. Es ist anzunehmen, daß sie ihr schon vor der Verbindung mit dem orthodoxen Iustinian anhing. Diese Gesinnung wird in der Literatur häufig erwähnt. Sie war eine Gegnerin der Beschlüsse des Konzils von Chalkedon (quae occulta esse synodi Chalehedonensi nunquam destitit inimica ex quo regnare coepit Vict Tun. a. 542), eine Parteigängerin der Monophysiten (Euagr. IV 10. Ioh. Ephes. hist. eccl. ed. Nau Rev. de l’Or. chrét. 1889 u. 1897, 162. 246). Schon als patricia, wahrscheinlich aber nach ihrer Vermählung setzte sie sioh für einen monophysitischen Diakon ein.
Seit ihrer Erhebung zur Augusta trat die factio T. Augustae im theopaschitischen Streit gegen den von Iustinian angenommenen Standpunkt beim Klerus und den Mönchen unter Gewalttaten für die monophysitische Deutung, die das Leiden auf die Substanz der Gottheit bezog, ein (Vict Tun. 529, vgl. Hergenröther-Kirsch Lehrb.d.Kirchengesch. I 642). T. wurde wie die Bezeichnung dieser factio erkennen läßt, gewissermaßen Haupt und Führerin der Monophysiten (Vict Tun. 527. 529. 537). Diehl teilt die Ansicht Débidours (Théodora, Paris 1885), daß es ihr wie dem Kaiser selbst wirklich um die Herstellung der kirchlichen Einheit im Reiche zu tun war. T. sah sie jedenfalls im Sieg der monophysitischen Lehre. Wie weit in Wirklichkeit seit Begründung ihres mächtigen Einflusses [1785] auf den Kaiser der Gegensatz zwischen den religiösen Anschauungen beider ging, ist nicht sicher (anecd. 27, 16: τὴν ἐναντίανγὰρ ἐσκήπτετο τῷ βασιλεῖ ἐς τοῦτο ἰέναι). Es wird vielfach in den Quellen angedeutet, daß ein stillschweigendes Einvernehmen zwischen ihnen geherrscht habe, so daß manches auf dem Umweg über die Kaiserin geschehen konnte, das Iustinian dem Papste gegenüber nicht auf sich hätte nehmen wollen (anecd. 10, 13. Euagr. IV 10. Nikeph. 10 Kall. XVII 7. Bury II 34). Ihrem Einflusse ist die verwickelte, von Rückschlägen und Zaudern erfüllte Kirchenpolitik Iustinians zuzuschreiben, zunächst die auffallend milde Haltung des Kaisers in den ersten Regierungsjahren den Monophysiten gegenüber, im Gegensatz zu dem scharfen Vorgehen unter der Herrschaft Iustins. Duchesne Réact. chalcéd. s. l’Emp. Iustin in Mél. d’arch. et d’hist. XXXIII 1913, 337ff. Am Hof fanden religiöse Gespräche statt, der bedeutendste Kopf der Sekte Severos von Antiochien (Crum Sévère d. Ant. Rev. d. l’Or. chrét. 3. S. III [1922/23, 92ff.] mit einem Brief an T.) und zahlreiche Anhänger kamen nach Konstantinopel. Die Monophysiten wußten der Kaiserin auch Dank für ihre Sympathie (vgl. Art. Liberius. Tötung des Monophysitenfeindes Arsenios auf ihren Befehl) und geizten nicht mit überschwänglichem Lobe (Zach. Rhet. 190. 211. Ioh. Ephes. Comm. 138. 154. 160. Barhebraeus 204).
Ihrer Vermittlung ist die Besetzung der Patriarchenstühle mit Monophysiten zuzuschreiben. Timotheos von Alexandrien nannte sie ihren geistlichen Vater (gest. 535. Ioh. Nikiu 514). Seinen Nachfolger Theodosios ließ sie gegen den Willen des Volkes durch Waffengewalt stützen. Auch die Wahl des von seiner Diözese Trapezunt ungerechtfertigterweise geschiedenen Anthimos für Konstantinopel ward von ihr betrieben (im J. 535. Zonar. XIV 8: σπουδῇ τῆς βασιλίδος. Vic. Tun. 537). Mit dem Besuche dos Papstes Agapetus in Byzanz tritt eine Änderung zugunsten des Katholizismus im Verhalten Iustinians ein. Durch die Nov. 42 verbot Iustinian den monophysitischen Führern den Aufenthalt in den großen Städten. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß er daneben T.’ Sympathie und kräftige Schutzmaßnahmen für die Monophysiten nicht ungern sah und im geheimen guthieß. Byzantinischer Politik wäre ein solches Doppelspiel nicht fremd. T. gewann durch Geld eine Anzahl von Bischöfen (τῇ βασιλίσσῃ χαριζόμενοι. Zonar. XIV 8) zum Widerstand gegen Agapetus. Dieser setzte Anthimos ab und gab ihm trotz des Einspruchs der Kaiserin einen Nachfolger in dem orthodoxen Menas (13. März 536). Nach dem alleinigen Bericht von Vict. Tun. (a. 538: T. eius [sc. Anthimi] patronam) schloß er auch T. aus seiner Kirchengemeinschaft aus. Nach seinem Tode, der am 22. April 536 in Konstantinopel erfolgte, ließ sie sich von seinem Diakon Vigilius (amore episcopatus et auri Liber. c. 22), indem sie ihm (occulto chirografo Vict. Tun.) ihre Hilfe zur Erlangung der päpstlichen Würde in Aussicht stellte, versprechen, daß er ihre Wünsche bezüglich der Monophysiten erfüllen würde. Daraufhin sollte Belisar in Rom seine Wahl durchsetzen. Schon war aber mit Hilfe des Theodahad [1786] Silverius gewählt worden. T.’ Versuche, durch Vermittlung Belisars und Antoninas Silverius ihren Absichten geneigt zu machen, mißlangen (Duchesne Schismes 253². Holmes 612). Auf ihre Intrigen hin wurde Silverius in die Verbannung geschickt und nach einer nicht unwahrscheinlichen Version im J. 537 auch getötet (s. Art. Silverius). Die Gefälligkeit der Antonina in dieser Angelegenheit sowie später gegen Iohannes den Kappadokier haben das bis dahin gespannte Verhältnis der zwei Frauen zueinander in Vertraulichkeit verwandelt (anecd. 1, 7). Nun ging in Rom Wahl und Ordination des Vigilius ohne Widerstand vor sich. T.’ Mahnung wegen seiner Versprechungen beantwortete er aber ausweichend, ebenso ihr Verlangen, daß er Anthimos wieder einsetze (Lib. Pont. v. Silv. II. Vict Tun. a. 538. Liberati Brev. c 22. Duchesne Schismes 253. Rev. d. quest. hist. 1885, 369ff. Vigile et Pélage ebd. 1886), er bestätigte vielmehr das Anathem gegen die monophysitischen Führer. Bei der nun folgenden Hinausdrängung der Monophysiten aus der Hauptstadt, wo sie eine heftige Propagandatätigkeit entfalteten, nahm sich die Kaiserin ihrer mächtig an. Sie schützte sie erfolgreich vor den Strafen (Ioh. Ephes. Comm. 154. 157. 158. 160. 247. 299; hist. eccl. 116) und schuf ihnen Unterkunft im Hormisdaspalast, der für die Kaiserin ausgebaut und mit dem Palatium verbunden (Procop. de aedif. I 4, 1. 10, 4) wurde, sogar im Palatium selbst (Ioh. Ephes. Comm. 127). Gegenüber von Blachernae in Sykai (Pera) erbaute und erhielt aus eigenen Mitteln T. ein Kloster, wo sie den abgesetzten Patriarchen Theodosios v. Alexandrien und die geflohenen Mönche aufnahm, ebenso auf der Insel Chios (Ioh. Ephes. Comm. 11. 66. 154. 248 u. a. St Duchesne Les protégés de T., Mél. d’arch. et d’hist XXXV 59). Der Hormisdaspalast hieß von da an Sergioskloster und wurde ein dauerndes Zentrum der monophysitischen Partei (so noch 566 in den tritheistischen Kämpfen, A. Jülicher Z. Gesch. d. Monoph. in Ztschr. f. neutest. Wiss. XXIV 17ff.).
Viel Förderung erfuhren die monophysitischen Missionen durch die Kaiserin. Aus dem Kloster Sykai gingen zahlreiche Missionäre in die östlichen Provinzen und die angrenzenden Gebiete. So zog von dort (543), zum Bischof von Edessa ordiniert Jakob el Baradai, der Begründer der bis heute in Asien erhaltenen Jakobitischen Kirchen in Syrien, Kleinasien, auf den ägäischen Inseln und in Mesopotamien aus. Trotz aller Überwachung durch die Polizei des Kaisers weihte er überall monophysitische Priester und Diakone. Auf Bitten des Ghassanidenkönigs Arethas (Harith-el-Gabbala) ließ T. in Sykai auch einen Bischof für Bostra in Arabien weihen. Mit ihrer Unterstützung und gegen den Willen Iustinians wurde die Christianisierung der Nubier (Nobadae und Blemyes) am oberen Nil auf Grund der monophysitischen Lehre um das J. 540 ins Werk gesetzt Die Briefe, die T. an den Fürsten der Thebais schrieb, klingen in die Drohung aus, daß es um sein Leben gehe, wenn nicht der von ihr und dem ehemaligen Patriarchen Theodosios geschickte Iulianos vor dem Abgesandten des Kaisers zum Volke sprechen könne (Ioh. Ephes. hist eccl. III 4, 6f.; vgl. Bury II 328ff. Holmes 688).
[1787] Wenn auch die schwersten Phasen des Dreikapitelstreites erst nach T.’ Tod einsetzten, so waren sie doch nur die weiteren Auswirkungen ihres Parteistrebens. Im Einvernehmen mit ihr war ja z. B. Theodor Askidas einer der Hauptakteure in diesen Kämpfen geworden (s. Art. Theodoros Askidas). Ihrem Eingreifen ist die gewaltsame Entführung des Papstes Vigilius aus Rom nach Konstantinopel zuzuschreiben, als der Kaiser seine Anwesenheit wünschte, aber noch zauderte. Diese Tat war T.’ Rache für das Nichteinhalten seiner Versprechungen (Lib. Pont. v. Vig.). Daher konnte auch Vigilius nach T.’ Tode schreiben: et quamvis a transitu d. m. T. Augustae nullas de fide quaestiones eclesia Dei in partibus Orientis deo miserante formidet... ut autem nos diu tribulationes CPoli pateremur, illa res fecit, quam breviter superius tetigimus: quoniam vivente Augusta, quicquid in ecclesiasticis causis movebatur, suspectum habuimus (epist. Arelat. nr. 48, vgl. Art. Vigilius).
T. starb am 28. Juni 548 (Malal. XVIII 484. Theoph. 226, 8. Zonar. XIV 9. Vict. Tun. 549. 567. Agnellus I 334, 62. Vict. Tun. gibt allein als Todesursache ein Krebsleiden an (cancere toto corpore perfusa). Sie wurde in der Apostelkirche (Apostoleion) in Konstantinopel beigesetzt, die den byzantinischen Kaisern als Mausoleum diente. Nach dem Nikaaufstand hatte T. die Erneuerung der baufällig gewordenen Kirche auf sich genommen (Procop. de aedif. II). Über die düstere Pracht der Bestattung Konst. Porphyrog. de caerim. 390. Diehl Imp. 305. 553 leitet Paulos v. Antiochia einen Brief mit Gebet um die Ruhe (ἀνάπαυσις) der Kaiserin ein (Jülicher Monoph. 36; s. Art. Theodosios). Eine Inschrift auf einem Dachsparren der Kirche vom brennenden Dornbusch am Sinai ist nach dem Tode Iustinians (565) ihm gewidmet und: ὑπὲρ μνήμης καὶ ἀναπαύσεως τῆς γεναμένης ἡμῶν βασιλίδος Θεοδώρας (Byz. Ztschr. IV [1895] 143).
Persönlichkeit: Die Charakteristik T.’ gibt manche Rätsel und Unklarheiten zu lösen auf. Sie schwankt zwischen der überschwänglichen, wenn auch teilweise schablonenhaften Verhimmelung in der monophysitischen Literatur und dem vernichtenden Urteil in der procopianischen Geheimgeschichte. So werden Lob und Tadel in ganz ungewöhnlichen Maßen an ihr verschwendet. Eine Reihe moderner Schriften bemüht sich über ihr Jugendleben zu einer abschließenden Beurteilung zu gelangen. Mit Recht nennt Bury (II 28) die Darstellung der Zügellosigkeit ihrer Jugend weniger ein biographisches Bild als die Kennzeichnung des damaligen Kulturstandes. Diehl (Iust. vgl. Diehl L’Imp. Théodora, Paris 1904) versucht mit Débidour (s. o.) und Mallet (The Empress Th., Engl. hist. Rev. 1887. Flora Santucci Teod. Profilo in Atene e Roma 1929, 42ff.) sie aus dem procopianischen Niveau herauszuholen. Aber nach vielen Worten bleibt doch die Abenteuerin zurück, die nach den als Zirkuskünstlerin und Hetäre verbrausten Jahren durch ihre Schönheit und geistige Überlegenheit den Weg aus diesen Tiefen in die Gesellschaft errang. Daß dieser Weg am Kaiserthrone endete, hängt mit den unbegrenzten Möglichkeiten byzantinischen Lebens zusammen, das schließlich ja auch die Bauern [1788] aus Dardanien, Iustin und Iustinian auf diesen Thron gelangen ließ. Es bleibt immerhin auffallend, daß außer Procop in den Anecdota und dem Monophysiten Ioh. v. Ephesos an der unsicheren Stelle (s. o.) keiner der zeitgenössischen orthodoxen Autoren auch nach ihrem Tode, obwohl sie T. wegen ihrer Begünstigung des Monophysitismus mit Schmähungen anderer Art reichlich bedacht haben, irgendwie ihr Privatleben angetastet hat. Diehl meint, Iustinian habe eine zu heikle Stellung am Hofe und zu viel Ehrgeiz gehabt, um eine Frau zu heiraten, die so allgemein mißachtet gewesen wäre, wie es Procop behauptet. Es wäre ein Riskieren seiner Popularität, aller seiner Aussichten auf den Thron gewesen. Eher ist anzunehmen, daß T. bei allen ihren sittlichen Mängeln klug genug war, um, seit ihrer Rückkehr nach der Hauptstadt, den Schein so weit zu wahren, daß man sie ohne zu großes Ärgernis heiraten konnte. Allein nur die Geheimgeschichte weist einige Liebesgeschichten aus der Zeit ihrer Ehe (Areobindos anecd. 16, 11, dazu Haury Prokopiana, Augsburg 1891, und Barsymas 22, 26) auf.
Anscheinend fand T. sich rasch in ihre Erhebung. Sie war Herrscherin nicht nur als Gemahlin des Kaisers, sondern durch Ausübung der Macht, die sie aus ihrer Stellung schöpfte. Ehrgeizig, willensstark, despotisch hart und leidenschaftlich wie sie war, leitete sie ihre Handlungen doch in erster Linie nach den zielbewußten Erwägungen ihres klaren und energischen, geschickten und beweglichen Verstandes (Ioh. Lyd. p. 263: κρείττων τῶν ὄντων ὁτεδήποτε ἐπὶ συνέσει anecd. 60f. 64. Zonar. XIV 152). Ihre mutige Entschlossenheit rettete im Nikaaufstand dem verzagten Iustinian den Thron. Ihre überragenden geistigen Vorzüge und der witzige, schlagfertige Humor, der ihrer Jugend nachgerühmt wird, vielleicht eine gewisse Schelmerei, von der anecd. 63 ein derbes und herzloses Beispiel aus späterer Zeit gibt, haben Iustinian dauernd an sie gebunden. Die starke Persönlichkeit, die aus der Konkubine zur Kaiserin wurde, hat es auch verstanden, ihre Macht über den Kaiser festzuhalten. Von seiner großen Liebe zu ihr schreibt Procop (bell. Pers. I 25, 4; anecd. 64). Noch nach ihrem Tode schwor der Kaiser bei feierlichen Versprechungen auf ihren Namen (Paul. Silent. Descr. S. Soph. I 59f. Ioh. Ephes. 248) und handelte ihren Wünschen gemäß. Städte und Provinzen wurden, sowie andere durch den Namen Iustinians, durch Verleihung ihres Namens geehrt (Θεοδωριάς = Baga in Afrika, Procop. de aedif. VI 5, 14; Pulchratheodora und Theodoropolis in Moesien anecd. IV 11; de aedif. IV 7, 5, ferner de aedif. IV 6, 8. 11. Agath. 279, das Bad in Karthago wurde nach ihr Theodorianai genannt de aedif. IV 5, 10). In der Ausgabe der Anecdota von Alemannus werden diese Örtlichkeiten vollzählig angeführt.
Bei seinen Erlassen versäumte der Kaiser nie, darauf hinzuweisen, daß für ihn und seine Gemahlin die finanziellen Rechte der Krone von größter Bedeutung seien (Nov. 28, 4. 29, 5. 30, 6.11. Holmes 480). Der Steuereingang wurde den Rektores als besonders wichtig eingeschärft. T. selbst war im Ersinnen neuer Steuerquellen [1789] sehr findig (ἧν ποριμοτάτη πρὸς εὕρεσιν καινοτέρων καὶ πολυτράπων ἐπινοιῶν Zonar. XIV 61. Euagr. IV 30).
Jede Gelegenheit wurde ergriffen, um Monopole zum Vorteil der Regierung zu schaffen (anecd. 24). Als der Preis für Seide infolge geringen Angebotes stieg, ordnete Iustinian einen Höchstpreis von acht Solidi für das Pfund und Beschlagnahme der Ware bei Überschreitungen an. Im Geheimen wurde weitergehandelt. T. ließ nun durch ihre Agenten die an dem Schleichhandel beteiligten Händler ausforschen. Jeder erhielt eine Geldstrafe von 100 Pfund Gold (anecd. 25). Infolge der Absatzstockung gingen die Fabriken in Tyrus und Berytus zugrunde, die Arbeiter wurden entlassen. Nun bemächtigte sich der praefectus praetorio der ganzen Erzeugung und es wurden ungeheure Preise verlangt; der Gewinn floß in den kaiserlichen Schatz (Holmes 133). Den Reichen wurde scharf zugesetzt (anecd. 4, 25), durch Vermögenseinziehungen (Priskos, Belisar, Ioh. der Kappadokier und viele andere) stieg das Vermögen des Kaiserpaares zu bedeutender Höhe an. T.’ Habsucht wird oft erwähnt. Die Anecdota (15, 3. 4; 22) schildern sie in grellsten Farben. Zonar. XIV 61: ἐνταῦθα τοῖς ὑπηκόοις διχόθεν αἱ συμφοραί. Seit Beginn ihrer Beziehungen zu Iustinian häufte T. ein mächtiges Vermögen an (anecd. 9, 31). Als sie Kaiserin wurde, setzte er ihr ein beträchtliches Jahrgeld aus (Cod. Iust. VII 37, 7). Ihre Güter am Pontus (Nov. 28, 5), in Paphlagonien (Nov. 29, 4) und Kappadokien (Nov. 30, 6), aus denen sie ein Einkommen von 50 Goldpfund bezog, erforderten einen eigenen Verwaltungsdienst (Cod. Iust. VII 37, 7: v. ill. curator divinae domus serenissimae Augustae). Von der rücksichtslosen Ausübung ihrer Macht wird in der Geheimgeschichte viel erzählt. Ein Apparat von Gerichten (anecd. 2,15 δικαταὶ ξυνελέγοντο πρὸς αὐτῆς ἀγειρόμενοι) und Geheimagenten, der über das ganze Reich hin reichte, stand ihr zu Gebote. Dem Kaiser können natürlich solche Einrichtungen nicht verborgen geblieben sein (Bury II 30ff.). In den Mitteln bedenkenlos, war sie nie um eine Erfindung verlegen, um ihre Gegner zu verderben. Sie setzte sich über die Unverletzlichkeit des Asyles hinweg (anecd. 3, 25. 16, 20. 17, 10. 22, 27). Um ein Ziel zu erreichen, kannte sie kein Gesetz, keine Versöhnung, hörte auf keine Fürsprache, ihr Groll ging auf die Kinder der Verfolgten über (anecd. 15, 34 Drohungen und Bestechungen; Zonar. XIV 61, Willkür, Grausamkeit und Haß, ihre ἀπανθρωπία; anecd. 4. Gibbon VIII c. 40). Mögen auch manche Histörchen von ihren Verließen, Folterstrafen und Geheimgerichten bloßer Klatsch sein, so beweist doch der zehnjährige Aufenthalt des abgesetzten Bischofs Anthimos in ihrem Palaste, von dem nur zwei vertraute Diener wußten, daß hier manches vorgehen konnte, ohne in der Öffentlichkeit ruchbar zu werden. Von ihrer Freundschaft mit Magiern (Dämonen anecd. 12, 14. 28), Giftmischern erzählt Procop (anecd. 22, 27). Ein gewisser Aberglaube, Träume und Vorbedeutungen (vgl. Diehl Imp.) war ihr nicht fremd. Die Furcht vor der Kaiserin war allgemein (Bury II 34). Über die große Unbeliebtheit des Kaiserpaares beim Volke [1790] s. anecd. 12. Holmes 486, auch die vernichtende Kritik über T.’ schlechten Einfluß auf die Regierung: σὺν αὐτῇ τοίνυν πολλῲ ἔτι μᾶλλον τὸ ν δῆμον διέφθειρεν (sc. Iustinian) anecd. 9, 32. Ihr übersteigerter Luxus (anecd. 15, 60.) und die komplizierte Etikette in ihrer großen Hofhaltung (anecd. 30, 21ff. 15, 15) verraten den Emporkömmling in ihr.
Sie brachte alljährlich lange Zeit in den kaiserlichen Schlössern außerhalb der Stadt zu, weil sie die Luft in Konstantinopel nicht vertrug. Das Schloß Heraion an der bithynischen Küste den Prinzeninseln gegenüber, ließ Iustinian für sie prächtig ausbauen und verschönern (Procop. de aedif. I 11, 16–22; anecd. 15, 99. 16, 36). Ein großer Hofstaat folgte ihr auf diesen Reisen. Nach der byzantinischen Hofsitte verwendete T. wie auch Iustinian viel auf Kirchenbauten und Erneuerungen (ἥσ νόος εὐσεβίῃ φαιδρύνεται CIG IV 8636), vgl. auch o. den Wiederaufbau der Apostelkirche. T.’ Spenden und karitative Stiftungen sind sehr zahlreich. Sie baute Waisenhäuser (ξενῶνας) und Spitäler (Procop. de aedif. I 2, 17. 9, 5. 11, 27. V 3,14. Zonar. XIV). Unzählige Gaben an Kirchen, Kranken- und Armenhäuser, Bischöfe und Mönche erwähnen Cod. Iust. VII 37, 7 und Ioh. Lydus de mag. III 69. Auf einem Antependium der Sophienkirche war sie abgebildet, wie sie mit dem Kaiser Kirchen und Spitäler besuchte (Paul. Silent. 796ff.). Die von Muratori überlieferte Inschrift ... προσφέρομεν οἱ δοῦλοί σου Χριστέ, Ἰουστ. καὶ Θεοδῶρα stand nach Boeckh CIG IV 8643 vielleicht auf der berühmten mit Gold und Edelsteinen geschmückten Tafel, die T. der Sophienkirche schenkte. Der Sergios- und Bacchoskirche zu Sergiupolis widmete sie eine Crux gemmata (Euagr. IV 28, 21).
Ein charakteristischer aber auch versöhnender Zug im Leben T.’ ist ihre großzügige Fürsorge für die gefallenen Mädchen (anecd. 17, 6), deren hilflose, Ausbeutern preisgegebene Lage zu jener Zeit ein schweres soziales Übel war, und vielleicht war wirklich ihre Hartnäckigkeit beim Sturze Iohannes des Kappadokiers auch von seiner unmäßigen Bedrückung des Volkes beeinflußt. Andererseits ist wohl ihr unfreundliches, tyrannisches Auftreten gegenüber den Frauen senatorischen Standes (z. B. anecd. 17, 8) auf die Ranküne der Entgleisten und dann Emporgekommenen zurückzuführen. Auch wurde ihr Ungerechtigkeit vorgeworfen, und daß sie viel Schaden anrichte durch ihr Eintreten für ehebrecherische Frauen (Bury II 33. anecd. 17, 24).
T.’ Erscheinung wird als die einer schmächtigen (κόλοβος), blassen Brünette mit lebhaften schwarzen, übergroßen Augen in dem zarten Oval des Gesichts geschildert (anecd. 10, 11. Procop. de aedif. I 11, 8). Um die Erhaltung ihrer Schönheit war sie sehr besorgt und pflegte sie durch langen Schlaf und andere Mittel (anecd. 15, 6ff.). Die Bildnisse T.’, soweit sie auf uns gekommen sind, lassen ihre Reize kaum ahnen. Das große Mosaik von S. Vitale in Ravenna (545–547) gibt annähernd unter der schweren Last des kaiserlichen Prunkgewandes das Feine und Vornehme ihrer Gestalt wieder (Walter Goetz Ravenna, Lpz. 1901. Grisar Roma al f. d. mondo antico Rom 1930, II 391 mit der neuesten Lit.), Andere [1791] Bildnisse erwähnen die Quellen, so ein, wohl auch musivisches, in dem Palatium zu Konstantinopel (Procop. de aedif. I 10, 17) Die Stadt setzte ihr eine Bildsäule in dem mammorbelegten von Säulen umgebenen Hofe der Arkadiosthermen. Die Säule waraus Porphyr zur Kennzeichnung der Kaiserwürde (Procop. de aedif. I 11f. Sie ist zwar schön von Angesicht, sagt Procop. (anecd. 10, 11; de aedif. I 1, 9), läßt aber die Schönheit der Kaiserin weit hinter sich, da ihr Wohlgestalt zu beschreiben oder im Bild nachzuahmen, unmöglich ist. Erhalten sind eine lebensgroße Marmorbüste (identifiziert von Delbrück Portr. byz. Kaiserinnen in Mitt. d. K. d. Arch. Inst. röm. Abt. XXVIII (1913) 311ff-), die 535 oder wahrscheinlicher 538 in Mailand aufgestellt wurde, und jetzt sich in Castel Sforzesco befindet, und drei Elfenbeindiptychen in Wien, im Florentiner Bargello und in Berlin (Bury II 30. Delbrück a. O.). Sie stellen T. im kaiserlichen Ornate dar mit juwelenbesetztem Mantel, Diadem und Perlengehängen (πρεπενδούλια), Szepter und Weltkugel.