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Reitende Bettler

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Reitende Bettler
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 22, S. 707
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: betrügerische Bettler im 17. und 18. Jahrhundert
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[707] Reitende Bettler. Die Poesie des Bettler- und Vagabundenthums ist im Aussterben, seitdem die Prosa unserer land- und stadtpolizeilichen Einrichtungen, die Armen- und Arbeitshäuser das Bettlerthum in ihre Obhut genommen haben. Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert stand aber jene Poesie noch in Blüthe. Da zog unter anderen eine zahlreiche Menge von Bettlern durchs Land, gab sich für entsprungene Christensklaven aus, machte unter Stöhnen und Schluchzen eine klägliche Beschreibung von ihrer Ausplünderung und Gefangennahme; sie rasselten dazu mit den Ketten, die sie angeblich noch von der Gefangenschaft her an Händen und Füßen trugen, zeigten die Striemen der Schläge, die sie als Sklaven empfangen haben wollten, und sammelten Almosen, um, wie sie sagten, ihre bei den Türken, Corsaren, Sarazenen zurückgelassenen Brüder und Freunde aus der Sklaverei loszukaufen.

Aus Schlesien wird sogar von reitenden Bettlern berichtet, einer vornehmer auftretenden Klasse vagabundierender Abenteurer, die dem betrügerischen Bettel unter der Maske abgedankter Offiziere, abgebrannter oder aus andern Ursachen um ihr Vermögen gekommener Edelleute nachgingen. Nicht bloß zu Pferde, selbst im Wagen erschienen sie und hatten Diener bei sich. Sie sprachen mit Vorliebe in adeligen Häusern vor und erhoben, wenn sie sich wehrlosen Personen, besonders Damen ohne männlichen Schutz, gegenübersahen, in zudringlichster Weise Anspruch auf „Ritterzehrungen“, das heißt auf standesgemäße Bewirthung und Beschenkung. Gerade diese Klasse war der öffentlichen Sicherheit sehr gefährlich. Es bestand die Vermuthung, daß hinter den bewaffneten und berittenen Bettlern sich Räuber und Spitzbuben verbargen. Thatsächlich führte eine der Spitzbubenbanden den Namen „Kavalierbande“. Wie beträchtlich die Zahl dieses berittenen Vagabundengesindels war, ergiebt sich aus einer schlesischen Bettelordnung von 1719, in der angeordnet ist, daß, wenn die Landdragoner mit demselben nicht fertig werden könnten, die nächste Dorfgemeinde und auf geschehene Anmeldung die Nachbardörfer das Gesindel verfolgen, auch militärische Hilfe und aus der nächsten Stadt die Jüngsten aus der Bürgerschaft herangezogen werden sollten, um es über die Grenze zu jagen oder einzufangen. †