Schwere, Elektricität und Magnetismus/§. 61.
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Ein Theil des Leitersystems sei drahtförmig. Unter einem Draht verstehen wir einen Körper, in dessen Innern eine stetig verlaufende Linie (die Axe) sich so ziehen lässt, dass jeder normal zu ihr gelegte ebene Querschnitt verschwindend kleine Dimensionen hat im Vergleich zu der Länge der Axe. Auf der Axe soll der
|[235]von ihrem Anfangspunkte bis zu einem unbestimmten Punkte hin durchlaufene Bogen mit bezeichnet werden. Der Querschnitt braucht zwar nicht überall derselbe zu sein. Doch setzen wir fest, dass bei einer stetigen Aenderung von auch die Aenderungen des Querschnittes nur stetig vor sich gehen, so dass man an jeder Stelle zwei Querschnitte einander hinreichend nahe legen kann, die von einander und von allen zwischenliegenden Querschnitten nur unendlich wenig abweichen. Zwischen je zwei solchen Querschnitten kann der Draht als ein Cylinder von beliebig gestaltetem, aber unverändertem Querschnitt angesehen werden.
Wir betrachten zunächst nur einen solchen Cylinder an einer beliebigen Stelle des Drahtes. Die Axe dieses Cylinders soll zu den Dimensionen des Querschnittes in endlichem Verhältnis stehen. Wir dürfen sie deshalb als geradlinig ansehen und legen in sie die Axe der des rechtwinkligen Coordinatensystems. Die normalen Querschnitte sind also zur -Ebene parallel. Da die Dimensionen jedes Querschnittes unendlich klein sind, so dürfen wir die Strömung in seiner Ebene vernachlässigen im Vergleich zu der Strömung, die normal gegen diese Ebene gerichtet ist. D. h. wir dürfen in jeder Richtung, die in die Ebene eines Querschnittes fällt, die specifische Stromintensität gleich Null setzen:
(1) |
Ferner dürfen wir in einem und demselben Querschnitt jede der Componenten und den specifischen Widerstand constant nehmen. Nun folgt aber aus (1) und aus den Gleichungen (2) des §. 59:
d. h. für jeden Punkt innerhalb desselben Querschnittes:
Da aber in jedem Querschnitt und unendlich klein sind, so hat man kürzer
Die erste der Gleichungen (2) des §. 59 gibt hiernach:
(2) |
Nun ist nur von abhängig, und ebenso hat nach der Voraussetzung in allen Punkten desselben Querschnittes denselben
|[236]Werth. Folglich ist für einen und denselben Querschnitt die normal gegen ihn gerichtete specifische Stromintensität in allen seinen Punkten constant.
Nach dieser Vorbereitung betrachten wir den drahtförmigen Leiter in seiner ganzen Ausdehnung. Wir legen normal gegen die Axe einen Querschnitt , der auf jener die Bogenlänge abschneidet. Ein Flächenelement des Querschnittes ist . Dasselbe soll als Basis eines Raumelementes angesehen werden, dessen Höhe ist. Das Volumen dieses Raumelementes ist demnach:
Bezeichnen wir nun wieder mit die zur Zeit von der bewegten
Elektricität geleistete Arbeit, so haben wir nach §. 59, Gleichung (7):
(3) |
Hier ist die Potentialfunction der freien Elektricität und die in der Richtung von genommene Componente der elektromotorischen Kraft.
Nach der Erklärung der specifischen Stromintensität ist die algebraische Summe der Elektricitätsmengen, welche im Zeitelement an der Stelle von der negativen zur positiven Seite des Querschnittes übergehen, vermindert um die algebraische Summe derjenigen Mengen, welche in demselben Zeitelement an derselben Stelle in entgegengesetzter Richtung hindurchgehen. Für den ganzen Querschnitt beträgt die betreffende Differenz:
die wir mit bezeichnen wollen. Es ist also :
(4) |
Wir nennen die Stromintensität an der Stelle des Querschnittes . Die Axe, auf welcher der Bogen gezählt wird, liegt normal gegen alle Querschnitte. Deshalb lassen wir für jeden Querschnitt die positive Normale mit der Richtung des wachsenden Bogens zusammenfallen. Da wir nun voraussetzen, dass keine Ansammlung von freier Elektricität mehr statttindet, vielmehr ein Beharrungszustand eingetreten ist, so muss an allen Stellen des Drahtes denselben Werth haben, oder – was dasselbe sagt, – es ist von unabhängig. Die Gleichung (3) geht über in folgende:
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und diese kann nach der zuletzt über gemachten Bemerkung auch so geschrieben werden:
(5) |
Wir setzen
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und nennen den Widerstand des drahtförmigen Leiters, den Integralwerth der elektromotorischen Kraft. Bezeichnen wir mit und resp. die Werthe, welche die Function im Anfangs- und resp. im Endpunkte des drahtförmigen Leiters besitzt, so geht aus Gleichung (5) hervor:
(6) |
Bei einem in sich zurücklaufenden drahtförmigen Leiter ist . Folglich ergibt sich hier:
(7) |
und es ist deshalb in einem geschlossenen lineären Strome:
(8) |
Der in dieser Gleichung ausgesprochene Zusammenhang zwischen der Stromintensität, dem Widerstande und dem Integralwerth der elektromotorischen Kraft wird das Ohm’sche Gesetz genannt.