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von Laster- und Schandstein. Mit Lapides publici seu civitatis übersetzt Stiernhook[1] der stad stene. Andere Ausdrücke dafür sind haderstein[2], rätschstein[3], zankstein[4], backstein[5], strafstein[6] und bussstein[7].

Hier sei auch des Ausdrucks Litophorie gedacht, den Dreyer in seinem Aufsatze De litophoria[8] aufgebracht hat, welches Wort aber sonst nicht verwendet wird.

Grimm[4] führt im Abschnitt über den Lasterstein auch rote räder an, jedoch irrtümlich; an der von ihm erwähnten Stelle handelt es sich um Brandmarkung.

Hans Sachs[6] gebraucht das bloch anscheinend in der Bedeutung Schandstein.

Französisch heißt das Strafwerkzeug la pierre (a. 1247 bei du Cange 5,28) oder la pierre des mauvaises langues, la pierre de scandale[9].

§ 3. Verbreitung. Unterschied zwischen bag- und lasterstein.

Die Rechtssitte des Steintragens ist allem Anschein nach auf dem Boden des alten Frankenreichs entstanden, hat sich über Frankreich, Deutschland und die Niederlande verbreitet, und ist auch durch deutschen Einfluß nach Norden[10] und Osten[11] gedrungen.

Besonders zahlreich sind die Zeugnisse für diese Strafe in


  1. Die Stelle bei Du Cange 5, 28.
  2. Grimm, RA4. 2, 316, führt das Wort aus Würdtwein, Diplom. Mogunt. 2, 567 an. Das Wort ist aber nicht quellenmäßig, sondern steht dort in einer Bodmann’schen Anmerkung. Die von Bodmann dort gebrachten Stellen sprechen bloß von stenen. Ob diese Angaben von Bodmann gefälscht sind, bleibt dahingestellt.
  3. Stöber (S. 104) spricht vom Lasterstein in Sulz im Ober-Elsaß „den ich dort auch Rätschstein nennen hörte – –. Bei demselben, an der Kirchenwand steht die Jahreszahl 1489“. (Vgl. ebda, S. 91, Rätschen = schwätzen). – Die Mitteilung Stöber’s bleibt zu prüfen. Im Wörterbuch d. elsäss. Mundarten v. Martin u. Lienhart, 2. Bd. 1907, fehlt rätschstein.
  4. a b Grimm, RA.4, 2, 316.
  5. S. oben S. 7 Note 3.
  6. a b Grimm, RA.4, 2, 317.
  7. Heydinger S. 252 Anm. 20.
  8. Kiel 1752.
  9. Stöber S. 89.
  10. Fritzner, Ordbog 3, 538. – Grimm, RA4., 2, 317.
  11. Krakau 1399. Kaindl, Arch. f. Österr. Gesch. 95 (1906), S. 220. – Siebenbürgen: Fronius, Bilder aus dem sächs. Bauernleben.2 1883. S. 129.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/20&oldid=- (Version vom 1.8.2018)