Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus | |
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Nutzen gehabt? Wie viel werden Geschichten erzählet, wo man mit aller Mühe und Nachforschung nicht die Willensmeinung des erscheinenden Geistes hat entdecken können? warum erscheinen sie in Orten, da kein Mensch mehr hinkommet? warum allezeit mit Furcht und Schrecken, und mit Schaden der Gesundheit? Ich frage endlich sind die Seelen der Verstorbenen dazu bestimmet einen sichtbaren Umgang mit den Menschen zu haben, oder nicht? Ist das erste. Warum erscheinen nicht alle, da alle dazu bestimmet sind durch die gleiche natürliche Kräften, die sie zum Erscheinen erhalten haben sollen? Ist das zweyte, und sind sie zu einem höhern Endzweck aufbehalten, was sollte sie bewegen einen sichtbaren Umgang mit den Menschen zu suchen, und die natürliche Schwierigkeiten auf sich zu nehmen, welchen ein von ihnen gebildeter Luftkörper unterworfen ist? Sollten sie um etliche Minuten Kurzweil zu treiben, oder einen Schrecken anzurichten, einen dazu gehörigen künstlichen Leib sich verfertigen, wie dieses sehr oft der bekannte Riebenzahl gethan haben soll? Ich will jetzo aufhören zu fragen, und nur bitten, daß man diese gegen die Erscheinungen streitende Gründe bei sich überlegen wölle. Wird man in einer nachforschender Stille diese erwägen, und die Stimme der Vernunft hören, so wird diese jedem sagen, daß die Seelen der Abgestorbenen aus eigenen und natürlichen Kräften nicht ohne Wunderwerk erscheinen können, und sie wird zugleich anmerken, daß es unvernünftig seye, so viele Wunderwerke anzunehmen, als man Erscheinungen erzählet.
Ich könnte noch viele Sachen, und viele Geschichten beibringen, welche in dieses Fach gehören: ich will aber wegen der Weitläuftigkeit diese weglassen, und nur noch zwey Dinge anmerken. Erstlich muß ich dem P. Stoiber Gerechtigkeit wiederfahren lassen, und kann selbem das billige Lob nicht versagen, weil er P. II.
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/062&oldid=- (Version vom 12.12.2020)