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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus

Gespenster gebe. Wir mögen noch so weit in die graue Jahre zurück sehen, so werden wir allezeit herumschwärmende Geister, Gespenster, Larven und Kobolden erblicken. Die Gedichte der fabelenden Poeten lassen diese allenthalben auftretten, und die Bücher der Geschichtschreiber, von welchen man nichts als Wahrheiten erwarten solte, sind mit Gespenstern und Geistern angefüllet. Man wird kaum eine Beschreibung eines Ortes oder einer Familie antreffen, wo nichts von Gespenstern vorkömmt, und es ist schier kein ansehnliche Stadt oder Familie zu finden, welche nicht einen Geist im Dienste hat. Der Perlefex zu Bamberg, die weisse Frau zu Bareuth, der Heyducke zu Wirzburg, die Klagfrau zu Berlin, die Fetel zu Parma, der ohne Kopf wandelende Mönche zu Dresden sollen bekannte Bothen seyn, welche hohe Trauerfalle verkündigen müssen. Ich hatte Gelegenheit mich an einigen diesen Orten genau nach diesen Gespenstern zu erkundigen, ich habe aber niemand antreffen können, der von diesen selbst etwas gesehen hatte, ob ich zwar sehr viele gefunden, die davon gehöret haben, und manche Geschichten von dem Sagenhören zu erzählen wußten. Von den adelichen Geschlechtern in Böhmen erzählet uns sehr vieles Balbinus in Miscellaneis Bohem. L. III. c. 29. §. 3. In Franken soll den Freyherrn von Redwitz und Zobel ein weisses Weiblein den Sterbfall ansagen, und zwar bei diesem mit einer brennenden Kerze, und in Baiern soll bey der adelichen Familie von Mugenthal, so oft einer aus selber begraben, und die GOttesdienste für den Verstorbenen gehalten werden, ein Klagweiblein in sehr alter Tracht mit zu Opfer gehen. Ob aber diese Klagfrau, welche zweifelsohne aus dem adelichen Geschlechte seyn wird, diesen Opfergang annoch verrichte, da bei dem Adel diese Mode abgekommen, habe ich nicht in Erfahrung bringen können. Von so vielen anderen Geistern, die in den Klöstern den Sterbfall ankündigen, oder bei den Herren Pfarrern die Leiche und Provisur

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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/089&oldid=- (Version vom 12.12.2020)