Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus | |
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ansagen, oder selbe den Schulmeistern, Todtengräbern und Schreinern melden, will ich keine Erzählungen beirücken. Denn ich glaube, daß es genug seye, wenn ich sage, daß schier kein Schulmeister, Todtengräber oder Schreiner sey, der uns nicht etliche Wochen zuvor weissagen könne, ob er ein Requiem zu singen, ein Grab zu machen, und ein Todtentruchen zu verfertigen überkommen werde.
Sollten wir nicht anfangen zu erzittern, zu beben und den Muth sinken zu lassen, da uns an so vielen Stellen Geister und Gespenster begegnen. Doch nein. Wir sind ganz gelassen, und da wir schon ohne Furcht viele Oerter durchwandert, die von Gespenstern beruffen waren, so fürchten wir uns um so weniger von beschriebenen Geistern und Gespenstern. Die Geschichtschreiber mögen uns noch so viele Beispiele und Gespenster-Erzählungen vorstellen, so werden wir dennoch nach den gezogenen Leitfaden zu erweisen uns unterfangen, daß auch in den weltlichen Geschichtbüchern kein zureichender Grund für die Wirklichkeit der Gespenster zu finden seye. Wir wollen zu erst die griechische Geschichtschreiber auftretten lassen. Dio L. 77. erzählet von Caracalla, daß er öfters die Schatten seines Vaters und Bruders gesehen, und daß er die Seelen der Verstorbenen zu seiner Erleichterung aus ihren Gräbern beruffen habe, und daß unter diesen auch der Schatten seines Vaters und Bruders Commodus sich einfande, welcher zu ihm die Worte gesprochen: komme nur eilends zu deiner Strafe. Zwey Stück machen mir diese Geschichte unglaubbar, nämlich die Erzählung selbst, und der Verfasser, der uns selbe überliefert. Die Erzählung dieser Geschichte gründet sich auf die Fabeln, daß man die Seelen der Verstorbenen aus der Hölle zurück ruffen könne, und daß die Seele des abgestorbenen Blutfreundes ein Dämon oder ein guter oder böser Geist wurde,
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/090&oldid=- (Version vom 12.12.2020)