Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus | |
|
auch diejenigen, die an der Sünde keinen Antheil hatten, da durch dergleichen Erscheinungen, eines an ein gewißes Haus angebundenen und erscheinenden Geistes, der Herr des Hauses, und die Einwohner durch Schrecken, Furcht, Aengstigkeit und übeln Ruf des Hauses die härteste Strafe empfinden müssen? Ist es ein Urtheil GOttes, daß der Geist zur sonderbarer Strafe sich einfinden muß, an dem Orte, wo er gesündiget hat? wie soll durch Verbannung ein Geist vertrieben werden können? Und soll wohl der Mensch durch Beschwörung die gerechteste Urtheil GOttes abändern, oder die Strafen mildern können? Ist dieses den Verdammten eine sonderbare Peyn, wenn sie sich an dem Sündenorte einfinden müssen? Warum finden sich die HH. GOttes zu ihrer sonderbaren Freude nicht in denjenigen Orten ein, wo sie GOtt mit aller Inbrünstigkeit gedienet, und gelobet haben? Antwortet man, daß die Anschauung GOttes, und die Freuden des Himmels schon alle Freuden und Vergnügenheiten in sich begreifen; so kann ich auch sagen, daß die Beraubung der Anschauung GOttes, und die Peynen der Höllen schon die größte Strafe seyen. Wollte aber GOtt durch den Anblick des Ortes, wo die Sünde verübet worden ist, die Seelen strafen; so glaube ich eher, daß dieses in der Hölle durch eine beständige Vorstellung des Ortes, wo sie gesündiget, geschehen möchte, und daß sie in der Hölle das peynigende Angedenken des Ortes, und nicht in dem Orte der Sünde, und also außer der Hölle die Peynen der Hölle mit sich herum tragen, welches erstere ich um so lieber behaupten wollte, da es sich ohnehin sehr schwer erklären läßt, wie die verdammte Geister die Peynen der Hölle auf Erden empfinden, und einige der Gottesgelehrten bei dem heiligen Thomas Q. 64. Q. 4. ad. 3. sogar davorhielten, daß die verdammte Geister auf der Erde von den Peynen der Hölle befreiet seyen; andere zu einer schmerzhaften durch das Feuer eingedrückten Qualität ihre Zuflucht nahmen,
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/115&oldid=- (Version vom 14.2.2021)