Seite:Abhandlung des Daseyns der Gespenster.djvu/117

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus

Wie viele Leute werden nicht von den Nachtmännlein oder dem Alpe beunruhiget? Der Sage nach ist dieses eine garstige unförmliche Bestie, welche des Nachts den Leuten in den Betten erscheinet, auf sie fällt, sie drücket, peyniget, schlägt, kneipet und sich von ihnen tragen läßt, so lange bis es genug ist. Diese Sage wird noch jetzt von sehr vielen bestättiget, und was will ein Geisterläugner dagegen einwenden, ruffet Orgon, wenn man die blauen Flecke, die Striemen, die Wunden, und so viel andere Spuren einer erlittenen Gewaltthätigkeit an Leuten siehet, welche des Nachts von einem Alp gepufft, gepeitscht, gekratzt, und aufs übelste gemishandelt worden sind? Wie kann ein Alp handgreiflichere Beweise seines Daseyns geben? Es ist wahr, mein Herr Orgon, wenn ihre Frau mit dergleichen Beweisthümern darthäte, daß sie einen bösen Mann hätte; so glaube ich nicht, daß es jemand in Zweifel ziehen wurde: aber eben diese Beweise, welche mich wurden glauben machen, daß sie von ihrem bösen Manne geplaget wurde, können mich nicht bewegen, daß ich glaube, daß sie von dem Nachtmännlein geplaget und beunruhiget werde. Werden sie nicht böse auf mich. Ich will andere statt meiner reden lassen, und vieleicht haben diese das Glück, sie von den Irrthümern zu befreien, die ihnen die großmütterliche Philosophie so tief in den Kopf gesetzet.

Herr Professor zu Leyden Albini in Dissert. de Incubo §. 3. redet also von dem Nachtmännlein: Kluge Leute haben jederzeit die Unwissenheit für eine Mutter der Verwunderung gehalten, denn wo der Seele ein ungewöhnlicher und außerordentlicher Vorwurf sich darbietet, ist selbe hurtig und aufmerksam zu desselben Erforschung, und weil sie die natürliche Ursachen dazu wegen der vielerlei und manigfaltigen Begebenheiten nicht allemal errathen kann; so giebt Verwunderung und Verzweiflung

Empfohlene Zitierweise:
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/117&oldid=- (Version vom 14.2.2021)