Seite:Abhandlung des Daseyns der Gespenster.djvu/130

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus

und las mir aus selbem die Kindergeschichte vor. Ich getraute mir nicht aus Ehrfurcht gegen Hrn Morbleu die Sache zu widersprechen, um mich seinem rechthaberischen Unwillen nicht bloß zu geben. Man wird mir aber erlauben, daß ich hier die ganze Geschichte aus dem gelehrten Calmet beisetzen, und selber meine Anmerkungen anrücken därfe. Vieleicht haben sie das Glücke, dem Hrn Morbleu unter die Augen zu kommen. Vieleicht können sie ihm den Ungrund seiner Geschichte, und seines fürchterlichen Machtspruchs: Die Geisterläugner sind, Morbleu! die dümmsten Leute von der Welt: aufdecken.

Die Geschichte erzählet der belobte Calmet fol. 258. also: die in Obersachsen am Zusammenfluße der Flüsse Hamel und Weser im Fürstenthum Kallenberg gelegene Stadt Hamel wurde im Jahr 1384. (Wierus fol. 79. und Erich setzen im Jahre 1287.) durch eine entsetzliche Menge Ratzen geplaget, welche alles Getreid daselbst aufzehrten, sich auch durch keine sonst dagegen gewöhnliche Mittel vertreiben liessen. (Man sieht schon, daß diese keine natürliche, sondern vom Teufel gemachte Ratzen müssen gewesen seyn) endlich kam ein unbekannter Mann von außerordentlicher Leibesgröße dahin, und erboth sich die Stadt um eine bedungene Vergeltung von dieser Strafe zu befreien. Er zog darauf eine Pfeife hervor, auf deren Ton alle Ratzen der Stadt sich zu ihm versammelten. Er führte sie mit sich vor die Stadt hinaus zum Flusse. Sie stürzten sich da alle insgesammt hinein, und wurden ersäuft. Darauf kam er in die Stadt zurück, und foderte den versprochenen Lohn, dieser aber wurde ihm vermuthlich darum, weil er die Ratzen mit so leichter Mühe vertrieben hatte, versaget. Um sich nun dagegen zu rächen, sah er sich folgenden Tags (andere sagen erst nach einem Jahre) welcher ein Festtag war, die Zeit aus, da alle Bürger dem Gottesdienste beiwohneten, spielte

Empfohlene Zitierweise:
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/130&oldid=- (Version vom 14.2.2021)