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daß in dem Gutachten von 1538 schon der volle Ansatz zu dem nachfolgenden lutherischen Polizeikirchenthum sich findet, so ist dieß nicht unrichtig; aber auch die Wittenberger Formel schreibt vor, daß wer in einem Jahr nicht beichtet und communicirt, citirt, verhört und gestraft werden soll; und fügt dann bei „und wäre noth, daß weltliche Oberkeit nach Gelegenheit der Sachen die Verächter des Bannes in ihre Strafe auch nehme“.

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 Uebersieht man das Ganze, so muß man Höfling, der in diesen Dingen längst das vollkommen Richtige gesehen hat, Recht geben, wenn er (a. a. O. S. 147) sagt: „überall handelt es sich nicht um die Frage, ob eine neue protestantische Episkopalgewalt auf protestantischem Grunde selbständig zu errichten sei, sondern darum allein, ob und wie von der bestehenden katholischen Episkopalgewalt und deren historischem Rechte noch Gebrauch gemacht werden könne.“ Vor allem gilt dieß von Luther, dem man Unrecht thut, wenn man ihn zum Episkopalisten macht. Man kann nur Köstlin beistimmen, wenn er in dem trefflichen Artikel der Herzog’schen R.-E. B. 20. S. 476: „Reformation“ von Luther im Gegensatz zu Melanchthon behauptet: „Um so mehr ist dagegen zu beachten, daß Luther – niemals die Hoffnung oder den selbständigen Wunsch einer solchen Wiederherstellung (des Episkopats) ausspricht noch an den Gedanken daran Hoffnungen für’s Wohlergehen der eigenen Kirche knüpft.“ Hiegegen kann man sich nicht berufen auf Luther’s Aeußerungen in dem Sendschreiben an die Prager (Walch X, 1869 f.), in welchem derselbe den dortigen Utraquisten den Rath ertheilt, sich selbst Bischöfe (Pfarrer) zu wählen, die dann aus sich wieder Oberste erwählten, „so lang bis hintennach ganz Böhmerland wiederkomme zu ihrem rechten und evangelischen Erzbisthum.“ Es handelte sich hier durchaus nicht um einen Neubau der Kirchenverfassung, sondern um Sicherung dessen, was den Utraquisten von Rechtswegen gehörte. Im Jahre 1497 hatte König Podiebrad den letzteren das Recht ertheilt, auch ihrerseits einen Administrator des Prager Erzbisthums als ihr geistliches Oberhaupt zu erwählen und hatte so zu ihrer Beruhigung nicht wenig beigetragen (Herzog, R.-E. 6, 341 ff.).