Seite:Adolf von Stählin - Justin der Märtyrer.pdf/29

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

des Empfangs wird das Gebet um Vergebung bezeichnet. Ebenso lesen wir Dial. 86: Unser Christus hat uns, da wir in die schwersten Sünden versenkt waren, durch das Holz des Kreuzes und durch das Wasser der Reinigung befreit und zu einem Haus der Bitte und Anbetung gemacht. Sündenvergebung, Barmherzigkeit erlangen, Gerechtwerden sind bei Justin Parallelbegriffe, von denen einer den andern in seiner Wirklichkeit und Eigentlichkeit stützt und erhält.

.

 Zweimal wird nun die Stelle I, 65, wo von dem Fortgang des subjektiven Heilswerks auf Grund der empfangenen Taufe geredet wird, ohne alle Berechtigung in die mit dieser gegebenen Gnadengabe hereingezogen und eigenthümlich mit dieser vermischt, an der schon angeführten Stelle (S. 192) und auch S. 103, wonach der Mensch in der Taufe „die Zusicherung empfängt, daß Gott ihm nicht mehr zürnt, sondern bereit ist, sofern er sich in Werken als ein guter Verwalter und Beobachter der Vorschriften erweist, der oder des ewigen Lebens theilhaft zu machen.“ Hier ist wieder eine völlige Umstellung der Justin’schen Gedanken gegeben. In Wirklichkeit lesen wir I, 65: wir führen den, der gläubig geworden und uns beigetreten ist, nachdem wir ihn getauft haben, zu den Brüdern in den Versammlungsort, um gemeinschaftliche Gebete sowohl für uns selbst als für den Erleuchteten und alle Andern auf der ganzen Welt mit Eifer darzubringen, auf daß wir gewürdigt werden – Otto übersetzt: der Gnade gewürdigt werden –, nachdem wir die Wahrheit erkannt haben, auch in frommem werkthätigem Leben und als Beobachter der Gebote erfunden zu werden, damit wir des ewigen Heiles theilhaft werden. In diesem schönen urchristlichen Zeugniß erscheint offenbar der durch Glaube und Taufe vermittelte Wahrheits- und Heilsbesitz als die Grundlage aller weitern christlichen Lebensentwickelung. Gerade das Gegentheil von dem unchristlichen Gedanken, daß es von der Taufe an keiner weitern Kraftmittheilung – obwohl der Vers, eine solche bei J. überhaupt nicht annimmt – bedürfe, findet sich hier und anderen Stellen, z. B. Dial. 30, wo von dem Gebete um Schutz vor den Dämonen die Rede ist, damit die Bekehrten unbefleckt bleiben; besonders aber in der schon citirten, aber nicht näher angeführten Stelle Dial. 116: wir haben durch die von unserem Jesus uns gewährte Gnade die schmutzigen Sündenkleider ausgezogen; der Teufel beunruhigt uns zwar immer, und will alle zu sich ziehen, aber der Engel Gottes,

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Justin der Märtyrer. Dörffling und Franke, Leipzig 1880, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_Justin_der_M%C3%A4rtyrer.pdf/29&oldid=- (Version vom 1.10.2017)