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kein anderes aufnehmendes Organ als den Glauben. Hier tritt ein ethisch persönliches Verhältniß zu Gott und seiner Offenbarung ein. Hierdurch unterscheidet sich das Christenthum vom Heidenthum; es ist nicht mehr Wissen, sondern Glauben, Glauben als ethisch persönliche Hingebung, die, wie wir meinen, bei Justin offen genug zu Tage tritt, Glauben, welches freilich selbst wieder gewissestes Wissen über Anfang, Mitte und Ende der Wege Gottes ist. Von diesen weiß Justin bekanntlich zu reden. Nachdem Uhlhorn in seinem schönen Werke: Der Kampf des Christenthums etc. S. 119 f. von Justin gesprochen, sagt er sehr richtig: „Ohne Zweifel war es das vor Allem, was die Heiden anzog und festhielt, daß bei den Christen volle Gewißheit des Glaubens auf Grund einer göttlichen Offenbarung zu finden war.“ Auf den letzten Seiten seines Buchs S. 488 f., wo das früher Gesagte theilweise geradezu zurückgenommen wird, sagt v. E. selbst: wie ihn religiöse und sittliche Motive, das Verlangen nach Erkenntniß des wahren Gottes, nach Gemeinschaft mit ihm, nach Vergebung der Sünde, nach wahrer Gerechtigkeit und nach völliger Gewißheit in Betreff des zukünftigen Lebens zum Glauben an Christus, den Sohn Gottes, geführt hatten, so hatte er sich auch zu allen Lehren des Christenthums rückhaltlos bekannt; wie stimmt dies aber mit dem ganzen Buch und namentlich mit S. 482 f., wo alles specifisch Christliche aus der Richtung Justin’s eliminirt ist. Es ist aber an sich und nach unserm Sinne das ganz Richtige, obwohl v. E. unter dem Bekenntniß nur das Bekenntniß zum Worte, nicht zur Sache der christlichen Wahrheit verstehen kann und die Restriktion sofort nachfolgt. Hat Justin jene Güter wirklich erlangt, dann hat er nicht an die Stelle des Glaubens das Wissen gesetzt, dann steht er gerade im wahren, ächten Christenglauben; er glaubt und hat nicht blos die schöpferische Urvernunft, sondern den lebendigen, persönlichen Gott, den Gott des Heils und der Gnade. Hat er jene Güter nicht, dann ist er ohne Grund zum Christenthum übergetreten. Daß er sie hat und daß er im Christenglauben voll und ganz steht, davon zeugen seine Schriften, davon zeugt, wie wir glauben nachgewiesen zu haben, seine ganze Theologie.

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 Die Aeußerung, die jenen bereits angeführten Worten nachfolgt: „weil er aber aus dem griechischen Heidenthum herkam, und der irrthümlichen Ueberzeugung lebte, daß der Monotheismus der

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Adolf von Stählin: Justin der Märtyrer. Dörffling und Franke, Leipzig 1880, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_Justin_der_M%C3%A4rtyrer.pdf/62&oldid=- (Version vom 1.10.2017)