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vom Anfange getragen. Seinen Beichtkindern trat er noch besonders durch Bibelstunden nahe. Eine sehr bedeutende Geschäftslast ruhte auf ihm. Eine besondere Freude hatte er an den Visitationsreisen; er selbst sagt, dass er hiedurch Land und Leute in Sachsen in zwei Jaren besser kennen lernte, als in zwanzig Jaren seiner späteren Stellung in Bayern. Einen lebendig persönlichen Einfluss betätigte er auch als offizieller oder freiwilliger Teilnehmer an den Konferenzen der Landesgeistlichkeit.

 Es gelang Harleß, viele Vorurteile zu zerstreuen, seine prinzipiellen Gegner zu gewinnen oder doch verstummen zu machen. Segensreich trat seine Gabe hervor, ferner stehende unter den Gebildeten mit dem positiven Christentum zu befreunden. Nach manchen Seiten war Harleß’ Thätigkeit in Dresden allerdings eine ganz andere als in Leipzig und bewegte sich auf Gebieten, die nie seine Stärke waren. Es muss aber gesagt werden, dass seine zweiundeinhalbjärige Wirksamkeit an der Spitze des Kirchenregiments der gesamten Entwickelung der sächsischen Kirche den heilsamsten Anstoß gegeben hat. Gesegnet war sein Bemühen für tüchtige Besetzungen im Pfarr- und theologischen Lehramt. Es ging ein Geist der Kraft und Gesundheit von ihm aus; das Bekenntnis der Kirche bewärte mehr und mehr seinen sammelnden und festigenden Einfluss. Pietistischen oder separatistischen Neigungen wusste er nicht one Erfolg kirchliche Banen zu weisen. „Für die Hebung des Ansehens der Kirche in Sachsen hat in neuester Zeit viel getan der Oberhofprediger Harleß, obgleich er diese Stelle nur kurze Zeit bekleidete“, sagt der Artikel über Sachsen in Herzogs Real-Encyklopädie erste Aufl. XIII, S. 221.

 Harleß stand damals auf der Spitze der Ehre und des Glückes. In jener Zeit war es, wo er die Seinen zum Gebet aufforderte, daß ihn Gott in der Demut und Niedrigkeit erhalten möchte. Harleß sollte an Dresden und Sachsen für immer durch größere Vergünstigungen gekettet werden, als ein ganz unerwarteter, immer dringenderer Ruf von König Max II. von Bayern, welchem er unter den Kämpfen der Abel’schen Periode als damaligem Kronprinzen näher getreten war und dessen Vertrauen er in hohem Maße gewonnen hatte, zur Übernahme der Präsidentenstelle des Oberkonsistoriums

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/114&oldid=- (Version vom 31.7.2018)