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gestört wird (Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth, S. 138 ff.)“.

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 Ein damit zusammenhängendes weiteres Verdienst Harleß’ ist es, dass er Löhe der Landeskirche erhalten hat. Bei aller theologisch kirchlichen Verschiedenheit bestand zwischen beiden Männern eine tiefe, innere Sympathie. Wie man über Löhe im einzelnen urteilen mag, er war eine außerordentliche Persönlichkeit; an genialer Anlage, an charismatischer Begabung ist ihm in diesem Jarhundert wol kein Mann der kirchlichen Tat gleichgekommen. Der zweite Band seiner Biographie macht aber wol auf jeden Unbefangenen den Eindruck, dass ein hoher, edler Geist längere Zeit seine ungewönlichen Kräfte in oft kleinlichen Kämpfen, in Unruhe und Selbstqual zu verzehren Gefar lief. Von dem Drucke, der damals auf Löhe lag, hat, menschlich geredet, Harleß ihn mehr und mehr befreit. Dass der bedeutendste lutherische Theologe an die Spitze einer Landeskirche berufen wurde, war eine unmittelbare Hebung des landeskirchlichen Prinzips. Ein neuer, frischer, ein lebendiger kirchlicher Geist zog zudem mit Harleß in das Kirchenregiment ein. In verschiedenen Verbesserungen gab dieser neue Geist sich kund. Dagegen konnte auch Löhe sich nicht verschließen. Er musste, er konnte in ein anderes Verhältnis zur Landeskirche treten, obwol die meisten seiner Forderungen nicht erfüllt und namentlich die Frage, um derentwillen es fast zum Bruche gekommen wäre, durchaus nicht in seinem Sinne erledigt wurde. In Bezug auf Abendmalsgemeinschaft wurde manches geordnet, aber für die Diasporagemeinden, in erster Linie für die evangelische Gemeinde Münchens, hat Harleß nie eine Änderung erstrebt oder beantragt. Wäre Löhe ausgetreten, so hätte sich Guerickes Behauptung auf der Leipziger Konferenz im Jare 1849, dass „jeder Austritt aus irgend einer Landeskirche jedesmal ein Unglück sei“, doppelt und dreifach bewarheitet, vor allem an Löhe selbst. Nur wenige wären ihm gefolgt; Löhes Anhänger in den Gemeinden wollten im ganzen keine Separation. Der bedeutendste und selbständigste unter den älteren Freunden Löhes, der als volkstümlicher Prediger und

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Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/130&oldid=- (Version vom 31.7.2018)