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er war aber auch mehr als andere von der Herrlichkeit der Kirche erfüllt; es loderte in ihm eine heilige Flamme des Eifers für den Herrn und sein Haus; er kann nach dieser Seite an Männer wie Spener, dessen „herrliches Streben“ Löhe pries, H. Müller, J. V. Andreä erinnern; die Sehnsucht nach bessern Zuständen war sein innerster Herzschlag. Als nun das Jar 1848 mit seinen Stürmen hereinbrach, fürchtete er nicht wie so viele den Zusammenbruch des alten Verhältnisses zwischen Kirche und Stat, sondern hoffte und wünschte ihn, weil er glaubte, dass über diesem Sturze das bessere Neue erblühen werde. Er war nicht bloß gegen das protestantische Landeskirchentum, sondern überhaupt gegen alles, was man Volks- und Statskirchentum nennt; er sprach oft von den verderbten Landeskirchen, er behauptet aber in seiner Schrift von der Barmherzigkeit, dass die Christenheit des 4., 5. und 6. Jarhunderts verderbter war als jetzt (S. 120), er war geneigt, in der kirchengeschichtlichen Entwicklung seit Konstantin und seit der Reformation einen Fehlgang der Kirche zu erkennen. Es hat sich in den damaligen Kämpfen wirklich um einen tiefen Prinzipienstreit, wie Thomasius in d. a. Schrift (S. 301) mit Recht sagt, um einen verschiedenen Begriff der Kirche gehandelt. Darum haben diese Kämpfe auch allgemeineres Interesse. Löhe fasste das Wesen der Kirche als einer Gemeinschaft der Gläubigen allzusehr mit ihrer Erscheinung, mit deren sichtbarem Organismus in eins zusammen. „Wir sehnen uns“, sagt er in seinem Vorschlag zur Vereinigung luth. Christen für apostolisches Leben vom Jare 1848, „nach einer warhaftigen Gemeinschaft der Gläubigen, die Kirche soll, so wünschen wir, nicht bloß ein Glaubensartikel sein, sondern ins Leben eintreten und erscheinen“. In der Schrift: „Unsere kirchliche Lage“, äußert er sich: „Ewig im ganzen, wechselnd in Betreff der einzelnen Bestandteile, gedeiht die Kirche schwerlich recht, wenn nicht die Möglichkeit freiesten Ab- und Zuzugs, ja die Notwendigkeit dieser Freiheit erkannt und zur Anerkennung gebracht wird“; im Jare 1848 schreibt er an C. v. Raumer: „Wenn die Kirche in unserer Zeit ist, was sie sein kann und zum Heile der Welt sein soll, so ist sie eine sehr kleine Minorität. Sie wird keine Macht, wenn sie nicht klein wird. Was nicht

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/24&oldid=- (Version vom 31.7.2018)