Seite:AndrejanoffLettischeVolkslieder.pdf/18

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
9.

Sag, wer sind die, welche singen
Abends, wenn die Sonn’ zur Ruh’?
Arme Waisenkinder sind es,
Von dem Fronherrn schwer bedrückt.
Frierend zünden Feuer draußen,
Weinend bittre Thränen, sie,
Knirschen in das quellbenetzte
Brot aus Rinde und aus Spreu.

Aus dem kleinen Bächlein steigen
Abends feuchte Nebelflocken;
Alle kleinen Brüder weinen
Thränen um die ferne Schwester.

Wie im Walde klagt die Wildgans,
Nach dem lieben See verlangend,
Klagt die Maid in weiter Fremde,
Sich nach Vaters Hause sehnend.

Nah beim Haus steht eine Weide,
Unter deren Laub ich aufwuchs;
Als ich in die Fremde mußte,
Brach der wilde Sturm die Weide.




Geburt und Grab.


Unserer lieben Marja Stüblein
Ist voll kleiner Kinderwieglein;
Nur ein einz’ges ward geschaukelt
Und doch schwangen alle mit.

All den ganzen langen Sommer
Streiten Vater sich und Mutter:

Empfohlene Zitierweise:
Victor von Andrejanoff: Lettische Volkslieder und Mythen. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1896, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AndrejanoffLettischeVolkslieder.pdf/18&oldid=- (Version vom 10.1.2019)